MÜNCHEN. John Hattie sorgt aktuell für Wirbel hierzulande – mit einer fundamentalen Kritik am gegliederten deutschen Schulsystem (“Das ungerechteste Schulsystem, das ich kenne” – News4teachers berichtete). Hattie ist nicht irgendwer: Der neuseeländische Erziehungswissenschaftler ist Autor der Studie „Visible Learning“ („Lernen sichtbar machen“), die 2009 – also vor 15 Jahren – in Deutschland erschien. Nach langjähriger Arbeit veröffentlicht, umfasste die Untersuchung schon damals mit rund 800 Meta-Analysen den größten Fundus der empirischen Bildungsforschung, der jemals in einer Studie zusammengetragen und ausgewertet wurde. Unser Gastautor Roland Grüttner, ehemaliger Rektor einer Grund- und Mittelschule und einer Montessorischule in Bayern (er betreibt den Blog paedagokick.de), geht im folgenden Beitrag der Frage nach, wie Hattie zu seiner Systemkritik kommt.
Welche Schule will John Hattie? Eine Spurensuche in Visible Learning – The Sequel
1 Voraussetzungen
1.1 Beschränkung auf Leistung
Der Neuseeländische Erziehungswissenschaftler Prof. John Hattie will anhand von Metastudien herausarbeiten, welche Einflussgrößen im Unterricht welche Wirkung auf die Leistung – bei ihm: academic achievement – haben. Er ist sich darüber im klaren, dass Schule noch andere, wichtige Erziehungsziele hat, beschränkt seine Betrachtung aber bewusst auf die Schülerleistung. Dazu hat er 2009 ein erstes weltweit wirkmächtiges Werk veröffentlicht: Visible Learning. A synthesis of over 800 meta-analyses relating to achievement. Diesem hat er im Jahr 2023 eine überarbeitete und ausführlicher gewordene zweite Auflage folgen lassen: Visible learning. The Sequel; a synthesis of over 2,100 meta-analyses relating to achievement. Auf dieses Buch verweisen die Zitate in den folgenden Ausführungen, sofern nicht anders zugeordnet.
1.2 Eine Schule für alle
Hattie hat ein Bildungssystem verinnerlicht, das wie in Neuseeland gemeinschaftlich (comprehensive) ist: Die Schülerinnen und Schüler treten spätestens im Alter von sechs Jahren in diese eine Schule ein und verlassen sie frühestens im Alter von 16 Jahren. Von daher sind leistungsgetrennte Gruppen für ihn eher Ausnahmeerscheinungen, die eine pädagogische Begründung benötigen. Unsere seit den 70er Jahren des 20. Jahrhunderts oft ideologisch geführten Debatten über Gesamtschulen und differenziertes Schulsystem sind für ihn erklärungsbedürftig.
1.3 Grundhaltung und Forschungsergebnisse
Da John Hatties Konzentration auf den Einflüssen liegt, die Unterricht im Sinne von Lernergebnissen erfolgreich machen, sind Äußerungen über das Schulsystem eines Landes nur in Nebengedanken oder en passant zu erwarten. Sie bringen von daher mehr seine Grundhaltung zum Ausdruck und weniger seine Forschungsergebnisse. Dennoch bestehen Zusammenhänge zwischen beidem, denn Hattie wird sein Grundkonzept nicht unabhängig von seinen empirischen Ergebnissen entworfen haben.
2 Tracking/streaming
Unter tracking oder streaming versteht Hattie das Bilden von Leistungsgruppen oder -klassen. Er beschreibt in seinem Buch zunächst die durchschnittliche Stärke dieses classroom effects und beginnt dann mit Feinunterscheidungen und Einzelheiten.
2.1 Durchschnittlicher Effekt
Zur Interpretation dieser Thermometer-Darstellung (S. 186):
Links steht mit R = 4 ein Hinweis auf die Robustheit des Ergebnisses. Die Skala geht von 1 (gering) bis 5 (hoch), in diesem Fall also gut belastbar.
0.09 im Oval ist die Effektstärke. Der Durchschnitt aller im Buch beschriebenen Effektstärken liegt bei 0.40 (= hinge point, Angelpunkt). Tracking/streaming wirkt – grob betrachtet – also so gut wie gar nicht auf die Leistung.
# meta = 14 verweist auf die Anzahl der verwendeten Metastudien,
# studies = 469 auf deren zugrundeliegende Einzelstudien,
est. # people = 43,166 auf die geschätzte Gesamtzahl von Studienteilnehmern
# effects = die Anzahl der Erwähnungen genau dieses Effekts,
se = 0.05 beschreibt die Standardabweichung.
2.2 Unterscheidungen: Leistung
Hattie unterscheidet zwischen achievement effects und equity effects, also zwischen Wirkung auf die Leistung und solchen in Richtung Gerechtigkeit oder Fairness.
Die ersten Studien, die er anführt, fasst er im Hinblick auf die Leistungsergebnisse so zusammen:
Tracking has minimal effects on learning outcomes; no one profits… Why do we persist with a failed intervention? Who benefits? Not the students. (S. 187)
2.3 Unterscheidungen: Chancengleichheit
Was die Gerechtigkeitsproblematik betrifft, bezieht Hattie sich auf einen andere, einflussreiche Autorin (Oakes 2005 und 1992), die er so wiedergibt und zitiert:
The effects on equity outcomes are more profound and negative… The major finding was that many low-track classes are deadening and non-educational environments…
Oakes (1992) commented that tracking limits students´ schooling opportunities, achievements, and life chances. Students not in the highest tracks have fewer intellectual challenges, less engaging and supportive classrooms, and fewer well-trained teachers. (S. 187)
Andere Studien (Shanker 1993, Page 1991) kommen ebenfalls zu solchen Ergebnissen. Hattie lässt in folgendem Zitat einen seiner wichtigen Gedanken anklingen, nämlich den der Erwartungen von Lehrer:innen an die Schülerinnen und Schüler:
Kids in these [lower] tracks often get little worthwile work to do; they spend a lot of time filling in the blanks in workbooks or ditto sheets. And because we expect almost nothing of them, they learn very little. (S. 187)
Auf die sozialen Folgen des Gruppierens nach Leistung (ability grouping), nämlich eine sich vertiefende gesellschaftliche Spaltung, verweist Hattie mit folgendem Zitat:
Oakes and Wells (1996) claimed that tracking guarantees the unfair distribution of priviledge in that white and wealthy students benefit from access to high-status knowledge that low-income students and students of color are denied… tracking may increase divisions along class, race, and ethnic lines. (S. 187)
Bezogen auf die Fragwürdigkeit der den Gruppenbildungen zugrundeliegenden Daten zitiert er eine Studie, die zu dem Schluss kommt:
In fact, tracking remains one of the most enduring practices in american high schools, in spite of a robust research base denouncing it. (S. 188)
Hattie kommt auch auf Interessen – nämlich die von gesellschaftlichen Eliten – zu sprechen, die solche Aufteilungen betreiben und bezieht sich dabei auf eine Studie aus California und Massachusetts (Loveless 1999): Bestimmte Schulen würden die Trennung „umarmen“, und weiter:
If tracking is bad policy, society´s elites are irrationally reserving it for their own children. (S. 188).
Speziell auf die vermögenden Eltern gezielt, entspricht die soziale Stratifikation ihrem Willen:
Well-resourced parents can be more influential in socially stratifying schools, such as choosing what are perceived as higher-achieving schools, choosing schools with tracking, and investing in early childhood education. (S. 129)
Und weiter auf dieser Schiene mit Hanushek und Wößmann (2006): Schülerinnen und Schüler mit niedrigem SES sammeln sich in den unteren Kursen und Klassen, während solche mit durchschnittlichem Leistungsvermögen aus begüterten Haushalten leichter den höheren Kursen zugeteilt werden, weil deren Eltern „effective managers of their children´s schooling“ (Gamoran 2009) sind.
Eine Studie hat sogar explizit festgehalten
that academic tracking strengthened racial boundary keeping and reinforced the idea among students that whiteness and academic success are correlated in a fixed and natural way“ (Modica 2015). (S. 188)
2.4 Konsequenzen
Zunächst einmal und als absolutes Minimum sieht Hattie Schulleitungen und externe Evaluatoren in der Pflicht sicherzustellen, dass die Zuweisung zu den mittleren und unteren Kursen gut begründet ist, dass es herausfordernde Curricula für alle Schülerinnen und Schüler gibt und dass solche Aufteilungen nicht zu „Apartheid“ – ja, Hattie verwendet tatsächlich diesen Begriff (S. 179) – in Schulen führen.
Als gutes Beispiel dafür, dass wirklich alle Schülerinnen und Schüler nach denselben Curricula und mit derselben Menge und Qualität an Instruktion unterrichtet werden, nennt er Italien.
Die negativen oder Nulleffekte der Leistungstrennung ließen sich eventuell durch geeignete Maßnahmen auffangen:
If these lower tracked classrooms were more stimulating, were more challenging, and were taught by well-trained teachers, there may be gains from tracking for these students. (S. 189)
2.5 Fazit und These
In einer bilanzierenden Zusammenstellung seiner eigenen Entwicklung (S. 437f) formuliert Hattie neue Kernfragen im Vergleich zu seiner ersten Studie. Das kann man kaum missverstehen:
Asking less | To |
Grouping to reduce variance | Welcoming many progressions and times to succeed |
In einem Interview mit der Augsburger Allgemeine anlässlich seines Deutschlandbesuchs im Frühjahr 2024 erklärte John Hattie (News4teachers berichtete):
„Ich bin übrigens auch erstaunt darüber, dass das deutsche System zu wissen glaubt, was ein elf- oder zwölfjähriger Schüler im Alter von 30 Jahren können wird, und ihn entsprechend einer Schulart zuteilt. Und ich bin bestürzt darüber, wie unglaublich viel Erfolg verloren geht, indem man Kindern einen Stempel verpasst.“
Hattie kommt aus einem gemeinschaftlichen Schulsystem und lehnt Differenzierungen in der Form von tracking ab, weil es im Hinblick auf die Lernleistung nichts bringt und in Bezug auf gesellschaftliche Chancen schadet.
