Die Landesregierung hat ihre Pläne zur Kinderbetreuung konkretisiert. Eltern von mehreren Kindern sollen künftig deutlich weniger Kita-Gebühren zahlen. Kritikern gehen die Änderungen nicht weit genug.
MAGDEBURG. Eckpunkte gab es schon seit drei Monaten, aber bis zuletzt waren sich Minister nicht einig: Nun hat die Landesregierung hat nach langem Hin und Her einen Gesetzentwurf zur Neuregelung der Kinderbetreuung vorgelegt. Kern der am Dienstag präsentierten Einigung: Eltern mehrerer Kinder sollen ab nächstem Jahr nur noch für das älteste Kind Kita-Beiträge zahlen. Profitieren könnten nach den Angaben die Eltern von rund 60.000 Geschwisterkindern. Für sie wird es dann günstiger. Vorgesehen ist eine garantierte Betreuungszeit von acht Stunden am Tag. Berufstätige Eltern sollen unbürokratisch den bisherigen Zehn-Stunden-Anspruch bekommen.
Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) sagte: „Wir haben in Sachsen-Anhalt das
komfortabelste Angebot, dass es derzeit in Deutschland gibt.“ Kein anderes Bundesland
gewähre einen derart umfassenden Rechtsanspruch auf die Kinderbetreuung von Geburt
an bis zum sechsten Lebensjahr. Das neue Kinderförderungsgesetz (Kifög) werde die
Situation weiter verbessern. „Wir haben lange gerungen und jetzt eine sehr gute und
differenzierte Lösung gefunden.“
Bis zuletzt war um die Finanzierung gestritten worden. Sozialministerin Petra Grimm-Benne (SPD) bezifferte die Zusatzkosten für den Landeshaushalt auf 47,8 Millionen Euro. Im nächsten Jahr werde aber noch nicht die gesamte Summe wirksam. Mit der Gesetzesnovelle ändert sich die Systematik der Finanzierung: Künftig übernimmt das Land 50 Prozent der Personalkosten für die Erzieher, statt wie bisher den Kommunen feste Pauschalen zu bezahlen. Das neue System sei einfacher und gerechter, betonte Grimm-Benne.
Sorge: Ausgeglichener Haushalt in Gefahr
Zunächst hatten die Pläne der Regierung vorgesehen, dass Eltern nur für das jüngste Kind Beiträge zahlen. Dass jetzt nur für das älteste Kind bezahlt werden soll, macht es für das Land teurer, weil Krippenplätze für kleine Kinder meist mehr Kosten als Kita-Plätze für ältere Kinder. Finanzminister André Schröder (CDU) sieht deshalb einen ausgeglichenen Haushalt in Gefahr.
Er hat in den Verhandlungen nun einen Prüfauftrag durchgesetzt. Im nächsten Jahr will der Bund den Ländern über ein Gute-Kita-Gesetz Geld für weitere Qualitätsverbesserungen in der Kinderbetreuung zur Verfügung stellen. Das Sozialministerium soll prüfen, ob sich ein Teil des Geldes für das Kifög verwenden lässt.
Grimm-Benne machte eine Beispielrechnung auf, was Eltern durch die Neuregelung sparen können: Ein Kita-Platz für acht Stunden koste derzeit im Schnitt rund 133 Euro. Eltern von zwei Kindern zahlen bislang 160 Prozent des Beitrags – künftig bleibe es beim Beitrag für das älteste Kind. Die SPD-Politikerin zog zudem einen Vergleich zu anderen Bundesländern. In Berlin etwa sind seit August keine Kita-Beiträge mehr fällig. Allerdings könnten vor allem private Kitas Eltern Zusatzkosten für besondere Leistungen wie Musik- oder Sportangebote von bis zu 90 Euro pro Kind in Rechnung stellen, sagte Grimm-Benne. Eltern von zwei Kindern könnten dadurch höhere Kosten als bei der neuen Regelung in Sachsen-Anhalt haben.
Mehr Erzieher benötigt
Die oppositionelle Linke kritisierte, die Neuregelung bleibe weit hinter den Erwartungen
zurück. Eltern mit nur einem Kind würden finanziell nicht entlastet. Elternbeiträge müssten schrittweise abgesenkt und ganz abgeschafft werden, zudem seien mehr Erzieher nötig.
Die Bildungsgewerkschaft GEW kritisierte, dass die pädagogischen Standards kaum
verbessert werden. Das Land will künftig zehn Ausfalltage pro Erzieher im Jahr
berücksichtigen – für die GEW viel zu wenig, um die Erzieher-Kind-Relation zu verbessern. Simon Ribnitzky, dpa