Jetzt im Kino: Die herzerwärmende Lehrer-Doku „Herr Bachmann und seine Klasse“

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BERLIN. Was macht eine gute Lehrkraft aus? Fachkompetenz ist das eine. Das andere ist: Kinder und Jugendlichen Halt und Orientierung zu geben. Der Dokumentarfilm «Herr Bachmann und seine Klasse», der nach der Berlinale nun ins Kino kommt, erzählt von dieser besonderen Schüler-Lehrer-Beziehung. Und er lässt einen am Ende manches im Schulsystem hinterfragen.

Im Stuhlkreis mit „Herrn Bachmann“. Foto: Grandfilm

Ein Klassenzimmer im hessischen Stadtallendorf. Die Schülerinnen und Schüler sind in dem Alter, in dem die ersten mit dem Flirten anfangen und über allem eine große Verunsicherung liegt. Mittendrin sitzt Dieter Bachmann – ein Typ mit Bart, Mütze und Gitarre. Die Gitarre holt er gerne dann raus, wenn entweder die Kinder oder er selbst keine Lust mehr auf Unterricht haben.

Die Berliner Regisseurin Maria Speth («9 Leben») hat viel Filmmaterial gesammelt. Übrig geblieben sind dreieinhalb Stunden Dokufilm. Das klingt erstmal lang, fühlt sich aber nicht so an. Anstelle einer Serie bei Netflix taucht man eben in die verschiedenen Charaktere der Schulklasse ein.

Zum einen ist da natürlich Herr Bachmann. Mit dem Lehrerberuf, das erfährt man irgendwann, konnte er sich lange nicht anfreunden. Schule als Institution habe ihn «irgendwie befremdet, bis heute», sagt er an einer Stelle des Films. Er habe sich nicht vorstellen können, dass er «nicht hochkant wieder rausfliege».

Bachmann ist ein Typ, der durchaus auch mal eine Ansage macht. Als einige zum Beispiel beim Reinkommen ins Klassenzimmer quasseln, schickt er alle wieder raus: «Zweiter Versuch!» Bachmann ist aber auch ein Lehrer, der hinhört und hinsieht. Er und seine Kollegen begegnen der Klasse mit Interesse und Wertschätzung. Sie greifen alltägliche Probleme und große Fragen auf.

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Zum Beispiel, wenn Bachmann die angehenden Teenies fragt, wie sie sich eigentlich ihre Traumpartner vorstellen. «Soll sie dir das Essen kochen oder kochst du ihr das Essen?» Oder wenn eine Kollegin mit den Kindern diskutiert, was eigentlich Heimat ist, wenn die Eltern aus Marokko, Bulgarien oder der Türkei kommen.

„Mein ehemaliger Lehrer – ich bin so scheisse stolz und zu Tränen gerührt“

Speths Film zeigt einen Unterricht, in dem es mal um Mathematik und Englisch geht. Aber auch um zwischenmenschliches Lernen, ums Lösen von Konflikten, um gegenseitiges Verstehen und das Kennenlernen der eigenen Gefühle. Der Film schneidet Szene an Szene, ohne zusätzlichen Kommentar. Und er verhandelt auch deutsche Geschichte und deren Auswirkungen – etwa die Rolle der Stadt im Nationalsozialismus oder die Zeit der Gastarbeiter.

Der Dokumentarfilm hat auf der Berlinale nicht nur einen Publikumspreis gewonnen, sondern auch den Silbernen Bären «Preis der Jury». Er verdeutlicht, wie viel es in Beziehungen auf Zwischentöne und Zugewandtheit ankommt. Das braucht Zeit und Raum. Aber wie viel Zeit bleibt für Zwischenmenschliches und Gefühle, für Experimente und sich Ausprobieren, wenn der Lehrplan gefüllt ist? Und welchen Zweck verfolgt unser Schulsystem eigentlich?

Darüber kann man nach dem Kinobesuch gut diskutieren. An einer Stelle spricht Bachmann vom Wahrnehmen und Merken, dass jemand da ist. Es geht um eine Geschichte, die interpretiert werden soll. Im Grunde scheint es aber auch in seinem Unterricht um genau das zu gehen – ums Wahrnehmen und Merken, dass jemand da ist. Von Julia Kilian, dpa

PS. Kommentar auf Youtube zum Filmtrailer: „Mein ehemaliger Lehrer – ich bin so scheisse stolz und zu Tränen gerührt. ❤️❤️❤️❤️❤️❤️ Dieser Mensch ist genau so wie im Film.“

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