ICIL-Studie: „Ohne Beherrschen der deutschen Sprache nützen die besten Geräte nichts”

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BERLIN. Der Deutsche Philologenverband sieht sich in seiner Forderung nach kontinuierlichen Investitionen in die digitale Infrastruktur von Schulen durch die aktuelle ICIL-Studie bestätigt. Verbesserungen würden allerdings durch das erneute Aufschieben des Digitalpakts 2.0 infrage gestellt.

“Hängepartie beenden”: Susanne Lin-Klitzing, Bundesvorsitzende des Deutschen Philologenverbands. Foto: Deutscher Philologenverband

„Wir erwarten von der Bundespolitik und den Kultusministern und -ministerinnen die durch den Ampelbruch verschärfte Hängepartie um den Digitalpakt 2.0 schnell zu beenden. Wir brauchen vorausschauendes Handeln und eine pragmatische Zwischenlösung für die baldige Finanzierung des neuen Pakts für die Schulen und die Schülerinnen und Schüler, die eben jetzt (!) und nicht irgendwann später zur Schule gehen“, sagt Philologen-Bundesvorsitzende Prof. Susanne Lin-Klitzing.

Die Ergebnisse der aktuellen ICIL-Studie zeigten nämlich schon jetzt einen signifikanten Rückgang der mittleren computer- und informationsbezogenen Kompetenzen der Schülerinnen und Schüler in den vergangenen fünf Jahren. Die gymnasialen Schülerinnen und Schüler konnten ihr hohes Niveau bestätigen.

Susanne Lin-Klitzing ergänzt: „Die guten Ergebnisse an den Gymnasien knüpfen an die positiven Ergebnisse aller entsprechenden Studien aus der Corona-Zeit an, in denen für die gymnasialen Lehrkräfte jeweils die höchsten Werte für die unterrichtliche Nutzung von digitalen Materialien und Wegen vorliegen. Im Interesse unserer Schülerinnen und Schüler wollen wir diesen Weg gerne reflektiert mit ihnen weitergehen. Dies geht aber nur dann, wenn die Schulträger weiter in alle Schularten investieren, die Dienstherren die nötigen Rahmenbedingungen schaffen und für den Schutz der Persönlichkeitsrechte der Lehrkräfte und ihrer Schülerinnen und Schüler im digitalen Raum sorgen.“

Weitere bedeutsame ICILS-Ergebnisse sind aus ihrer Sicht:

  • Die Bildungssprache Deutsch ist in Deutschland auch für computer- und informationsbezogene Kompetenzen entscheidend.
  • Die große Mehrheit (86,6 Prozent) der Schülerinnen und Schüler gibt an, dass die Menschen viel zu viel Zeit mit der Nutzung digitaler Medien verbringen. 73,6 Prozent sehen sie sogar als gefährlich für die Gesundheit der Menschen an.
  • Ein Drittel der Lehrkräfte beklagt eine unzureichende IT-Ausstattung. Fast die Hälfte gibt an, dass die IT nicht funktionsfähig ist, wenn die Lehrkräfte sie nutzen möchten.

Das grundsätzlich Wichtigste für alle Schülerinnen und Schüler an allen Schularten sei klar, so Lin-Klitzing: „Ohne das Beherrschen der deutschen Sprache nützen die besten Geräte nichts. Wir brauchen in jedem Bundesland eine diagnoseindizierte, verbindliche, vorschulische Sprachförderung. Die Stärkung der Bildungssprache Deutsch endet nicht mit der Grundschule, Deutsch muss auch in Sekundarstufe I vierstündig unterrichtet werden und eine differenzierte Förderung von Schülerinnen und Schülern mit Schwierigkeiten beim souveränen Umgang mit der deutschen Sprache muss zusätzlich zum Regelunterricht in den Ländern erfolgen.“ News4teachers

Desaströse ICIL-Studie (= eine Art Computer-PISA): 40 Prozent der Achtklässler in Deutschland können nur “klicken und wischen”

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Einer
25 Tage zuvor

Als ITler muss ich sagen, dass die Forderung völlig richtig ist. Nur wer über eine sehr gute analoge (!!) Lesekompetenz und auch über gutes mathematisch-logisches Verständnis verfügt wird IT beherrschen. Wenn beides fehlt wird man von der IT beherrscht. Beides muss erst analog erworben werden! Danach kann man dann an digitale Geräte.

