Geht doch! Bildungssenatorin kündigt Sozialarbeiterteams für alle Schulen an

23

HAMBURG. Kinder und Jugendliche stehen heutzutage häufig unter so großem Stress, dass ihre psychosoziale Gesundheit gefährdet ist. Sozialarbeiterteams sollen nun an allen allgemeinbildenden Schulen in Hamburg helfen.

Sozialarbeiterteams sollen an jeder Schule die Lehrkräfte unterstützen (Symbolfoto). Foto: Shutterstock

Hamburgs Schulbehörde will schrittweise an allen allgemeinbildenden Schulen multiprofessionelle Sozialarbeiterteams einführen. Den Anfang machten im Februar Grundschulen mit besonderen Herausforderungen, dann folgten im August alle Gymnasien, erklärte Schulsenatorin Ksenija Bekeris (SPD). Parallel dazu werde die bestehende Schulsozialarbeit an Stadtteilschulen zielgerichteter zugewiesen und ausgebaut. «So wollen wir auf die komplexen Herausforderungen und Belastungen reagieren, vor denen Kinder und Jugendliche heute stehen», sagte Bekeris. Insgesamt würden dafür 102 neue Stellen geschaffen und rund 7,2 Millionen Euro pro Jahr ausgegeben.

Sozialarbeit an Schulen – eines der wichtigsten Vorhaben der Senatorin

«Ich freue mich sehr, eines meiner wichtigsten Vorhaben umzusetzen und die Schulsozialarbeit an Hamburgs Schulen massiv ausbauen zu können», sagte Bekeris. Schule solle ein Ort sein, an dem sich alle Schülerinnen und Schüler wohlfühlen können. Nach Angaben der Schulbehörde zeigen jedoch zahlreiche Studien, dass die komplexen persönlichen und gesellschaftlichen Herausforderungen der Kinder und Jugendlichen nicht selten zu Belastungen führen, die die psychosoziale Gesundheit und das allgemeine Wohlbefinden erheblich beeinträchtigen können.

Den Angaben zufolge erhalten die Schulen je nach Schulform, Sozialindex und Schülerzahl zwischen 0,5 und 2,5 Stellen. Für die 66 staatlichen Gymnasien – sie verfügen bislang in der Regel über keine Sozialarbeit – würden 44 Stellen bereitgestellt. Für die 56 Grundschulen mit Sozialindex 1 oder 2, also mit einem schwierigen Umfeld, sind nach Behördenangaben 35 weitere Stellen vorgesehen. Bislang gab es an einigen wenigen Grundschulen Schulsozialarbeit mit insgesamt 6,5 Stellen. An den 64 Stadtteilschulen gibt es bereits 84,3 Stellen für die Schulsozialarbeit. Sie sollen auf 107,6 Stellen erhöht werden.

Für die Startchancen-Schulen erfolgt die Finanzierung aus Bundesmitteln, für die übrigen Schulen aus Hamburger Landesmitteln. Insgesamt übernimmt Hamburg rund 50,5 Prozent der Kosten, der Bund entsprechend 49,5 Prozent.

Rahmenkonzept zur Schulsozialarbeit soll Anfang Februar kommen

Parallel zur schrittweisen flächendeckenden Einführung der Schulsozialarbeit soll Anfang Februar ein Rahmenkonzept eingeführt werden, das derzeit unter der wissenschaftlichen Begleitung der Universität Oldenburg entwickelt werde. Dort würden nicht nur die konkreten Einsatzmöglichkeiten der Schulsozialarbeiterinnen und -arbeiter thematisiert, sondern auch die angestrebte Vernetzung dieser Fachkräfte innerhalb der jeweiligen Schule sowie mit externen Kooperationspartnerinnen und -partnern.

Die bildungspolitische Sprecherin der CDU-Fraktion, Birgit Stöver, sagte, spätestens seit dem Ende der Corona-Pandemie sei die starke Belastung der Schülerinnen und Schüler bekannt gewesen. Doch erst jetzt, rund 100 Tage vor der Bürgerschaftswahl, kündige Schulsenatorin Bekeris die flächendeckende Einführung der Schulsozialarbeit an. «Im Interesse unserer Schülerinnen und Schüler hätten wir uns ein schnelleres Handeln gewünscht.»

