WIESBADEN. Maske, Händewaschen, Einbahnstraßensysteme: Das neue Schuljahr hat jetzt auch in Hessen begonnen – und alles steht unter dem Zeichen der andauernden Corona-Pandemie. Dennoch: manche Herausforderungen scheinen leichter.
Manches ist wie immer, als Englischlehrerin Katrin Liesegang das Klassenzimmer «ihrer» 8b betritt: Der Lärmpegel, der am Montag aus den geöffneten Türen in die Schulkorridore dringt, die Aufregung am Beginn eines neuen Schuljahres, wenn sich alle nach den Sommerferien wieder sehen. Und gleichzeitig ein weiteres Schuljahr, das von der andauernden Corona-Pandemie überschattet bleibt.
Die Schülerinnen und Schüler der 8b am Privatgymnasium Dr. Richter in Kelkheim sind, wie vorgeschrieben, alle mit Mund-Nase-Bedeckung ins Schulgebäude gekommen und haben erst am Platz ihre Masken abgenommen. Die Fenster stehen weit offen, und auf viel frische Luft werde nun während des Unterrichts besonders Wert gelegt, erläutert Liesegang ihren 20 Schülern.
Die kleine Willkommensansprache an die Klasse ist geprägt von den Schutzmaßnahmen: «Das ist ähnlich wie im Restaurant», verdeutlicht sie noch einmal: Wer sich im Klassenraum bewege, müsse Maske tragen, am Platz darf sie dann abgenommen werden. «Das Einbahnstraßensystem behalten wir auch nach den Ferien bei», betonte Liesegang. Häufiges Händewaschen sei eh selbstverständlich.
Schüler sollen nur innerhalb ihrer Klassen Kontakte haben – meistens
Schulleiterin Marion Polydore und ihr Kollegium haben einiges versucht, damit die Schüler möglichst nur innerhalb ihrer Klassen Kontakte haben. Doch bei klassenübergreifendem Fremdsprachen- oder Religionsunterricht mussten dann doch noch Lösungen gefunden werden, die «nur» das gemeinsame Lernen von Schülern aus jeweils zwei Klassen vorsehen. «Es war ein Puzzlespiel ohne Ende», räumt Polydore ein.
Trotzdem blickt sie optimistisch in das neue Schuljahr: Manches sei doch im Vergleich zu Beginn der Pandemie entspannter geworden. «Jetzt ist es viel leichter, Masken oder Plexiglasscheiben zu bekommen.» Die Zeit des Abiturs unter Corona-Bedingungen habe sie als viel schlimmer empfunden.
Lorz appelliert an Schüler: Corona-Regeln befolgen
Das Wiederholen der Corona-Regeln wird nicht nur an der Schule in Kelkheim geprobt. Hessens Kultusminister Alexander Lorz (CDU) hat zum Start ins neue Schuljahr an die Vernunft der Schülerinnen und Schüler appelliert, die Corona-Regeln einzuhalten. Die Zeit vor den Sommerferien habe gezeigt, wie diszipliniert sich die überwältigende Zahl der Kinder und Jugendlichen verhalten habe, erklärte er bei einem Schulbesuch in Wiesbaden am Montag. «Ich bin der festen Überzeugung, dass wir uns auch im neuen Schuljahr auf sie verlassen und erneute Schulschließungen wie im März hoffentlich vermieden werden können.»
Hessen arbeite mit Hochdruck daran, die Schulen auf das digitale Lernen vorzubereiten, jedoch könne kein technisches Hilfsmittel den direkten Austausch in der Klasse vollständig ersetzen, betonte Lorz. Die Gesamtschülerzahl liegt im Schuljahr 2020/21 an den 1795 öffentlichen allgemeinbildenden und beruflichen Schulen bei 760 500, darunter 55 600 Erstklässler. Es stehen rund 55 470 Lehrerstellen und damit 770 mehr als zu Beginn des vergangenen Schuljahres zur Verfügung.
Auf Schulgeländen in Hessen muss bis zum Betreten des Klassenraums ein Mund-Nasen-Schutz getragen werden. Die 1,5-Meter-Abstand-Regel gilt zwischen Lehrern, Schülern und Betreuern im Unterricht nicht mehr. Der Mindestabstand soll jedoch beispielsweise bei Konferenzen oder Schulveranstaltungen nach wie vor eingehalten werden.
Eltern sind gespalten: Viele haben Angst, andere wollen Normalität
Landesschulsprecher Paul Harder sprach von einem Schulstart, der trotz Corona-Bedingungen «relativ normal» verlaufen sei. Es habe zwar «Maske auf, Abstand halten, Hände desinfizieren» gegolten. Ansonsten habe es nichts Besonderes gegeben. Corona sei in den Klassenzimmern ein Thema unter vielen gewesen.
Der Vorstandsvorsitzende des Landeselternbeirats, Korhan Ekinci, berichtete von einzelnen Beschwerden von Eltern aus Nordhessen oder aus dem Kreis Groß-Gerau, weil Schulen für die Klassenräume Maskenpflicht angeordnet hätten. «Die Diskussion um den Mund-Nasen-Schutz ist in vollem Gange.»
Das kann die Kelkheimer Schulleiterin Polydore bestätigen: «Die Erwartungen gehen 180 Grad auseinander – manche Schüler oder Eltern haben Angst, andere wollen so viel Normalität wie möglich.» In der Klasse 8b sind vielleicht nicht alle begeistert von den Masken – aber alle Schüler halten die Maßnahmen für vernünftig, auch um andere zu schützen. «Das ist jetzt halt so», sagt ein Schüler. Ein anderer findet es am wichtigsten, jetzt wieder an der Schule Freunde sehen zu können.
Denn da die Schüler in Lerngruppen aufgeteilt wurden, haben viele die andere Hälfte ihrer Klasse seit Ostern nicht gesehen. Dass nun mit dem gemeinsamen Start ins neue Schuljahr wieder alle im gleichen Klassenzimmer sitzen, sieht Klassenlehrerin Liesegang mit Erleichterung: «Das ist ganz wichtig, damit die Klassengemeinschaft nicht auseinander reißt.» Von Andrea Löbbecke und Eva Krafczyk, dpa
Schulleiter wegen Widerstands gegen Maskenpflicht suspendiert – Eltern demonstrieren