KÖLN. Psychische Gewalt wie Beleidigungen und Formen des Mobbings unter Schülerinnen und Schülern haben einer Umfrage zufolge nach der Corona-Pandemie zugenommen. Diesen Eindruck hatte mehr als die Hälfte (56 Prozent) der Lehrkräfte an allgemeinbildenden Schulen, wie aus einer in Köln vorgestellten repräsentativen Umfrage der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV) hervorgeht. 44 Prozent der befragten Lehrerinnen und Lehrer sehen demnach auch eine Zunahme von körperlicher Gewalt.
Die Zahl der gewaltbedingten Schülerunfälle stieg 2023 den Angaben zufolge im Vergleich zum Vorjahr um rund 11.000 auf 64.897. Sie lag damit allerdings immer noch unter dem Wert vor der Pandemie (2019: 72.973), wie die DGUV weiter mitteilte. Laut ihrer Statistik lag die Unfallrate im vergangenen Jahr bei 7,5 gewaltbedingten Unfällen je 1.000 Versicherte. Diese Quote liegt demnach zwar deutlich über jenen der Pandemie-Jahre (2020: 4,6, 2021: 3,9, 2022: 6,4), aber immer noch unter der Unfallrate vor der Pandemie (2019: 8,8). Schwere Verletzungen wie Frakturen als Folge gewaltbedingter Unfälle seien selten, hieß es.
«Die Ergebnisse zeigen, dass wir mit Blick auf eine gewaltfreie Schule noch ein gutes Stück Weg vor uns haben»
Der langjährige Trend rückläufiger Unfallzahlen durch Gewalt sei zwar ungebrochen, sagte DGUV-Hauptgeschäftsführer Stefan Hussy. «Das darf jedoch kein Anlass sein zu glauben, alles wäre in Ordnung.» Denn die Unfallstatistik zeige kein vollständiges Bild des Gewaltgeschehens an Schulen. «Insbesondere psychische Gewalt und ihre Folgen tauchen darin nicht auf. Um ein Gesamtbild der Lage an allgemeinbildenden Schulen nach der Pandemie zu erhalten, haben wir daher diejenigen gefragt, die für die Sicherheit und Gesundheit von Kindern und Jugendlichen in Schulen besondere Verantwortung tragen: Lehrerinnen und Lehrer», so Hussy. Die Ergebnisse zeigten, «dass wir mit Blick auf eine gewaltfreie Schule noch ein gutes Stück Weg vor uns haben».
Weitere wichtige Erkenntnisse:
- Vier von zehn Lehrkräften waren im vergangenen Schuljahr mindestens einmal pro Woche mit psychischer Gewalt unter Schülerinnen und Schülern persönlich befasst, drei von zehn mit körperlicher Gewalt – beispielsweise, weil der Vorfall in ihrem Unterricht oder während ihrer Aufsicht passiert ist oder sie als Klassen- oder Vertrauenslehrerin oder -lehrer hinzugezogen wurden.
- Zu den am häufigsten beobachteten Formen psychischer Gewalt gehören Beschimpfungen, Beleidigungen, Anschreien und Herabsetzen, was von knapp der Hälfte der Befragten häufig wahrgenommen wird. Mobbing als systematisches Ausgrenzen, Verspotten und Lächerlichmachen unter Schülerinnen und Schülern wird von rund einem Drittel der Lehrkräfte häufig im Schulalltag wahrgenommen. 23 Prozent nennen auch Cyber-Mobbing über Internet und soziale Medien.
- Rund ein Drittel der befragten Lehrkräfte beobachtet häufig Schläge und Tritte als Formen körperlicher Gewalt im Schulalltag. 18 Prozent geben Haare ziehen und kneifen an. Acht Prozent antworten, dass sie Angriffe mit Gegenständen häufig wahrnehmen.
- Lehrkräfte an Gymnasien berichten seltener über psychische und körperliche Gewalt als Lehrkräfte anderer Schulformen.
