WIESBADEN. Spezielle Sprachkurse für angehende Grundschulkinder mit schlechten Deutschkenntnissen sollen in Hessen verpflichtend werden. Kultusminister Alexander Lorz (CDU) kündigte am Donnerstag in Wiesbaden an, eine Reform des Schulgesetzes 2020 auf den Weg bringen zu wollen. Dann könnten die Änderungen 2021 in Kraft treten. Bislang ist der Besuch der sogenannten Vorlaufkurse freiwillig. Sie beginnen ein Jahr vor der Einschulung und stehen allen Kindern offen, die nicht gut genug Deutsch sprechen. Aus der Wissenschaft kommt unterdessen die Forderung, für Kinder mit Sprachdefiziten an der Grundschule den Regelunterricht um eine besondere Förderung zu ergänzen.
In 90 Prozent der Fälle werde in Hessen das bislang freiwillige Angebot zur Sprachförderung angenommen, erklärte Lorz. Die übrigen zehn Prozent sollen mit der Verpflichtung jetzt auch noch ins Boot geholt werden, wie der Kultusminister sagte. Hessen sei bei den Vorlaufkursen Vorreiter und mache damit gute Erfahrungen. Spricht ein Kind zur Einschulung nicht ausreichend gut Deutsch, kann es vom Schulbesuch zurückgestellt werden und muss zunächst einen Sprachkurs besuchen. Die schwarz-grüne Landesregierung hatte sich in ihrem Koalitionsvertrag darauf geeinigt, den Vorlaufkursen «einen verbindlichen Charakter» zu geben.
Notfalls die Einschulung zurückstellen?
Der CDU-Politiker Carsten Linnemann hatte in dieser Woche mit seinen Aussagen zu Deutschkenntnissen von Grundschülern eine breite Diskussion ausgelöst. Der Unionsfraktionsvize im Bundestag hatte in einem Interview gesagt: «Um es auf den Punkt zu bringen: Ein Kind, das kaum Deutsch spricht und versteht, hat auf einer Grundschule noch nichts zu suchen.» Für betroffene Kinder schlug er eine Vorschulpflicht vor. Notfalls müsse eine Einschulung auch zurückgestellt werden.
Der Direktor des renommierten Leibniz-Instituts für Deutsche Sprache in Mannheim, Henning Lobin, sieht in fehlenden Deutschkenntnissen vor der Einschulung kein grundsätzliches Problem. «Natürlich ist es in einer deutschsprachigen Grundschule sehr viel leichter für ein Kind, wenn es Deutsch versteht. Allerdings erlernen gerade Grundschulkinder in der schulischen Umgebung schnell die neue Sprache», sagte Lobin im Gespräch.
Lobin sagte mit Blick auf einen Spracherwerb erst an der Grundschule, ideal sei es, den normalen Schulunterricht mit einem speziellen sprachlichen Förderunterricht zu kombinieren. Dann könnten sprachliche Differenzen schnell ausgeglichen werden.
“Kinder erwerben bis zur Pubertät eine Sprache unreflektiert und automatisiert”
Zur Frage in welchem Alter Kinder eine neue Sprache besonders schnell lernen, sagte Lobin: «Generell kann davon ausgegangen werden, dass Kinder bis zum Einsetzen der Pubertät eine Sprache unreflektiert und automatisiert erwerben und damit grundsätzlich – unter sehr guten Bedingungen – eine der muttersprachliche Kompetenz vergleichbare Fertigkeit erwerben können.» Nach Ende der Pubertät sei es sehr viel aufwendiger, eine Fremdsprache akzentfrei zu erlernen. «Unter idealen Bedingungen kann der vollständige Erwerb einer Zweitsprache von Kindern, abhängig vom Alter und vom angestrebten Zielniveau, innerhalb weniger Monate bis weniger Jahre vollzogen werden.» News4teachers / mit Material der dpa
„Schädlich“, „furchtbar“, „schrecklich“: Kultusminister einhellig gegen Linnemann
“Kinder erwerben bis zur Pubertät eine Sprache unreflektiert und automatisiert”
das heißt natürlich auch, sie erwerben die Sprache so, wie sie “uff de Gass” (im Pfälzischen) gesprochen wird, ohne grammatische Hilfen, mit dem beschränkten und manchmal prekären Wortschatz und vermutlich in eher ineffizienter Weise. Dabei gehe ich mal davon aus, dass Deutschkurse kindgerecht und professionell erteilt werden. Reden mit den Gleichaltrigen (falls diese Deutsch können!!) ist eine gute zusätzliche Übung, aber keine gleichwertige Alternative zu einem richtigen Deutschlernen.
Wer mit diesem Argument den Deutschkurs ablehnt, will Geld sparen auf Kosten der Grundschullehrerin und der anderen Erstklässler.