3 Desintegrierende Maßnahmen
Wer homogene Zusammensetzungen in den Unterrichtsräumen haben will, muss desintegrierende Maßnahmen ergreifen. Am häufigsten geschieht dies durch Klassenwiederholungen, in Hatties Sprache retention.
Seine grundsätzliche Einschätzung dieser Maßnahme:
The only question of interest relating to retention is why it persists in the face of this damning evidence. (S. 208)
So ähnlich konnte man das schon in der ersten Hattiestudie von 2009 lesen. In der neuen und erweiterten Ausgabe wird diese Erkenntnis durch eine erweiterte Faktenlage noch stärker unterstrichen. Hier zunächst die Thermometerdarstellung, anschließend ein paar Aussagen aus diesem (traurigen) Kapitel Seite 207f.
3.1 Die Thermometerdarstellung
- R = 5 bezeichnet die Robustheit des Ergebnisse auf einer Skala von 1 bis 5, in diesem Fall also maximal belastbar.
- # meta = 10 benennt die Anzahl der Metastudien zum Sitzenbleiben;
- # studies = 339 sind die der Metastudie zugrundeliegenden Einzelstudien;
- est, # people = 50 694 die daran beteiligten Personen;
- # effects = 4456 die Zählung, wie oft dieser Effekt genannt wurde;
- se = 0.04 den Standardfehler / standard error;
- die Effektstärke von -0.24 (der Durchschnitt über alle Effekte liegt bei d = 0.40),
- 04 die Streuung, gekennzeichnet mit der weißen Blase um die Effektstärke herum
Für das Sitzenbleiben wird damit deutlich: Es schadet mehr als es nützt!
3.2 Zusammenfassung
This is one of the few areas in education where it is difficult to find any studies with other than a zero or negative effect. Overall, there are negative effects for retained students, and there are more positive effects in the long term for promoted students than for retained students – even when matched for achievement at the time of the decision to retain or promote. S. 207
3.3 Weitere Einzelergebnisse
3.3.1 Motivation durch Drohung mit Sitzenbleiben?
Häufig wird mit einem Motivationseffekt argumentiert: Wenn die Drohung des Sitzenbleibens im Raum steht, würden sich die betroffenen Schülerinnen und Schüler mehr anstrengen. Dazu Hattie S. 208:
Clearly, the threat of nonpromotion is not a motivating force for students.
3.3.2 Vergleichsgrößen
Es gibt zwei Vergleichsgrößen – solche, bei denen die Sitzenbleiber mit ihren neuen Klassengenossen verglichen werden (grade comparisons), und solche, bei denen die Wiederholer mit ihren Altersgenossen, die vorrücken durften, verglichen werden (age comparisons). Die Ergebnisse:
The effects from grade comparisons are d = 0.05 and for age comparisons, −0.11. When students are retained, they do as well as peers but still fall behind their peers who were promoted (Goos et al., 2021). S. 207
3.3.3 Über alle Fächer hinweg
Vielleicht ist ja die Klassenwiederholung in manchen Fächern positiv und nur in einige negativ? Dazu Hattie S. 207:
Retention has been found to have a negative effect across all subjects on social and emotional adjustment, and behavior, self-concept, and attitude toward school.
3.3.4 Beweise eindeutig negativ
Trotz aller Rechtfertigungsbemühungen für das Sitzenbleiben, ist die Evidenz eindeutig.
Holmes (1989) concluded that finding another educational practice on which the evidence is so unequivocally negative would be difficult. The effects are bad enough for achievement, but when the negative equity and social and emotional effects are added, the situation is dire for retention (retention is highest among boys, racial/ethnic minorities, or less advantaged children) (Manacorda, 2012). S. 208
3.3.5 Sitzenbleiben vermeiden
Wenn die Schulen und Lehrkräfte angesichts von Schülerinnen und Schülern, die nicht mitkommen, eine gezielte Förderung anbieten würden, würde das mehr bewirken als eine pauschale Wiederholung eines ganzen Schuljahres.
These negative effects are partly caused by schools and teachers not providing optimal interventions for the retained students the first time they were in the grade. Therefore, the students are retained in programs that were not beneficial to them in the previous year. (S. 208)
Hatties Resumee dieses Abschnittes ist eindeutig:
Let us seriously stop tracking: no student is the winner. (S. 189)
3.4 These
Ein Schulsystem, das nicht mit heterogenen Schülergruppen umgehen kann oder will und statt gezielter Förderung auf pauschal homogenisierende Maßnahmen wie das Sitzenbleiben baut, erzielt nicht die Schülerleistungen, die es eigentlich befördern will.
4 Inklusiver Unterricht
Wir betrachten zunächst wieder Hatties Thermometerdarstellung (S. 192):
Nach den obigen Beispielen kann sich jede:r Leser:in die Einzelheiten selbst herauslesen.
Zunächst einmal schreibt Hattie inklusiven Maßnahmen eine durchschnittliche Effektstärke von d = 0.52 und damit eine hohe Wirksamkeit zu. Dieser Wert bekommt die höchste Robustheit zugesprochen, auch deshalb, weil er auf 11 Metastudien an insgesamt fast fünf Millionen Einzelstudienteilnehmern beruht.
4.1 Special-needs students
John Hattie bezieht sich nicht auf die – bei uns akute – Menschenrechtsdebatte, sondern betrachtet die Inklusion rein aus der Fragestellung heraus, ob sie im Unterricht funktioniert oder nicht, das heißt: welche Auswirkung sie auf die Schülerleistungen hat. Dazu schreibt er ein paar eher kurze Ausführungen.
Er berichtet, dass es in den Jahren 1970 bis 1990 eine starke Bewergung hin zu mehr Inklusion – hier: mainstreaming – gab, und aus dieser Zeit stammten auch die meisten Metastudien. Den neueren Studien entnimmt Hattie die Erkenntnis, dass special-needs students dem Vorankommen der Mitschüler:innen in einer Regelklasse nicht nur nicht schaden, sondern es sogar befördern können, wenn die Lehrerinnen und Lehrer den Unterricht entsprechend gestalten:
But how are students without special needs affected by the presence of special-needs students? *Szumski et al. (2017) found a d = 0.12 across nonspecial-needs students; thus, the presence of students with special educational needs positively impacted all students. This advantage was similar across all levels of schooling, regardless of whether the special needs were mild or severe. Similarly, *Ahmad (2016) specifically investigated the effect on mathematics and reported a d = 0.38 increase for students with special needs and d = 0.81 for those without special needs. So all benefit. (S. 192)
Die Ursache für diesen doppelten Nutzen liegt nach seiner Erkenntnis darin, dass es allen Schülerinnen und Schülern zugute kommt, wenn die Kinder und Jugendlichen mit den speziellen Bedürfnissen von Anfang an mitbedacht werden: Alle haben den Aufbau von learning skills nötig, alle müssen Ich- und Wir-Stärke entwickeln, alle sollen das Zusammenarbeiten lernen, so dass die Behauptung zutrifft
that what works best for all students may not work for students with special needs, but what works for students with special needs works best for all students. (S. 193)
Eine neuere Studie (Mitchell and Sutherland 2020) identifizierte die effektiven Strategien, die für alle Schülerinnen und Schüler günstig seien:
behavioral strategies (DI, review and practice, formative assessment, feedback), social strategies (cooperative group, peer tutoring, social skills training, classroom climate), cognitive strategies (self-regulated learning, memory strategies comprehension strategies), and mixed strategies (assistive technology, early intervention, RTL, universal design). (S. 193)
4.2 Grouping and labelling
Hattie sieht die gute schulische Entwicklung von special-needs students noch von einer anderen Seite her bedroht, indem er Gruppierungen infolge von Etikettierungen kritisiert:
Grouping, thus, can lead to a particularly invidious form of low expectations, leading to nasty negative effects from labeling or grouping students. These low expectations lead to questions about why these students cannot learn, engage, and be successful. For example, the label “learning difficulties” can lead to low performance expectations. (S. 223)
Natürlich ist ihm das Dilemma bewusst, dass man bei allen Schülerinnen und Schülern die Lernausgangslage erst einmal diagnostizieren und dann auch definieren muss. Der Schritt zur Etikettierung ist dann nicht mehr weit. Er hält deshalb fest, dass eine Diagnose immer nur der erste Schritt sein könne und niemals der letzte sein dürfe. Als Beispiel verweist er auf die Verantwortlichen in Singapore, die sich solchen Etiketten verweigern und allgemeiner von low-progress students sprechen (S. 224). Das ist zwar auch ein Etikett, allerdings ein viel allgemeineres.
Ergänzend zeigt er hier noch einmal auf das Beispiel Italien als ein Land, das festgelegt hat, dass alle Schülerinnen und Schüler nach dem gleichen Curriculum und mit derselben Qualität und Quantität unterrichtet werden müssen.