- In der überwiegenden Mehrheit (93 Prozent) vermuten Lehrkräfte, dass persönliche Faktoren wie Impulsivität, mangelnde Empathie und niedrige Frustrationstoleranz zu Gewalt führen. Familiäre Faktoren wie eine geringe Bindung an die Eltern, Gewalt im Elternhaus oder hoher Medienkonsum werden ebenfalls als häufige Faktoren für Gewalt angenommen (78 Prozent). Seltener (27 Prozent) werden dagegen Faktoren im schulischen Umfeld – wie Kriminalität in der Nachbarschaft – oder schulische Faktoren (28 Prozent), zum Beispiel ein negatives Schulklima, als Faktoren für psychische Gewalt vermutet.
- Mehr als die Hälfte der Befragten (56 Prozent) sieht eine Zunahme psychischer Gewalt unter Schülerinnen und Schülern nach der Pandemie. 44 Prozent nehmen eine Zunahme körperlicher Gewalt wahr. Als Ursachen werden hier insbesondere ein Konsum problematischer Medien und persönliche Faktoren wie mangelnde Empathie, mangelnde Sozial- und Konfliktlösungskompetenz sowie falsche Erziehung gesehen.
Die Umfrage umfasste auch Fragen zur Gewaltprävention:
- 84 Prozent der Befragten geben an, dass Gewaltprävention im Schulprogramm ihrer Schule verankert ist.
- An vielen Schulen kommt ein breites Spektrum von Maßnahmen zum Einsatz. So gaben 73 Prozent der Befragten an, mit multiprofessionellen Teams aus Schulpsychologen und -sozialarbeitern zusammenzuarbeiten. 64 Prozent sagen, ihre Schule verfüge über einen Schulkodex, also schulische Leitlinien. Mehr als 40 Prozent der Lehrkräfte sagen, dass ihre Schule mit der Polizei sowie mit anderen externen Partnern kooperiere.
- Auffällig ist, dass nur ein Viertel der Befragten angibt, dass Gewaltvorfälle systematisch an ihrer Schule erfasst werden. 41 Prozent sagen, dass ihre Schule ein Nachsorgekonzept habe, zum Beispiel in Form einer Streitschlichtung. Die Frage, ob es einen festgelegten, allen bekannten Ablauf bei Gewalt an der Schule gibt, bejahen ebenfalls nur 41 Prozent.
- Nach Möglichkeiten zur Verbesserung befragt, nannte rund ein Drittel der Lehrkräfte Aspekte aus dem Themenbereich Prävention und Umgang mit Gewaltfällen, insbesondere eine konsequentere Haltung von Kollegium und Schulleitung. Aber auch eine bessere Ausstattung mit Schulsozialarbeiterinnen und -arbeitern wird vorgeschlagen.
«Schulen tun bereits viel, um Gewalt zu begegnen», sagt die Leiterin des Fachbereichs Bildungseinrichtungen der DGUV, Annette Michler-Hanneken von der Unfallkasse Nordrhein-Westfalen. «Die Antworten zeigen aber auch, dass ein Teil der Lehrkräfte noch Verbesserungsmöglichkeiten sieht.» Hierfür stelle die gesetzliche Unfallversicherung Präventionsangebote wie das Programm ‚MindMatters‘ zur Verfügung, das bereits von vielen Schulen in Deutschland erfolgreich angewendet werde.
Mit der Kampagne #GewaltAngehen würden Unfallkassen und Berufsgenossenschaften zudem dafür werben, dass Prävention von Gewalt möglich und wichtig sei. «Damit Schule gut ist, muss sie gesund sein», so Präventionsexpertin Michler-Hanneken. «Und eine gesunde Schule ist eine Schule, die sich Gewalt entgegenstellt.» News4teachers / mit Material der dpa
“Sie lag damit allerdings immer noch unter dem Wert vor der Pandemie”
Also “nur” eine deprimierende Normalisierung – Hurra!
Ich fände es hilfreich, wenn sowas auch mit Zahlen von 2010 oder so begleitet würden.
Würde Spekulationen deutlich entgegenwirken…
“Auffällig ist, dass nur ein Viertel der Befragten angibt, dass Gewaltvorfälle systematisch an ihrer Schule erfasst werden.”
