Städtetag: Land soll kostenlose Schul-Mittagessen anbieten („nicht Aufgabe der Kommunen“)

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HANNOVER. Als Teil ihres Energie-Sofortprogramms will die niedersächsische Landesregierung auch Familien entlasten, indem das Mittagessen an Schulen und Kitas bezuschusst wird. Die Kommunen sollen dafür unbürokratisch Geld erhalten – halten das aber nur für eine kurzfristige Lösung.

Wünschenswert ist viel – doch wer soll’s bezahlen? Foto: Shutterstock

Der Niedersächsische Städtetag (NST) hat die Landesregierung aufgefordert, die Kosten für das Mittagessen in der Schule komplett zu übernehmen. Im Koalitionsvertrag haben SPD und Grüne angekündigt, ein kostenloses, hochwertiges und möglichst regionales Schul-Mittagessen anzustreben – darüber solle mit den Kommunen gesprochen werden. NST-Hauptgeschäftsführer Jan Arning betonte nun: «Wir erwarten, dass das Land die Kosten dafür übernimmt und ein entsprechendes – finanziell hinterlegtes – Konzept vorlegt. Es ist nicht Aufgabe der Kommunen, dies zu finanzieren.»

Als Teil eines Sofortprogramms in der Energiekrise will Rot-Grün das Mittagessen in Schulen und Kitas in Kürze bezuschussen. Die Kommunen sollen rund 130 Euro pro Schul- und Kita-Kind sowie pro Azubi in überbetrieblichen Lehrstätten erhalten. Davon ist jeweils die Hälfte zur Entlastung von Familien bei den Kosten für das Mittagessen sowie zur Entlastung der Einrichtungen bei den Heizkosten vorgesehen.

Um das Geld möglichst schnell und unbürokratisch auszuzahlen, will das Land dabei auf eine Förderrichtlinie verzichten. Die Kommunen wären somit rechtlich nicht gezwungen, das Geld auch für den beabsichtigten Zweck zu verwenden. Der Städtetag sagt allerdings zu: »Die Kommunen werden die Gelder für Mehraufwendungen bei den Heizkosten und bei den Kosten für die Mittagsverpflegung einsetzen.»

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Arning wies jedoch darauf hin, dass es landesweit erhebliche Preisunterschiede an den Einrichtungen gebe, sodass einige länger und andere kürzer mit dem Zuschuss auskommen werden. Insgesamt könne der Effekt des Landeszuschusses schnell verpuffen – bezahlen müssten die Preissteigerungen dann wieder die Eltern. «Wenn die Mittel aufgebraucht sind, werden die Kommunen gezwungen sein, die Kosten an die Eltern weiterzuleiten», sagte Arning.

Auch der Landkreistag (NLT) betonte, man werde im kommenden Jahr weiter mit dem Land über die Finanzierung der Krisenlasten sprechen müssen. «Die Hilfe ist jetzt nötig und richtig; ob sie künftig ausreicht, muss dann anhand der weiteren Entwicklung beobachtet werden», sagte NLT-Hauptgeschäftsführer Hubert Meyer.

Dass die geplante Pro-Kopf-Pauschale für Schul- und Kitakinder ohne Antrag an die Kommunen ausgezahlt werden soll, begrüßte Meyer ausdrücklich. Dieses Vertrauen in die Kommunen, das Geld sinnvoll einzusetzen, sei berechtigt, schließlich seien sie oft selbst Träger von Schulen und Kitas, stünden in Kontakt mit den Eltern und hätten auch ein eigenes Interesse an einer schnellen Hilfe. News4teachers / mit Material der dpa

Initiative startet Petition für kostenloses Schulessen in Deutschland

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18 Kommentare
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Lera
1 Jahr zuvor

KMK:
Bund soll kostenlose Mittagessen anbieten – nicht Aufgabe der Länder

Emil
1 Jahr zuvor
Antwortet  Lera

Kostenloses Mittagessen – nicht Aufgabe der Steuerzahler! Die zahlen das Essen bereits über Kinderfreibeträge und Kindergeld!!!!

Unfassbar
1 Jahr zuvor
Antwortet  Emil

Zuviel Bild Zeitung gelesen Emil?

gehtsnoch
1 Jahr zuvor
Antwortet  Emil

Wer weiß, was ein Kinderfreibetrag überhaupt ist und wie dieser steuerlich beim Arbeitseinkommen behandelt wird, würde so kaum argumentieren …

Julia
1 Jahr zuvor

Kinder sollen zu Hause mit der Familie essen und nicht bereits im Kleinkindalter oder noch früher in ganztägige Fremdbetreuungsstrukturen mit Convenience- Food gezwungen werden- nur weil der Rubel rollen muss.

Stromdoktor
1 Jahr zuvor
Antwortet  Julia

…und ein Elternteil verzichtet damit auf die Berufstätigkeit.

Anders lässt sich der Anspruch an ein qualitativ hochwertiges Mittagessen kaum realisieren.

