BERKA. Trotz des schweren Busunglücks auf dem Weg zur Schule betonen Experten, der Bus sei eines der sichersten Verkehrsmittel. Dennoch fragen sich Eltern, warum Kinder keinen Gurt anlegen und manchmal im überfüllten Bus stehen müssen. Bundesverkehrsminister Scheuer (CSU) kündigt eine Reaktion an.
Nach dem schweren Schulbusunglück im Wartburgkreis hat der Thüringer Landeselternsprecher Roul Rommeiß eine Diskussion über Sicherheit in Schulbussen angemahnt. Es müsse immer wieder überprüft werden, wie die Sicherheit der Kinder erhöht werden könne, sagte er am Freitag im Gespräch. Dazu gehöre grundsätzlich auch das Anlegen von Gurten. Dadurch verringere sich nachweislich die Verletzungsgefahr bei Unfällen. Zudem müsse jeder Schüler im Bus einen Sitzplatz haben. Dazu brauche es aus seiner Sicht ein echtes Schulbussystem statt Linienbusse, erklärte Rommeiß.
Linienverkehr ist von der Gurtpflicht ausgenommen – ein Fehler?
Der Schülerverkehr erfolgt nach Auskunft des Verkehrsministeriums in Thüringen überwiegend über Omnibusse des öffentlichen Linienverkehrs. Diese sind von der Gurtpflicht ausgenommen. Nach Angaben der Polizei vom Freitag gab es in dem Unglücksbus Sicherheitsgurte – ob die Kinder angeschnallt waren, konnte eine Sprecherin aber weiterhin nicht sagen.
Auch nach Informationen des Verbands Mitteldeutscher Omnibusunternehmer handelte es sich bei dem Unglücksbus um eine Linienfahrt. «Im Linienverkehr gilt keine Anschnallpflicht, egal ob es Gurte in dem Bus gibt oder nicht», sagte Verbandschef Tilman Wagenknecht der dpa. Daher müssten die Fahrer in solchen Fällen auch nicht zum Anlegen der Gurte auffordern.
Bayerische Elternverbände forderten am Freitag eine generelle Sitz- und Anschnallpflicht in Schulbussen. «Es ist genau das eingetreten, wovor wir gewarnt haben», sagte Susanne Arndt, Vorsitzende der Landeselternvereinigung der bayerischen Gymnasien. In Oberbayern war am Donnerstag ebenfalls ein Bus verunglückt und dabei neun Kinder leicht bis mittelschwer verletzt worden.
Am Abend reagierte auch Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU). Er werde den Bundesländern vorschlagen, die seit 2005 geltenden Empfehlungen für die Schülerbeförderung zu aktualisieren, sagte ein Sprecher des Verkehrsministeriums om Berlin. «Uns ist allen daran gelegen, dass unsere Kinder sicher zur Schule kommen.»
“Der Schulbus ist das sicherste Verkehrsmittel auf dem Weg zur Schule”
Eine Änderung der bundesweiten Regelung zur Gurtpflicht in den Linienbussen hält das Thüringer Verkehrsministerium hingegen nicht für angebracht. Dies sei mit Blick auf den häufigen Fahrgastwechsel auf Buslinien – anders als bei Reisebussen – nicht praktikabel, erklärte Sprecherin Antje Hellmann. Zudem gebe es im öffentlichen Nahverkehr eine Mitnahmepflicht im Rahmen der verfügbaren Sitz- und Stehplätze.
«Wie die Statistiken immer wieder beweisen, ist die Fahrt mit dem Bus eine der sichersten Beförderungsarten in Deutschland», konstatierte Hellmann. Das bestätigt auch Busverbandschef Wagenknecht: «Der Bus ist mit großem Abstand das sicherste Verkehrsmittel auf dem Weg zur Schule.» Nach Zahlen des Landesamtes für Statistik waren 2018 gut 9900 Kraftfahrzeuge in Verkehrsunfälle in Thüringen verwickelt – darunter 89 Busse. Abschließende Zahlen für 2019 liegen noch nicht vor. dpa
Kerzen und Blumensträuße haben Trauernde an dem Hang etwas außerhalb von Berka vor dem Hainich abgelegt. Die Pflanzen erinnern an diesem tristen Januarmorgen an den Schulbusunfall, bei dem zwei Kinder starben und viele weitere verletzt wurden. Auch ein Andachtsgottesdienst war am Freitagabend im Heimatort der toten Kinder geplant.