Dann zieht er zur Vermeidung der negativen Effekte von Etikettierungen noch zwei Linien ins Allgemeine:
Wir müssen entweder dafür sorgen, dass Etiketten ausschließlich zur Diagnose und zur Beschreibung besonderer Lernprobleme verwendet, aber niemals einem Kind angeheftet werden dürfen. Oder wir legen fest, dass jedes Kind im Lernen vorangebracht (accelerated) werden muss und ihm ein gut begründetes und auf Vorankommen basierendes Unterrichtsprogramm offen steht (S. 224).
4.3 Fazit und These
In der oben bereits angesprochenen bilanzierenden Zusammenstellung (S. 437f) stellt Hattie die weniger wichtigen und die wichtigen Kernfragen zusammen. In Bezug auf die Inklusion liest sich das so:
Asking less | To |
Labelling to be seen as different | Learning interventions for all |
Impact most students | All means all! |
John Hattie spricht sich für eine Schule aus, in der die behinderten Kinder grundsätzlich inkludiert sind und ihre Anwesenheit für alle Schülerinnen und Schüler pädagogisch fruchtbar gemacht wird. Gruppierungen aufgrund von Etikettierungen lehnt er ab.
5 Die Grammar of Schooling und das Banking Model
Auf der Grundlage der ihm vorliegenden immensen Zahl an Studien: Wie sieht John Hattie in The Sequel das gegenwärtige Grundmodell von Unterricht und wohin soll dieser sich entwickeln?
5.1 Grammar of Schooling
Wie wichtig ihm dieses Thema ist, zeigt sich daran, dass er es bereits im Vorwort angeht und beklagt, dass sich Lehrerinnen und Lehrer oft nicht angemessen weiterentwickeln:
Why is the current grammar of schooling so embedded in so many classrooms, and can we improve it? Why is the learning curve for teachers after the first few years so flat? How can we develop teacher mind-frames to focus more on learning and listening? How can we incorporate research evidence as part of the discussions within schools?
Damit deutet sich bereits der Kontext an, in welchem er die grammar of schooling sieht:
- Sie ist weit verbreitet.
- Sie muss verbessert werden.
- Es hat was mit der Lernkurve von Lehrpersonen (!) zu tun.
- Die Grundhaltungen (mind-frames) der Lehrkräfte müssen weiterentwickelt werden.
- Forschungserkenntnisse müssen in den Schulen diskutiert werden.
Dazu erfahren wir noch,
- dass die gegenwärtige grammar of schooling vielen Schülerinnen und Schülern dient, aber beileibe nicht allen (S. 3);
- dass diese Grammatik sich auf Fakten und Inhalte konzentriert und weniger darauf achtet, wie Schüler denken und Wissen erwerben (S. 150);
- dass für zu viele Lehrerinnen und Lehrer die Nutzung von Computer-Resourcen nicht zu ihrer Schulgrammatik gehört (S. 398);
- dass Lehrpersonen es schwierig fanden, nach der Pandemie die alte grammar of schooling wieder umzusetzen (S. 399) – weil in dieser Zeit viele ihrer gewohnten Aspekte zusammengebrochen sind (S. 428) – dass sie es aber dennoch versuchen (S. 429).
Schließlich beklagt er die Perpetuierung eines Unterrichtsstils, der im Faktensumpf feststeckt, nur den besten Schüler:innen dient und nicht ausreichend hinterfragt wird:
The current grammar of schooling mired in facts is entrenched, supported by the above-average students (who are winners in this game), reinforced by the tests, promoted by politicians, and reinvented under many guises…
We need to question those who arrogate power to themselves as the guardians of knowledge as if it were out there waiting to be absorbed. (S. 428)
Zusammengefasst geht es Hattie darum, dass die Lehrpersonen eine übermäßige Fakten- und Inhaltsfokussierung ablösen dadurch, dass sie das Lernen der Schülerinnen und Schüler in den Mittelpunkt ihrer Aufmerksamkeit stellen.
5.2 Banking model
Zur Fehlorientierung vieler Lehrkräfte gehört nach Hattie das banking model, eine Bezeichnung, die er im Anschluss an Paulo Freire verwendet. Was versteht er darunter?
Es steht dem in unseren Breiten bekannten Modell des Nürnberger Trichters nahe und wird von Hattie auch als „Kübel“-Modell (bucket) bezeichnet. In leicht ironischer Weise beschreibt er die entsprechende Erziehung als den Akt, durch den ein von Lehrpersonen großzügig gewährtes Guthaben für spätere Verwendung angelegt wird:
Education is, thus, an act of depositing or banking. The aim is to deposit pearls of wisdom so that the student banks these for later use. Yes, banking implies that knowledge is a gift bestowed by the teacher on the uninitiated, and students should be grateful for these deposits. (S. 150)
Von diesem Punkt aus kritisiert Hattie ein im Westen weit verbreitetes, aber im Grunde viel zu enges (Miss-)Verständnis von Bildung und Exzellenz, in welchem nur solche Schülerinnen und Schüler herausragen, denen es gelingt, in den Domänen Lesen, Mathematik und Wissenschaft auf dieses „Bankguthaben“ einzuzahlen.
In the past 30 years, however, many Western education systems have prioritized the purpose of schooling as aiming to enhance achievement in domains such as reading, mathematics, and science. Many interpretations of the international testing movement (PIRLS, TiMMS, PISA) have reinforced this narrowness. Such narrow excellence leads to curricula being based on achievement in a few privileged domains, and great students are considered those who attain high levels of proficiency (banking) in these domains. We need a much richer, wider, and worthwhile basket of goods that define the value of schooling (Hattie, 2018; Hattie & Larsen, 2020). (S. 153)
Hattie ist es sehr ernst damit, denn er sieht diese Art des Lernenmüssens in einem Zusammenhang mit schulischen Strukturen und der gesellschaftlichen Entwicklung. Diese Denke – oder dieses Narrativ, um aktuelle Begrifflichkeit zu verwenden – hindere die Schülerinnen und Schüler daran, Ideen zu erfassen und zu verknüpfen und verführe zu bloßen Versuchen, Inhalte im Kurzzeitgedächtnis zu speichern und dann wieder auszuwürgen. Das alles ziele darauf, unsere Gesellschaft zu replizieren, statt dass die Lernenden in die Lage versetzt würden, ihre eigene Zukunft zu errichten. Solche Schulsysteme seien darauf ausgelegt, zu sortieren, zu klassifizieren und auszulesen und nicht um Lernen und Kritik zu unterstützen:
Most important, this banking model minimizes disequilibrium, rarely engages students in seeing or making relations among ideas, and reduces the challenge of learning to short-term memory, knowing lots, and regurgitating the deposits of teaching. They aim to replicate the society as it was rather than educate students to build their (and our) own futures. These schooling systems are developed more to sort, classify, and select than support learning and critique. (S. 151)
Hattie bezieht sich bei dem banking model ausdrücklich auf Paulo Freire und erwähnt ihn mehrmals in The Sequel.
Spannend daran ist, dass Hattie als Erziehungswissenschaftler, der mit seinem beispiellosen Meta-Projekt die Qualität des Unterrichts in einen Zusammenhang sieht mit den Grundhaltungen von Lehrkräften, mit der Struktur von Schule und schließlich auch mit der Struktur einer Gesellschaft, an dieser Stelle eine deutliche Kritik formuliert:
Es gibt eine ungenügende Haltung von Lehrerpersonen – mind frame –, die Unterricht als das Füllen von Kübeln oder das Einzahlen auf ein Bankkonto zu späterem Nutzen versteht. Auch das PISA-Testwesen schippere in diesem Fahrwasser, indem es das Verständnis von „Leistung“ und das Ziel von Unterricht auf Lesen, Rechnen und Naturwissenschaften verenge und nur die entsprechenden deposits honoriere.
Diesem mind frame wirft er vor, darauf zu zielen, dass die gegenwärtige Gesellschaftsstruktur immer wieder nachgebildet und eine zukunftsgemäße Neu- oder Umstrukturierung verhindert werde.
5.3 Wie fundamental ist das denn!
Aus der Tatsache, dass John Hattie diesen zentralen Gedanken von Paulo Freire ausführlich wiedergibt und so stehen lässt, darf man wohl schließen, dass er hinter dessen deutlicher Schul- und Gesellschaftskritik steht. Ich gebe die Passage aus dem Kapitel School and Society an dieser Stelle ungekürzt wieder und hebe Einzelnes hervor:
A fundamental Freirean notion is that learners must understand how the myths of dominant discourses are, precisely, myths that oppress and marginalize them – but which can be transcended through transformative action (…). Freire critiqued the then (and still) dominant model of schooling:
a “careful analysis of the teacher-student relationship at any level, inside or outside the school, reveals its fundamentally narrative character” (p. 72).
That is, the teacher narrates and the student is expected to listen.
“The teacher talks about reality as if it were motionless, static, compartmentalized, and predictable…. (The teachers) task is to ‘fill’ the students with the contents of his narration” (p. 71).
Education claimed Freire is suffering from narration sickness, and there is a dullness of words and a loss of their transforming power. Not surprisingly, students come to believe that learning is listening to these deposits from the bank of knowledge and ideas of others, which then need to be received, filed, stored – for the day someone checks the status of the bank account in each child’s mind. How accurate that is of too many current Western classrooms.