Die Linken-Bildungsexpertin Sabine Boeddinghaus sagte, der Plan sei ein großer Schritt der Senatorin, aus dem Schatten ihres Vorgängers Ties Rabe (SPD) zu treten. Die Stellenzahl sei aber viel zu gering, sagte sie mit Blick auf die 318 allgemeinbildenden staatlichen Grund- und weiterführenden Schulen sowie die 56 Sonder- und beruflichen Schulen.

Das Aufgabenfeld der Schulsozialarbeit umfasst laut Bildungsbehörde eine Vielzahl von Tätigkeiten:

  • Einzelfallberatung: Unterstützung von Schülerinnen und Schülern bei familiären, schulischen oder psychosozialen Herausforderungen.
  • Beratung von Sorgeberechtigten und dem schulischen Personal: Begleitung und Austausch zu erzieherischen Fragestellungen und im Umgang mit individuellen Problemlagen.
  • Gruppenarbeit: Durchführung von Trainings und Workshops zur Förderung sozialer Kompetenzen sowie zur Auseinandersetzung mit altersgerechten Themen.
  • Krisenintervention: Professionelle Hilfe bei akuten Konflikten und Krisensituationen im schulischen Alltag.
  • Präventionsarbeit: Planung und Umsetzung von Projekten zu relevanten Themen wie Mobbingprävention, Suchtverhalten oder Gewaltprävention.
  • Kinder- und Jugendschutz: Wahrnehmung der Funktion als Ansprechperson bei Verdachtsfällen auf Kindeswohlgefährdung sowie Einleitung entsprechender Maßnahmen.
  • Vernetzung und Kooperation: Aufbau und Pflege von Zusammenarbeit mit relevanten Institutionen wie den ReBBZ (Regionale Bildungs- und Beratungszentren), dem ASD (Allgemeiner Sozialer Dienst) und weiteren Einrichtungen im sozialen Umfeld der Schule.

«Durch dieses vielfältige Aufgabenspektrum leistet die Schulsozialarbeit einen essentiellen Beitrag zur Förderung des sozialen Miteinanders in Schule. Das umfassende Aufgabenprofil der Schulsozialarbeit verdeutlicht ihre Bedeutung für das schulische Unterstützungssystem. Ihre Wirksamkeit wird durch die enge Kooperation mit Schulleitungen sowie durch ihre feste Einbindung in das multiprofessionelle Team der Schule maßgeblich gestärkt und trägt somit dazu bei, dass Lehrkräfte sich stärker auf ihren Bildungsauftrag fokussieren können», so heißt es. News4teachers / mit Material der dpa

Schulsozialarbeit: Aufgerieben zwischen Ansprüchen der Lehrkräfte und dem Selbstbild

 

Anzeige


Info bei neuen Kommentaren
Benachrichtige mich bei

23 Kommentare
Älteste
Neuste Oft bewertet
Inline Feedbacks
View all comments
447
13 Tage zuvor

Endlich mal gute Nachrichten.

anka
13 Tage zuvor

Können bite, die Bildungsminister von NRW und der Freien und HH mal für, sagen wir 2 Jahre, ihre Ämter tauschen? Bitte! Dann könnte NRW auch ein gaaanz klein wenig aufholen.
Ich will nach HH!

Rainer Zufall
13 Tage zuvor

Viele Zahlen werden jongliert… Ich begrüße die Maßnahme sehr, aber wie viele Kinder treffen da auf einzelne Sozialpädagogin/ Sozialpädagogen?

Alese20
12 Tage zuvor
Antwortet  Rainer Zufall

Alles ist besser als Null Soz.Päds.

Spirale
13 Tage zuvor

Im Polit-Sprech wird sowas im allgemeinen als Wahlgeschenk bezeichnet. Im Februar wird in Hamburg gewählt.

