Nach Stark-Watzingers „Bildungsgipfel“: Bayern pocht auf Eigenständigkeit

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MÜNCHEN. Nach dem – nahezu ergebnislosen – Bildungsgipfel für eine stärkere Zusammenarbeit von Bund, Ländern und Kommunen pocht Bayern auf Eigenständigkeit. «Bildungszentralismus wird es mit uns nicht geben, das passt nicht zu Deutschland», sagte der bayerische Wissenschaftsminister Markus Blume (CSU). Damit bekommt die Hoffnung der Lehrerverbände, es könne nach dem Treffen in Berlin zu mehr Gemeinsamkeit bei der Bewältigung der Bildungsprobleme wie dem Lehrkräftemangel geben, schon mal einen ersten Dämpfer.

Mehr Gemeinsamkeit? Nein danke. Foto: Shutterstock

Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger hatte am Dienstag beim Bildungsgipfel in Berlin für mehr Zusammenarbeit geworben und dafür die Einrichtung einer Taskforce «Team Bildung» angekündigt. Die FDP-Politikerin will Bund, Länder, Kommunen und Experten ins Boot holen. Blume warf ihr vor, zur «Bundesankündigungsministerin geworden» zu sein. Statt auf einem Bildungsgipfel befinde man sich in einem Tal, was die vertrauensvolle Zusammenarbeit betreffe. «Weniger Ankündigungen, weniger Ermahnungen, mehr Miteinander – das wäre das Gebot der Stunde», sagte er.

«Wir haben auf dem Gipfel gesehen, dass die Erkenntnis da ist, dass man nur gemeinsam gegen den Bildungsnotstand vorgehen kann», sagte dagegen der Präsident des Deutschen Lehrerverbandes, Heinz-Peter Meidinger, den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Der Lehrerverband hoffe nun, dass es in der angekündigten neuen Arbeitsgruppe eine breite Zusammenarbeit, auch mit Vertreterinnen und Vertretern der Bildungspraxis, geben werde.

«Bund und Länder legen immer wieder einzelne Förderprogramme auf, die mit der nächsten Wahl auslaufen und keine Planungssicherheit bieten. Das muss sich ändern»

Der Deutsche Städtetag forderte Bund und Länder zu einer dauerhaften Kooperation mit den Kommunen auf. «Wir müssen unsere Kräfte bündeln und planvoller handeln im Bildungsbereich», sagte der Hauptgeschäftsführer des Städtetags, Helmut Dedy, der «Rheinischen Post». «Bund und Länder legen immer wieder einzelne Förderprogramme auf, die mit der nächsten Wahl auslaufen und keine Planungssicherheit bieten. Das muss sich ändern.»

Der Bundesvorsitzende des Verbandes Bildung und Erziehung (VBE), Gerhard Brand, zeigte sich skeptisch, ob die angekündigte «Taskforce Team Bildung» die riesigen Herausforderungen lösen kann: «Bundesbildungsministerin Stark-Watzinger hat einen Punkt, wenn sie feststellt, dass das Aufeinanderzeigen von Bund und Ländern noch kein Kind klug gemacht habe. Deshalb braucht es alle Akteure, um bestmögliche Ergebnisse zu erwirken. Die Lehrkräfte an der Basis brauchen Lösungen und wollen nicht mehr Zeugen von politischen Eitelkeiten werden. Es braucht ein Zusammenwirken aller Ebenen mit dem Fokus auf beste Bildung für alle Kinder!»

«Die Länderebene kann beweisen, dass sie es auf konstruktive Weise versteht, die Impulse des Gipfels aufzunehmen»

Mit Blick auf Ende der Woche tagende Kultusministerkonferenz (KMK), zu der auch die Lehrkräfteverbände geladen sind, stellte Brand fest: «Die Länderebene kann beweisen, dass sie es auf konstruktive Weise versteht, die Impulse des Gipfels aufzunehmen, ob sie nun teilgenommen haben oder nicht. Die Erwartung ist, dass sich alle ihrer Verantwortung bewusst sind.»

Das betreffe vor allem das Thema Lehrkräftemangel, das eng mit den übergroßen Belastungen im Beruf verbunden sei. Brand: «Die Lehrkraft ist ihr eigenes multiprofessionelles Team. Sie muss fördern, fordern, Pflaster kleben, Klassenreisen organisieren, Traumata auffangen, Aufmerksamkeitsdefiziten begegnen. Alles allein, – das ist einfach zu viel! Es braucht dringend Entlastungen von allem, was nicht das originäre Aufgabenfeld betrifft. Wir brauchen mehr Professionen in Schule!»

Konkrete Lösungsansätze vom «Bildungsgipfel»? Fehlanzeige. News4teachers / mit Material der dpa

Beamte sollen Vollzeit unterrichten, Leistungsprämien für Lehrkräfte – sind das (allen Ernstes) die Themen des „Bildungsgipfels“?