Some students, particularly those above average, prefer this form of teaching and enjoy building large banks of knowledge to be trotted out when needed. They are good at this game, they are the winners, and they want more of it. Some parents welcome teachers who bestow these gifts of knowledge deposits on their children, and many societies welcome this safe, nonchallenging, and manageable model. Countries with testing cultures love to eat facts for breakfast, dinner, and supper. Freire argued that such a model gives a low priority to developing critical consciousness and is the preferred model of the oppressors to preserve the status quo. (Perhaps it is not surprising that many countries do best on international tests of content that overemphasize content and reduce critiquing and relating ideas; see Zhao, 2014). (Hattie, The Sequel 150f)
5.4 These
John Hattie möchte, dass Lehrpersonen ihren Unterricht nicht als ein Füllen von Köpfen mit Wissen aus den drei Bereichen Lesen, Mathematik und Naturwissenschaften (miss-)verstehen, sondern als Anregung zur Auseinandersetzung unter gleichwertigen Partnern mit einem sehr breiten Spektrum an gegenwartswirksamen Inhalten. Realität wird von ihm im anschluss an P. Freire nicht als statischer Wissensinhalt verstanden, sondern als etwas von den Schüler:innen für ihre Zukunft Herzustellendes.
6 Der Blickwechsel
6.1 Die Selbstständigkeit der Schülerinnen und Schüler
Dass die Schülerinnen und Schüler in ihrem Lernen unabhängiger werden sollen von den Lehrkräften, ist keine neue Forderung. Interessant ist für Hattie die andere Seite der Fragestellung: Können denn die Lehrerinnen und Lehrer den Lernprozess überhaupt aus der Hand geben? Sehen sie ein, dass es wichtig ist? Können sie das mit ihrem Selbstverständnis zusammenbringen?
Hier zunächst einige Aussagen in The Sequel.
Schüler:innen wissen oft schon mehr als 50 Prozent des neuen Stoffes…
In most of the classrooms we have studied, each student already knows about 40–50% of what the teacher is teaching” (Nuthall, p. 24). S. 92
… und können sich sehr gut selbst beurteilen, was möglicherweise zahlreiche Tests überflüssig machen würde.
This shows a remarkably high level of predictability about achievement in the classroom (and should question the necessity of many tests when students already have much of the information the tests supposedly provide). S. 85
Viele Schüler:innen können gut zuhause lernen.
The COVID pandemic demonstrated to many students that they could achieve the same amount at home in far less time than they spend in school. (S. 164; ähnlich S. 428 und 438)
Zugespitzt könnte man behaupten, diese Gedanken gehen in Richtung Entschulung der Schüler:innen, weil etliche von ihnen auch gut alleine zurechtkämen. Diese Idee führt Hattie aber nicht weiter aus, deshalb soll es so offen stehen bleiben.
6.2 Lehrer:innen werden zu Schüler:innen
Schon in seinem Buch Visible Learning stellte Hattie heraus, wie enorm wichtig es sei, dass Lehrpersonen das Lernen der Schülerinnen und Schüler aus deren Wahrnehmung heraus begreifen. In diesem Sinne müssen Lehrer:innen selbst zu Schüler:innen werden, damit sie verstehen, welche Zugänge die Lernenden auf das Neue haben und mit welchen Schwierigkeiten sie dabei eventuell kämpfen müssen. Oder wie Paulo Freire es ausdrückt:
… both are simultaniously teachers and students (P. Freire, S. 45)
In The Sequel stellt Hattie diesen Impuls bereits an den Anfang des Buches (Hervorhebung von mir):
The Visible Learning model is based on five premises: the why, how, what, the doing, and the evaluating: (1) Being clear about the purpose – e.g., teachers see learning through the eyes of the students, student become their own teachers, and teachers become their own students. (S. 43)
(S. 44)
Was also für Lehrer:innen ausgeschlossen ist, ist die alte grammar of schooling, nämlich den Unterricht einfach „abzuliefern“ und das Ankommen der Inhalte und deren Verarbeitung komplett in der Verantwortung der Schüler:innen zu sehen. Hattie drängt in The Sequel sehr darauf, den eigenen Unterrichtserfolg selbstkritisch zu evaluieren, am besten gemeinsam.
All actors (teachers, students, families, leaders) need to systematically and deliberately monitor and evaluate the impact of all the factors on the learning lives of the students. (S. 73)
Table 16.2 Changing the core questions about teaching and learning (S. 327)
Asking less | To |
About teaching | The impact of teaching |
How students engage in doing the work | How students think, know, and solve |
Impact of talking | Power of listening |
6.3 These
Hattie reduziert die Verantwortung für den Unterrichtserfolg für die (schlecht oder gut lernenden) Schüler:innen und verstärkt sie für die Lehrer:innen, die gemeinsam – und man möchte sagen: gefälligst – darauf zu achten haben, dass sie mit ihrem (schlechten oder guten) Unterrichten auch den Lernzuwachs bewirken, der angestrebt ist.
7 Gesamtfazit
John Hatties erstes großes Buch Visible Learning wurde sehr häufig auf das Schlagwort „Es kommt auf den Lehrer an“ verkürzt. Dass es auch in diesem Werk aus dem Jahr 2009 schon system- und gesellschaftskritische Passagen gab, haben viele Interessierte überlesen. Mein Fazit lautet auch nach der Lektüre dieses sehr umfassenden Werkes:
Es gibt Lehrpersonen und Schulstrukturen, denen es nicht schaden würde, sich von Hattie aufrütteln zu lassen.
8 Literaturhinweise:
(Literaturnachweise als Teile von Zitaten aus The Sequel werden hier nicht eigens aufgeführt.)
- Fleischmann, M., Hübner, N., Nagengast, B. & Trautwein, U. (2023). The dark side of detracking: Mixed-ability classrooms negatively affect the academic self-concept of students with low academic achievement. Learning and Instruction 86, 101753. doi:10.1016/j.learninstruc.2023.101753
- Freire, P. (2018). Pedagogy of the oppressed (50th Anniversary ed., M. Bergman Ramos, Trans.). Bloomsbury.
- Haushek, Eric A. & Wößmann, L. (2006). Does Educational Tracking Affect Performance and Inequality? Differences‐ in‐Differences Evidence Across Countries, The Economic Journal, Volume 116, Issue 510, March 2006, Pages C63–C76, https://doi.org/10.1111/j.1468-0297.2006.01076.x
- Hattie, J. (2010). Visible learning. A synthesis of over 800 meta-analyses relating to achievement (Reprinted.). London: Routledge.
- Hattie, J. & Yates, G. C. R. (2014). Visible learning and the science of how we learn (1. publ). London: Routledge.
- Hattie, J. (2023). Visible learning. The Sequel ; a synthesis of over 2,100 meta-analyses relating to achievement (First edition). Abingdon, Oxon: Routledge.
- Hattie, J. (2024). Interview mit der Augsburger Allgemeine, https://www.augsburger-allgemeine.de/panorama/interview-paedagogik-star-john-hattie-eltern-muessen-die-liebe-zum-lernen-wecken-id70622496.html
- Steffens, U. & Höfer, D. (2016). Lernen nach Hattie. Wie gelingt guter Unterricht? (1. Auflage). Weinheim: Beltz, J.
- (WDE) Hattie, J. (2016). What doesn’t work In education. The politics of distraction (Open ideas, Updated, January 2016). London [England]: Pearson; Canadian Electronic Library.
- (WBE) Hattie, J. (2016). What works best in education. The politics of collaborative expertise (Open ideas at Pearson). London [England]: Pearson; Canadian Electronic Library.
- Zhao, Y. (2014). Who’s afraid of the big bad dragon? Why China has the best (and worst) education system in the world. John Wiley & Sons.
- Zhao, Y. (2018). What works may hurt – Side effects in education. Teachers College Press.
Bitte nicht!
Was ich gern möchte, ist mit meiner BiMi nicht zu machen.
Von daher habe ich so langsam die Faxen dicke, sobald jemand um die Ecke kommt und Lehrkräften erzählen will, was sie machen müssten.
Zwei interessante Fragen wären für mich zu Hatties Kritik am Schulsystem zu klären.
1 Wo hat Hattie seine umfangreichen, praktischen Erfahrungen mit dem deutschen Schulsystem gesammelt?
Basis einer solchen Kritik kann ja wohl nur eine jahrelange, eingehende, persönliche Erfahrung sein.
Es sei denn man hat den Schneid solche Kritik aufgrund des Pipi Langstrumpfprinzips zu formulieren (Wir machen uns die Welt, widde, widde wie sie uns gefällt).
2 Wie sollten die Lösungsvorschläge (soweit überhaupt vorhanden) des Herrn Hattie denn umgesetzt werden.
Die faulen Lehrer sollten sich einfach mal selbst reflektieren und dann mal wieder eine Schippe voll drauf legen (Schlaf wird eh überbewertet)?
Die werden ja fast so gut bezahlt als hätten sie studiert! Hups, haben sie ja. Mist!!!
Oder sollten unsere freigiebigen Dienstherren etwa Geld in die Bildung investieren? Eher nicht, sonst würden die, die Aussagen von Hattie nicht so wohlwollend aufnehmen.
Aus prospektiven Längsschnittuntersuchungen im vorwiegend
englischsprachigen Raum.
Nach meiner praktischen Erfahrung habe ich jedes Recht, Kritik an Lehrkräften zu üben, da viele von ihnen in jeder Unterrichtsstunde Fehler machen – insbesondere durch fehlende Struktur und Systematik.
Wie kann es sein, dass ein Kind in einem Schuljahr zwei Jahre Latein im Homeschooling problemlos bewältigt und diese von der Schule verlange perfekte Leistungen erbringt, während es in einem Schuljahr in der Schule fast den Überblick verliert und Schwierigkeiten hat, Wichtiges von Unwichtigem zu trennen?
Nicht nur Kinder, sondern sogar Eltern und oft auch Nachhilfelehrer haben Schwierigkeiten, den Unterrichtswirrwarr und die Unterrichtslücken zu schließen.
