Personalnot: Kommune kündigt Kita-Sommerpause an, wütende Eltern machen Druck auf Ernst

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WITTSTOCK. In Kitas herrscht Personalnot – das gilt auch für Brandenburg. In Wittstock haben Eltern und die Stadt nun einen offenen Brief an Bildungsministerin Ernst verfasst. Ihr Ministerium verspricht mit einem neuen Gesetzesentwurf Verbesserungen.

Unter Druck: Brandenburgs Bildungsministerin Britta Ernst (SPD). Foto: Axel Schön / Bildungsminsterium Brandenburg

Wegen zu wenig Personals in den Kitas hat die Stadt Wittstock (Ostprignitz-Ruppin) dreiwöchige Schließzeiten in den Sommerferien beschlossen. Wie es aus der Verwaltung dazu hieß, spielen dabei auch zwei zusätzliche Regenerationstage für Erzieher eine Rolle, die seit Januar 2023 gelten. Gegen die Schließzeiten hatte sich eine Elterninitiative gegründet, die mit einer Unterschriftenaktion protestierte.

Der Protest hat insofern genützt, dass nun Stadt, Kita-Personal und Eltern gemeinsam an die Wurzel des Problems gehen wollen: den Personalmangel. «Wir wollen das gemeinsam angehen und haben uns in Beratungsrunden für einen offenen Brief an Brandenburgs Bildungsministerin Britta Ernst entschieden», sagte die Vorsitzende des Wittstocker Bildungsausschusses, Angelika Noack (Linke).

«Eine Ursache hierfür ist insbesondere die Steigerung der Zahl der Kinder in den Kindertageseinrichtungen, so dass ein erheblicher personeller Mehrbedarf in den letzten Jahren entstanden ist»

Der Brief ist Teil einer Kampagne namens «EsIstErnst». Erhofft werden Tausende Unterschriften. Seit dem 31. März ist die Petition im Internet für drei Wochen freigeschaltet. Kernforderungen sind bessere Rahmenbedingungen in den Kitas, ein verbesserter Personalschlüssel sowie eine Ausbildungsinitiative.

Der Personalmangel an Kitas sei ein landesweites Problem, kritisierte der Geschäftsführer des Brandenburger Städte- und Gemeindebundes, Jens Graf. 14.000 Erzieher reichten nicht aus. «Eine Ursache hierfür ist insbesondere die Steigerung der Zahl der Kinder in den Kindertageseinrichtungen, so dass ein erheblicher personeller Mehrbedarf in den letzten Jahren entstanden ist.»

Zwischen 2011 und 2021 habe sich die Zahl von 156.000 auf fast 195.000 Kinder erhöht. Der weitere Zuzug von Familien nach Brandenburg sowie die Betreuung von Flüchtlingskindern ließen sie weiter steigen, sagte Graf. Der Personalmangel führe dazu, dass Einrichtungen später öffnen. In Wittstock etwa hätten Kita-Gruppen geschlossen oder Kinder auf andere Gruppen aufgeteilt werden müssen. Auch könnten freie Plätze in einigen Kitas derzeit nicht angeboten werden.

«Zu Beginn dieses Jahres gab es in zwei Kitas eine besondere Personalsituation, in der – in Abstimmung mit den Eltern – an einigen Tage kürzere Betreuungszeiten angeboten werden konnten», berichtet der Sprecher der Stadt Cottbus, Jan Gloßmann. Die Stadt betreibt zehn Kitas. Er kritisierte den vom Land vorgegebenen Personalschlüssel als «theoretische Größe». Das Land definiere dabei nicht den Anteil für Vor- und Nachbereitungszeit, Ausfallzeiten wie Krankheits- und Urlaubstage, Regenerationstage oder Fort- und Weiterbildungen. «Das wäre jedoch sinnvoll», betont Gloßmann.

Auch der Landes-Kitaelternbeirat fordert seit Jahren, dass auch Urlaubs- und Krankheitsvertretungen berücksichtigt werden – vor allem müssten Lehrlinge bis zum dritten Lehrjahr ausgenommen werden. Der Vorsitzende Danilo Fischbach sieht jedoch alle Akteure in der Pflicht – also Kommunen, Eltern, freie Träger, Kreise und das Land. Vor allem müsse geklärt werden, wer welche Kosten übernehme.

In Sachen Ausbildung müsse mehr Geld ins System gesteckt werden. «Ein Schulgeld sollten Lehrlinge nicht mehr zahlen müssen», so der Beiratsvorsitzende. Während der Kitaelternbeirat auf Fortführung der gestoppten Kitarechtsreform pocht, fordert der Städte- und Gemeindebund ein Programm für jeweils 5000 zusätzliche Plätze an Kitas und Schulen.

Der Entwurf zu einem «Dritten Gesetz zur Verbesserung der Qualität und der Teilhabe in der 7. Legislatur» soll hier Abhilfe schaffen. Er sehe eine optimierte Personalbemessung im Krippenbereich vom 1. August 2024 und vom 1. August 2025 an vor, sagte die Sprecherin des Bildungsministeriums, Ulrike Grönefeld. Die Personalkosten von 149 Millionen Euro jährlich bei vollständiger Umsetzung bis 2026 trage das Land.

Die Ministeriumssprecherin verwies zudem auf den Ausbau der Ausbildungskapazitäten. So sei die Zahl der Fachschüler im Bildungsgang Sozialpädagogik im Schuljahr 2021/22 auf 5048 gestiegen – im Vergleich zu 2007/2008 ein Plus von 154 Prozent. «Darüber hinaus ist in allen Regionen des Landes sichergestellt, dass ein kostenfreies Angebot zum Besuch einer Fachschule für Sozialwesen zur Verfügung steht und die fachschulische Ausbildung zum Erzieher auch in der tätigkeitsbegleitenden Teilzeitform absolviert werden kann.»

Die Sprecherin verwies auch auf das «Meister-Bafög», das angehende Erzieher erhalten können. Darüber könnten 50 Prozent des Schulgeldes an Fachschulen in freier Trägerschaft bezuschusst werden. Über ein Darlehen der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) könne der Rest gedeckt werden. Von Christian Bark, dpa

Hier geht es zur Petition.

Personalnot immer schlimmer: Viele Kitas müssen ihre Wochenstunden reduzieren

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3 Kommentare
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Studienrat
1 Jahr zuvor

Nach den desaströsen Tarifverhandlungen unter der Führung von Nancy Faeser (SPD) ist dies eine weitere logische Konsequenz. In Zukunft werden es eher noch weniger Erzieher werden.

dickebank
1 Jahr zuvor
Antwortet  Studienrat

Hat Frau Faeser aber nix mit zu tun, den angesprochenen Part muss die Gelsenkirchner OB verantworten, die ja für die kommunalen Verbände verhandelt.

Doreen
1 Jahr zuvor

http://www.heimkehrerboerse-wittstock.de/news/1/819688/nachrichten/onlinepetition-f%C3%BCr-bessere-kitabedingungen-gestartet.html

Hat die Stadt Wittstock keine Betreuungsverträge der Kita-Plätze mit Eltern geschlossen und dort Schließzeiten wie Ferien geregelt?

https://www.kita.de/wissen/ferienbetreuung/