Auf dem Weg von Eisenach zur Grundschule in dem kleinen Ort im Wartburgkreis rutschte am Donnerstagmorgen ein Bus mit 23 Kindern auf eisglatter Strecke und stürzt in einen Graben. Ein Mädchen und ein Junge im Alter von acht Jahren sterben. 21 weitere Kinder zwischen acht und elf Jahren werden nach Polizeiangaben verletzt, zwei von ihnen schwer. Der Busfahrer erleidet einen Schock. Alle kommen in Krankenhäuser.
Einige Schüler hatten am Freitag das Krankenhaus verlassen, und waren schon wieder in der Schule, wie Karola Hunstock sagte. Sie ist die Vorsitzende der Verwaltungsgemeinschaft, Hainich-Werratal, zu der Berka gehört. «Aber manche Kinder werden auch noch stationär betreut», fügte Hunstock hinzu.
Schulpsychologen haben in der Grundschule ihre Arbeit aufgenommen
Schulpsychologen hatten am Freitag in der betroffenen Grundschule ihre Arbeit aufgenommen. «Alle gehen sehr professionell vor», sagte ein Sprecher des Bildungsministeriums. Den Eltern war es freigestellt gewesen, ihre Kinder am Freitag in die Schule zu lassen.
«Aus allen Klassen sind Kinder da», sagte der Ministeriumssprecher vor Ort. Die Schulpsychologen sollten solange an der Grundschule bleiben, wie es die Fachleute für nötig halten. Dass der Montag ein normaler Unterrichtstag werde, sei unwahrscheinlich. «Auch Alltag soll wieder einkehren, aber man muss aufpassen, dass der Unfall angemessen verarbeitet wird», erklärte der Sprecher.
Die Polizei hatte am Freitag bereits mit der Untersuchung des geborgenen Unfallbusses begonnen. Persönliche Gegenstände der Kinder aus dem Bus, wie etwa die Schulranzen, seien sichergestellt und an die Eltern herausgegeben worden, sagte eine Polizeisprecherin. dpa
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So waren die Gurte befestigt: Polizei zieht Busse vor Klassenfahrt aus dem Verkehr
In den USA ist es so, dass die Kinder auf dem Schulweg keinen Linienbus, sondern einen Schulbus benutzen. Dieser Bus ist nur für den Schülertransport da. Jedes Kind hat einen eigenen Sitzplatz, sie werden mitunter vor ihren Wohnhäusern abgeholt. Kein Kind muss im Bus stehen. In den allermeisten Fällen begleiten erwachsene Aufsichtspersonen die Kinder im Bus bis zur Schule und zurück nach Hause, da der Busfahrer schließlich die Kinder nicht beaufsichtigen kann. Generell gibt es für den Schülertransport dort strenge Regeln. Eine gesellschaftliche Diskussion darüber, wie unsere Kinder in die Schule und zurück gelangen, ist aus meiner Sicht sehr notwendig.
Man muss dabei allerdings beachten, dass die Entfernungen in den USA im Vergleich zu Westeuropa riesig sind und der Öpnv im Vergleich miserabel ist. Dazu kommt je noch die Kriminalität und die Gangproblematik (insbesondere schwarz, weiß, latino, die wechselseitig nicht miteinander können).
Im Thüringer Fall war es ein Schulbus und kein Linienbus. Darüber hinaus war dieser Bus als Überlandbus mit Beckengurten ausgerüstet (Gutachteraussage), die offensichtlich nicht genutzt worden sind.
Jeder Tote (m/w/d) auf dem Weg zur Schule, ist einer zuviel. Nur wie viele Kinder sind am gleichen Tag zu Fuß, mit dem Rad oder im Elterntaxi ebenfalls auf dem Schulweg getötet bzw. schwer verletzt worden, ohne dass sie ein Medienecho erhalten haben?