Bildungsministerin Wanka will das Bafög reformieren

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BERLIN. Bafög als Wahlkampfthema: Seit 15 Monaten liegt ein Bafög-Bericht der Regierung folgenlos auf dem Tisch – ohne Vorschlag für eine Erhöhung. Im April, sechs Monate vor der Wahl, will Bildungsministerin Wanka nun mit den Ländern über Reformen reden.

«Das Bafög geht heute teilweise an der Lebenswirklichkeit der Studierenden vorbei»: Johanna Wanka. Foto: Axel Hindemith / Wikimedia Commons
«Das Bafög geht heute teilweise an der Lebenswirklichkeit der Studierenden vorbei»: Johanna Wanka. Foto: Axel Hindemith / Wikimedia Commons

Bundesbildungsministerin Johanna Wanka (CDU) will die Ausbildungsförderung für Studenten und Schüler (Bafög) auf den Prüfstand stellen. «Das Bafög geht heute teilweise an der Lebenswirklichkeit der Studierenden vorbei», sagte Wanka der «Süddeutschen Zeitung». Sie plädierte dabei unter anderem für die Förderung eines Teilzeit-Studiums sowie für flexiblere Bafög-Altersgrenzen. Es gebe inzwischen viele Menschen, die neben dem Beruf studierten oder erst nach Abschluss einer Ausbildung den Weg zur Hochschule fänden.

Einen konkreten Vorschlag für die jetzt seit zwei Jahren ausstehende Bafög-Anpassung an die höheren Lebenshaltungskosten und an die Einkommensentwicklung der Eltern machte Wanka nicht. Die letzte Bafög-Erhöhung erfolgte zum 1. Oktober 2010. Wankas Amtsvorgängerin Annette Schavan (CDU) hatte im Januar 2012 zwar einen Bafög-Bericht der Bundesregierung veröffentlicht, ohne jedoch einen Vorschlag für eine Anpassung zu machen.

Eine Sprecherin Wankas kündigte an, die Ministerin wolle das Bafög-Thema im April mit den Ländern erörtern. Damit gilt ein Beschluss über eine Erhöhung wie auch über eine Strukturreform noch vor der Bundestagswahl allein wegen der Gesetzesfristen als völlig unwahrscheinlich.

Das Bafög wird zu 65 Prozent vom Bund und zu 35 Prozent von den Ländern finanziert. Eine Erhöhung zwischen fünf und sechs Prozent würde mit gut einer halben Milliarde Euro allein beim Bund zu Buche schlagen. Dafür gibt es aber weder im Entwurf des Bundeshaushaltes 2014 noch in den Landeshaushalten Freiraum.

Derzeit erhalten rund 650.000 der 2,4 Millionen Studenten Bafög. Fast jeder zweite Bafög-Empfänger bekommt den maximalen Förderbetrag. Er liegt für Studenten, die nicht bei den Eltern wohnen, bei 597 Euro. Hinzu kommen 73 Euro für Kranken- und Pflegeversicherung. 35.000 Studenten machten 2011 von der Möglichkeit Gebrauch, mit Bafög auch ein Auslandsstudium zu finanzieren.

Die Grünen bezeichneten Wankas Äußerung als «kümmerlich». Sie zeige damit, «dass sie nicht an ihre eigene Gestaltungsmacht als Bildungsministerin glaubt», sagte Fraktionsvorsitzende Renate Künast. Notwendig sei auch ein echtes Weiterbildungs-Bafög. «Hier scheint Frau Wanka so wenig Ambitionen zu haben wie ihre Vorgängerin.»

Der Bildungssprecher der SPD-Fraktion, Ernst Dieter Rossmann, verwies auf den jüngsten Haushaltsbeschluss des Kabinetts. «Wie Wanka mit einem derart rigiden Sparhaushalt ihre vollmundigen Ankündigungen finanzieren will, bleibt ihr Geheimnis.» Knapp 600 Millionen Euro müssten im Rahmen der globalen Minderausgaben allein 2014 eingespart werden. Rossmann sprach von einem «inhaltsleeren Wahlkampfmanöver» Wankas.

Das Deutsche Studentenwerk (DSW) sagte, eine Weiterentwicklung des Bafögs sei überfällig, um es für neue Studierendengruppen zu öffnen. Es gehe um «ein System alternierender Phasen von Studium, Berufstätigkeit und erneutem weiterführenden Studium», wie es mit Einführung der Bachelor- und Masterabschlüsse angelegt sei.

Der studentische Dachverband «fzs» warnte vor einem «Ping-Pong-Spiel» zwischen Bund und Ländern im Wahlkampf. An der Erhöhung der Fördersätze wie der Elternfreibeträge führe angesichts der Preis- und Einkommensentwicklung kein Weg vorbei. Die Juso-Hochschulgruppen forderten «eine echte Bafög-Reform statt reiche Eltern für alle». Der unionsnahe Ring christlich Demokratischer Studenten (RCDS) begrüßte dagegen Wankas Vorschläge. dpa

(15.3.2013)

Zum Bericht: „Bürokratie beim Bafög kostet jährlich 21 Millionen Euro – Besserung nicht in Sicht“

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