Klimawandel: Afrikanische Riesenzecke bringt Fleckfieber nach Deutschland

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STUTTGART. Forscher hatten es bereits befürchtet: Nach der ersten Überwinterung in Deutschland soll die sogenannte Hyalomma-Zecke nun erstmals das Zecken-Fleckfieber übertragen haben. Ein Pferdehalter erkrankte.

Sie ist bis zu zwei Zentimeter groß und hat auffällig gestreifte Beine: die Hyalomma-Zecke. Foto: Adam Cuerden / Wikimedia Commons

Erstmals soll in Deutschland ein Mensch durch den Stich einer tropischen Riesenzecke an Fleckfieber erkrankt sein. In der Zecke sei der betreffende Erreger nachgewiesen worden, teilte die Universität Hohenheim in Stuttgart am Mittwoch mit. Ein Pferdebesitzer aus dem Raum Siegen (Nordrhein-Westfalen) hatte eine Hyalomma-Zecke Ende Juli nach einem Stich an die Zeckenforscher in Hohenheim geschickt. Wenige Tage später war er mit schweren Krankheitssymptomen und Verdacht auf Zecken-Fleckfieber ins Krankenhaus gekommen. Er konnte erfolgreich mit Antibiotika behandelt werden.

«Damit wissen wir jetzt nicht nur sicher, dass die Hyalomma-Zecke auch Menschen sticht», sagte Ute Mackenstedt, Parasitologin an der Universität Hohenheim. Klar sei auch, dass in Deutschland eine Übertragung des Zecken-Fleckfiebers durch die Tiere tatsächlich möglich ist. Ärzte müssten künftig eine Infektion als mögliche Ursache in Betracht ziehen und entsprechend wachsam sein, sagte sie.

Fieberhafter Infekt mit einem Gefühl, als würde man verbrennen

Das Bakterium Rickettsia aeschlimannii verursacht einen fieberhaften Infekt mit Kopf- und Muskelschmerzen, extremen Gelenkschmerzen und einem Gefühl, als würde man verbrennen. Typisch für die Erkrankung ist der Hautausschlag, der dem Fleckfieber den Namen gibt. Nach Angaben des Robert Koch-Instituts ist Fleckfieber eine in Deutschland höchst selten auftretende Krankheit. In den vergangenen Jahren habe es nur vereinzelte Fälle gegeben, alle seien aus dem Ausland importiert worden.

Die Zahl gefundener Hyalomma-Zecken ist in Deutschland in den vergangenen Monaten und im Vergleich zum Vorjahr deutlich gestiegen. «2019 haben wir zusammen bis jetzt schon 50 Exemplare in Deutschland gefunden. Letztes Jahr waren es insgesamt 35», sagt Mackenstedt. Von den 2019 gefundenen Exemplaren trägt laut Mackenstedt fast jedes zweite den Fleckfieber-Erreger in sich. Erstmals konnten nach Einschätzung der Experten in diesem Jahr Hyalomma-Zecken in Deutschland auch überwintern.

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Der Fall des Pferdehalters aus dem Sauerland wird als Verdachtsfall behandelt, weil ein Direktnachweis des Erregers am Patienten nach Angaben der Experten nicht möglich war. «Die Behandlung des Patienten stand einfach an erster Stelle», sagte Gerhard Dobler, Mediziner am Institut für Mikrobiologie der Bundeswehr in München. «Doch der unmittelbar vorausgegangene Zeckenstich, die typischen Symptome und vor allem der Nachweis des Erregers in der Zecke lassen keinen anderen Schluss zu, als dass es sich bei dem Fall um Zecken-Fleckfieber handelte.»

Die Hyalomma-Zecken stammen aus den Trocken- und Halbtrockengebieten von Afrika, Asien und Südeuropa – von Spanien über Italien bis zur Türkei. Von den hiesigen Zecken wie etwa dem Gemeinen Holzbock kann man sie leicht unterscheiden: Sie sind mit bis zu zwei Zentimeter Länge wesentlich größer und haben auffällig gestreifte Beine. Bislang wurden Hyalomma-Zecken mit Zugvögeln nach Deutschland transportiert, dort können sie sich nach Ansicht der Wissenschaftler in diesem Jahr stärker ausbreiten.

„Das merken Sie, wenn die auf Ihnen herumläuft“

Die Hyalomma-Zecken können auch gefährlichere Erreger übertragen, darunter jenes Virus, das das Krim-Kongo-Fieber verursacht, das mit schweren Blutungen einhergehen kann. Im vergangenen Jahr wurden insgesamt 18 Exemplare aus acht Bundesländern (Bayern, Baden-Württemberg, Hessen, Rheinland-Pfalz, Nordrhein-Westfalen, Brandenburg, Berlin und Schleswig-Holstein) eingeschickt und untersucht, weitere 17 Zecken waren auf Grund von Bildern eindeutig als Hyalomma-Zecken zu erkennen gewesen. Keine der untersuchten Zecken trug den Erreger des Krim-Kongo-Hämorrhagischem Fiebers in sich.

Weiter dominant bleibe in jedem Fall der sogenannte Holzbock als heimische Zeckenart, sagte Mackenstedt. Die von ihm übertragenen Erreger können Borreliose und FSME (Frühsommer-Meningoenzephalitis) auslösen. Während die normalen Zecken nicht einfach zu sichten sind, sobald sie sich am menschlichen Körper festkrallen, spürt der Mensch den Angriff der Hyalomma-Zecke, sagt Expertin Mackenstedt: «Sie ist ja deutlich größer. Das merken Sie, wenn die auf Ihnen herumläuft.» Von Martin Oversohl, dpa

Was Erzieher und Lehrer tun sollten

Kinder sind besonders anfällig für Zeckenstiche. Ihre zarte Haut und die geringe Körpergröße machen sie zur leichten Beute für die Spinnentiere. Um die Übertragung von Bakterien zu vermeiden, sei es ratsam, Zecken möglichst schnell zu entfernen. Hier sind – etwa bei Ausflügen oder Klassenfahrten – auch Erzieher und Lehrer gefragt: Je schneller sie einer Zecke zu Leibe rücken, desto besser. Dafür bedarf es allerdings des richtigen Werkzeugs und einer Einverständniserklärung der Eltern. Die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung hat ein Merkblatt für Bildungseinrichtungen herausgegeben – hier ist es gratis herunterladbar.

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