Problematischer Nachrichtenkonsum: Wenn News krank machen

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LUBBOCK. Exzessiver Medienkonsum kann süchtig und krank machen. Problematischer Nachrichtenkonsum kann dabei spezielle gesundheitliche Folgen haben, deutet eine US-Studie zum sogenannten Doomscrolling an.

Einige Menschen scrollen von morgens bis abends immer wieder durch die Nachrichten und kommen damit gut klar. Andere leiden unter ihrem News-Konsum und merken, dass er ihnen nicht gut tut. Zwischen dem zwanghaften Drang nach Nachrichten und Gesundheitsproblemen könnte es einer Studie zufolge einen Zusammenhang geben. Bei Menschen mit als problematisch eingestuftem Nachrichtenkonsum besteht demnach ein höheres Risiko für körperliche und psychische Probleme, wie eine Wissenschaftlerin und zwei Wissenschaftler im Fachmagazin «Health Communication» berichten.

Person bedient gleichzeitig Laptop und Smartphone
Das Internet bringt einen permanenten Fluss an Nachrichten. Foto: Maxim Ilyahov / Unsplash.com (U. L.)

Die Forschenden beschreiben einen «problematischen Nachrichtenkonsum» anhand diverser Kriterien: Betroffene überprüfen Nachrichten etwa unkontrolliert, können sich schwerer von ihnen lösen oder denken auch später noch viel über das Gelesene nach. Die Welt erscheine für sie oft «wie ein dunkler und gefährlicher Ort», sagte Bryan McLaughlin von der Texas Tech University, einer der Autoren. Corona-Pandemie, Klimawandel, politische Konflikte: «Bei manchen Menschen können solche Ereignisse in den Nachrichten einen ständigen Alarmzustand auslösen.»

Um zu erforschen, ob es einen Zusammenhang zwischen problematischem Nachrichtenkonsum und Gesundheit gibt, werteten die Forschenden Daten einer Online-Umfrage unter 1100 Erwachsenen in den USA aus. Dabei ging es um den Medienkonsum, aber auch körperliche Beschwerden und psychische Probleme wie Stress und Ängste.

Die Ergebnisse zeigten, dass 16,5 Prozent der Befragten Anzeichen eines «sehr problematischen Nachrichtenkonsums» aufwiesen. Sie hatten der Analyse zufolge merklich häufiger psychische oder körperliche Erkrankungen. Die Autoren geben dabei aber zu bedenken, dass aus den Daten nicht ersichtlich sei, ob der Medienkonsum tatsächlich die Ursache für die Probleme ist oder ob andere Faktoren dafür eine Rolle spielen.

Zur Klärung brauche es anders aufgebaute Studien, sagte Leonard Reinecke, Professor für Medienwirkung und Medienpsychologie an der Universität Mainz, der nicht an der Studie beteiligt war. Klar sei, dass schlechte Nachrichten kurzfristige Negativeffekte auf unsere Stimmung hätten. «Wir nehmen das Weltgeschehen über Nachrichten auf», so Reinecke. «Wenn ein Krieg in Europa herrscht, wenn Menschen sterben, wenn wir von der Pandemie selbst betroffen sind, dann lässt uns das natürlich nicht kalt.»

Dass Menschen eher auf schlechte Nachrichten klicken, ist laut Nora Walter evolutionär bedingt. Die Professorin für Wirtschaftspsychologie an der FOM Hochschule für Ökonomie und Management war ebenfalls nicht an der Studie beteiligt. «Wir klicken Katastrophen-Schlagzeilen an, um nach Informationen zu suchen, die uns vor einer möglichen Bedrohung schützen», so Walter. «Aber wenn man sich ständig nur mit negativen Nachrichten umgibt, besteht die Gefahr, dass man irgendwann keinen positiven Gedanken mehr fassen kann.»

Durch das Internet seien Mediennutzer zu jeder Zeit mit einer grenzenlosen Nachrichtenflut konfrontiert. «Auf Social Media kommt immer wieder eine neue Info, ein neuer Post, ein neues Video. Man scrollt und scrollt», so Walter. «Da ist es schwierig zu sagen: Jetzt stoppe ich und mache etwas anderes.» Wenn man sich durch seinen Nachrichtenkonsum beeinträchtigt fühle, könne man ihn aber wieder in den Griff bekommen. Eine Strategie: Man beschränkt sich auf eine gewisse Anzahl an Artikeln pro Tag, erklärt die Psychologin. «Oder man begrenzt sich zeitlich und nimmt sich zum Beispiel eine halbe Stunde zum Lesen. Sobald der Wecker klingelt, hört man auf.»