Rainer Zufall
25 Tage zuvor

Naja, wenigstens kommt hier niemand mit: “aber die Schweden schaffen sämtliche Technologie ab” 🙂

Hysterican
25 Tage zuvor
Antwortet  Rainer Zufall

Übrigens…
die Schweden sind gerade dabei, die digitalen Geräte in den Schulen wieder abzuschaffen. 😉

Rainer Zufall
23 Tage zuvor
Antwortet  Redaktion

Absolut, aber Hysterican wusste, dass ich das BRAUCHE, obwohl es völlig falsch ist ^^

Rainer Zufall
23 Tage zuvor
Antwortet  Hysterican

Danke 🙂

kanndochnichtwahrsein
25 Tage zuvor

“Deutsch muss auch in Sekundarstufe I vierstündig unterrichtet werden und
eine differenzierte Förderung von Schülerinnen und Schülern mit
Schwierigkeiten beim souveränen Umgang mit der deutschen Sprache muss
zusätzlich zum Regelunterricht in den Ländern erfolgen.”

Bei -zig neuen Sprachanfängern, die pro Jahr in die Sekundarstufe I kommen, oftmals überhaupt nicht alphabetisiert sind, teilweise niemals eine Schule besucht haben, außerdem einem hohen Anteil an nicht sicher schreibenden und nicht sicher lesenden Kindern, die aus Grundschulen in die Jahrgangstufe 5 wechseln, reicht das nicht aus.
Es ist wieder nur ein Pflästerchen für’s gute Gewissen.
Die eigentliche Arbeit bleibt an immer weniger Kollegen hängen.

Da ist viel mehr notwendig als ein, zwei Stunden “Nachhilfe” für Kinder, die irgendwas nicht mitbekommen oder verstanden haben.
Viele dieser Kinder brauchen Deutschunterricht STATT Regelunterricht.
Da reichen nicht 8 oder 10 Stunden pro Woche.
Diese Kinder müssen Deutsch grundlegend und die sprachlichen Grundlagen für alle anderen Fächer obendrein lernen, statt im Unterricht, den sie nicht verstehen, “geparkt” zu werden.
Sonst sitzen sie nur ihre Zeit ab.
Dafür fehlt es flächendeckend an Lehrkräften!

Oldfashion
24 Tage zuvor

Bei uns wird Deutsch selbstverständlich vierstündig unterrichtet.

Reicht aber auch für viele Deutschstämmige in der zehnten Generation nicht mehr aus.

Sie lesen und schreiben nicht. Punkt.

Vier mal – seien wir ehrlich! – etwas über dreißig Minuten bei einer kaum vorhandenen Konzentrationsspanne…. bringt genau die Erfolge, die es bringt.

Monika, BY
21 Tage zuvor
Antwortet  Oldfashion

Natürlich reicht es nicht aus. Allgemein ist die Muttersprache, hier Deutsch, zu wenig in der Schulen vertreten.

Einige Schulen haben in der 5. Klasse 6 Stunden Englisch oder 6 Stunden Latein. Deutsch dagegen nur 4 Stunden. Natürlich ist es zu wenig. Mit viel Müll und noice werden heute Schüler überschüttet, am Ende können sie nichts richtig.

Monika, BY
21 Tage zuvor
Antwortet  Oldfashion

Kunst, Sport, Musik, Religion und Ethik – sie sollten freie Fächer sein ohne Benotung und nicht für eine Note 3 40 Min. lang zu laufen ohne monatelanges Training usw. Vieles, was städtischen Schulen angeht, ist einfach sinnlos in der heutigen Zeit geworden.

Informatik als Fach in der Schule ist einfach lächerlich. Das ist kein Fach – es ist nur da um sagen zu können, wir machen es mit :lol. Dabei lernen die Schüler rein gar nichts in dem Fach und zwar in der Zeitalter der Digitalisierung. Einfach zum Weinen.

AlterHase
25 Tage zuvor

Der ICILS-Bericht weist aus, dass die Mädchen im Durchschnitt um 10 Punkte den Jungen voraus sind, in Finnland um 24 Punkte, in Südkorea sogar um 29 Punkte. Aber positiv will das niemand sehen, nachdem es bei Mathematiktests immer als eine ganz schreckliche Benachteiligung hingestellt wurde, wenn die Mädchen um etwa so viele Punkte hinter den Jungs lagen.
Fazit: Die Mädchen sind offenbar mehr “digital-affin” als man dachte. Also werden Frauen demnächst auch IT und KI dominieren, sie werden die Chefposten der einschlägigen Industrie übernehmen, die Männer können ja immer noch die einfachen Tätigkeiten ausüben wie Müllentsorgung und Gebäudereinigung, bis das endgültig die Roboter übernehmen.

