Forscher: Misshandlung hinterlässt Narben im Gehirn

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MÜNSTER. Die Folgen von Gewalterfahrungen im Kindesalter sind noch Jahrzehnte später in den Gehirnen der Betroffenen nachweisbar. Dies haben Forscher vom interdisziplinären Otto-Creutzfeldt-Zentrum für kognitive – und Verhaltensneurowissenschaften der Universität Münster nun nachgewiesen.

Die Mehrzahl der Opfer von sexuellem Missbrauch ist weiblich. Foto: Jacek NL / Flickr (CC BY-NC 2.0)
Missbrauch hinterlässt nicht nur psychische Spuren. Foto: Jacek NL / Flickr (CC BY-NC 2.0)

Menschen, die als Kind misshandelt wurden, leiden meist ihr Leben lang unter den seelischen Folgen. So haben Erwachsene, die als Kind Gewalt, Missbrauch oder Vernachlässigung ausgesetzt waren, ein erheblich höheres Risiko, an psychischen Erkrankungen wie Depression oder Angststörungen zu erkranken. Die Münsteraner Forscher untersuchten nun erstmals gezielt die Langzeitfolgen von Misshandlungserlebnissen mittels einer Magnetresonanz-Tomografie (MRT). Die Ergebnisse zeigten ein eindeutiges Bild: Über je mehr Gewalterfahrungen oder Vernachlässigung die Probanden berichteten, desto kleiner waren wichtige Gehirnstrukturen wie zum Beispiel der für Lernen- und Gedächtnis wichtige Hippocampus oder der für die Emotionsregulation zuständige Stirnlappen. Außerdem zeigten Probanden mit Gewalterlebnissen eine deutliche Überaktivität des Mandelkerns, einer zentralen Struktur des Furchtnetzwerks im Gehirn.

Gehirnstrukturen vermessen

Die Forscher hatten eine große, repräsentative Stichprobe psychisch gesunder Erwachsener zu Gewalterfahrungen in ihrer Kindheit befragt. Mittels MRT vermaßen sie zum einen Gehirnstrukturen der Probanden, also die Größe einzelner wichtiger Gehirnbereiche. Zum anderen zeichneten sie die Gehirnaktivität der Probanden während des Betrachtens wütender und furchtvoller Gesichter auf. Die Auffälligkeiten in den Gehirnen der als Kind misshandelten Probanden hätten erhebliche Ähnlichkeiten mit jenen Veränderungen im Gehirn, die depressiv Erkrankte häufig aufwiesen, berichten die Forscher. Daher könnten diese Veränderungen das höhere Risiko für das Auftreten psychischer Störungen bei Menschen mit Gewalterfahrungen erklären.

Die Studie wird demnächst in der Printausgabe der Fachzeitschrift „Biological Psychiatry“ veröffentlicht.

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