Der Streit um den Rauswurf von Wirtschaftsstaatssekretärin Lamia Messari-Becker (parteilos) aus der hessischen Landesregierung geht weiter: Dem Kultusministerium liegt nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur keine offizielle Beschwerde der Schule eines ihrer Kinder vor. Es gab demnach seitens der Schulleitung nur ein Schreiben mit Angaben zu einem Elterngespräch mit Messari-Becker.
Wirtschaftsminister Kaweh Mansoori (SPD) hatte im Juli erklärt, die parteilose Professorin für nachhaltiges Bauen wegen eines öffentlich nicht näher konkretisierten außerdienstlichen «Fehlverhaltens» zu entlassen. Medienberichten zufolge warf er Messari-Becker vor, an der Schule eines ihrer Kinder mit der Position als Staatssekretärin Druck für eine bessere Schulnote ausgeübt zu haben. Öffentlich äußerte sich der Vize-Ministerpräsident allerdings nicht dazu und lieferte dementsprechend auch keine Belege.
Messari-Becker, einst vom weltbekannten Thinktank Club of Rome als Mitglied aufgenommen, wies die «Vorwürfe eines angeblichen persönlichen Fehlverhaltens» als gänzlich unzutreffend zurück.
Die Grünen-Opposition im Landtag verlangt am Donnerstag (29. August) im Kultuspolitischen Ausschuss Aufklärung von Bildungsminister Armin Schwarz (CDU). Vor Messari-Beckers Entlassung habe Mansoori der Quereinsteigerin in der Politik Fehlverhalten vorgeworfen. Er weigere sich seitdem jedoch, die Anschuldigungen zu konkretisieren, erklärte die Grünen-Fraktion. Laut Mansoori ist das Wirtschaftsministerium in der Lage, den Vertrauensbruch mit Messari-Becker zu dokumentieren.
«Vertrauliche Personalangelegenheit»
Das Wirtschaftsministerium bekräftigte, dass es sich um «eine vertrauliche Personalangelegenheit handelt, zu der wir keine weiteren öffentlichen Äußerungen machen können». Laut Staatskanzlei hat das Kabinett Messari-Beckers Versetzung in den einstweiligen Ruhestand formal beschlossen. Die von Ministerpräsident Boris Rhein (CDU) ausgefertigte entsprechende Urkunde sei ihr gut eine Woche nach der Ankündigung ihrer Entlassung zugestellt worden.
Nach dpa-Informationen wehrt sich Messari-Becker mit Anwälten rechtlich gegen Mansooris Vorwurf eines Fehlverhaltens. «Als Beamtin habe ich eine Loyalitätsverpflichtung gegenüber meinem Dienstherrn, unabhängig davon, wie sich der Staatsminister Mansoori verhält», erklärte die entlassene Spitzenbeamtin.
Nebulöse Andeutungen?
Das von der Finanzberatungsgruppe Plansecur ins Leben gerufene «Vordenker Forum» mit unter anderem der «Frankfurter Allgemeinen Zeitung» und dem House of Finance der Goethe-Universität Frankfurt als Partner zeichnete Messari-Becker im Mai als «Vordenkerin 2024» aus. Kürzlich stellte die Jury fest: «Ein Minister hat das Recht, eine Staatssekretärin ohne Begründung zu entlassen. Nebulöse Andeutungen wie in diesem Fall sind indes geeignet, den untadeligen Ruf zu beschädigen, den die Vordenkerin als Mensch, als Wissenschaftlerin und als engagierte Bürgerin unseres Landes errungen hat.»
Auch Mansoori hatte noch im Mai seiner Staatssekretärin gratuliert: «Messari-Becker setzt mit ihren kreativen Ansätzen wichtige Impulse für den Städtebau und die Wohnungspolitik. Wir brauchen solche innovativen Köpfe in unserem Land, um Wohnen und Leben der Zukunft zu gestalten.» News4teachers / mit Material der dpa
Fördergeld-Affäre: Entlassene Staatssekretärin klagt gegen Bundesbildungsministerin
“Druck auf Schule ausüben, das Kind besser zu benoten.”Skandalös? Nö, denn viele “Bestellungen” und ambitionierte Vorstellungen an Lehrer und Schule werden schon viel zu lange toleriert und viel zu oft auch geliefert bzw. bedient. Manche Schulleitung forciert dies mit Hinweisen auf Außenwirksamkeit und Beliebtheit der Schule noch. “Schlechte Noten geben nur die miesen Lehrer.” Welch ein Hohn und krankmachende Botschaft für jede engagierte Lehrkraft.
Um Druck zu machen und inflationierte Noten einzufordern muss man nicht Staatssekretärin sein.
Glücklicherweise zeigen uns viele Eltern aus allen Schichten der Gesellschaft, dass gewinnbringende Zusammenarbeit, gegenseitige Wertschätzung und Akzeptanz für die Rolle des anderen durchaus möglich sind. Danke an diese Eltern.
Meinen großen Respekt vor den handelnden Kolleg*innen (Lehrkräfte und Schulleitung) vor Ort! Zudem ein Signal für uns alle, übergriffigen Eltern selbstbewusst entgegenzutreten. Respekt ist keine Einbahnstraße.
Die Entlassung zeigt, wie wichtig Zeugen bei einem Gespräch sind. Alles nebulös und unklar.
Am Ende steht Aussage gegen Aussage, das Porzellan ist zerschlagen und niemand hat irgendetwas dabei gewonnen.
Leider auch miterlebt. Unterschichteneltern drohen mit Gewalt gegen Sachen, Oberschichteltern mit Anwälten. Und auch die Reaktion von Kollegen: Das tu ich mir nicht an! Soll das Kind dann eben auf dem Gymnasium krachend scheitern!
Beweisen lässt sich da oft nichts.