Oh – die nehme ich gerne an.
Vor allem – fehlende Struktur!
Ich komme so mir nichts dir nichts mit ABs oder digital in die Klasse und wir brauchen alle einen Stift, da ich die Ergebnisse der letzten Stunde im Plenum (mal auch anders) besprechen möchte.
Sie ahnen sicher schon, woran das scheitert….
Ergebnisse liegen zu Hause….. kein Stift vorhanden, fünf waren nicht da, ABs nachverteilen, drei sind beim Sportturnier, einer beim Kieferorthopäden, vier finden den AB nicht, und die “Akteure” der gestrigen Stunde haben schon keine Erinnerung mehr an’s eigene Tun!
Alle müssen da abgeholt werden, wo sie stehen. Wir lassen nämlich niemanden zurück (und da wir nicht voran können, lassen wir alle zurück).
Und schon – Struktur dahin.
Wenn das nur bei mir so wäre, siehe meine ersten Sätze.
Von außen ist immer gut reden.
Egal, um welchen Unterricht, welches Fach es sich handelt – es ist MitMachUnterricht!
Stumme Impulse bleiben stumm.
Rollenspiele – neeee!
Gruppenarbeit – tolle Gemeinsamzeit.
Team-Arbeit – toll, ein anderer macht’s.
Zum Glück! gibt es auch andere Klassen, die erstaunlich! bei derselben Lehrkraft was lernen, mitarbeiten, voran kommen und – man glaubt es kaum – Struktur und Dpaß haben.
Von außen ist gut reden.
Ablenkung?
Andere Interessen – erste Liebe, Klassenclown ist lustig, will dazugehören…
Spaß nachholen (HO)
Ist im HO in der Regel nicht zu finden.
Unterrichtsausfall – Zettelwirtschaft, oft kein kontinuierliches Arbeiten möglich.
Chaos im Ranzen – ich kann nicht täglich zehn Ranzen ausleeren und die noch borhandenen Zettel in die richtigen Mappen sortieren lassen. Dazu fehlt mir die Zeit. Wir machen das freitags, damit die Woche gut starten kann.
Allerdings verlassen sich Schüler wie Eltern auf diese Extrastunde.
Damit die Woche gut starten kann … kann auch zu Hause sortiert werden. Man würde sigar Interesse an Kind und dessen Leben zeigen.
Wir reden hier von Klasse 8.
Nachhilfe – es ist immer einfacher, ABs zu “verlieren”, als sich den Aufgaben zu stellen.
Es ist leichter zu sagen, man habe kein Material für fie Bearbeitung bekommen, als sich den Aufgaben zu stellen.
Verd….noch mal! Das sind Kinder und Jugendliche!
Die meisten sind während der Stunde gedanklich beim Smartphone, YouTube, WoW, FN oder einem Infizierer, der unbedingt geguckt werden muss oder ihren eigenen Bloggs.
Übrigens – Kinder und Jugendliche kommen viel besser mit Struktur und Regeln klar, wenn es auch zu Hause welche gibt….
Das Gleiche passierte auch in Mathematik und Englisch. Das systematische und strukturierte Lernen fällt den Kindern so leicht, dass sie in der Lage sind, viel mehr in deutlich kürzerer Zeit zu verstehen und sich zu merken.
Und ich habe dabei auch noch nie Schüler gesehen oder gehabt, die aus Jux, Frust, Langeweile den strukturierten Unterricht verhaltensoriginell und zum Nachteil und Frust aller ein wenig auflockern.
Das …. ist gelogen.
Fehlen Struktur und ein systematischer Ansatz im Unterricht, verlieren viele Schüler schnell den Anschluss – und damit auch das Interesse, die Kraft und die Werkzeuge, um die entstandenen Unterrichtslücken selbstständig zu schließen. Das schaffen nur diejenigen, die reichlich private Unterstützung erhalten.
Wer diese Unterstützung nicht hat, hat Pech und wird oft als faul, als Teil einer „x-Generation“ oder als fehl am Platz abgestempelt.
Besonders schlimm ist es, wenn diese Abstempelung von den Lehrkräften selbst kommt – den Verantwortungsträgern für ihren Unterricht – was leider oft der Fall ist.
Bei uns wird niemand in der beschriebenen Form “abgestempelt”.
Was sollte das auch bringen ?
Jahrzehnte war alles ok. Vielleicht nicht gerecht, aber die Schüler kamen aus der Schule und kommen etwas. Nun wurde x-mal “verbessert” und die Schüler können rein fachlich nur noch einen kleinen Teil dessen, was ein Anhänger in den 80/90 Jahren konnte. Prozentrechnung? Überhaupt rechnen? Von Mathe möchte ich besser nicht sprechen. Geografie? Politik? Deutsch? Lesen? Rechtschreibung? Musik und Kunst? Sport? Allgemeinwissen? Disziplin und Durchhaltevermögen? Fruststationstoleranz?
Ja, Methode gab es damals nicht. Es wurde einfach Stoff vermittelt.
Aber war es so schlecht??
Heute geht es nicht um fachliche Inhalte, sondern um Kompetenzen und die Fähigkeit sich selbst Wissen anzueignen? Glaubt irgendein Lehrer, dass heute viele Schüler die Fähigkeit besitzen sich selbst Wissen oder irgeneine Kompetenz anzueignen? Ich nicht.
Das ist jetzt eine ernstgemeinte Frage von einem Elternteil: was hat sich denn am Gymnasium überhaupt verändert seit den 90er? Ich habe nur den Vergleich meine Schulzeit vs. die meines Kindes.
Da hat sich praktisch garnichts verändert. Neu sind Beamer und Laptop (kaum im Einsatz). Ansonsten hauptsächlich Frontalunterricht. Auch inhaltlich scheint es auf gleichem, wenn nicht höherem Niveau zu sein ( vor allem Englisch).
Was übersehe ich?
Die Grundschule hatte sich massiv verändert und sehr zum Vorteil aufgrund der Wochenpläne und des jahrgangübetgreifenden Konzepts. Auch inhaltlich viel höher angesetzt (Satzglieder in Kl. 4 vs. bei mir Kl.7).
Was sich geändert hat?
Erstens: die Anforderungen wurden signifikant abgesenkt – auch in Englisch. (Ja, viele Schüler können heute besser Englisch als Ihre und meine Generation. Aber wenn Sie sich die Erwartungshorizonte, Punktetabellen und Pflichtlektüren ansehen, dann merkt man schnell, was ich meine.)
Zweitens: “Frontalunterricht” im Sinne des dozierenden Lehrers gibt es deutlich seltener, wohl aber “lehrerzentrierten Unterricht”, was nicht das Gleiche ist.
Haben Sie eigene Kinder die ein Gymnasium in Bayern besuchen?? Ich habe 1991 Abitur gemacht. Ich bin, obwohl ich Lehrer (nur Mittelschule…) bin, kaum noch in der Lage die Probearbeiten meines Sohnes (10. Klasse) zu verstehen und schon gar nicht in der zur Verfügung stehenden Zeit zu bearbeiten…Auf diesem Niveau waren unsere Leistungsnachweise nicht!!! Hausaufgaben sind seit der 7. Klasse eher freiwillig, Studierfähigkeit und fehlerfreie Rechtschreibung wird seit der 5. Klasse vorausgesetzt…sonst hat Ihr Kind hier nichts zu suchen…Die Hälfte der Lehrer ist so mit sich und dem Stoff beschäftigt und damit anspruchsvolle Probearbeiten zu erstellen, die selten von den Klassenbesten bewältigt werden können, dass Sie die Schüler aus den Augen verlieren. Notenschlüssel…manchmal reichen auch 60% nicht für eine 4. Nur so kann man die Schüler auf das Abitur vorbereiten – Antwort des Rektors- auf meine Nachfrage ob denn nicht 50% reichen würden. Und dann reichen mal wieder 33% weil die Arbeit zu schwer war usw…Ich habe schon viele Entscheidungen bereut, aber meinem Sohn das zuzumuten war echt die bitterste Erfahrung. Ich bin gerne in die Schule gegangen und tue das heute noch…Das hat sich verändert und selten zum besseren.
Ein identisches Erlebnis bzgl. des Notenschlüssels hatte ich mit meinem Kind auch.
War allerdings kein Gymnasium in Bayern sondern eine Grundschule in S-H.
Da dachte ich auch, ich falle vom Glauben ab. Hatte deswegen auch halbwegs den Elternabend gesprengt.
Super!
Mit welcher Fragestellung haben Sie denn den Elternabend halbwegs gesprengt?
Übrigens – interessante Wortwahl. So friedfertig, interessiert und auf Augenhöhe…
Meine Fragestellung war wie ein strengerer Notenschlüssel an der Grundschule im Vergleich zu schulischen Abschlussprüfungen, IHK-Prüfungen und universitären Prüfungen zu rechtfertigen sei oder überhaupt begründet wird.
Mehr als Gestammel kam da leider nicht als Antwort. Sei eben so an der Schule.
… ein strengerer Notenschlüssel an der GS als bei anderen schulischen Abschlussprüfungen/IHK-Prüfungen/universitären Prüfungen? – Da hätte ich gern Belege. Obwohl… im Vergleich mit schulischen Abschlussprüfungen kann ich es mir mittlerweile auch ohne Belege vorstellen. Das spricht dann aber eher gegen das Niveau anderer schulischer Abschlussprüfungen! 🙂
Naja nun. Man wollte wohl einfach einmal den Hauch des Elitären spühren.
Wie ich schon sagte…eine tragfährige oder ünerzeugende Begründung gab es nicht.
