Weil geht mit Versprechen einer komplett beitragsfreien Kita in den Wahlkampf – Träger: Lieber in Qualität investieren

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HANNOVER. In Niedersachsen wollen mehrere Parteien die Kindergarten-Gebühren abschaffen. Für die Familien bringt das finanzielle Entlastung. Manche Träger und Gewerkschafter finden: Das Geld sollte eher in qualitative Verbesserungen fließen.

Möchte wiedergewählt werden: Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil. Foto Karsten Mosebach, Gymnasium-Melle (Foto-AG) / Wikimedia Commons (CC-BY-SA-3.0)
Möchte wiedergewählt werden: Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil. Foto Karsten Mosebach, Gymnasium-Melle (Foto-AG) / Wikimedia Commons (CC-BY-SA-3.0)

Die ins Auge gefasste Abschaffung der Kita-Gebühren in Niedersachsen wird nach Einschätzung von Trägern die Nachfrage nach Kindergartenplätzen nicht wesentlich erhöhen. «Wir rechnen nicht damit, dass wir mehr Anmeldungen bekommen. Die Auswirkungen werden marginal sein», sagte Fachdienstleiter Helmut Tolsdorf von der Stadt Osnabrück. Bereits jetzt übernehme die Stadt die Kosten der Betreuung, wenn eine Familie dazu finanziell nicht in der Lage sei. Der Anteil dieser subventionierten Plätze betrage in Osnabrück 30 Prozent.

In Niedersachsen ist das dritte Kindergartenjahr bereits seit 2007 für die Eltern gebührenfrei. Vor drei Wochen hatte Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) angekündigt, dass seine Partei die kostenlosen Kita-Plätze für alle drei Kindergartenjahre zum zentralen Thema des Landtagswahlkampfes machen wolle. Die Kosten dafür schätzte er auf 200 Millionen Euro jährlich. Mittlerweile haben sich auch die niedersächsische CDU und die FDP für die Abschaffung von Kita-Gebühren ausgesprochen.

Auch Fachberaterin Katrin Maaß von der Kinderladen-Initiative Hannover geht nicht von einem größeren Andrang aus, sollten die Eltern nicht mehr für die Kita zur Kasse gebeten werden: «Es ist ja auch momentan so, dass der Besuch einer Kita nicht am Geld scheitert, da die Kommunen freie Plätze zur Verfügung stellen.» Meist sei es eine bewusste Entscheidung, wenn Eltern ihre Kinder nicht in einer Einrichtung betreuen ließen. In Osnabrück gehen nach Angaben von Fachdienstleiter Helmut Tolsdorf bereits zwischen 95 und 97 Prozent aller Kinder im Kindergartenalter in eine Kita.

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In manchen ländlichen Regionen sei die Nutzung geringer, sagt Erika Brahms von der Fachberatung Kindertagesstätten der Diakonie. Dort könnte es noch zu leichten Steigerungen kommen, wenn die Plätze für die Eltern kostenfrei sind: «Außerdem werden wahrscheinlich manche Eltern ihre Kinder für eine längere Betreuung anmelden.» Brahms sieht das Vorhaben der Parteien durchaus kritisch. «Statt noch weitere Anreize für ein quantitatives Wachstum zu geben, sollte man das Geld besser in qualitativen Ausbau investieren.» So müssten mehr Arbeitsplätze geschaffen werden, auch bräuchten die Erzieherinnen mehr Zeit, etwa für Gespräche mit den Eltern.

Betreuungsrelation verbessern!

Ähnlich sieht man das bei der Gewerkschaft Verdi. «Im Prinzip unterstützen wir die Forderung, dass auch frühkindliche Bildung kostenfrei sein soll. Aber eine Reform des Kita-Gesetzes hätte für uns Priorität», sagt Pressesprecher Ulf Birch. Seit langem dringt die Gewerkschaft darauf, dass die Betreuungsrelation und die geltenden Raum-Standards verbessert werden.

In den einzelnen Bundesländern gelten in Bezug auf Elternbeiträge für Kitas sehr unterschiedliche Regeln. In Rheinland-Pfalz ist die Kita für alle drei Jahre beitragsfrei. In Nordrhein-Westfalen gilt dies – ähnlich wie in Niedersachsen – nur für das letzte Kindergartenjahr vor der Schule. Bayern zahlt für das dritte Jahr einen Zuschuss von 100 Euro monatlich. In Hamburg sind von der Geburt des Kindes bis zur Einschulung fünf Stunden Betreuung täglich kostenfrei, für alles weitere zahlen die Eltern. dpa

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