Hat Schulleiter über Auftritt von Staatssekretärin (und Mutter) gelogen? Dienstaufsicht ermittelt

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WIESBADEN. Seit Juli ist die ungewöhnliche Entlassung der hessischen Staatssekretärin Messari-Becker in den Schlagzeilen. Nun geht ihre Anwaltskanzlei gegen eine mögliche Schlüsselfigur in der Affäre vor: den Schulleiter von einem ihrer Kinder.

In dem Fall gehen die Vorwürfe hin und her. Illustration: Shutterstock

In der Affäre um die rätselhafte Entlassung der hessischen Wirtschaftsstaatssekretärin Lamia Messari-Becker hat ihre Anwaltskanzlei eine Dienstaufsichtsbeschwerde gegen einen Schulleiter erhoben. Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur ging das Schreiben beim zuständigen Schulamt ein. Der Schulleiter gilt als eine mögliche Schlüsselfigur der Affäre. Zuvor hatte der Hessische Rundfunk (HR) ausführlich darüber berichtet.

Die von Wirtschaftsminister Kaweh Mansoori (SPD) geschasste parteilose Bauphysik-Professorin Messari-Becker kämpft auf mehreren Ebenen um ihren Ruf. Zudem steht der Verdacht der Schnüffelei des Wirtschaftsministeriums im Raum, weil das Ministerium laut HR der Beschwerde zufolge den Schulleiter direkt befragt haben könnte. Alle drei Oppositionsfraktionen im Landtag äußerten sich in diesem Sinne. Das Wirtschaftsministerium gab auf Anfrage erneut keine Stellungnahme zu der Affäre ab.

Vizeregierungschef Mansoori hatte sich im Juli laut eigener Pressemitteilung von Messari-Becker wegen eines außerdienstlichen Fehlverhaltens getrennt, ohne bislang öffentlich einen konkreten Grund dafür anzugeben. Medienberichten zufolge warf er ihr vor, in einem Elterngespräch an der Schule eines ihrer Kinder mit der Position als Staatssekretärin Druck für eine bessere Schulnote ausgeübt zu haben. Messari-Becker, einst vom weltbekannten Thinktank Club of Rome als Mitglied aufgenommen, wies dies zurück (News4teachers berichtete). Staatssekretäre können bei einem gestörten Vertrauensverhältnis zu Ministern von diesen generell auch ohne Begründung verabschiedet werden.

«Exit-Tür im Rahmen des rechtlich Möglichen»?

In der Dienstaufsichtsbeschwerde heißt es laut dem HR, Messari-Becker solle angeblich in dem Elterngespräch gesagt haben: «Ich bin eine Person des öffentlichen Lebens und erwarte eine Exit-Tür im Rahmen des rechtlich Möglichen.» Darauf habe sich Mansoori beim ihr zunächst per Mail angekündigten Rauswurf bezogen. Doch der Beschwerde zufolge habe Messari-Becker diesen Satz nie gesagt, berichtete der HR. In einem «Sachverhaltsbericht» des Schulleiters findet er sich allerdings nach dpa-Informationen. Somit steht Aussage gegen Aussage.

Nach Informationen von HR und dpa wirft die Beschwerde dem Schulleiter Verstöße gegen die Anhörungs- und Verschwiegenheitspflicht vor. Zudem habe er den Dienstweg mit direkten Kontakten zum für Schulen nicht primär zuständigen Wirtschaftsministerium von Mansoori umgangen, mit vertraulichen privaten Themen.

Untersuchungsausschuss und Gerichtsverfahren

Messari-Beckers Hamburger Anwaltskanzlei teilte auf Anfrage mit: «Unsere Mandantin hat Amt und Privatleben stets strikt getrennt.» Zu laufenden Verfahren könne sie sich derzeit nicht äußern. Das zuständige Schulamt war am späteren Nachmittag nicht für eine Stellungnahme zu erreichen. Das Kultusministerium äußerte sich auf Anfrage nicht zu dem laufenden Verfahren.