Welche Belege genau brauchen Sie? Die üblichen Notenschlüssel könne Die wohl googeln, wenn Sie bisher nichts damit zu tun hatten.
Sie haben also bei der Elternversammlung einfach “einen rausgehauen”? Warum? Um bei den anderen Eltern zu punkten? Um den Lehrer zu “dissen”? Ganz großes Kino! Oder wollten Sie “nur” irgendwelche Vorteile für Ihr Kind rausholen?
Und wer wollte eigentlich “den Hauch des Elitären spüren”? Diesen Teil Ihres Kommentars verstehe ich gar nicht! Meinten Sie damit sich selbst?
“Warum?”
Weil ich ein Problem damit hatte, dass bei meinem Kind die Parameter der Leistungsbewertung im Vergleich zum Rest der Welt willkührlich verrschärft werden.
Vielleicht fallen Ihre Anverwandten wegen so eines Blödsinns einmal durch eine (lebensentscheidende) Prüfung oder so etwas und dann können wir uns noch einmal austauschen.
Ohhkaaay! Meine Fragen dazu:
P.S.: Es gab durchaus auch in meiner Familie (seltene) Fälle nichtbestandener Prüfungen, keine war ein Drama – dann musste man sich halt noch einmal auf den Hosenboden setzen und dann hats geklappt.
Also die Überprüfung des Hirntodes ist schon lebensentscheidend.
Also ist es besser, den Hirntod ohne “Parameter der Leistungsbewertung” festzustellen, nur nach….hmmm….”Kompetenzen”? 🙂
Echte Spü(h)rnase oder wollten Sie Elitäres sprühen?
100 % unseren Schüler und Eltern (Lehrer oder nicht Lehrer) haben heute das gleiche Problem.
“Notenschlüssel…manchmal reichen auch 60% nicht für eine 4. Nur so kann man die Schüler auf das Abitur vorbereiten – Antwort des Rektors- auf meine Nachfrage ob denn nicht 50% reichen würden. Und dann reichen mal wieder 33% weil die Arbeit zu schwer war usw…”
An der Tagesordnung bei uns.
Bei aller Liebe …..
Es ist heute verdammt viel schwerer, herauszufinden, was SuS tatsächlich können! U.a. deswegen gibt es auch mal bei 33% eine Vier.
Viele arbeiten nicht mit, haben aber viel Spaß in ihrer Lerngruppe.
Viele machen keine Hausaufgaben, profitieren aber auch nicht von denen, die sie machen, wenn der Inhalt im Unterricht besprochen wird.
Lernen ist immer noch! eine aktive Tätigkeit.
Ich gestalte die Arbeiten nach den Aufgaben, die im Unterricht behandelt wurden – also nach einem völlig neuen, revolutionären und absolut nicht vorhersehbarem Konzept.
Ich ändere nicht mal den Wortlaut der Aufgabenstellung.
Ergebnis – erschütternd (ich weiß auch nicht, warum ich immer wieder verzweifele, ist doch seit Jahren so.)
Transferaufgaben – da lachen ja die Hühner.
Um die Arbeit nicht noch mal schreiben lassen zu müssen (habe ich mehrfach tun müssen. Zwei Stunden Wiederholung, einige haben sich gehalten, kaum einer verbessert, einige sich verschlechtert), wird dann die Punktzahl runtergesetzt.
Was lernen die Schüler? Wenn bloß ordentlich viele nichts wissen/können, kriegen wir bessere Noten.
Tolles Konzept!
Inzwischen darf in der Regel bei mir jeder die Arbeit noch mal schreiben – zwei Wochen Zeit zum Lernen.
Viele machen das unvorbereitet und verschlechtern sich……
Noch Fragen?
Herr Hattie sagt bestimmt – pack dich an die eigene Nase. Das mache ich.
Und gebe die Lernverantwortung in die Hände der Schüler.
Denn: Lernen ist eine Aktivität! Das muss man m a c h e n und nicht nur wollen.
Euer Beitrag spiegelt die Frustration eines Lehrers wider, der sich mit den Herausforderungen des modernen Unterrichts auseinandersetzt, insbesondere mit der fehlenden Eigenverantwortung vieler Schüler und den Schwierigkeiten, Lernergebnisse objektiv zu messen. Tja, niemand hat behauptet, dass es leicht wird. Und damit meine ich für alle Seiten..
In Mathematik ist es beispielsweise schon seit der 8. Klasse zur Norm geworden, dass sich die Kinder 1-3 Lektionen vor einer Schulaufgabe (Klassenarbeit) selbstständig aneignen müssen.
Und übrigens: Jedes Mal, wenn meine Kinder an einem Wettbewerb teilnehmen, müssen wir sie dafür vollständig zu Hause vorbereiten. In anderen Ländern ist das nicht der Fall – dort erfolgt die Vorbereitung in der Schule. Hier hingegen wird gar nichts gemacht, nicht einmal eine Aufgabe. Deshalb nehmen sie nicht mehr teil. Es reicht einfach.
Welche Wettbewerbe meinen Sie? Meinen Sie so etwas wie Pisa/Vera oder eher Mathe/Physik-Olympiaden, Musik-Wettbewerbe, …?
Eigentlich alle, von Känguru bis zum Bolyai.
Musik Wettbewerbe sind im Bayern eine eigen Kategorie – Tönkunstler München. Die städtische Schulen haben damit nichts zu tun. Alles läuft in Eigenregie. Wie immer.
Der Kampf von Tonkünstlern in München um finanzielle Unterstützung für Wettbewerbe und Konzerte spiegelt heute eine größere Herausforderung wider, die viele Künstler und Kulturschaffende erleben. Trotz der zentralen Bedeutung von Musik und Kunst für die Gesellschaft wird die Finanzierung kultureller Projekte oft als zweitrangig behandelt.
Vielleicht sollten Sie Ihre Kinder auf eine Spezialschule schicken, die deren Begabungen entspricht. Ein “normaler” Lehrer einer “normalen” Schule kann nun mal nicht 25 und mehr Kinder auf sämtliche Wettbewerbe vorbereiten! Da erwarten Sie wirklich zu viel!
Willst du, dass deine Kinder an Wettbewerben teilnehmen oder wollen deine Kinder? Dann sollte klar sein wer sich für die Vorbereitung einsetzt.
Vielleicht tröstet es Sie: in BW ist es genauso.
Auch das mit den Bewertubgskriterien kann ich unterschreiben.
Dafür werden in BW weniger Arbeiten geschrieben als in BY. Gestresst und überarbeitet sind die Lehrer aber trotzdem. In den vielen Jahren, die wir Kinder am Gymnasium haben wurde nicht ein einziges Mal irgendein Buch zuende gelehrt. In den Sprachen schaffen sie max 3/5, in Mathe werden i.d.R. 1-2 Themenblöcke ausgelassen.
Dafür gibt es in den letzten Jahren einige Tage, an denen der Unterricht geplant zusätzlich ausfällt. Pädagogischer Tag, Lehrerausflug, gesundheitstag, 3 Tage wegen Abitur, Sprechtag.
Ja, das trifft zu, leider.
Monika BY, Einer, die Hoffnung stirbt zuletzt. —. Danke, danke, danke!!! So erleben wir es auch hier in Bayern.
“auf meine Nachfrage ob denn nicht 50% reichen würden”
Die einzelnen […] Leistungsnachweise sowie die gesamte während eines Schuljahres oder sonstigen Ausbildungsabschnitts in den einzelnen Fächern erbrachte Leistung werden nach folgenden Notenstufen bewertet: […] ausreichend = 4 (Leistung weist zwar Mängel auf, entspricht aber im Ganzen noch den Anforderungen)” (Art. 52 Abs. 2 BayEUG).
Man darf berechtigte Zweifel äúßern, dass 50 % noch irgendwie eine “Leistung” darstellt, die “im Ganzen noch den Anforderungen” entspricht.
“Und dann reichen mal wieder 33% weil die Arbeit zu schwer war usw…”
Okay, Konsistenz in diesen Angelegenheiten sollte schon gegeben sein.
Wenn wir ehrlich sind, entsprechen die Zeugnisnoten nicht ansatzweise ihrer Definition aus dem Schulgesetz. Ehrlicher wäre eine Absenkung um mindestens eine ganze Note, Ausnahme ist das seltene “sehr gut plus”, das wegen mit “sehr gut” bleiben darf.
Wenn wir jetzt die Gründe dafür abermals erläuterten, kämen (wie kürzlich) die ganzen Hysteriker auch wieder angeflogen und versuchten ihr derailment hier (es kann ja nicht sein, was – warum auch immer – nicht sein darf)… garantiert. ^^
Das streite ich nicht ab. Von den viel zu guten gegebenen Noten nehme ich mich auch nicht aus …
Dito.
Und neben den uns bekannten allg. Gründen etwas Persönliches über mich, was unsere üblichen Verdächtigen hier nie kognitiv verarbeitet bekämen (man darf auf die Reaktionen ‘gespannt’ sein): Ich bin diesbzgl. in natura auch viel mehr Rubeus Haggrid als Severus Snape. 😉
Das kann ich nicht bestätigen. Allein der workload an Vokabeln hat sich massiv erhöht seit meiner Zeitt. Ich kann mich nicht an 25 neue Vokabeln pro Woche erinnern. In der 5. Kl. wurde erwartet, dass man schon kurze Texte schreiben kann, weil man schon Englisch in der Grundschule hatte. Aber die haben wegen Corona nur wenig gemacht wie Körperteile oder Tiere…dumm gelaufen für meine Tochter.