Im übrigen ist die Verteilung ein weiteres Indiz für die Unfähigkeit der Behörde, echte soziale Probleme anzuerkennen. So bekommen alle (!) Schulen pauschal Stellen dafür. Richtig ist das nicht, allein nach grobem Raster erkennt man, dass die Schulen des Hamburger Westens sozial insgesamt deutlich besser dastehen als die in den östlichen Stsdtteilen.

Aber ja, klingt halt alles toll und richtig.

GBS-Mensch
11 Tage zuvor
Antwortet  Spirale

Wieso? Also wenn Schulen Sozialarbeit brauchen, dann solche wie Christianenum, GO und Hochrad.

Nick
12 Tage zuvor

Warum eigentlich auch an den Gymnasien? Diese Einrichtungen sind doch von Problemfälle der Inklusion und Integration ausgenommen.

Alese20
12 Tage zuvor
Antwortet  Nick

Aber auch dort sind SuS verhaltensauffällig. Alle denken immer, auf dem Gymnasium gäbe es keine Probleme, was falsch ist. Es sind nur zum Teil andere…

anka
12 Tage zuvor
Antwortet  Nick

Arbeiten Sie für einen Schulträger?
Bei uns argumentieren die nämlich genau so.

Fräulein Rottenmeier
11 Tage zuvor
Antwortet  Nick

Am Gymnasium meiner Kinder gab /gibt es sogar zwei Sozialpädagoginnen und das war/ist auch gut so. Unterbeschäftigt waren/sind die nicht gewesen!

Alese20
11 Tage zuvor

Am Gymnasium meiner Tochter gibt es weder Soz. Päds. noch Schulpsy.. Nur einen Vertrauenslehrer für ca. 1000 SuS. Das geht garnicht! Es gibt immer mehr auffällige Klassen mit SuS, die den Unterricht permanent stören und die Gym. LuĹ sind damit total überfordert.

Nick
11 Tage zuvor
Antwortet  Alese20

Das klingt wie Jammern auf hohem Niveau. Man darf sich gern einmal die verhaltensoriginelle Schülerschaft auf einer Gesamtschule anschauen.

Alese20
11 Tage zuvor
Antwortet  Nick

Muss es denn erst soweit kommen? Wollen wir überall solche Verhältnisse? Das kann es ja nun auch nicht sein.

Nick
10 Tage zuvor
Antwortet  Alese20

Regelmäßig beschulen Eltern ihre Kinder auf Gymnasien, obwohl diese vielleicht an einer anderen Schulform besser zurecht kommen würden. Warum? Ganz klar um dem dortigen Pöbel und den Resteschülern ausweichen. Die ersten Probleme haben bzw. wollten diese Eltern ausweichen, indem auf Steuerzahlerkosten das G9 durchgedrückt werden musste (Hat in HH nicht geklappt). Die eigenen Kinder durften sich nicht zu sehr anstrengen, bloß keinen Leistungsdruck. Augen auf bei der Schulauswahl. Da kann man sich den Gymnasien eine ganze Menge ersparen und die Sozialpädagogen dort einsetzen wo sie dringender gebraucht werden. In HH ist jede zweiter weiterführende Schule ein Gymnasium. Glaubt wirklich jemand daran, dass 50% der abgehenden Grundschüler auf ein Gymnasium gehören?

Alese20
10 Tage zuvor
Antwortet  Nick

Ich weiß nicht genau, wie ich da am sinnvollsten antworte. Sie schmeißen m.M. da 2 ( mit G9 sogar 3) Dinge in einen Topf. Überforderte SuS, die es durchaus häufig gibt, und interessanterweise Verhaltensauffälligkeit. Das hängt aber nicht unbedingt zusammen. Durch die Änderung, dass ggf. nur noch “passende” SuS auf Gym. dürften, gäbe es also immer noch sozialpädagogische Bedarf.
Ich persönlich bin übrigens auf für G9, alles andere ist nur unnötiger Stress, den keiner brauch. Die Kids haben dadurch keinen Mehrwert.

