„Potenzial zur Überforderung“: Philologen klagen über Corona-Einfluss aufs Abitur

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WIESBADEN. Die Corona-Pandemie hat auch die diesjährigen Abiturprüfungen stark beeinflusst. Das ergab eine Umfrage des Hessischen Philologenverbandes unter knapp 450 Lehrkräften an Gymnasien. Mehr als 70 Prozent der Befragten bestätigten, dass die Pandemie Auswirkungen gezeigt hat. 42 Prozent der Lehrkräfte stellten einen erhöhten Organisationsaufwand fest, 30 Prozent sahen direkte Auswirkungen in der Abwesenheit von Prüflingen. „Die aktuellen Verhältnisse haben ganz eindeutig das Potenzial zur Überforderung“, meint Philologen-Landeschef Reinhard Schwab mit Blick auf die Kollegien.

Der Organisationsaufwand fürs Abitur ist für die Lehrkräfte gestiegen. Foto: Shutterstock

61 Prozent der befragten Lehrerinnen und Lehrer erkannten in der Arbeitszeitverlängerung für Prüflinge keine positiven Effekte, 38 Prozent aber schon. 70 Prozent der Lehrkräfte würden es begrüßen, wenn die Ergebnisse der schriftlichen Prüfungen künftig nicht vor den mündlichen Prüfungen mitgeteilt werden, damit sich unter anderem der Zeitraum für Korrekturen verlängert. Dies ist auch in anderen Bundesländern so üblich. 71 Prozent der Lehrkräfte gaben an, dass ihre Schulleitungen ihnen Korrekturtage zugestanden hätten, allerdings wurden lediglich 34 Prozent nicht für Vertretungsstunden eingesetzt.

Schwab kommentiert die Lage: „Die Abiturkorrekturen im vorgegebenen Zeitkorridor führten wegen ihrer Komplexität und ihres Umfangs zu Spitzenbelastungen aufseiten der Lehrkräfte; diese müssen schließlich parallel dazu ihren normalen unterrichtlichen und dienstlichen Verpflichtungen nachkommen.“ Weiter erklärt er: „Ein Verzicht auf die Zwischenbekanntgabe der Ergebnisse zwischen schriftlichem und mündlichem Abitur könnte die Lage entspannen, und um Vertretungen abfedern zu können, bedarf es Entlastungstunden.“

Die schriftlichen Abiturprüfungen in Hessen fanden vom 27. April bis 11. Mai statt. Nachprüfungen gab es in der Zeit vom 23. Mai bis 9. Juni. Wegen der Einschränkungen in der gesamten Oberstufe durch die Corona-Pandemie hatte es für jedes Prüfungsfach wie im Vorjahr einen zusätzlichen Aufgabenvorschlag gegeben. Die Prüflinge bekamen zudem einen zusätzlichen Zeitraum, den sie im Rahmen der Prüfung individuell nutzen konnten. Der zusätzliche Zeitraum war gestaffelt und richtete sich nach der Bearbeitungsdauer der Prüfungsaufgaben.

Die Umfrage wurde online im Juni 2022 durchgeführt. Es beteiligten sich 445 Lehrkräfte aus ganz Hessen daran. News4teachers / mit Material der dpa

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8 Kommentare
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Georg
1 Jahr zuvor

Die tatsächlichen Auswirkungen von Corona werden wohl 2023 und 2024 sichtbar werden, wenn die Jahrgänge im Abitur sind, die im Prinzip leistungslos in die Oberstufe gespült wurden und keine Erleichterungen durch das Ministerium bekommen.

Last edited 1 Jahr zuvor by Georg
Teacher Andi
1 Jahr zuvor
Antwortet  Georg

Das Ministerium wird wie immer „nachbessern“, wenn die Schnitte nicht passen. Man möchte ja keine Konfrontationen.

Georg
1 Jahr zuvor
Antwortet  Teacher Andi

Wenn es im laufenden Schuljahr keine Maßnahmen gibt, dann auch nicht im Abitur.

Teacher Andi
1 Jahr zuvor
Antwortet  Georg

Das erste G8 Abitur wurde nachgebessert wegen der katastrophalen Schnitte. Schon vergessen? Ich warte schon auf die Schlagzeile: „Das Abitur file allgemein so gut wie nie aus!“ Schön, wenn alle so fleißig waren! Oder?

Hundert
1 Jahr zuvor
Antwortet  Georg

Kann nicht sein. Alle Lehrkräfte meiner Kinder haben gebetsmühlenartig wiederholt, dass alles im Lehrplan ist, dass nichts versäumt wurde, dass alles in bester Ordnung ist. Auf Nachfrage der Eltern, ob das, was alleine zuhause bearbeitet (und nie korrigiert) wurde wirklich ALLES ist wurde dies stets bejaht. Aber kein Wunder, wenn nichts korrigiert wurde, wie soll denn irgendjemand einen Überblick über den Lernstand haben? Aber ich mache mir keine Sorgen, das hochqualifizierte Lehrpersonal hat mir versichert, dass alles in Ordnung ist.

Dil Uhlenspiegel
1 Jahr zuvor
Antwortet  Hundert

… och naja, wo Respekt vor und Unterstützung für Lehrkräfte in der breiten Gesellschaft und auf den Ebenen darüber doch so hoch sind, also da würd ich mir auch keine Sorgen machen. Wenn einer ’ne Pandemie einfach so, wie immer und ganz alleine wuppt, dann die einzelne Lehrkraft im Zimmer.

Last edited 1 Jahr zuvor by Dil Uhlenspiegel
SekII-Lehrer
1 Jahr zuvor

Wenn es nicht geht, Korrektur und Unterricht parallel unter einen Hut zu bekommen: Die Frist nicht einhalten. Oder nicht unterrichten. Sinnvollerweise vorher der Schulleitung die Situation verdeutlichen. Überlastungsanzeige stellen. Krankmelden, wenn notwendig, und dann nicht korrigieren, sondern sich auskurieren.

Hundert
1 Jahr zuvor
Antwortet  SekII-Lehrer

Oder am Zeitmanagement arbeiten.