Für das realitätsfremde Weltbild und die damit verbundene Arroganz in Bezug auf die Lebenswirklichkeit vieler Familien, gibt es einen roten Daumen von mir.

Last edited 1 Jahr zuvor by Stromdoktor
Julia
1 Jahr zuvor
Antwortet  Stromdoktor

Das Mittag- kann auch ein Abendessen sein. Sie wissen, was ich meine!
Wenn Familienleben nur noch geht, wie Sie es als realistisch bezeichnen, dann stellen sich ganz andere Fragen. Und kommen Sie jetzt nicht mit der Frage, ob ich wolle, dass Frauen an den Herd..oder mit ähnlichen Dingen. Stelle ich das Kindeswohl in den Mittelpunkt- was wäre die Konsequenz? Das muss im Zentrum der Betrachtung stehen.

Stromdoktor
1 Jahr zuvor
Antwortet  Julia

Ist mir zu schwarz / weiß.

Können wir beide uns vielleicht leisten. Finanziell und von der Flexibilität des Jobs her.

Kindeswohl bedeutet auch, dass bestimmte Bedürfnisse abgedeckt sind. Für manche Eltern ist es schon eine Herausforderung, die Grundbedürfnisse nach (gesunder) Ernährung und Sicherheit (z.B. Wohnort) sicherzustellen.

Für einen reichen Industriestaat traurig genug. Aber schauen Sie sich einmal die Armutsverteilung unter Kindern an.

Kindeswohl geht damit auch immer Hand in Hand mit der finanziellen Situation, „Verfassung“ und Lebenseinstellung der Eltern.

Letztlich sind hierzulande mehr Kinder „arm“ als „reich“.

Ich sehe die Möglichkeiten vieler Familie einer freien Gestaltung mittlerweile sehr begrenzt.

Letztlich ist das auch auf das fehlende Vermögen bzw. auf fehlende Rücklagen zurückzuführen, um flexibel die verschiedenen Lebensphasen aktiv zu gestalten.

Nicht zuletzt auch auf den immer noch zu geringen Mindestlohn.

https://www.boeckler.de/de/boeckler-impuls-wie-sind-die-vermoegen-in-deutschland-verteilt-3579.htm

https://aktuelle-sozialpolitik.de/2021/12/16/aufstocker-im-hartz-iv-system/#:~:text=F%C3%BCr%20den%20Juni%202021%20wird,der%20Bertelsmann%2DStiftugn%20vorgenommen%20hat.

Last edited 1 Jahr zuvor by Stromdoktor
Emil
1 Jahr zuvor
Antwortet  Stromdoktor

Dafür gibt es Kindergeld und Kinderfreibeträge. Muss halt mal der Schnaps und die Ziggis eingespart werden. Realität!

Marion
1 Jahr zuvor
Antwortet  Emil

Ich teile Stromdoktors Meinung zwar auch nicht.
Aber ein bißchen differenzierter als sie, sehe ich die Situation dann doch.
Das mit dem „Schnaps und den Ziggis“ ist ein Schlag in die Magengrube für alle Eltern, die sich täglich abrackern, um sich und ihre Kinder einigermaßen über die Runden zu bringen.
Die gibt es nämlich sehr wohl.

gehtsnoch
1 Jahr zuvor
Antwortet  Emil

Da scheint beim Wissen zu Kindergeld und Kinderfreibetrag aber noch mächtig Luft nach oben …

Ein Mensaessen ohne Getränk kostet an einer weiterführenden Schule auch mal um 4,60 € je Tag (Ø99,67 € im Monat). An der Uni ist es knapp 2 € günstiger, teils frisch gekocht und schmackhafter zu bekommen.

Last edited 1 Jahr zuvor by gehtsnoch
Diesdasananas
1 Jahr zuvor
Antwortet  Stromdoktor

Ich bin da ganz bei Ihnen. Das so völlig pauschal darzustellen „nur weil der Rubel rollen muss.“, damit macht man es sich zu leicht.
Selbstverständlich wäre es wünschenswert, dass von Seiten der Politik Strukturen geschaffen werden, die es jeder Familie ermöglichen, eine freie Entscheidung zu treffen, ob das Kind in der ganztägigen Betreuung untergebracht ist (im Übrigen gibt es auch da wieder nicht nur schwarz und weiß, sondern z.B. Betreuungszeiten bis 14 Uhr inkl. Mittagessen und danach trotzdem einen Nachmittag mit der Familie). Aber viele Familien, geschweige denn Alleinerziehende haben diese Wahl schlicht und ergreifend nicht, auch wenn sie sie vielleicht gerne hätten. Das dann immer nur auf die einzelne Person abzuschieben, frei nach dem Motto: Wer sein Kind nicht zu Hause essen lässt, gefährdet das Kindeswohl!“ wird der Realität eben bei Weitem nicht gerecht.
Über stumpfe Beiträge, dass der Schnaps und die Zigaretten eingesprt werden sollten, brauchen wir hier sicherlich nicht zu diskutieren… Das sollte der gute Emil dann bitte mal den beiden alleinerziehenden Krankenpflegerinnen im Schichtdienst erzählen, die ich in meiner Klasse habe.