Auch die Autoren der Studie plädieren dafür, Nachrichten nicht ganz abzuschalten – sondern einen gesunden Umgang mit ihnen zu finden. Die Verantwortung hierfür sehen sie nicht nur bei den Nachrichtenkonsumenten selbst, sondern auch der Medienbranche. Journalisten sollten sich nicht nur auf aufmerksamkeitsgenerierende Geschichten konzentrieren, so McLaughlin. (Sophie Brössler, dpa)

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Georg
1 Jahr zuvor

Halte ich für plausibel, weil das Gehirn über die Nachrichten im dauernden Panikmodus gehalten wird. Der Ruhemodus ist vielleicht aus ideologischen Gründen nicht gewünscht, weil dann die Menschen anfangen nachzudenken und erkennen, dass sie seit Jahren von der Regierung verar***t, finanziell ausgeplündert und für dumm verkauft werden.

Dil Uhlenspiegel
1 Jahr zuvor

Ich denke, die Lösung liegt im Stoßlüften.

Ich muss da mal was loswerden
1 Jahr zuvor
Antwortet  Dil Uhlenspiegel

Ja, und man erkennt auch auf N4T schon gefährliches Schulschließungs-Doomscrolling bei den Nutzern…

Ich muss da mal was loswerden
1 Jahr zuvor
Antwortet  Dil Uhlenspiegel

Das war ironisch gemeint.

Dil Uhlenspiegel
1 Jahr zuvor

Bei uns sind die Schulen schon seit 4,5 Wochen zu …

dickebank
1 Jahr zuvor
Antwortet  Dil Uhlenspiegel

ja, die Ferien gehen viral …

Indra Rupp
1 Jahr zuvor
Antwortet  Dil Uhlenspiegel

Nee, Dil, lieber ganz an die frische Luft !

Hornveilchen
1 Jahr zuvor

Ständige Coronahysterie gehört für mich dazu.

Indra Rupp
1 Jahr zuvor

Wie gut man das haben kann, hängt mit der Sensibilität zusammen. Ein vergleichbar großer Anteil in der Bevölkerung ist hochsensibel und das passt zu dem Anteil derer in dieser Studie, die mit dem Medienkonsum ein Problem haben. Ich selber bin gerade zwar viel bei N4T, weil ich in eine Lehrerin verliebt bin und mich entsprechend die Belange von Leuten in diesem Berufsfeld interessieren (vor Jahren war ich in einen schwulen Mann verliebt und fing an queer. de zu lesen, obwohl ich mich noch für Hetera hielt 🙂 ), doch ansonsten halte ich mich eher von Medien fern und das kann ich nur allen raten, die ähnlich gelagert sind wie ich. Ich habe seit 20 Jahren keinen TV, höre kein Radio und lese nur sehr begrenzt Nachrichten, so dass ich nicht immer so auf dem Stand bin. Mir sind all diese Eindrücke zu viel! Ich habe aber DVD und CD, denn ich mag durchaus Filme und Musik. Die Emotionen, die diese Filme /Lieder wecken koste ich voll aus und hör gerne das gleiche Lied 30 Mal hintereinander, bis mir die darin enthaltene Emotion nichts mehr bringt. Aber alle drei Minuten etwas neues, das wäre mir ein Graus, völlig reizüberflutend. Das liegt daran, daß ich die Eindrücke verstärkt wahrnehme, so ist das dann natürlich auch mit Medien. Als Lehrerin würde ich sofort K. O. gehen 🙂 ! Ich könnte nämlich nachts nicht mehr schlafen. Einer hatte dieses und jenes gesagt und da hinten in der Ecke hatte daraufhin jemand soundso geguckt, denn da war zuvor dies und das… Und im Bus war ich schon öfters genervt, weil mir ständig Leute auffallen, die kurz vorm heulen sind! Gehen die alle zum heulen in den Bus? Dann stellt man fest, dass Anderen so etwas garnicht auffällt. Ob man eine hoch oder hypersensibilität hat, merkt man aber auch noch an anderen Dingen, zB dass man laute Geräusche nicht so gut haben kann. Dies alles birgt viele Nachteile. Man neigt dazu im Beruf unterzugehen und sich dort lieber nicht zu behaupten. Man hält sich eher von Menschen fern und ist reserviert und Freundschaften gegenüber skeptisch. Hat man sich dann aber doch in eine Freundschaft hinein drängen lassen, bedeutet einem diese oft mehr, als das gewöhnlich der Fall ist und auch das kann wieder ungut sein.
Ganz klar hat so eine Veranlagung aber auch immense Vorteile, auch gesellschaftlich. Man ist oft künstlerisch begabt, durchschaut Menschen, Zusammenhänge, Hintergründe, bemerkt es schnell, wenn etwas nicht in Ordnung ist. So gesehen, wäre man an einer Schule garnicht so schlecht aufgehoben. Man muss es nur hinkriegen, die Veranlagung positiv zu nutzen.
Sich an mehr „abschalten“ zu gewöhnen ist garnicht so schwer. Man kann es sich angewöhnen, sich andauernd berieseln zu lassen und man kann es sich auch wieder abgewöhnen und dann genießt man die Ruhe so richtig!