Die Podcast-Reportage: Schule soll anders werden – aber wie? Lebhafte Debatten im Bürgerrat Bildung und Lernen

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BONN. Im Bürgerrat Bildung und Lernen der Montag Stiftung Denkwerkstatt debattieren zufällig ausgewählte Bürgerinnen und Bürger über Bildungspolitik. Das Ziel: Handlungsempfehlungen für die Politik zu erarbeiten. Am kommenden Wochenende steht in Leipzig die finale Sitzung an, auf der die konkreten Vorschläge beschlossen werden sollen. News4teachers hat das vorbereitende Treffen in Köln begleitet – und die lebhaften Diskussionen verfolgt. Redakteurin Laura Millmann hörte dabei vor allem den Kindern und Jugendlichen zu. Eine Podcast-Reportage.

Schülerinnen und Schüler sprechen beim Bürgerrat Bildung und Lernen mit. Foto: Christoph Söder / Montag Stiftung Denkwerkstatt

Etwa 100 Schülerinnen und Schüler sitzen an Tischen und diskutieren. Gerade steht das Thema späterer Unterrichtsbeginn auf der Tagesordnung. Die Argumente gehen hin und her. Beginnt die Schule morgens später, kommen die Schülerinnen und Schüler nachmittags auch erst später wieder nach Hause. Aber für die Kinder und Jugendlichen überwiegen die Vorteile: „Es ist doch bewiesen, dass man sich einfach besser konzentriert, wenn Schule um 9 Uhr starten würde“, meint ein Junge – und erntet Beifall.

Die Hauptfrage der Diskussionsrunde im Vorfeld der Bürgerratssitzung lautet: Wie wollen wir lernen? Die Schülerinnen und Schüler arbeiten in Gruppen und notieren ihre Gedanken zum Thema auf Zetteln und Tapetenrollen. Die Kinder und Jugendlichen stammen von verschiedenen Kölner Schulen. Sie treffen sich Mitte September im Rahmen eines Aktionstages Bildung auf dem Bildungscampus Nord in Köln – einer Veranstaltung, die von der Montag Stiftung Denkwerkstatt zum Auftakt zur zweitägigen Bürgerratssitzung organisiert hat, die im Anschluss folgen wird.

Alle in der Runde sind sich einig: Schule muss sich verändern. Aber wie? Die Forderungen der Schülerinnen und Schüler sollen im Anschluss an die Diskussion den Bürgerratsmitgliedern für ihre Sitzung übergeben werden, damit diese daraus Handlungsempfehlungen für die Politik erarbeiten können.

“Uns wird zugehört.” Foto: Christoph Söder / Montag Stiftung Denkwerkstatt

Erst überlegt jedes Kind für sich, bevor die Fragen dann in der Gruppe diskutiert werden. Zu den Leitfragen gehören unter anderem: Wenn du es dir aussuchen könntest, was würdest du gerne in der Schule lernen? Was würdest du an deiner Schule ändern wollen? Wie möchtest du lernen? Jede Gruppe soll am Ende drei gemeinsame Vorschläge erarbeiten. Viele Themenideen kommen dabei zusammen: Der Schulhof soll schöner und die Wände des Schulgebäudes bunter werden, mehr Wahlfächer, aktuelle Themen im Politikunterricht oder Hintergrundmusik im Klassenzimmer.

Aus den vielen Vorschlägen an diesem Tag wird deutlich, dass die Kinder und Jugendlichen die Schule als Lebensort betrachten. Sie möchten sich dort wohlfühlen, zur Ruhe kommen, aber auch etwas fürs Leben lernen. Gerade das Thema Finanzen müsse verstärkt im Unterricht behandelt werden, heißt es. Schülerin Leonie ist von der Diskussion und dem Gefühl, ernstgenommen zu werden, begeistert: „Also ich fand es richtig cool, weil wir halt jetzt auch wirklich was dazu beitragen können, unsere Meinung sagen konnten und unsere Vorschläge einbringen konnten. Und ich fand es auch cool, dass wir mit anderen Schulen in Kontakt waren, weil da hat man so andere Eindrücke von jeder Schule bekommen. Das war sehr interessant.“

„Seitdem wir das erste Mal dabei sind, wird uns wirklich zugehört. Auch von den Erwachsenen, die nehmen uns wirklich ernst“