 

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8 Kommentare
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gehtsnoch
1 Jahr zuvor

Ein Bildungsgipfel – mal zurückgeschaut:

„Welchen Begriff von „Bildung“ haben Bundesregierung und Landesregierungen bei ihrem Bildungsgipfel 2008 zugrunde gelegt?“
Frage vom 2. April 2009 von Abgeordneter Volker Kröning (SPD)
 
Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Andreas Storm (CDU -MdB 1994-2009)
 
„Wie im Vorwort des sächsischen Ministerpräsidenten zum Ergebnis-
papier des Qualifizierungsgipfels „Aufstieg durch Bildung – Die Qua-
lifizierungsinitiative für Deutschland“ ausgeführt wird, ist Bildung
hier umfassend zu verstehen. Sie „fängt im Elternhaus an und setzt
sich fort in der Kooperation der Bildungseinrichtungen mit Partnern
vor Ort. Hier ist insbesondere das Engagement der kommunalen Trä-
ger, der Kinder- und Jugendhilfe, der Unternehmen, Sozialpartner,
Hochschulen sowie der Kirchen und Vereine gefordert.“
 
Punkt 45 (Bundestag)
 

Der Zauberlehrling
1 Jahr zuvor

16 Kultusminister, 16 Kultusministerien samt Personal – das wäre auf einen Schlag (mit einer Übergangsfrist natürlich) weg und überflüssig, überließe man dem Bund die Kultushoheit.

Die Grundgesetzänderung wird nicht werden.

Und wohin mit 16 x Kultusminister, 16 x Personal aus den Kultusministerien – völlig unqualifiziert für alles. Da würde selbst das beste Jobcenter die Krise einholen.

Ein völliges Mismatch, das keiner haben will.

Deswegen – weitermachen wie bisher. Bis es überhaupt nicht mehr geht. Ignorieren, aussitzen, sabotieren – wie jetzt Bayern.

dauerlüfterin
1 Jahr zuvor

Naja, in den Bildungsministerien wird es schon Haushälter, Juristen, Statiktiker, Personaler etc. geben, die ihr Handwerk verstehen. Bei den ganzen politisch Eingestellten häufig mit Politkwissenschaftsabschluss wird das mitunter anders sein.
Wenn der Bund die Kultushoheit hätte, würden ja schon noch Institutionen auf Länderebene benötigt. Da könnten welche hin, andere könnten zurück in die Schule (obwohl ich mir nicht so sicher bin, ob man die da wirklich haben will). Verteilung auf andere Landesministerien/Regierungspräsidien bzw. im Bund oder Bewerbung in der freien Wirtschaft. Ich sehe das nicht so als Mißmatch.

schuidirndl
1 Jahr zuvor

„Mehr Gemeinsamkeit bei der Bewältigung der Bildungsprobleme wie dem Lehrkräftemangel“, klar, das hättet ihr wohl gern. Dann wird nämlich festgelegt, dass die Arbeitsbedingungen der Lehrkräfte in allen BL genau gleich schlecht sein müssen. Welches BL hier als Vorbild dienen soll, darf noch ausgeklüngelt werden. Mein Bayern schon mal nicht. Trotz Arbeitszeitkonto – vernünftiges 3gliedriges Schulsystem, Noten entscheiden beim Übertritt, und wenn die versprochenen Anreize für (auch neue und zugroaste) Lehrkräfte auch nur ansatzweise umgesetzt werden, kann Blume zu Recht über andere schmunzeln.

NichtErnstZuNehmen
1 Jahr zuvor

Die Bayern Mal wieder wie immer. Wieso sind sie eigentlich kein eigenes Land? Sie hassen den Rest Deutschlands doch sowieso. #BayxitNOW

Willow
1 Jahr zuvor

Ich sag dir ein Beispiel, warum: Durch die Angleichung des Abiturs mit anderen Bundesländern ist bei uns in Bayern die Gliederung für Deutschaufsätze aus dem Lehrplan geflogen und durch einen „Schreibplan“ ersetzt worden, der das Papier nicht wert ist, auf dem er steht. Die Schüler schmieren irgendwas hin, was gerade in einer Erörterung nichts mehr mit der Ausformulierung zu tun hat.
Gliederungen sind aber unabdingbar für wissenschaftliche Arbeiten an der Uni. Die Angst ist groß, dass noch mehr verschlankt und verwässert wird.

OlleSchachtel
1 Jahr zuvor

…wir brauchen mehr Professionalität in der Bildung? Nein, wir brauchen mehr professionelle Politiker, die ihr Fach verstehen und die für das Volk (und die Kinder) arbeiten und nicht für ihr Ego und ihren Geldbeutel.
Während die L. Bei Gehaltserhöhungen garantiert wieder leer ausgehen, haben sich die Politiker bereits die Diäten erhöht.
Seit 20 Jahren (egal welche Partei) haben die Politiker nur Schaum geschlagen und nichts ist im Bildungssystem angekommen. Etat für Schulgebäude – nichts wurde saniert, Etat für Digitalisierung- nicht zu Ende gedacht, Etat für Lüftungsanlagen bei uns nix.
Chancengleichheit? Gibt es ohne Investition nicht!

Willow
1 Jahr zuvor

Manchmal frage ich mich schon, warum niemand mal auf die Idee kommt, um die Ecke zu gucken. Unter welchen Bedingungen kann denn ein Kultusministerium Lehrer einstellen? Wenn es das entsprechende Budget hat. Das Finanzministerium in Bayern hat geblockt, nicht das Kultusministerium. Ich bin kein Freund dieses – laut Söder – reformresistentesten aller Ministerien. Aber der Haushalt muss ja immer ausgeglichen sein. Und wenn man Geld in Bildung steckt, kommt, wie bei der Kultur, eben kein Geld raus, sondern gebildete Kinder oder Kunst, also nix, womit man sich bei der nächsten Wahl schmücken kann. Tatsächlich warnt das Kultusministerium seit Jahren. Sagen darf es halt niemand laut, weil innerhalb der Regierung Zusammenhalt demonstriert werden muss.