Deutschlands jüngste Unipräsidentin hat angehende Biolehrer ausgebildet

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OSNABRÜCK. Heimatverbunden, weltoffen, kommunikativ und argumentationsgewandt: Die neue Präsidentin der Universität Osnabrück ist eine starke Frau. Sie will wissenschaftliche Erkenntnisse in die Gesellschaft tragen.

Prof. Menzel-Riedl ist mit 43 Jahren die derzeit jüngste Hochschulpräsidentin in Deutschland. Foto: Universität Osnabrück / Simone Reukauf

Kollegen schätzen ihren analytischen Blick und ihre kommunikative Begabung. Sie selbst hat Freude daran, in schwierigen Situationen Diskussionen zu versachlichen und zu guten Entscheidungen zu kommen. Susanne Menzel-Riedel tritt am 1. Oktober ihr Amt als Präsidentin der Universität Osnabrück an. Die aus Nordrhein-Westfalen stammende 43-Jährige ist dann die derzeit jüngste Universitätschefin Deutschlands.

«Es hat auch schon Personen gegeben, die jünger ins Amt gekommen sind als ich», kommentiert die Professorin für Biologiedidaktik diesen Superlativ. Den Tausch des Hörsaals mit dem Präsidentenzimmer sei nicht einfach für sie. Für ihre wissenschaftliche Karriere habe sie lange und hart gearbeitet.

Seit 2016 ist Menzel-Riedel Vizepräsidentin für Forschung und Nachwuchsförderung. In diesem Amt habe sie gemerkt, dass es ihr Freude mache, komplexe Dinge zu entwirren. «Ich kann Dinge auf eine Formel bringen und sie bearbeitbar machen», sagt sie. Spaß mache ihr auch, in viele Bereiche der Universität hineinzuschauen.

Sie ist die erste in ihrer Familie, die studiert hat

Ihre Wurzeln liegen im Wittgensteiner Land. Dort wuchs sie in einem kleinen Ort etwa 50 Kilometer von Siegen entfernt auf. «Das war eine schöne ländliche Kindheit, die ich nicht missen möchte.» Erst mit 14 sei sie zum ersten Mal in der Stadt gewesen. Nach dem Abitur habe sie hinaus in die Welt gewollt, die Verbindung zu ihrer Heimat sei aber heute auch noch sehr stark. «Ich will meinen Kindern das geben, was ich auch erlebt habe», erzählt sie – etwa Baden in einem Fluss.

Von 1996 bis 2002 studierte sie Biologie, Pädagogik und Englisch in Münster, Dakar (Senegal) und dem College of William and Mary (USA). Von 2004 bis 2007 war sie wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Universität Göttingen. 2008 wurde sie Juniorprofessorin in Osnabrück, seit 2011 ist sie Professorin. Heute lebt sie in Münster, 30 Bahnminuten von Osnabrück entfernt. «Das ist die goldene Mitte», sagt sie. Ihr Mann arbeitet in Dortmund. Ihre Kinder, ein Mädchen und ein Junge, sind sechs und sieben Jahre alt.

Rufe an die Unis in Gießen und Köln lehnte sie ab. Ihre Welt sei die der mittelgroßen Universitäten wie die in Osnabrück mit etwa 14.000 Studenten. «Ich liebe es, die meisten Mitarbeiter hier zu kennen und mit Namen anzusprechen», sagt sie. Kurze Wege, unkomplizierte, fächerübergreifende Kontakte, das sei an größeren Unis kaum denkbar.

Menzel-Riedel war die erste in ihrer Familie, die studiert hat. An den Kulturschock und das erste Fremdeln an der Uni könne sie sich noch gut erinnern. Dass immer weniger Kinder aus nicht akademisch geprägten Familien studieren, sei ein gesellschaftliches Problem. «Wir wollen ja die Begabtesten haben als Studierende wie auch hinterher als Forscherinnen und Forscher.»

Populismus vs. Wissenschaft? „Eine Katastrophe“

Wissenschaft und Universität müssen sich nach Ansicht von Menzel-Riedel auch in der Gesellschaft zu Wort melden. Dass Populisten gegen Wissenschaftler polemisieren, weil ihnen beispielsweise die Erkenntnisse zum Klimawandel nicht passen, sei eine Katastrophe. Der Wissenschaft gehe es nicht ums Moralisieren, sondern darum, wertneutrale Erkenntnisse zu bekommen.

«Gefährlich ist, dass wir diese Erkenntnisse schwer in die Gesellschaft bekommen, weil der politische und demokratische Diskurs nicht mehr funktioniert.» Wissenschaftler müssten sich den Debatten stellen und mehr in die Öffentlichkeit gehen. «Es ist auch als Hochschulleitung unsere Aufgabe, dafür Formate zu entwickeln.»

Der frühere Rektor der Ruhr-Universität Bochum, Elmar W. Weiler, kennt Susanne Menzel-Riedel gut. Weiler ist Vorsitzender des Hochschulrats der Uni Osnabrück, eines externen Beratungsgremiums. «Ich würde ihr raten, so zu bleiben, wie sie ist – sie ist eine sehr talentierte Kommunikatorin und eine sehr strukturierte und klare Denkerin», sagt der Biologe. Sie denke strategisch, habe ihre Argumente parat und wirke authentisch. Sie könne auch in komplexen Themen mit Sachargumenten überzeugen. «Das ist ein Talent, das nicht jeder hat», lobt Weiler. Von Elmar Stephan, dpa

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