Nick
10 Tage zuvor
Antwortet  Alese20

Ich persönlich bin für eine Schule für alle, bei der es sich nach der 10. Klasse herauskristallisiert, wer tatsäch auf eine Oberstufe gehört. Diese Schüler können sich dann gern 3 Jahre auf ihr Abitur vorbereiten. Die Einrichtung, auf denen sich auf das Abitur vorbereitet wird, dürfen gern gern ausgelagert sein, als sog. Oberstufenzentren. Ein gegenwärtiges G9 löst die Probleme auch nicht, dürfen dann natürlich mit einem nachfolgenden G10 angegangen werden. Da bedarf es noch einer ganzen Reihe weiterer Sozialpädagogen… Der Elternwille ist schon so eine Sache.

Alese20
9 Tage zuvor
Antwortet  Nick

Ich bin grundsätzlich bei Ihnen, was das gemeinsame Lernen bis Kl. 10 angeht. Ich halte die Selektierung nach Kl.4 auch für unsäglich. Auch wir haben überlegt, unsere Tochter auf die Gesamtschule zu schicken und haben uns nur für das Gym. entschieden, weil ihre beste Freundin dort hin ging, die Schule einen guten Ruf und unsere Tochter auch eine uneingeschränkte Empfehlung hatte.

Hier in NRW können auch SuS ohne Empfehlung aufs Gym. Daher sind diese nicht immer ” passend”, was man auch am Notenspiegel erkennt ( Schere: viele sehr gut/gut, viele schlecht, Mitte stark unterbesetzt).
Ich habe es hin und wieder aber schon betreut, sie aufs Gym. geschicken zu haben. Keinerlei Individualisierung, schlechte Soz.Päd. Ausstattung, gefangen im alten Schulmuster. Kaum Veränderung zu meiner Schulzeit. Das weckt ungute Erinnerungen.
Kognitiv ist sie dort richtig und langweilt sich sogar inhaltlich in einigen Fächern. Aber der ständige Leistungsdruck und der ständige Ärger in der Klasse machen ihr doch zu schaffen und zerstört ihre Freude an der Schule, die in der Grundschule noch sehr hoch war.
Daher bin ich auch gegen G8 – noch mehr Stoff in kurzer Zeit muss echt nicht sein. Zum Glück hat NRW da schon vor Jahren wieder zurückgerudert.

Nick
9 Tage zuvor
Antwortet  Alese20

Natürlich gehören nur “passende” SuS auf ein Gymnasium. Wer denn sonst?

anka
9 Tage zuvor
Antwortet  Nick

Als ob! Schönes Wunschdenken!

Hysterican
10 Tage zuvor

Oh, gehen Ihre Kinder etwa in unsere Anstalt ??

Obwohl just eine der zwei Soz-Päds ihren Dienst quittiert hat.

Bi – östl. Innenstadtbereicbh in unmittelbarer Nähe eines weiteren Gym.??
Weiblicher Vornahme?
😉

Lera
12 Tage zuvor

Die Krisenintervention könnte nützlich sein – wird leider oft abgelehnt („nicht zwischen Tür und Angel“, „wir arbeiten präventiv“, „nur nach Absprache“).

Das überrascht nicht, da es in sozialpädagogischen Seminaren nicht unüblich ist, den angehenden Sozialpädagogen ein entsprechendes Selbstverständnis anzutragen („nicht die Aufgabe, den Lehrern zu helfen“).

GBS-Mensch
11 Tage zuvor

Ist ja an sich ganz schön. Aber verstehe ich das richtig…?

Grundschulen KESS 3 und höher bekommen keine Sozialarbeit aber dafür KESS 6 Gymnasien?

War die gute schon einmal an einer KESS 3 Grundschule? Ich bin versucht meinem ersten Gedanken Ausdruck zu verleihen: Wer denkt sich denn so einen Schwachsinn aus?

potschemutschka
11 Tage zuvor

Gibt es in Hamburg so viele Sozialpädagogen? Wenn ja, was haben die bisher getan? Also wo werden diese dann abgezogen?