Am nächsten Tag wird fleißig weiter diskutiert auf dem Bildungscampus Nord in Köln. Diesmal sitzen nicht nur Schülerinnen und Schüler zusammen, sondern rund 100 Menschen jeden Alters aus ganz Deutschland. Das Ziel der zweitägigen Sitzung ist es, sich im Dialog auf Augenhöhe über Bildungsthemen auszutauschen. Der Bürgerrat Bildung und Lernen wurde bereits 2020 von der Montag Stiftung Denkwerkstatt ins Leben gerufen und soll nicht nur Probleme im Bereich Bildung benennen, sondern Lösungsansätze erarbeiten. 2023 wurde ein erster Katalog mit Empfehlungen aus Bürgersicht an die Kultusministerkonferenz übergeben. Im Bürgerrat Bildung und Lernen können Jugendliche unter 16 Jahren mitarbeiten. Das ist bundesweit einzigartig. Es sollen auch diejenigen im Bürgerrat zu Wort kommen, die täglich zur Schule gehen und dort lernen, heißt es.

Das Treffen jetzt ist Vorbereitung für eine neue Runde, in der weitere – weitergehende – Empfehlungen für die Politik entwickelt werden sollen. Einige Bürgerratsmitglieder sind von Anfang an dabei, für andere ist es die erste Sitzung. Die Vorschläge der Kölner Schülerinnen und Schüler sowie die Empfehlungen aus der Vorrunde werden gesichtet, sodass alle Anwesenden auf dem aktuellen Stand sind. Die Bürgerratsmitglieder teilen sich auf drei Bereiche auf: Frühkindliche Bildung, schulische Bildung und berufliche Bildung. Die übergeordnete Frage bei allen Workshops lautet: Wie viel Freiheit braucht das Lernen?

In den Kleingruppen werden die unterschiedlichen Facetten der Freiheit beleuchtet. Dazu gehören Themen wie Notengebung, Chancengerechtigkeit, Unterschiede zwischen den Schulformen oder die Rolle der Lehrkräfte. Viele Ideen stehen am Ende des Tages auf Zetteln, die an Pinnwände geheftet sind. Sie dienen als Grundlage für die Fortsetzung der Diskussion am folgenden Tag und sollen nach der nächsten Bürgerratssitzung in Leipzig Ende November in konkrete Empfehlungen für die politischen Akteure übergehen.

Die 15-jährige Jane ist seit Beginn beim Bürgerrat Bildung und Lernen dabei. Sie zieht eine positive Bilanz ihres Engagements: „Seitdem wir das erste Mal dabei sind, wird uns wirklich zugehört. Auch von den Erwachsenen, die nehmen uns wirklich ernst. Und genau bei so Runden finde ich es auch wichtig, dass sie uns zuhören. Und ich glaube, wir werden auch wirklich etwas ändern können.“  News4teachers

Hier geht es zu weiteren Folgen der News4teachers-Podcasts:

Den Podcast finden Sie auch auf

 

News4teachers-Podcast: Plötzlich Lehrer – der Sprung ins kalte Wasser! Reporterin begleitet Seiteneinsteiger fast drei Jahre lang

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3 Kommentare
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mimü
22 Tage zuvor

Respekt vor Carl Richard Montag für das Einrichten seiner Stiftung. Auch die Einrichtung eines Bürgerrates zur Politikberatung kann in vielen Fällen eine gute Sache sein. Was aber leider nicht geht, ist wenn eine private Stiftung den Eindruck erweckt, es handele sich hier um einen öffentlich eingerichteten Bürgerrat. Das muss auf den ersten Blick ganz klar getrennt gesehen werden um auch im Namen herüberkommen. Sonst macht das Schule und irgendwann hat jede Lobbygruppe ihren eigenen “Bürgerrat”.

Achin
21 Tage zuvor
Antwortet  mimü

Das ist wie beim “Deutschen Schulpreis”, der auch auf einem privaten Stiftungsakt beruht.

Realist
21 Tage zuvor

Ich freue mich schon auf

  • den “Bürgerrat Steuerpolitik”
  • den “Bürgerrat Verteidigungspolitik”
  • den “Bürgerrat Gesundheitspolitik”
  • den “Bürgerrat Rentenpolitik”
  • den “Bürgerrat Abgeordnetendiäten”
  • den “Bürgerrat Industriessubenvtionen”

Stehen die Termine schon fest?