Pädagogische Hilfkraft? Forscher testen Einsatz von Roboter Nao in der Kita

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KARLSRUHE. Mein bester Freund, der Roboter? Die Kinder in einer Karlsruher Kita können seit einigen Monaten mit einem Roboter spielen. Die kleine Maschine mit Augen, Armen und Beinen birgt viele Potenziale. Sie kann aber auch nicht alle Probleme lösen – und bringt sogar neue mit sich.

Roboter Nao kann viel – aber eben nicht alles. Foto: Shutterstock / DeymosHR

«Und ich flieg‘, flieg‘, flieg‘ wie ein Flieger…» tönt ein bekanntes Kinderlied aus dem gut einen halben Meter hohen, menschenähnlichen Roboter. Die Jungen und Mädchen um ihn herum recken ihre Arme in die Luft und trällern mit. Im nächsten Moment aber fliegt der Roboter auf sein künstliches Hinterteil. Die Kleinen kichern und kreischen.

«Nao», wie die Maschine heißt, tanzt und singt mit den Kindern der inklusiven Kita im Lebenshilfehaus in Karlsruhe. Das geschieht im Rahmen eines Forschungsprojektes des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT), das Künstliche Intelligenz und Robotik im Alltag ausprobiert. «Wir haben mehrere Experimente in Karlsruhe, weil wir unterschiedliche Gruppen von Nutzenden adressieren, von klein bis groß», erklärte KIT-Professor Tamim Asfour am Mittwoch. Bei dem Forschungsprojekt kämen Roboter unter anderem in der Kita, in der Schule, im Museum oder auch im Seniorenheim zum Einsatz.

Die Maschine «Nao» als Hülle stammt von einem Hersteller aus Frankreich. Dafür programmieren die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des KIT die Funktionen, die sich das Kitapersonal im Alltag wünscht. Etwa zwei bis drei Mal pro Woche komme der Roboter in eine Gruppe, zum Beispiel für gemeinsame Morgenlieder, berichtete Kitaleiterin Christina Speck. «Er motiviert unglaublich und weckt auch einfach das Interesse und die Neugier.» Die Kinder befolgten etwa Sportübungen viel lieber auf Anweisung von «Nao». Außerdem reagieren laut Speck vor allem autistische Kinder gut auf die Maschine, da sie keine komplizierten menschlichen Emotionen zeige.

«Ich glaube, es spricht nichts dagegen, Roboter ab dem Alter von drei, vier Jahren einzusetzen mit der entsprechenden Begleitung»

Mit den Kindern kommunizieren kann «Nao» zwar noch nicht, aber die Forscherinnen und Forscher des KIT arbeiten Professor Asfour zufolge gerade an der Entwicklung einer Sprachassistenz. Dabei gehe es auf keinen Fall darum, Fachkräfte zu ersetzen, betonen sowohl die Macher des Forschungsprojekts als auch die Kitaleitung. «Er kann kein Kind auf den Schoß nehmen, kann kein Kind trösten», sagte Speck. «Viele Dinge, die wir im Alltag tun, kann er nicht ersetzen.»

Soziale Roboter werden seit Jahren in verschiedenen Bereichen eingesetzt, berichtete der Maschinenethiker Oliver Bendel. Sie sind vor allem in Bildungseinrichtungen, Haushalten, Pflege- und Therapieeinrichtungen zu finden. «Ich glaube, es spricht nichts dagegen, Roboter ab dem Alter von drei, vier Jahren einzusetzen mit der entsprechenden Begleitung», sagte Bendel. Gerade Kinder und alte Menschen reagieren seinen Angaben nach sehr aufgeschlossen gegenüber dieser Technik. Außerdem sei deren positiver Effekt vor allem bei dementen und autistischen Patientinnen und Patienten schon gut erforscht und belegt.

Ein Vorteil von Robotern gegenüber Smartphones oder Tablets ist Bendel zufolge, dass sie eine physische Erscheinung im Raum seien, ein Gegenüber zum Anfassen. Auf der anderen Seite sei auch keine Verwechslung mit Menschen zu befürchten. «Kinder erkennen durchaus, dass es Roboter sind, auch kleine Kinder. Aber der interessante Punkt ist, dass sie trotzdem den Roboter als Respektsperson, als Autorität sehen.»

Der Technikphilosoph sieht darin aber auch Missbrauchspotenzial. Er wies darauf hin, dass man über sprechende Roboter Kinder negativ beeinflussen könnte. Eine weitere Gefahr gebe es beim Thema Datenschutz. Wenn Roboter Kameras, Mikrofone, Gesichts- und Stimmerkennung haben, könnten sie potenziell in die Privat- und Intimsphäre der Kinder eingreifen.

Jutta Pagel-Steidl vom Landesverband für Menschen mit Körper- und Mehrfachbehinderung Baden-Württemberg ist Robotern in Kitas gegenüber zwiespältig eingestellt. «Ein Roboter kann keinen Spielkameraden ersetzen und kann kein Personal ersetzen», betonte sie. Gerade in der frühkindlichen Bildung gehe es ganz viel um Beziehungsaufbau und um Interaktion von Mensch zu Mensch. Gut sei aber die Freude an neuer Technik, die auch Kinder mit Behinderung teilten. Gerade für Menschen mit Behinderung gibt es nach ihrer Aussage viele Möglichkeiten, wie sie durch Roboter unterstützt werden können – beispielsweise beim Sprechen oder bei bestimmten Bewegungen im Alltag.