Mimü
25 Tage zuvor
Antwortet  AlterHase

Die Tests für die Studie haben in großen Teilen gutes Textverständnis vorausgesetzt. Das ist nichts neues, dass bei 8. Klässlern die Mädchen den Jungs da voraus sind. Hat verschiedene Gründe, aber nicht unbedingt Unterschiede in digitaler Kompetenz.
Aber ich vermisse auch den Aufschrei der Gleichstellungsbeauftragten. Jetzt Computercamps nur für Jungs!

Lisa
25 Tage zuvor
Antwortet  AlterHase

Ist in anderen Ländern schon so, zumindest in der spanischsprachigen Welt. Ich war dort erstaunt, dass ” Programmiererin” fast ein Frauenberuf ist.

ed840
24 Tage zuvor
Antwortet  AlterHase

Dass Jungs in Finnland mittlerweile absolute Bidungsverlierer sind und auch in anderen Fächern wie Mathematik und Lesen weit überdurchschnittlich hinter den Mädchen zurückbleiben, konnte man auch bei den PISA-Tests beobachten. Aber an solchen Dingen scheinen sich die wenigsten zu stören. Wäre im umgekehrten Fall vermutlich anders.

Sepp
22 Tage zuvor
Antwortet  ed840

Es ist auch schon seit Jahren bekannt, dass Jungen die eigentlichen Bildungsverlierer sind. Das hält niemanden davon ab, Mädchenförderung einzufordern, was sich auch seine Berechtigung hat.

Konsequent wäre es m.E., Jungen und Mädchen immer mal wieder ausanderzuziehen und getrennt zu unterrichten. So könnte man z.B. neben MINT-Angeboten für Mädchen bspw. auch früh Jungs beim Lesen und Schreiben unterstützen – oder eben auch ihre Stärken in anderen Bereichen ausbauen lassen. Dazu bräuchte man aber mehr Lehrkräfte und extra Räume.

Gerade bei pubertierenden Jungs sieht man doch oft, wie sehr sie sich vor anderen (v.a. Mädchen) inszenieren müssen. Lieber cool wirken, als Schwierigkeiten zugeben und sich helfen lassen. In reinen Jungen-Gruppen sind sie meist deutlich entspannter.

ed840
21 Tage zuvor
Antwortet  Sepp

In Finnland war bei PISA 2022 der Anteil der Jungs bei “low performer” in Mathe mit 27% schon deutlich höher als der bei den Mädchen mit 22%. Beim Lesen bei den Jungs mit 28% dann doppelt so hoch wie bei Mädchen mit 14%. In DE sind die Unterschiede wesentlich geringer. Die 45 Punkte Vorsprung der finnischen Mädchen beim Lesen sind auch mehr als doppelt so hoch wie die 19 Pkt. in DE. Würde mich aber nicht wundern, wenn manche Leute nun für DE daraus folgern würden, dass Mädchen an deutschen Schulen strukturell benachteiligt würden, weil sie ja DE viel weniger Vorsprung auf die Jungs hätten als in Finnland .

Patrick
25 Tage zuvor

So sehr ich die Forderung nach einem DigitalPakt 2.0 (eigentlich eher einen DigitalPakt “unendlich”) aus verschiedenen Gründen unterstütze:

Diesen Grund:

Die Ergebnisse der aktuellen ICIL-Studie zeigten nämlich schon jetzt einen signifikanten Rückgang der mittleren computer- und informationsbezogenen Kompetenzen der Schülerinnen und Schüler in den vergangenen fünf Jahren.”

finde ich wirklich abenteuerlich. Die 6,5 + x Mrd. Euro der letzten 5 Jahre haben eben nicht zu höheren Kompetenzen geführt, sondern zu geringeren. Und auch ein weiteres Ausstattungsprogramm wird das nicht ändern. Auch die seit Jahren vorangetriebene Elternfinanzierung hatte offenbar keinen Einfluss. Es braucht nicht noch mehr Tablets, es braucht Fortbildungen, verbindliche Rahmenlehrpläne, Informatikunterricht. Alles Punkte, die man mit der bisherigen Ausstattung (u.a. durch den DigitalPakt 1.0) schon locker anpacken könnte. Jetzt zu sagen: Ohne den DigitalPakt 2.0 können wir leider nicht besser werden, ist schwachsinnig. Da wird die Verantwortung einfach munter weitergereicht.

Oldfashion
24 Tage zuvor

Das ist ja mal was ganz Neues!

Monika, BY
21 Tage zuvor

Hier sind alle so damit beschäftigt sich mit anderen Ländern zu messen… Oh mein Gott, die Deutsche sind schon wieder viel schlechter als x oder y und kommen die Prozentanalyse und noch Mädchen gegen Jungs oder umgekehrt usw. Einfach sinnlos.

Viel sinnvoller wäre sich mit sich selbst zu messen. Dann und nur dann würde man schon schnell merken, was alles schief läuft.