25 ist noch eine nette Zahl. Bei uns ist keine Seltenheit bis 40, einmal auch 60, plus natürlich Fundamentum-Blätter ohne Ende (6 Stück) in einer Woche.
“In der 5. Kl. wurde erwartet, dass man schon kurze Texte schreiben kann, weil man schon Englisch in der Grundschule hatte.”
In der 6. Kl. die letzte SA in Englisch, 250 Wörter, Mediation mit ganz bestimmten Regeln, eine ganze Liste haben die Kinder bekommen.
Nein.
Nach Monika (weiter oben) sind die Lehrpläne zu voll, der Druck zu groß.
Ich hingegen sehe das wie Sie.
Klassenarbeiten, die ich mal in Sechs habe schreiben lassen, kriegen die Achtklässler nicht hin.
Texte dürfen nicht mehr so lang sein. Viele Kurzgeschichten sind es bereits. Inhaltliches Erfassen – graue Haare ohne Ende!
Arbeite an einer GemS.
Meine Schüler von früher, deren Kids ich jetzt teilweise unterrichte, fallen von einer Ohnmacht in die andere.
Abschlussarbeiten auf ESA haben wir – mit Interpretation! in der damaligen Hauptschule gemacht – auf HS-Niveau natürlich.
Die Realschulschüler können es auch nicht fassen. Drei Vokabeln die Woche (übertrieben zur Demonstration). 15 pro Tag. Und die wurden im Unterricht besprochen und zu Hause aufgeschrieben und gelernt.
Es wird immer mehr – ich vermute inzwischen sogar zuviel – vorentlastet.
Wir sind sehr beim Fördern. Das Fordern bleibt zu oft auf der Strecke.
Das ist interessant, weil bei uns Texte sehr lang sind und für einen Aufsatz sogar 6–7 Quellen verwendet werden müssen. Das widerspricht Ihrer vorherigen Beobachtung, dass Texte und Aufgabenstellungen oft zu stark vereinfacht werden. Offensichtlich eine unterschiedliche Praxis je nach Schule, Lehrkraft oder Bundesland?
Wochenpläne sind meiner Meinung nach mit Vorsicht zu genießen. Wenn sie tatsächlich etwas bringen und nicht nur Augenwischerei sein sollen, sind Lehrer vom nötigen Aufwand an Zeit und Arbeit (Vorbereitung, Kontrolle, Korrektur und Nachbereitung) heillos überfordert. Ich jedenfalls war es nach bereits 2 Wochen und hätte nur mit erheblicher Nachlässigkeit fortfahren und die Aufgaben als ehrlich erledigt betrachten können.
Endlich mal jemand, der ehrlich ist.
Das sind hier sehr viele – offen und ehrlich.
Und dann kommt oft wieder einer der Sprüche mit den fS…., vormittags und nachmittags…
Ich habe mit Lernwerkstätten nach Beatenberg gearbeitet – in nur einer Klasse, aber in sieben Fächern. Es ist nicht zu schaffen. Die Materialien (natürlich alle selbst erstellt – wäre ja eine Zumutung, fertiges Material zu erwarten (und das machen a l l e so) müssen perfekt sein, mit Hilfen und Lernhinweisen zur selbstständigen Erarbeitung und natürlich mit Lösungen, mindestens in einer Dreierdifferenzierung). Und parallel zur Kontrolle – nächste perfekte Vorbereitung.
Auf dem Berg blieb kaum jemand lange – nicht dauerhaft zu schaffen.
Die Kids brauchen ja auch nicht nur einen kontrollierten AB, sie brauchen auch (pfui Teufel! Wiederholungen) und Ansprache.
Kommt hierbei in der Regel zu kurz.
Danke, offene Lernmethoden schneiden bei Hattie schlecht ab.
Das kann ich natürlich nur schwer beurteilen, aber in der ehemaligen Grundschule meiner Tochter klappt das sehr gut. Sie haben immer überdurchschnittliche Ergebnisse. In Deutsch und Mathe war sie auch bestens auf Gym. vorbereitet.
Ich habe mal einen Tag lang hospitiert und war total beeindruckt wie gut die Kids das hinbekommen haben und wie ruhig es gleichzeitig war.
“Was übersehe ich?”
“Heute geht es nicht um fachliche Inhalte, sondern um Kompetenzen und die Fähigkeit sich selbst Wissen anzueignen? Glaubt irgendein Lehrer, dass heute viele Schüler die Fähigkeit besitzen sich selbst Wissen oder irgeneine Kompetenz anzueignen?”
Genau das hat sich verändert.
Schüler müssen nicht nur Fakten lernen, sondern auch analytische und interdisziplinäre Fähigkeiten entwickeln und zwar alleine.
Frontalunterricht gibt es bei uns schon längst nicht, überhaupt nicht.
DAS ist doch dann die beste Schule ever!
Selbstständiges Arbeiten, kommunikative Lernformen…. Geht fast nicht besser.
Ironie? Bin mir nicht sicher…
Genau.
Und ander Uni klagen Profs und Mitarbeiter darüber, dass Studis nichts mehr können. Die Ausbilder in den Betrieben klagen genauso über ungenügende Fähigkeiten.
Was läuft also falsch?
Etwas läuft bestimmt falsch. Ich bekomme auch Rückmeldungen von Universitätsdozenten und Professoren, dass junge Menschen mit einem unterdurchschnittlichen Niveau in z.B. Englisch an die Universität kommen.
Falsch ist dieses selbstorientierte Lernen im Unterricht, würde ich sagen. Die Kinder brauchen Leitung, Struktur und Systematik.
Die moderne Lehrmethoden sind nicht ausreichend ausgearbeitet.
Die Anzahl der jungen Menschen, die studieren ist nicht gestiegen, weil alle wirklich schlauer sind, sondern weil die Voraussetzungen in eine Oberstufe zu kommen, nicht mehr sind wie vor einiger Zeit noch.
Da ich jedes Jahr mitkriege, wie Noten umgerechnet werden (DER Nachteil an unserem integrativen Schulsystem in SH), weiß ich, wovon ich spreche.
Ich korrigiere gerade Vorabi und mir stehen bei einigen Texten sowas von die Haare zu Berge. Leider sind nicht alle Kolleg*innen so ehrlich wie ich. Da kriegen Kids mit eindeutig begrenztem Intellekt noch immer mind. ihre 05 Punkte. Und niemand will verantwortlich dafür sein, dass ein*e Schüler*in nachher nicht das Abi kriegt. Bei uns ist die Ansage immer, dass man all diese jungen Leute ja gar nicht erst in die Oberstufe hätte versetzen sollen. Gerade junge Kolleg*innen lassen sich davon beeindrucken und geben dann bessere Noten. Auch bei den Abitur-Prüfungen kommt das dann wieder zum Tragen.
Dabei ist das Problem in SH, dass das mittlere Leistungsniveau einfach umgerechnet wird, obwohl das nicht angemessen ist. Wer eine Drei auf dem mittleren Niveau hat, kriegt automatisch eine Vier (die ja reicht) auf dem höchsten Niveau. Und das wird den Leistungen nicht gerecht. Man müsste also sämtlichen Schüler*innen, die nicht oberstufentauglich sind, eine Vier auf dem mittleren Niveau geben, damit sie nicht dort landen. Das hieße aber, dass es nur noch ausreichende Leistungen auf dem mittleren Niveau gäbe, was auch nicht den Tatsachen entspräche. …
Und so kommt es dann, dass immer mehr Kids, die nicht den Ansprüchen genügen, plötzlich ein Studium beginnen. Sie haben ja das Abitur bestanden.
Wer sich auskennt, versteht, was ich meine.
Andere denken natürlich, dass es nie nich an dat Denkvermögen der Kinners liegen tut.
Interessant in diesem Zusammenhang: ein Blick auf den PISA-Aufsteiger England und die dahinter stehende Bildungsreform
https://youtu.be/BDmifQxPXfc?si=OrZE8QV4WDtKp8Pt
Das kann ich nicht bestätigen. Mir scheint es so, als ginge es nur noch um Fakten auswendig lernen. Analytisch ist nur Deutsch, interdisziplinäre Fähigkeiten werden weder gefördert, noch verlangt, auch wenn das für die Zukunft wichtig wäre.
Frontalunterricht ist der Standard, nur selten gibt es mal Gruppenarbeiten o.ä. Lernen lernen gab es in der 5. Mal in 2 Unterrichtseinheiten und das war es. Also alles recht zukunftsfern. Und das ist ein Gym. mit vermeintlich gutem Ruf und hohem Anspruch….
Bei uns gibt es keine Fakten mehr, nur Stichpunkte, und den Rest sollen sich die Kinder selbst erarbeiten.
Um Analysen betreiben zu können, braucht es Fachwissen.
Das muss man tatsächlich lernen.
Oder möchten Sie einen Arzt haben, der immer googlen muss?
So lächerlich es auch klingt, ja, tatsächlich googeln meine Ärzte, um MEINE Diagnose zu bestätigen. Sie schauen mich an, als wäre ich von Geistern besessen. Und sie kommen zum gleichen Ergebnis. Zuerst haben sie es nicht geglaubt. Trotzdem habe ich sie dazu ermutigt, weil sie immer nur eine ungefähre Diagnose stellen. Und es kann sich um ernsthafte Dinge handeln, wie Thrombose oder Ähnliches. Und dafür hat doch niemand Zeit, abzuwarten, oder? Ihr Staunen war gleichzeitig ernsthaft und zum Lachen.
Wie auch immer, meine Frage geht in die Richtung: Wie konnte es überhaupt dazu kommen, dass Ärzte so langsam und ungenau arbeiten, obwohl sie genau wissen, dass bei manchen Diagnosen Zeit entscheidend ist?
