Studie: Stadtgrün kann Luftverschmutzung deutlich mindern

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KARLSRUHE. Aufatmen in der Stadt. Begrünte Häuserwände sorgen für bessere Luft als bislang angenommen. Eine Studie kommt zum Ergebnis, dass die Qualität um mehr als 20 Prozent gesteigert werden kann – vorausgesetzt die Pflanzen überleben.

Begrünte Häuserwände sorgen für bessere Luft in der Stadt; Foto: grabstein666/ flickr (CC BY-SA 2.0)
Begrünte Häuserwände sorgen für bessere Luft in der Stadt; Foto: grabstein666/ flickr (CC BY-SA 2.0)

Mit der gezielten Begrünung von Straßen und Häuserwänden könnte die Luft in Städten deutlich verbessert werden. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT). Das internationale Forscherteam um Thomas Pugh fand heraus, dass mit Gras, Efeu und anderen Pflanzen begrünte Wände die Luft deutlich besser filtern als angenommen. Bislang sei man von einer Qualitätssteigerung von rund zwei Prozent ausgegangen, laut Studie ist es mehr als das Zehnfache. Die Pflanzen filtern Stickstoffdioxid (NO2) und mikroskopisch kleine Partikel (Feinstaub) aus der Luft.

Profitieren können davon vor allem Bewohner von Häuserschluchten aus Glas und Beton. «Gerade dort ist die Belastung ja am höchsten», sagte Pugh vom Institut für Meteorologie und Klimaforschung, der Anfang des Jahres von der US-Universität Lancaster nach Karlsruhe kam. Die Begrünung sei nicht nur in den Industrienationen, sondern auch in den Entwicklungsländern gefordert. Laut Weltgesundheitsorganisation (WHO) sterben pro Jahr weltweit mehr als eine Million Menschen an den Folgen verschmutzter Luft.

Die Forscher entwickelten eine Computersimulation, mit der sie die eingeschlossene Luft und damit verbundene chemische Reaktionen in Städten abbildeten. So prüften sie, wie sich Pflanzen in bewohnten Gebieten im Vergleich zu Parkbäumen auswirken. «Klarer Gewinner waren die begrünten Wände», heißt es in der Studie. Gut schnitten auch Straßenbäume ab, allerdings nur in weniger belasteten Straßen.

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Um den Pflanzenanteil in Innenstädten zu erhöhen, schlagen die Wissenschaftler unter anderem eine Art «begrünte Plakatwand» vor. Zu den groß angelegten Initiativen zur Luftverbesserung wie City-Maut und Katalysatoren seien begrünte Wände eine gute Ergänzung, sagte Professor Rob MacKenzie von der Universität Birmingham. «Sie sind in der Lage, die Luft zu säubern, die in die Stadt einströmt und dort stehen bleibt. Strategisch platziert sind sie ein vergleichsweise einfacher Weg, Probleme lokal in den Griff zu bekommen.»

Voraussetzung ist jedoch, dass die Pflanzen gepflegt werden. «Wir müssen noch sorgfältiger darauf achten, wie und wo wir solche Begrünungen anlegen, damit sie weder starkem Luftzug noch großer Hitze oder auch Vandalismus ausgesetzt sind», sagte Pugh. dpa

(24.8.2012)

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11 Jahre zuvor

Sehr interessant. Noch interessanter wäre es, wenn man auch die geeigneten Pflanzen nachlesen könnte.
Gibt es Pflanzen die für begrünte Wände besser geeignet sind als andere. Welche für drinnen und andere für draussen?

