Bildungs-Staatsvertrag: Union prescht vor – und stößt auf Widerstand

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BERLIN. Eltern schulpflichtiger Kinder müssen viele Hürden überwinden, wenn sie in ein anderes Bundesland umziehen. Immer lauter wird deshalb die Forderung nach einheitlichen Bildungsstandards. Doch ein Staatsvertrag aller 16 Länder scheint derzeit in weiter Ferne – ein Vorstoß der unionsgeführten Bundesländer hat bundesweit keine Wirkung.

Wird's so schnell nicht geben: ein Bildungsstaatsvertrag,m der alle 16 Bundesländer einschließt. Foto: Thorben Wengert / pixelio.de
Wird’s so schnell nicht geben: ein Bildungsstaatsvertrag,m der alle 16 Bundesländer einschließt. Foto: Thorben Wengert / pixelio.de

Mit einem Bildungs-Staatsvertrag wollen Bayern, Sachsen und Niedersachsen allen Schülern und Lehrern den Umzug in ein anderes Bundesland erleichtern. Die drei unionsgeführten Länder präsentierten in Berlin die Eckpunkte für ein solches Abkommen, das eine bessere Vergleichbarkeit von Schulabschlüssen und die gegenseitige Anerkennung der Lehrer-Ausbildung vorsieht.

Dass sich alle anderen Bundesländer dieser Initiative anschließen, scheint allerdings ausgeschlossen. Mehrere SPD-regierte Länder sprachen von einem überflüssigen Wahlkampf-Manöver und verwiesen auf bereits bestehende Beschlüsse. So hatten die Kultusminister der 16 Länder bereits im vergangenen Herbst bundesweite Bildungsstandards für zentrale Schulfächer vereinbart und sich auf die gegenseitige Anerkennung der verschiedenen Lehramts-Abschlüsse verständigt.

Bayerns Ressortchef Ludwig Spaenle (CSU) betonte jedoch, ein von den einzelnen Landesparlamenten getragener Staatsvertrag habe eine größere Verbindlichkeit als bloße Beschlüsse der Kultusministerkonferenz. Die rheinland-pfälzische Bildungsministerin Doris Ahnen (SPD) hielt dagegen, die bereits getroffenen Vereinbarungen seien detaillierter und wirkten sehr viel schneller als ein Staatsvertrag.

Die von Bayern, Sachsen und Niedersachsen angepeilte Vereinbarung sieht unter anderem gemeinsame Bildungsstandards für die Mittlere Reife und das Abitur vor sowie die Teilnahme an länderübergreifenden Vergleichstests. Zudem sollen die Länder ihre jeweiligen Lehrerprüfungen gegenseitig als «hinreichende Zugangsvoraussetzung für den staatlichen Schuldienst» anerkennen. Auch der Lehreraustausch über Ländergrenzen hinweg soll einfacher werden.

Schavan begrüßt die Initiative ihrer Parteifreunde

Mit der gegenseitigen Anerkennung der Lehrerexamen tun sich die Bundesländer seit Jahrzehnten schwer. Während etwa viele Länder bei der Lehrerausbildung auf das 1. Staatsexamen verzichten, ist es in Bayern noch immer der Regelfall. Bundesbildungsministerin Annette Schavan (CDU), die deshalb schon länger einen Staatsvertrag anmahnt, begrüßte die Drei-Länder-Initiative: «Sie hilft den Familien in Deutschland und den Lehrerinnen und Lehrern, die zu Recht Mobilität erwarten.»

Spaenle ergänzte: «Es geht um die Handlungsfähigkeit des Bildungsföderalismus.» Seine niedersächsische Amtskollegin Johanna Wanka (CDU) betonte: «Föderales System heißt auch Verantwortung fürs Ganze.» Sachsens Kultusministerin Brunhild Kurth (parteilos) versicherte zugleich, der Weg zu gemeinsamen Standards könne flexibel beschritten werden. Eine Uniformität wie früher in den DDR-Schulen wolle sie nicht.

Doch Widerstand kommt nicht nur aus Rheinland-Pfalz, sondern auch aus dem rot-grün regierten Nordrhein-Westfalen. Die dortige Bildungsministerin Sylvia Löhrmann (Grüne) bezeichnete den Staatsvertrag als durchsichtiges Ablenkungsmanöver. Den Zeitungen der WAZ-Gruppe sagte Löhrmann: «Ganz oben auf der Tagesordnung steht die Aufhebung des Kooperationsverbots.» Diese Regelung untersagt dem Bund Investitionen in Bereiche, für die ausschließlich die Länder zuständig sind – wie etwa die Schulen.

Der FDP-Bildungspolitikers Patrick Meinhardt will daran jedoch unbedingt festhalten. «Die Aufhebung des Kooperationsverbots verbessert nicht die Situation der Lehrenden und Lernenden, sie hilft nur einigen roten Ministerpräsidenten, sich aus ihrer Finanz-Verantwortung für ihre Bildungspolitik zu stehlen.» dpa
(9.1.2013)

Zum Bericht: „Das Deutschland-Abitur kommt: KMK beschließt Standards“

 

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