Studie: Für viele junge Leute sind Politiker nicht wahrhaftig – warum Jugendliche nicht in die Parteien strömen

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ERFURT. Viele junge Leute interessieren sich für Politik, engagieren sich sozial oder für den Klimaschutz. Aber vergleichsweisweise wenige gehen wählen oder haben Vertrauen in Parteien. Eine Studie hat Gründe untersucht.

Vor allem enttäuschte Erwartungen führen nach einer Studie bei jungen Leuten zu Parteienverdrossenheit. Die größte Enttäuschung sei nach einer Umfrage unter mehr als 3300 Thüringer Jugendlichen im Alter zwischen 15 und 25 Jahren eine mangelnde Wahrhaftigkeit von Politikern, sagte der Erfurter Politikwissenschaftler André Brodocz. Nach Einschätzung von 45 Prozent der Befragten seien Politiker nicht wahrhaftig, 38 Prozent meinten, Parteien würden zu wenig tun, um soziale Ungleichheit in der Gesellschaft zu beseitigen.

Jugendliche waren offenbar schon vor Fridays for future keineswegs unpolitisch. Mit Parteien können sie aber nicht viel anfangen. Foto: Niek Verlaan / Pixabay (P.L.)

Auf einer Skala von eins bis sechs bewerteten die Befragten ihr Vertrauen in Parteien mit 2,9. Das höchste Vertrauen setzen sie danach in die Polizei, die auf einen Wert von 4,1 kam und in die Gerichte mit 4,0. Gewerkschaften schnitten mit 3,6 auf der Skala ab, Bürgerinitiativen mit 3,4. Noch hinter den Parteien rangierten TV, Zeitungen und Radio, Kirchen sowie soziale Netzwerke.

Die Studie gebe einige Antworten, «warum Jugendliche nicht in die Parteien strömen», sagte Thüringens Bildungsminister Helmut Holter (Linke). Sie zeige aber auch, dass junge Leute nicht unpolitisch seien, unabhängig davon, welchen Bildungsweg sie gingen.

Für die Studie im Auftrag des Thüringer Landesjugendrings wurden je zur Hälfte Berufsschülern sowie Gymnasiasten verschiedene Fragen und Einschätzungsmöglichkeiten vorgelegt. Politische Themen werden danach vor allem mit den Eltern besprochen. Mehr als 50 Prozent der Befragten sagten, das passiere häufig oder sehr häufig. Nur 30 Prozent gaben an, politische Fragen spielten häufig oder sehr häufig in ihrem Freundeskreis eine Rolle.

Nach Einschätzung des Politikwissenschaftlers gibt es unter den Thüringer Jugendlichen eine Parteienverdrossenheit, «aber keine große Demokratieenttäuschung». Zudem habe sich gezeigt, dass das allgemeine Vertrauen in Parteien umso besser ist, je besser Jugendliche ihre ökonomische Situation beurteilen und je stärker sie das Gefühl haben, dass sie Politik beeinflussen können. (dpa)

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