Thorwald Brandwein
11 Jahre zuvor

Die durch Computersimulation gewonnene Erkenntnis liegt bereits seit Jahrzehnten vor und findet zunehmend häufig theoretische Bestätigung und Aufwertung. Repräsentativ begrünte Örtlichkeiten, wo sich solche Ergebnisse auch messtechnisch nachweisen lassen, gibt es jedoch bisher nirgendwo. Aber selbst wenn es sie gäbe und die sehr bedeutsame Positivwirkungen von Fassadenbegrünungen auf die Stadtluft direkt messbar wären, würden die Ergebnisse nur die halbe Wahrheit darstellen. Der andere und mindestens ebenso wichtige Teil liegt im Bereich des menschlichen Empfindens – also in der „Wohlfühlwirkung“ auf die Menschen im begrünten Raum.
Unter diesem Aspekt ist die Forderung der Wissenschaftler nach „grünen Plakatwänden“ völlig richtig. Sie stammt jedoch aus dem „Elfenbeinturm der Wissenschaft“ – hier offenbar von Theoretikern, die das Handwerkszeug der Bauwerks- bzw. Stadtbegrünung nur oberflächlich kennen.
Die praktische Erzielung der Vorteile setzt einerseits entsprechendes Fachwissen und andererseits Möglichkeiten und Bereitschaft voraus. Das Fachwissen ist in den letzten Jahren erheblich gewachsen – insbesondere auf dem Gebiet der Fassadenbegrünung. Aktuelle Literatur, z.B. das soeben erschienene „Handbuch Bauwerksbegrünung“ (M. Koehler, Rudolf Müller Verlag, ISBN: 978-3-481-02968-5) und die demnächst neu aufgelegte FLL-Richtlinie „Fassadenbegrünung“ stellen den aktuellen Stand dar.
An Begrünungsmöglichkeiten – speziell Flächen – besteht gerade dort, wo extreme Gründefizite vorliegen i.d.R kein Mangel. Es ist nicht notwendig, zusätzlich eher störende „Plakatwände“ in den ohnehin engen öffentlichen Raum zu integrieren – dort stehen bereits genug bis zu viele Wände und Mauern herum, die wahlweise mit bewährten oder innovativen Techniken begrünt werden können.
An der technischen Machbarkeit bestehen also keine Zweifel – sie ist vielerorts bei durchaus überschaubarem Aufwand vorhanden.
Anders sieht es immer noch mit der Bereitschaft aus. Die öffentliche Hand spart und alle Bauherren/Investoren scheuen die Folgekosten der unverzichtbaren Grünpflege. Diese sind selbstverständlich für „vertikale Gärten“ höher als für begeh- und befahrbare Grünflächen (die sich innerstädtisch wegen der Grundstückswerte kaum jemand leisten kann/will). Deshalb greift auch eine einmaliger finazielle Förderung der Fassadenbegrünung aus öffentlichen Mitteln zu kurz. Ein Mehraufwand von einigen 1000 Euro bei Errichtung oder Sanierung eines Bauwerkes für dessen Begrünung schreckt selten ab – schon gar nicht wenn er zur Schaffung eines dauerhaften Mehrwertes (Wohn- und Immobilienwert) führt. Die übliche Unterlassung von Fassadenbegünung resultiert aus der Befürchtung, dass sich die Rechnung wegen unkalkulierbarer Folgekosten nicht lohnen würde. Daher setzt ein erfolgversprechendes
Förderkonzept innerstädtischer Fassadenbegrünungen an den Wänden privater und öffentlicher Bauwerke bei deren Organisation an. Die wesentlichen Unterhaltungskosten verursachen nicht die vor Ort erforderlichen Arbeiten, sondern deren Organisation, darunter Angebote einholen, Hubsteiger beschaffen, Genehmigungen einholen, Absperrungen vornehmen und nicht zuletzt die Entsorgung einer „haushaltsuntypischen“ Menge von Biomasse (die sich auch energetisch nutzen ließe). Übergeordnete Organisation
der Pflege von Fassadenbegünungen würde deren bisherige Kosten für den einzelnen Hausbesitzer sehr erheblich mindern und damit zu hoher Bereitschaft führen.
Die zusätzliche Aufstellung und Unterhaltung von „Grünwänden“ im Stadtraum halte ich für eine Utopie. Kommunale organisatorische oder gar praktische Unterstützung von Hausbesitzern bei der Pflege von Fassadenbegrünungen ist dagegen keine solche – sie wird z.B. in Paris bereits praktiziert!