Tarifstreit: Komplizierte Ausgangslage vor der vierten Verhandlungsrunde

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POTSDAM. Die Osterferien haben begonnen oder sind nah. Den Warnstreiks im öffentlichen Dienst nimmt das einige Durchschlagskraft. Vor der am Samstag anstehenden vierten Verhandlungsrunde geben sich die Gewerkschaften dennoch kämpferisch. Ein Überblick:

Die Ausstände im öffentlichen Dienst haben auch in der letzten Woche vor allem Schulen und Kitas getroffen. 80 000 Länderbeschäftigte gingen nach Verdi-Zahlen in dieser Woche an drei Tagen auf die Straße. Doch es könnte noch heftiger kommen, sollte die vierte Verhandlungsrunde mit der Tarifgemeinschaft der Länder (TdL) am Wochenende kein Ergebnis bringen. «Wenn diese Verhandlungen scheitern sollten, (…) dann tragen die Arbeitgeber die Verantwortung», macht Verdi-Verhandlungsführer Achim Meerkamp schon einmal klar. Die Gespräche sind ungewöhnlich kompliziert.

diametrale Richtungspfeile
Gewerkschaften und Arbeitgeber hatten sich zuletzt einander angenähert. Ob es am Samstag zu einer Lösung des anhaltenden Tarifstreits kommt ist jedoch ungewiss. Foto: Rainer Sturm / pixelio.de

Es geht um die rund 800 000 Angestellten der Bundesländer – allerdings ohne Hessen, das der Tarifgemeinschaft nicht angehört. Zum öffentlichen Dienst gehören Mitarbeiter in Behörden, Straßenwärter, Feuerwehrleute und Polizisten, aber auch Deichmeister beim Küstenschutz, Krankenschwestern oder Hausmeister. Außerdem gibt es Streit über einen Tarifvertrag für bundesweit 200 000 angestellte Lehrer.

Für die Länder geht es aber wahrscheinlich um noch mehr. Denn die Gewerkschaften wollen, dass das Ergebnis auf die rund 1,2 Millionen Beamten übertragen wird.

Die Kernforderung der Gewerkschaften lautet 5,5 Prozent mehr Geld, mindestens aber 175 Euro mehr im Monat. Nach Rechnungen der TdL würde das Mehrkosten von jährlich 2,1 Milliarden Euro allein für die Angestellten bedeuten. Kämen die Beamten dazu, wären es mehr als 6,5 Milliarden Euro. Doch über die nackten Zahlen ist in den drei Verhandlungsrunden bisher kaum gesprochen worden.

Die Verhandlungen drehen sich bislang besonders um zwei entscheidede Punkte. Da ist zum einen die Bezahlung der angestellten Lehrer. Bei ihrer Eingruppierung in die Tarifstufen sind die Verhandlungspartner beim letzten Mal Mini-Schritte vorangekommen. Die Länder-Arbeitgeber zeigten sich hier kompromissbereit, wenn es Zugeständnisse in der Frage der Betriebsrenten gebe. Der Bildungsgewerkschaft GEW zufolge sagt das aber nicht klar, dass die Lehrer künftig so behandelt werden wie andere Landesangestellte auch.

Zweiter Knackpunkt ist die Altersvorsorge. Die Länder wollen bei der betrieblichen Altersversorgung sparen, weil die Menschen immer älter werden und das die Kassen belastet. Nach einer früheren Rechnung der Gewerkschaften könnten von durchschnittlich 360 Euro rund 60 pro Monat wegfallen. Das wollen die Gewerkschaften nicht akzeptieren.

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Die Gewerkschaftsseite beharrte auf einem Tarifabschluss, der einen Einstieg in die Gleichbehandlung angestellter und verbeamteter Lehrer bringe. Die Länder-Arbeitgeber zeigten sich hier kompromissbereit, wenn es Zugeständnisse in der Frage der Betriebsrenten gebe.

Am Ende wird es für die Länder auf die Gesamtkosten des Abschlusses ankommen. Erst wenn die anderen Fragen einigermaßen geklärt sind, dürfte über die Zahlen gesprochen werden.

Ob es am Samstag schon zu einem Ergebnis kommt ist unklar. Bei der letzten Verhandlungsrunde waren sich Arbeitgeber und Gewerkschaften etwas näher gekommen, lagen aber immer noch weit auseinander. Dass es am Samstag schnell zu Ende geht, scheint deshalb unwahrscheinlich. Verdi jedenfalls hat zweitägige Gespräche angesetzt. Es könnte die ganze Nacht durchverhandelt werden. Möglich ist aber auch, dass man sich am Wochenende überhaupt nicht einigt.

Sollte es zu keiner Einigung kommen, sind neue Warnstreiks oder auch eine Urabstimmung mit anschließendem richtigen Streik noch nicht vom Tisch. «Gelingt jetzt nicht der Durchbruch, wird die Auseinandersetzung weitergehen», kündigte Verdi-Chef Frank Bsirske an. Während der Osterferien dürften Streiks aber nur eine geringe Durchschlagskraft haben, weil sie weniger Menschen betreffen. Schulen sind ohnehin geschlossen, viele Bürger verreist. (Theresa Münch, dpa)

Länder und Gewerkschaften gehen am Samstag (10.00 Uhr) in ihre vierte und entscheidende Runde der Tarifverhandlungen für den öffentlichen Dienst.

zum Bericht: Warnstreik: GEW meldet 15.000 Teilnehmer in mehreren Bundesländern

zum Bericht: Tarifverhandlungen: SLV erwartet Angebot für Entgeltordnung

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