«Der Einsatz von Robotern zur Unterstützung von Kindern mit Behinderung in Kitas kann sowohl für die Kinder als auch für das Kitapersonal eine Bereicherung sein», teilte auch die Präsidentin des Sozialverbands VdK, Verena Bentele, mit. Allerdings können Roboter laut ihr immer nur eine Unterstützung sein und dürfen nicht dazu führen, dass Kitapersonal abgebaut wird. Von Valeria Nickel, dpa

Künstliche Intelligenz im Klassenraum: Warum ein Roboter eine menschliche Lehrkraft niemals ersetzt 

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21 Kommentare
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TaMu
10 Monate zuvor

Der Roboter als Autorität und Respektsperson in der Kindertagespflege… ist es wirklich das, wo wir hin wollten?
Mir kommen gerade einfach die Tränen.

Angelika Mauel
10 Monate zuvor
Antwortet  TaMu

Der Roboter wird doch wohl nur als interessantes Spielzeug angesehen und weil er nicht mehr kann, als das was eingegeben wurde, „spielen“ die Kinder eben mit ihm. Sie stellen sich auf seine Beschränktheit ein. Alles andere würde ja nichts bringen.

Ich gaube nicht, dass Kinder ihn vermissen werden, wenn er kaputt geht. Und da die Vorschulkinder dank frühkindlicher Bildung gut über Mülltrennung informiert werden (erst kürzlich flatterten wieder entsprechende Broschüren auf den Schreibtisch von Kitaleistungen) wissen sie bestimmt, dass der Roboter Elekronikschrott und zum Teil Sondermüll ist.

TaMu
10 Monate zuvor
Antwortet  Angelika Mauel

Jetzt haben Sie mich zum Lachen gebracht, danke!
Und da die Kinder super streng mit uns Erwachsenen sein können, wenn sie das Umweltthema und Müllexport verstanden haben, kleben sie sich dann vermutlich mit Spucke am Boden fest.

Angelika Mauel
10 Monate zuvor
Antwortet  TaMu

Jetzt habe ich auch herzhaft gelacht. Mit Kindern flapsige Gespräche führen und dann abwarten, was kommt.

Kinder kleben sich mit Spucke fest! – Beim nächsten Politikerbesuch als Sketsch aufgeführt und dann kann „Nao“ auf Knopfdruck allein einem Politiker was vorsingen…

Und er muss sich auch noch bedanken! 😉

Gelbe Tulpe
10 Monate zuvor

Roboter haben keine Gefühle und können so wirksamer in schwierigen Klassen unterrichten. Daher sollten viel mehr Roboter im Unterricht eingesetzt werden.

Canishine
10 Monate zuvor
Antwortet  Gelbe Tulpe

Weil Roboter keine Gefühle haben, können Sie nicht wirksam in schwierigen (und umgänglichen) eingesetzt werden.

Mika
10 Monate zuvor
Antwortet  Gelbe Tulpe

Sie meinen, dass schwierige SuS gefühllose Lehrkräfte benötigen? Wieso?

Gelbe Tulpe
10 Monate zuvor
Antwortet  Mika

Lehrkräfte mit Gefühlen brennen durch schwierige Schüler schneller aus. Das passiert Robotern nicht.

NichtErnstZuNehmen
10 Monate zuvor
Antwortet  Gelbe Tulpe

Satire bitte kennzeichnen

Georg
10 Monate zuvor

Erledigt.
Wie kommen Sie aber darauf, dass Gelbe Tulpes Aussage falsch ist? Emotionen können dazu führen, dass man die Probleme, Reaktionen usw. der warum auch immer schwierigen Schüler emotional mit nach Hause nimmt. Dann kann man nach Dienstschluss nicht mehr abschalten und kann dadurch ausbrennen.

TaMu
10 Monate zuvor
Antwortet  Gelbe Tulpe

Industrial Steel School Style, kurz und einprägsam für die englisch- kurzform- begeisterte Kumi-Riege: ISSS, zur reibungsfreien Erziehung/Betreuung/ Bildung von schwierigem Klientel. Auch für Elterngespräche und-abende geeignet. Spart Zeit und Nerven für nur 12.000 Euro Anschaffungskosten.

Riesenzwerg
10 Monate zuvor

„Die Kinder befolgten etwa Sportübungen viel lieber auf Anweisung von «Nao».“

Und genau d a s macht mir Angst und sollte uns allen Sorgen machen.

„«Kinder erkennen durchaus, dass es Roboter sind, auch kleine Kinder. Aber der interessante Punkt ist, dass sie trotzdem den Roboter als Respektsperson, als Autorität sehen.»“

Ohne Kommentar.

Angelika Mauel
10 Monate zuvor
Antwortet  Riesenzwerg

Es wurde behauptet, dass sie den Roboter als Respektperson ansehen.

