MÜNCHEN. Eine staatliche Schule für alle Kinder (vom Kita-Alter bis zum Abitur), inklusiv, ohne Noten und Sitzenbleiben – die wird es in Bayern nicht geben, in absehbarer Zeit jedenfalls nicht. Das bayerische Kultusministerium hat einen Antrag der Stadt München abgelehnt, eine entsprechende Modellschule als Schulversuch einzurichten. Ein Ablehnungsgrund, so heißt es laut „Süddeutscher Zeitung“, sei die weitreichende Autonomie der Modellschule, wie das Rahmenkonzept sie vorsehe. „Eine Watschn für Bildungsgerechtigkeit und Inklusion“, so nennt das Bündnis Gemeinschaftsschule Bayern die Entscheidung.
„Die ‚Modellschule‘ strukturiert nicht nach Alter, formalen Kriterien oder Leistungsfähigkeit, sondern orientiert sich an ihren Individuen, bietet ihnen vielfältige Bildungsangebote für alle Kompetenzstufen von der Einschulung bis zum Schulabschluss an“, so heißt es in einem (dann von Rot-Grün so beschlossenen) gemeinsamen Antrag von SPD, Grünen und der Volt-Partei im Bildungsausschuss des Münchner Stadtrats. „Lerngruppen entwickeln sich auf natürliche Art und Weise anhand gemeinsamer Interessen oder Werte ohne Zwang. Schüler*innen werden nicht durch Noten bewertet, sondern erhalten ein regelmäßiges individuelles Feedback und tauschen sich mit ihren Erfahrungen untereinander und mit den Lehrkräften/Lehrenden sowie den Erziehungsberechtigten aus.“
„Mit einer solchen Reformschule hätten wir in München vorbildhaft zeigen können, wie mehr Bildungsgerechtigkeit hergestellt werden kann“, sagt Grünen-Stadträtin Anja Berger laut „Süddeutscher Zeitung“. Würden alle Kinder bis zu ihrem Abschluss an einer Schule unterrichtet, hänge es weniger vom Geldbeutel der Eltern ab, ob sie Abitur, Mittlere Reife oder den Mittelschulabschluss schafften. Im vergangenen Herbst stellte die Stadt den Antrag auf den Schulversuch – jetzt kam der ablehnende Bescheid des Kultusministeriums.
“Es ist unverständlich, warum das Kultusministerium Ansätze blockiert, die das Schulsystem fairer machen und es an die Anforderungen der Zeit anpassen können”
„Wir bedauern die Absage sehr. Die Gespräche haben wir aber als sehr konstruktiv erlebt und die Tür ist noch nicht zu“, sagt Michael Kirch dem Bericht zufolge. Der Pädagoge lehrt an der Ludwig-Maximilians-Universität, unter seiner Leitung wurde am Bildungsreferat das Rahmenkonzept der Modellschule erarbeitet. „Ich hoffe, dass wir möglichst viele unserer Elemente aus dem Konzept retten und in einem anderen Rahmen umsetzen können.“
„Zwar wissen wir bisher nur wenig über die Gründe der Ablehnung“, so Christine Lindner, Sprecherin des Bündnisses Gemeinschaftsschule Bayern. „Dies genügt aber, um diese Entscheidung als Watschn für die Bildungsgerechtigkeit in Bayern zu qualifizieren. Wir halten es für einen fatalen Fehler, die Chance dieses innovativen Konzepts nicht zum Nutzen des Landes zu erproben!” Denn durch die frühe Aufteilung der Schülerinnen und Schüler auf verschiedene Schularten hätten Kinder aus sozioökonomisch benachteiligten Familien schlechtere Bildungschancen – weshalb auch Bayern endlich eine Schule mit gemeinsamem Lernen und ohne Noten brauche.
Dass die weitreichende Autonomie der Modellschule einer der Gründe für die Ablehnung sein soll, werfe „ein schräges Licht“ auf die Staatsregierung, so Lindner. „Versteht sich Bayern nicht in besonderen Maß als Land der Freiheit? Es ist unverständlich, warum das Kultusministerium Ansätze blockiert, die das Schulsystem fairer machen und es an die Anforderungen der Zeit anpassen können. Dazu gehören nicht nur bessere Chancen, sondern auch eine echte Umsetzung von Inklusion.“ News4teachers
Die Zeit, als aus München langanhaltende Impulse für das deutsche Schulwesen kamen, ist seit dem Rücktritt von Georg Kerschensteiner vom Amt des Stadtschulrates vorbei. Die Berufsschulen, die er in München als Arbeitsschulen gründete, haben wir heute noch. Und es kamen von überall auf der Welt Besucher nach München, um sich dieses Konzept anzuschauen, wie eindrucksvoll von Georg Kerschensteiner geführte Besucherlisten heute noch aufzeigen.
Das gibt’s nicht nur in Bayern.
Die grüne Bezirksbürgermeisterin von B-Kreuzberg hat die Gründung einer Privatschule im Bezirk abgelehnt, die ausdrücklich unterprivilegierte Kinder aufnehmen wollte. Betreiber wollte ein zu Wohlstand gekommener Migrant aus Tunesien sein, Nizar Rokbani hieß er. Ein leerstehendes Gebäude hatte er gefunden.
https://dieguteschule.wordpress.com/2016/07/05/eine-privatschule-als-geschenk-und-herausforderung/
Hier noch ein Fall dieser Art:
https://taz.de/Initiatorin-ueber-Berliner-Bildungspolitik/!5157406/
Das war knapp.
Sowas wie die Allemannenschule wird den Ländern nicht so schnell wieder passieren 😉
“Eine staatliche Schule für alle Kinder (vom Kita-Alter bis zum Abitur), inklusiv, ohne Noten und Sitzenbleiben – die wird es in Bayern nicht geben, in absehbarer Zeit jedenfalls nicht. ”
Gerade nochmal Glück gehabt.