Das ist auch nicht verwunderlich, wenn man sich anschaut, was alles unter Gewalt zählt:
“Zu den am häufigsten beobachteten Formen psychischer Gewalt gehören Beschimpfungen, Beleidigungen, Anschreien und Herabsetzen. […] Schläge und Tritte als Formen körperlicher Gewalt im Schulalltag. 18 Prozent geben Haare ziehen und kneifen an.”
Wir führen als Klassenlehrkräfte doch immer wieder Gespräche mit Schülerinnen und Schülern wegen allen möglichen dummen Aktionen, Beleidigungen usw.
Wenn man nun jedes Mal, wenn ein Schüler einen anderen Schüler beleidigt o.ä. dies dokumentieren würden, kämen wir aus dem “systematischen Erfassen” und Protokollieren gar nicht mehr heraus. Dann hätte man zwar ganz tolle Protokolle, aber keine Zeit mehr für die notwendigen Gespräche mit den Kindern…
Ein Stück weit gehören Beleidigungen offenbar gerade bei den Jungen dazu. In Gesprächen hört man dann oft so Aussagen wie “Wir beleidigen uns doch nur aus Spaß.“.
Auch körperliche Rangeleien brauchen viele Jungen, nur oft geraten solche Kämpe “aus Spaß” dann irgendwann außer Kontrolle, weil jemand übertreibt und es dann doch nicht mehr so spaßig ist…
Eben. Da müsste ich nach jedem Klassenrat (1x pro Woche) 10 Meldungen rausgeben. Ich schreibe ehrlich gesagt keine einzige und es fragt auch niemand danach.
Das hat nicht zugenommen, das war “immer schon so”, auf alle Fälle auch vor der Pandemie. Ich glaube, man MÖCHTE sich gerne vormachen und damit auch irgendwie entschuldigen, dass sei durch die Corona-Pandemie gekommen. Es war lange abzusehen. Es hat lange vorher begonnen. Man hat zu lange weggeschaut und totgeschwiegen.
Naja – die Politik macht es ihnen ja vor. Waffen in Kriegsgebiete, Panzer mit Tiernamen, Gewalt ist wohl doch eine Lösung.
Das eine hat doch wohl mit dem anderen nichts zu tun.
Würden sie einem starken großen Mann, der eine Frau überfällt, höflich bitten damit aufzuhören? Falls ja wäre es unterlassene Hilfeleistung und damit strafbar. Ich denke mal sie würden wahrscheinlich eher versuchen den Mann mit Gewalt davon abzuhalten. Wäre dies in ihren Augen gerechtfertigt?
Es gibt Konflikte, die nicht mit Worten gelöst werden können. War immer so und wird auch immer so sein. 99,999 % der Konflikte in der Schule gehören allerdings nicht dazu. Und diesen Unterschied müssen unsere Schüler verstehen.
“Falls ja wäre es unterlassene Hilfeleistung und damit strafbar. ”
Das wäre (für sich genommen) überhaupt keine unterlassene Hilfeleistung. Verbreiten Sie bitte nicht so einen juristischen Unsinn!
Ok, ich bitte mein mangelndes Rechtswissen zu entschuldigen. Aber es wäre definitiv völlig unangemessen.
Piscis primum a capite foetet?
Wir haben von Douglas Adams gelernt, dass die richtige Frage auch zur passenden Antwort führt.
Könnte es sein, dass die Zunahme von Gewalt zwar zeitlich an die Pandemie anschließt, aber zufällig andere Ursachen haben könnte
https://m.bild.de/politik/inland/politik-inland/waffen-erpressung-mobbing-an-schulen-schock-berichte-unser-lehrer-87765802.bildMobile.html?t_ref=https%3A%2F%2Fwww.google.com%2F
Das fällt mir auch auf: Wenn früher Schlägereien vorkamen, leugneten es die Täter, und sie sahen auch zu, dass kein Erwachsener es mitbekam. Heutzutage wird gefilmt, ins Netz gestellt und dass man die Jugendlichen durch Videos identifizieren kann, scheint sie gar nicht zu jucken. Konsequenzen werden nicht gefürchtet,weil es vermutlich auch keine gibt, die wirklich bestrafen.