Die Dienstaufsichtsbeschwerde dürfte auch den Untersuchungsausschuss des Landtags beschäftigen, der an diesem Donnerstag (21.11.) in Wiesbaden wieder zu einer Sitzung zusammenkommt. Das von der Grünen- und der FDP-Opposition beantragte Gremium nimmt die Affäre unter die Lupe. Zudem läuft nach Messari-Beckers Widerspruch gegen ihren Rauswurf ein Eilverfahren beim Verwaltungsgericht Wiesbaden (Az. 3 L 1561/24.WI). News4teachers / mit Material der dpa

Als Staatssekretärin Druck auf Schule ausgeübt, ihr Kind besser zu benoten?

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lustig
18 Tage zuvor

Und deshalb sind Schulleiter so verschwiegen, was das Kollegium auf die Palme bringt, weil INTRANSPARENT!!!11. Der wird der Sekretärin das erzählt haben oder die Sekretärin hat es wegen Neugier lesen können.

Lilie
14 Tage zuvor
Antwortet  lustig

Oder es wurden Dinge gezielt konstruiert. Die Staatssekretärin ist offenbar unabhängige Fachexpertin und parteilos (weigerte sich in die SPD einzutreten).
Die SPD ist aber bekannt für Intrigen.

Ulrika von Zens
17 Tage zuvor

Der Minister wollte die Dame loswerden, sonst nuchts.
Im Grunde ist das ein Unding. Selbst wenn sie mit ihrer Position versucht haben sollte in der Schule Druck zu machen, rechtfertigt das nicht den Rauswurf.

447
17 Tage zuvor
Antwortet  Ulrika von Zens

Doch, tut es.

Auch wenn man es nie ganz wird verhindern können – schon aus NICHTmoralischen Gründen ist es wichtig, da richtig draufzusemmeln, wenn Leute die Vorbild sein sollen ihre Macht missbrauchen.

Das gilt für Lehrer ohnehin (z.B. bei ungerechtfertigten Noten) – und für extrem gut entlohnte und mit faktischen Sonderrechten ausgestattete Politbeamte sollte es ebenfalls gelten.

Ulrika von Zens
16 Tage zuvor
Antwortet  447

Da sollten Sie und die Ihnen Zustimmenden aber mal das Dienst- und Arbeitsrecht studieren, welches auch durch moralische Entrüstung nicht außer Kraft gesetzt wird.

Lehrer
17 Tage zuvor

Typische Haltung an der unser Schulsystem in den letzten Jahren zunehmend kaputt geht.
Wenn man Mist gebaut hat, keine Verantwortung übernehmen und stattdessen den Schulleiter oder die Lehrer mit Beschwerden überziehen….

Allein damit disqualifiziert sie sich eigentlich für ein höheres Amt.

Peace
16 Tage zuvor
Antwortet  Lehrer

Ach ja? Das können Sie natürlich beweisen. Wenn den anderen Beteiligten erst nach dem vierten Telefonat einfällt, dass bestimmte Äußerungen gefallen sind, ist das schon merkwürdig. Hier steht Aussage gegen Aussage. Typische Haltung der Gesellschaft – Vorverurteilung. Das Gericht wird es hoffentlich aufdecken. Unschuldig, bis die Schuld bewiesen wird.

Lilie
14 Tage zuvor

Diese Geschichte stinkt zum Himmel.

Hat Minister Manoori herum schnüffeln lassen ?
Sind die Aussagen erpresst worden (?), damit er seine unliebsame parteilose Staatssekretärin loswerden kann.
Mal sehen was dieser Untersuchungsausschuss bringen wird.

Das ganze ist jedenfalls ein Wahlprogramm für Populisten und ein Fiasko für die SPD.

Auch der Schulleiter muss Fragen beantworten:
Warum bleiben Inhalte des Gesprächs eines Kindes nicht dort, wo sie hingehören, nämlich in der Schule? Warum wurde gegen Grundsätze der Schulaufsichtsplicht verstoßen?