Stromdoktor
1 Jahr zuvor
Antwortet  Diesdasananas

Vielen Dank für Ihren Beitrag!

Hat mich angesichts des überschaubaren (positiven) Feedbacks auf meine Beiträge sehr gefreut.

Dass es auch Zustimmung für solche Positionen gibt, zeigt Ihr Kommentar.

Last edited 1 Jahr zuvor by Stromdoktor
Marion
1 Jahr zuvor
Antwortet  Stromdoktor

Von mir bekommt Julia einen dicken, grünen Daumen.
Kritisch zu hinterfragen, ob die „Lebenswirklichkeit vieler Familien“, noch sehr viel mit Kinderfreundlichkeit zu tun hat, finde ich alles andere als arrogant.
Das mag von einem „realitätsfernen Weltbild“ zeugen.
Aber schauen sie sich unsere Realität doch mal an.
Vielleicht schadet es nicht, wenn der ein oder andere diese Realität nicht als gegeben, unveränderbar und alternativlos hinnimmt.

Stromdoktor
1 Jahr zuvor
Antwortet  Marion

Entscheidend ist wohl, aus welchem Grund der „Rubel rollen muss“.

Wenn der Beitrag als gesellschaftliche Kritik verstanden werden soll, dann bin ich bei Ihnen und Julia.

Ist es eher als Kritik an den „wohlstandsorientierten Eltern“ zu verstehen, dann würde ich auf meinen Beitrag zur Verteilung des Reichtums (besser der Armut) verweisen.

Julia
1 Jahr zuvor
Antwortet  Stromdoktor

Meines Erachtens sind beide Aspekte berechtigt. Vom Grundsatz her bin ich der Meinung, Differenzierung bei der Betrachtung tut Not. Weder sei plädiert fürs grundsätzliche Dies oder ausschließliche Das. Das Kindeswohl hat ebenfalls keine fest zementierte Ausprägung, sondern ist natürlich vom einzelnen Kind und der Situation, in der es lebt, abhängig.
Selbstverständlich spricht nichts gegen Fremdbetreuung grundsätzlich. Und die wirtschaftliche Not vieler Familien ist bekannt. Der Wunsch nach Berufstätigkeit von Elternteilen jedweden Geschlechts ist auch nicht ausschließlich Ausdruck persönlichen Egoismus` oder übersteigerter Selbstverwirklichung. Und der Rubel muss in einer Volkswirtschaft wie der Bundesrepublik auch rollen, eine leistungsfähige Wirtschaft ermöglicht vieles von dem, was wir momentan als gefährdet sehen. Schwarz-weiß-Malerei liegt mir fern.

Wenn ich mir die Kinder anschaue, denke ich an den aufgeweckten Vierjährigen einer Freundin, der glücklich über jeden Tag ist, den er mit der Mama (in Quarantäne) zu Hause verbringen kann und nicht von 7- 17 Uhr außer Haus sein muss. Gemeinsames Spielen macht ihm Spaß, auch in der KiTa- doch muss bereits das Klein(st)kind einen ganzen Arbeitstag lang istitutionalisiert betreut, gescant, evaluiert werden- immer unter dem Deckmantel der Förderung und der Chancengleichheit? Viele (soziale) Probleme in den Schulen werden dadurch jedenfalls nicht verhindert. Wir sind inzwischen so geframt, dass Kinder, die mehr Zeit als „gewöhnlich“ mit ihrer Familie verbringen, fett, depressiv und sozial benachteiligt sind- siehe Corona. Und dann sind da die vielen Familien, die so eng getaktet sind, dass ein Fieberkind oder ein Schulausfall das ganze Kartenhaus zum Einstürzen bringen. Das Essen (mal) außer Haus ist auch nicht das Problem- aber diese Ausschließlichkeit und Notwendigkeit, Kinder und Familie kompatibel und organisierbar zu machen, die stellt das Kindeswohl nicht in den Vordergrund.
Die Debatte, wer dazu was beiträgt oder zu tun hat, sei nicht Zentrum meiner Einlassung. Und von Polemik wie der von Herrn Emil distanziere ich mich ausdrücklich.

Marion
1 Jahr zuvor
Antwortet  Julia

Danke, das sie das nochmal ausgeführt haben. Ich sehe das zu 100% genauso wie sie.

Stromdoktor
1 Jahr zuvor
Antwortet  Julia

Vielen Dank auch von mir für Ihren ausführlichen Kommentar – bin absolut einverstanden.

Letztlich haben Familien in Deutschland immer noch eine zu kleine Lobby. Von Seiten der Politik (Fokussierung auf „Rentner“) und Wirtschaft (Vereinbarkeit von Beruf und Familie).

Ausbaden müssen es dann in erster Linie die Kinder.