Wenn die Eltern derart in der rosaroten Brille stecken, dass sie der Meinung sind, dass ihr Kind absolut und auf jeden Fall unschuldig ist, bringt auch ein entsprechendes Dokument nichts. Manche Eltern ermuntern ihre Lendenfrucht auch zu potentiell strafbarem Verhalten und es ist den Eltern EGAL.
Sie sind mir ja ein Lendenfrüchtchen…
Eben wegen solcher Schlagzeilen wäre es ja ganz hilfreich zu wissen, wie die Langzeitentwicklung aussieht, anstatt “nach Corona” mit “die Ausländer sind schuld”-Zeiträumen vergleicht…
https://de.statista.com/statistik/daten/studie/197/umfrage/straftaten-in-deutschland-seit-1997/
Vielleicht mag sich jemand die Mühe machen, Straftaten durch Schüler*innen herauszusucheb
Weshalb berichten Gymnasien weniger von Gewalt? ( Wobei Mobbing genauso oft vorkommt wie an GS, nehme ich an) Da mancherorts schon 50 Prozent jedes Jahrgangs aufs Gymnasium geht, kann es nicht nur an der Schichtenzusammensetzung liegen. Was wird da anders gemacht? Wenn es funktioniert, bitte übernehmen.
Bei uns an der Gesamtschule gibt es eher mal was auf die Nase, das lässt sich aber leicht nachvollziehen.
Ich denke, an Gymnasien wird es grundsätzlich zwar nicht harmonischer sein, aber die Schüler stellen sich “cleverer” an, gehen eher auf psychische Gewalt und lassen sich nicht so leicht erwischen. Also das bitte nicht übernehmen…
Dazu über Macht Missbrauch an Universitäten lesen, der da ist aber quasi kaum aufspürbar. Intelligente Formen von Gewalt halt. Die Opfer müssen suggestiv manipuliert werden und erpressbar sein. Amokläufe überproportional oft an Gymnasien…
Es geht ja nur um Berichte. Amokläufe finden nicht selten an Gymnasien statt, (psychische) oder außerschulische Gewalt finden vielleicht “clever” statt, sind an Gymnasien aber wahrscheinlich keine Seltenheit.
Allein die ganzen und umfassenden Diebstähle, die nach dem Studum begangen werden 😉
Vielleicht ist es den Lehrern da auch egal. Im Gymnasium zählt nur das Fach und die Leistung. Um den Rest kümmern sich die Lehrer dort nicht so gerne.
Ach Gottchen… die üblichen unsubstantiierten, klischeehaften und despektierlichen Aversionen ggü. Gymnasiallehrern… traurig.
Getroffene Hunde bellen.
Q.e.d.
Sind Erfahrungswerte, die bestimmt nicht Einzelne gemacht haben. Aber Papo der Unfehlbare mit den KI Texten wird nicht so gerne kritisiert, wissen wir ja schon länger.
Woher wissen Sie das mit der KI?
Weil ich hier schon seit mind. 2020 aktiv bin und von Anfang an so geschrieben habe, d.h. schon ein paar Jahre vor der Veröffentlichung von ChatGPT und Co., es also offensichtlich (mit-)entwickelt und bereits zuvor benutzt haben muss, ist doch klar! Oder diese ‘Vorwürfe’ entstammen eher einer gewissen Überforderung, auch möglich. 😀
Das sind keine Erfahrungswerte, das ist stupider Bias und ekliges Ressentiment. Und: Mit wie vielen Pseudonymen wollen Sie hier eigtl. noch Ihre Sockenpuppenarmee inszenieren? Ich finde es aber ‘nett’, dass Sie von meinen Texten (selbst schon Einzeilern) derart überfordert sind, dass Sie ernsthaft glauben, man müsse dafür eine KI bemühen. *lol*
Was ist denn in den letzten Tagen wieder hier los im Forum, dass diese Trollereien von ‘Foristen’ (NichtErnstZuNehmen; Ach Gottchen, AvL, RainerZufall, Stromdoktor und Co.) wieder hier so hochkochen, deren einzige Beiträge daraus bestehen, andere von der Seite anzuranzen?
Wie herzallerliebst.
Wünsche allen anderen einen schönen Feiertag.