Ein Kommentar von NINA BRAUN.
Und wieder hat es eine/n Kultusminister/in erwischt. Nachdem erst vor drei Wochen der sächsische Kultusminister Roland Wöller zurückgetreten war, kündigte nun Hessens Kultusministerin Henzler ihre Demission an. Drei Jahre lang war sie im Amt, das ist mittlerweile sogar überdurchschnittlich lang. Im Schnitt halten sich Kultusminister in Deutschland nur noch zweieinhalb Jahre an der Spitze. Die große Fluktuation zeigt: Der Job ist kein Zuckerschlecken. Egal, was ein Politiker an der Spitze einer Bildungsbürokratie tut – immer findet sich mindestens eine gut organisierte Gruppe aus der Lehrer- oder Elternschaft, die lautstarken Protest dagegen setzt. Und stets nehmen die Medien die Kritik begierig auf, die natürlich ihrerseits genau wissen, wie Schule zu machen ist. Dies weiß ohnehin jeder Bürger am besten. Wie beim Fußball: Es gibt Millionen von Besserwissern.
In der Schulpolitik kommt erschwerend hinzu, dass Erfolge (anders als im Fußball) immer erst nach Jahren sichtbar werden. Kein Politiker, der sich für Bildungseinrichtungen einsetzt, erntet also die Früchte seiner Arbeit. Das alles macht die Aufgabe nicht eben begehrt. Jeder, der ernsthaft an einer politischen Karriere interessiert ist, macht also einen großen Bogen um das Amt. Als der Posten des Bildungssenators von Berlin vor kurzem in der großen Koalition neu zu besetzen war, fand sich aus Reihen der CDU niemand bereit, so dass notgedrungen die SPD mit Sandra Scheeres eine bislang weithin unbekannte Abgeordnete auf den Schleudersitz hievte.
Man darf also nicht zu viel erwarten, wenn es um die Nachfolge von Dorothea Henzler geht. Die FDP wolle ihre Spitzen verjüngen, so begründet Henzler den fehlenden Rückhalt ihrer Partei. Viel wahrscheinlicher ist, dass die um ihre Existenz fürchtende FDP mit der Bilanz ihrer Kultusministerin unzufrieden war. Tatsächlich verrannte sich Henzler viel zu sehr im Klein-Klein der Tagespolitik, etwa in der Neuordnung der Schulämter, bei der sie mit dem Koalitionspartner CDU aneinander geriet und ihre Pläne schließlich zurücknehmen musste. Noch schwerer aber wog, dass sie dabei keine Vision einer zukünftigen Schullandschaft vermitteln konnte, die irgendwen hätte begeistern können. Von Aufbruchstimmung an Hessens Schulen keine Spur. Eine solche zu vermitteln, dürfte Henzlers Nachfolger/in allerdings gleichermaßen schwer fallen. Das könnte nur jemandem gelingen, der so viel politisches Gewicht besitzt, dass er oder sie eigene Akzente in einer schulpolitisch vorgestrigen Landesregierung zu setzen vermag. Zu erwarten ist so jemand – siehe oben – aber nicht.
Zum Bericht: “Kultusministerin Henzler tritt zurück – Eltern befürchten Stillstand”