Sachsen vor dem Schulstart: Kurth optimistisch – Verbände skeptisch

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DRESDEN. Die Klassen in Sachsens Schulen werden nochmals größer – obwohl so viele Lehrer wie noch nie eingestellt wurden. Eine neue Runde im Streit um Stellen und Zahlen ist programmiert. Drohen Streiks?

Sieht Sachsen gut gerüstet für das neue Schuljahr: Kultusmnisterin Brunhild Kurth
Sieht Sachsen gut gerüstet für das neue Schuljahr: Kultusmnisterin Brunhild Kurth

Trotz Lehrermangels ist der Unterricht im kommenden Schuljahr nach Aussage von Kultusministerin Brunhild Kurth (parteilos) abgesichert. «Wir haben bei den Planungen Einschnitte vornehmen müssen», sagte sie in Dresden. So würden wie schon im Vorjahr teils größere Klassen gebildet, und Referendare müssten künftig zwölf statt acht Stunden pro Woche Unterricht erteilen. Neben den bereits erfolgten Neu- und Ersatzeinstellungen für ausscheidende Pädagogen solle ein zunächst bis Ende des Jahres befristeter Pool mit 200 Vertretungslehrern helfen, Unterrichtsausfall zu begrenzen.

Im neuen Schuljahr, das am 26. August beginnt, werden nach Angaben des Ministeriums an den öffentlichen Schulen schätzungsweise 4000 Mädchen und Jungen mehr als 2012/13 lernen. Die Zahl der Lehrerstellen sei deshalb um 257 erhöht worden. Im Laufe dieses Jahres seien mehr als 1000 Lehrer in Sachsen eingestellt worden, davon 760 zum 1. August. So viele Einstellungen habe es in den vergangen 20 Jahren nicht gegeben, sagte die Ministerin. «Wir haben zudem mehr Lehrer eingestellt als ausgeschieden sind.» Zugleich verwies sie auf ein Problem, das sich in den kommenden Jahren weiter auswirken dürfte: «Der Markt bei Lehrern für Grundschulen, Förderschulen und Oberschulen ist leer gefegt.»

Die Lehrergewerkschaft GEW monierte, die Zahlen sähen nur auf den ersten Blick gut aus. «Der angebliche Stellenaufwuchs im Vergleich zum letzten Schuljahr kompensiert nicht einmal den Stellrückgang im letzten Schuljahr, obwohl die Schülerzahlen weiter anwachsen», teilte GEW-Chefin Sabine Gerold in einer Erklärung mit. Damit habe sich die Situation in Wahrheit verschärft.

Zudem würden die noch immer ungelösten Konflikte mit der Regierung das neue Schuljahr belasten, verwies Gerold auf die Forderung der Gewerkschaft nach Tarifverhandlungen. «Unser Geduldsfaden ist bereits arg strapaziert und das Verständnis unserer Kollegen an den Schulen aufgebraucht», drohte Gerold indirekt mit neuen Streiks, wenn sich das Land weiterhin Verhandlungen verweigert. Lehrervertreter und Regierung treffen sich am 28. August in Dresden zu einem neuen Vorgespräch – danach werden die Gewerkschaften voraussichtlich entscheiden, ob sie ihre Mitglieder für neue Proteste mobilisieren.

Nach ersten Berechnungen des Sächsischen Lehrerverbandes werden bereits zu Beginn des Schuljahres über 450 Lehrerstellen fehlen, um in allen Schularten den Grund- und Ergänzungsbereich sowie die zunehmende Integration von Schülern mit sonderpädagogischem Förderbedarf vollständig abzusichern. „Die Neueinstellung von 760 Lehrern ist ein Schritt in die richtige Richtung, liegt aber immer noch deutlich unter dem tatsächlichen Bedarf. Qualitätsabstriche sind unweigerlich vorprogrammiert“, sagte Jens Weichelt, Landesvorsitzender des Sächsischen Lehrerverbandes.

Größte Neuerung des bevorstehenden Schuljahres ist die Umwandlung der Mittel- in Oberschulen. Damit entsteht aber keine neue Schulart, die Schüler können wie bisher den Haupt- oder Realschulabschluss erwerben. Allerdings wird das Angebot an den Schulen erweitert, vor allem um den Schülern einen Wechsel zum Gymnasium nach der sechsten Klasse zu ermöglichen. Dazu soll die individuelle Förderung von Mädchen und Jungen ausgebaut werden, sie können sich Leistungsgruppen anschließen. Außerdem wird von der sechsten Klasse an eine zweite Fremdsprache angeboten. Zudem soll die Berufs- und Studienorientierung an den Schulen verbessert werden. dpa

Zum Bericht: „Tarifgespräche Sachsen: Lehrerverbände sehen sich durch Angebot provoziert“

 

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