Triftig begründet wurde es nicht.

Angelika Mauel
10 Monate zuvor

Ich möchte auf gar keinen Fall, dass Kinder lernen, dass man einem Roboter so viel Aufmerksamkeit schenkt wie einem Menschen.

Es ist bezeichnend, dass ausgerechnet der Datenschutz als Argument gegen den Einsatz von irgendwie menschlichenähnlich aussehenden Robotern herangezogen wird.

Maggi
10 Monate zuvor

Haben nicht erst letzte Woche führende KI-Experten vor der Gefahr durch KU gewarnt? Roboter die Erziehung von Kindern überlassen ist bestimmt sinnvoll, besonder „dass sie [die Kinder] trotzdem den Roboter als Respektsperson, als Autorität sehen. Eine Autorität ohne Empathie oder sozialer Kompetenz ist genau das Vorbild, das man sich in einer immer egoistischeren Gesellschaft wünscht. Das wird bestimmt dazu führen, dass die Kinder ein viel unauffälligeres Verhalten in der Schule oder in Gruppen haben werden.

Nicht alles was technisch möglich ist sollte man umsetzen. Es wäre dringend notwendig, dass man sich in den Naturwissenschaftlichen Studienfächern auch mit der Ethik befasst. Es ist das eine, wenn eine KI unliebsame Arbeiten wie die Bettpfannereinigung übernimmt, aber in Bereichen, in denen soziale Kompetenz und Empathie gefragt sind hat diese Technik nichts zu suchen. Vor allem wer sorgt dafür, wenn es zu Regel würde, dass diese KI nicht gehackt wird und von radikalen Gruppierungen benutzt wird, um die Kinder zu beeinflussen? Die Kita, so wie die Schulen gerade ihre IT-Systeme klappt bestimmt gut. Aber der deutsche Datenschutz ist das Problem.

laromir
10 Monate zuvor
Antwortet  Maggi

Ethik braucht hier keiner. Wird in Schulen schon abgetan, Eltern fragen, warum man das nicht gleich abschaffen kann. Nur Mathe und Nawi zählen. Leider traurige Realität. Von Techninfolgenabschätzung will niemand was hören. Hat man Einwände gegen Digitalisierung und Technik, wird man als altmodisch oder einfach als zu dumm für die Bedienung der Geräte abgestempelt, dann muss man sich nicht kritisch mit KuK auseinandersetzen. „Die wollen Technik nur nicht, weil sie zu doof sind!“ Herzlichen Dank für diese undifferenzierte Einstellung gegenüber jeder Kritik. Mittlerweile denke ich mir, dann macht halt und in 5 Jahren kommt der nächste Aufschrei. Dann aber bitte keine Beschwerde…es war so gewollt…

Indra Rupp
10 Monate zuvor

Meine Handpuppe hat auch diesen positiven Effekt-auch auf autistische Kinder. Aber im Gegensatz zum Roboter kann meine Handpuppe tatsächlich kommunizieren und Gefühle transportieren, nämlich durch mich! Wenn ich dann demnächst Alltagshelferin in der GS bin, nehme ich sie wohl zum Vorlesen/lesen üben mit.

Lisa
10 Monate zuvor

Mein Rektor hat immer gesagt: Alles Neue ist schön. Das gilt für diese Roboter, die ich auch total niedlich finde. Aber irgendwann mal sind sie Alltag und dann bekommen sie das gewöhnliche Alltagsleben zu spüren.

Angelika Mauel
10 Monate zuvor
Antwortet  Lisa

Ich finde diesen Roboter überhaupt nicht niedlich, aber wenigstens nicht so kitschig wie das „Projektmaskottchen“ mit dem Namen „Jolinchen“. https://www.aok.de/pk/magazin/familie/jolinchen/
Und diese Roboter bekommen nichts zu spüren. Denen tut nicht mal ein Kurzschluss weh.

Marion
10 Monate zuvor
Antwortet  Angelika Mauel

Hab mir deinen Link angesehen.
Sowas kommt raus, wenn Erwachsene mit pseudolustigen, scheinbar pfiffigen Figuren, versuchen Kindern „pädagogisch wertvolle“ Inhalte zu vermitteln.
Die Worte spannend, lustig, verrückt, frech werden inflationär eingesetzt, um zu verstecken, daß das lustige Maskottchen sterbenslangweilig und öde ist, weil es im Grunde alles richtig macht, total vernünftig handelt und damit das komplette Gegenteil von frech und verrückt ist. Da lob ich mir die wirklich Verrückten und Unvernünftigen, wie z.B die Olchies oder den Frieder und seine irre Oma.
Die werden komischerweise auch nie langweilig. Würde mich interessieren, wie lange die Kinder den Roboter als Autorität akzeptieren. Ich glsube, daß dieser Effekt sich recht schnell abnutzen wird.

Dreamghost2
10 Monate zuvor

Ach ja, Roboter als Autoritätsperson.. wers glaubt. Sobald sich der Neuheitseffekt abnutzt wird der links liegen gelassen. So ähnlich wie mit den tollen Smartboards..