Plagiats-Vorwurf: Druck jetzt auch aus der CDU auf Schavan

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BERLIN. Bundesbildungsministerin Annette Schavan (CDU) schweigt zu ihrer Doktorarbeit und will die Überprüfung durch die Uni abwarten. Doch der anonyme Plagiatsjäger legt nach, und auch beim Unionsnachwuchs regt sich Unmut über die Bildungsministerin.

«Mit anonymen Vorwürfen kann man schwerlich umgehen»: Bundesbildungsministerin Annette Schavan. Foto: Bürgerdialog Zukunftstechonlogien / Flickr (CC BY-NC-SA 2.0)
«Mit anonymen Vorwürfen kann man schwerlich umgehen»: Bundesbildungsministerin Annette Schavan. Foto: Bürgerdialog Zukunftstechonlogien / Flickr (CC BY-NC-SA 2.0)

Der anonyme Plagiatsjäger hat seine Vorwürfe gegenüber Schavan bekräftigt und von ihr schnelle Aufklärung über angeblich abgeschriebene Stellen ihrer Doktorarbeit verlangt. In einem – schriftlich geführten – Interview mit «Spiegel Online» hält es der Internet-Blogger «für belegbar, dass Frau Schavan plagiiert hat, wenn auch in geringerem Maße als andere». Schavan sagte, sie wolle zu den Vorwürfen bis zum Abschluss der Überprüfung durch den Promotionsausschuss der Universität Düsseldorf nichts mehr sagen.

Unterdessen setzt auch der CDU-Nachwuchs Schavan unter Druck. «Dass eine Bildungsministerin über jeden wissenschaftlichen und moralischen Zweifel erhaben sein muss, ist für uns eine Selbstverständlichkeit», sagte der Bundesvorsitzende des Ringes Christlich-Demokratischer Studenten, Frederik Ferreau. Der Landeschef der Jungen Union Baden-Württemberg, Nikolas Löbel, sagte: «In der Südwest-CDU brodelt es.» Schavan habe dem damaligen Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) mit ihrer öffentlichen Kritik an den Plagiaten in dessen Dissertation den «Todeskuss» gegeben. Die Südwest CDU ist Schavans CDU-Heimatverband.

„Sehr spezielle Wortwahl“

Der anonyme Blogger, der sich hinter dem Pseudonym «Robert Schmidt» verbirgt, verwies in dem «Spiegel Online»-Interview besonders auf zwei Textpassagen in Schavans 1980 eingereichter Dissertation, bei der die Ausführungen «durch die sehr spezielle Wortwahl eindeutig einer Quelle zugeordnet werden» könnten, die aber in der ganzen Arbeit nicht erwähnt worden sei. Es geht dabei um Interpretationen der Ausführungen Sigmund Freuds über Eros, das Streben nach Lust und die Vermeidung von Unlust durch den Psychologen Ernst Stadter.

Mit nur einer Stimme Mehrheit hatte das Recherchenetzwerk «VroniPlag» nach einem Bericht des «Spiegels» zunächst entschieden, die Vorwürfe gegen Schavan nicht zu veröffentlichen – da ihr wissenschaftliches Fehlverhalten nicht so schwerwiegend sei wie das von Guttenberg. Der anonyme Blogger veröffentlichte daraufhin seine Recherchen im Alleingang auf der Internet-Seite «Schavanplag» des US-Anbieters «wordpress.com». «Ich wollte das nicht unter den Tisch fallen lassen», rechtfertigte er sich gegenüber «Spiegel Online».

Insgesamt listet er auf 56 der 325 Seiten Dissertation angebliche Plagiatsfälle auf. Überwiegend geht es dabei nach seiner Darstellung um Fehler beim Quellennachweis.

„Gravierendes Fehlverhalten“

Der Münchner Rechtswissenschaftler Volker Rieble geht davon aus, dass Schavan ihren Titel abgeben muss. Es hätten «schon Leute für weniger ihren Doktortitel verloren», sagte er der «Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung». Der Berliner Jura-Professor Gerhard Dannemann warf Schavan im Magazin «Focus» «gravierendes wissenschaftliches Fehlverhalten» vor. Dannemann gehört zum «VroniPlag»-Team. Bei der Überprüfung von Schavans Arbeit sei man sehr gründlich vorgegangen und habe mehr als 100 Quellen gesichtet.

Forderungen nach einer exakten Überprüfung von Schavans Doktorarbeit kamen auch von SPD und Grünen. «Anonyme Hinweise hin oder her, Frau Schavan muss das jetzt aufklären», sagte Grünen- Parlamentsgeschäftsführer Volker Beck der «Bild am Sonntag». Sein SPD-Amtskollege Thomas Oppermann forderte Schavan auf, ihr Schweigen zu brechen. Sie selbst müsse das größte Interesse an einer schnellen Aufklärung haben. dpa
(6.5.2012)

Zum Bericht: Plagiats-Vorwürfe gegen Schavan: „Nicht die Klasse eines Guttenberg“

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