Fokus auf Fakten statt auf praktische Anwendungen wäre eine Möglichkeit.
Das liegt daran, dass Gymnasiallehrer es sich leisten können, nichts zu verändern. Schließlich können sie damit indirekt “drohen”; wer sich nicht selber hilft, darf zur nächst unteren Schulform abwandern. Und am Ende dieses Prozesses stehen dann Hauptschule und Gesamtschule. Dort können Lehrer nicht abschieben und müssen selber viel mitleisten, damit überhaupt noch etwas bei den SuS passiert.
Im außerschulischen Kontext sind Kinder durchaus in der Lage, sich Dinge selbst anzueignen, insbesondere in den Bereichen “Umgang mit dem Smartphone” und “Videospiele” . Das meine ich keinesfalls despektierlich. Aber Schule muss eben die andere Seite der Waagschale befüllen und zeigen, was es sonst noch so gibt. Schule kann und darf dabei ebenfalls zeigen, dass nicht alles im Leben Spaß machen muss, dass sich nicht immer alles um das Kind und seine gerade aktuellen Bedürfnisse dreht und was es heißt, Misserfolge einzufahren.
Wozu soll Wischen-auf-Display nützlich sein?
Ich kenne persönlich einige junge Menschen, die sehr gut Englisch verstehen und sprechen, weil sie auf ihren Smartphones englische Inhalte lesen und hören, für die sie sich interessieren. Sie lesen auch auf dem Smartphone nach, wenn sie etwas nicht wissen und es verstehen wollen. Sie vertiefen dieses Wissen bei Interesse auch dadurch, dass sie unterschiedliche Quellen aufrufen und dadurch rasch mehr wissen, als ich es vor Jahrzehnten in der Bibliothek geschafft habe.
Ich selbst mache es übrigens heute genauso.
Das hat schon ein bisschen mit Wischen zu tun, aber nicht nur.
Niemand bezweifelt, dass es solche Schüler*innen gibt. Ich lasse meine Schülys auch das Smartphone nutzen, um z.B. Vokabeln oder bestimmte Sachverhalte nachzuschlagen. Unsere Lernplattform in SH (itslearning), auf welche die Kids natürlich auch per Smartphone oder auch Tablet zugreifen, bietet auch diverse Möglichkeiten, die man im Unterricht einsetzen kann.
Nichtsdestoweniger ist festzustellen, dass viele Kids einerseits wirklich nur wischen können, obwohl man ca. 100x mit ihnen geübt hat, wie man etwas findet, wie und wo man etwas eingeben muss, damit man auch dort landet, wo man landen will/soll (Wie schwierig es für die ist, Zahlen, Sonderzeichen und Buchstaben richtig einzugeben, hätte ich nie für möglich gehalten.).
Andererseits gibt es diverse Kids, die jede Möglichkeit nutzen, mit ihrem Gerät/Schulgerät nicht das zu tun, was sie sollen. So schnell kann man gar nicht gucken. Einmal weggedreht, …
Es könnte alles so einfach sein, ist es aber nicht …
So ist es.
Wir haben in einem unserer PC-Räume (Plural!) die Möglichkeit, die Monitore der Schülys zu “überwachen” und ggf. kurzfristig zu sperren.
Jagt den “Ertappten” kurzfristig einen Schreck ein.
An allen anderen Geräten funktioniert das nicht und im Nachhinein betrachtet, haben sieben von 25 die Stunde gut genutzt.
Das private Spielgerät bleibt auch beim Recherchieren in der Schule ein Spielgerät.
Zumindest bei seeeehr vielen.
Schlechtes Beispiel, denn junge Menschen, die das machen, werden auch problemlos durch die Schule gehen.
Doch was ist mit all den anderen?
Dank TicToc werden die Kinder ohne eine Anleitung und kritische Einweisung dem Einfluss der Algorithmen folgend letztendlich indoktriniert, so diese auf Propagandaseiten stoßen und diesen weiter folgen.
Sie vertiefen damit überhaupt nicht, tut mir leid. Eine Sache ist es, Vokabeln zu lernen und den Sinn eines Textes zu erfassen, und eine ganz andere, eine vollständige Analyse eines literarischen oder sachlichen Textes auf zwei Seiten durchzuführen. Das ist eine völlig falsche Annahme. Ich kenne auch viele Kinder und Eltern, die unterschiedliche Erfahrungen machen. Einige arbeiten sehr hart, andere nehmen Nachhilfe. Wieder andere geben irgendwann auf, obwohl sie kompetent sind. Aber diesen Wahnsinn, der derzeit durch die Schulen zieht, halten nur die ganz Harten oder die ganz Reichen aus.
Und das ist kein Sinn der Bildung. Oder?
Was ein Quatsch. Demnach hätten auch nur “Reiche” und die “Harten” einen Schulabschluss. Ein Großteil der mir bekannten Schüler lernt einfach und macht Hausaufgaben. Keine Nachhilfe, kein stundenlanges Nacharbeiten und kein Aufgeben. Ein regelmäßiger Schulbesuch und den Anweisungen der Lehrkräfte folgen hat gereicht.
Vielleicht ist Ihr Kind mit der derzeitigen Schulart überfordert?
Der Wahnsinn zieht nicht durch die Schulen. Ich erlebe es immer wieder, dass Kinder von den Eltern aufs Gym geschickt werden, die absolut dafür nicht geeignet sind. Das ist Wahnsinn. Vielleicht einfach eine passende Schulform wählen.
Wie kann es dann sein, dass zuletzt sehr viele 1,0er Abiture zustande kamen?
Das traurige Zauberwort ist doch “einige”.
“[…] und ‘Videospiele'”
Bei allem außer Sportspielen zieh ich meine Schüler immer noch ab. 😉
Aber ernsthaft: Wir sollten den umgang mit der Kulturtechnik ‘Videospiel’ nicht all zu negativ gegenüberstehen, im Gegenteil.
Nein, wir sollten unseren Kinder den Zeitaufwand für
deren Videospiele massiv einschränken, aber gleichzeitig
sollten wir hier weitere Videospiele für den politischen
Systemgegner weiterentwickeln.
Aaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaahjaaa………
Das kleine Unterbewusstsein ist aktiv geworden.
Und es hat die Kontrolle übernommen.
China blockiert allerdings Einflussnahmen von außen.
sooooooooooooooooooooooosooooooooooooooooo
“Umgang mit dem Smartphone” und “Videospiele” sind auf gar keinen Fall mit der 10 oder 15 Fächer auch MINT Fächer wöchentlich vergleichbar, die sich Kinder alleine aneignen müssen!
Sie klingen Rudiger genau wie diese Lehrer, die nur in die Schule kommen, um ihren Lohn abzuholen. Den Rest sollen sich die Kinder alles alleine beibringen.
Diesen Unsinn verbreiten sie inzwischen in mehreren Diskussionen hier. Und ich bin immer noch kein Lehrer, sondern Sozialarbeiter.
Oh, ich brauche gar nicht in die Schule zu gehen, um meinen Lohn abzuholen.
Aus zwei Gründen:
a) wird überwiesen
b) verbeamtet (also voller Lohn – hier heißt
es “Gehalt” – über sechs Wochen hinaus)
Ich gehe da aus anderen Gründen hin.
Vielleicht erliegen manche der Illusion, dass gemeinsam nichts können besonders “gerecht” ist.
“Jahrzehnte war alles ok.”
Jahrzehnte passierte zu wenig, Mütter und Lehrkräfte kompensierten nicht selten
Kommt drauf an, welche Jahrzehnte man betrachtet!
Welche Jahrzehnte meinen Sie?
Ich bezweifel, dass die kostenlose Nachhilfe der Mütter bzw. außerordentlicher Einsatz von Lehrkräften in dieser Zeit besser angerechnet wurde =/
Nö, früher machten die meisten Schüler noch selbständig ihre Hausaufgaben! Die Mütter oder Väter achteten nur darauf, dass die Aufgaben erledigt wurden und gaben nur ab und zu mal Hilfestellung, nix Nachhilfe! (zumindest im Osten, wo der Großteil der Mütter auch damals schon meist voll berufstätig waren, Ganztagsschulen gab es keine (ich kenne jedenfalls keine) und Hortbetreuung gab es nur bis zur 4. Klasse (danach “Schlüsselkinder”). Hausaufgaben wurden in der Schule nachbesprochen und hatten viele Schüler Probleme mit den Aufgaben, wurden diese noch einmal im nachfolgenden Unterricht geklärt. So kenne ich es jedenfalls. In der Regel waren HA Übungsaufgaben zu vorher behandeltem Unterrichtsstoff.
Wie war es eigentlich bei Ihnen früher? Hat Ihre Mutter immer mit Ihnen die Hausaufgaben gemacht oder hatten Sie einen Nachhilfelehrer oder doch selbständig?
“Nö, früher machten die meisten Schüler noch selbständig ihre Hausaufgaben! Die Mütter oder Väter achteten nur darauf, dass die Aufgaben erledigt wurden und gaben nur ab und zu mal Hilfestellung, nix Nachhilfe!”
Sie haben doch schon eine Wahrheit gefunden, warum mich noch fragen? 😉
Dann verstehe ich Ihren folgenden Kommentar nicht:
“Ich bezweifel, dass die kostenlose Nachhilfe der Mütter bzw. außerordentlicher Einsatz von Lehrkräften in dieser Zeit besser angerechnet wurde =/
Das war ja noch VOR Ihrer Feststellung, wie nahtlos unproblematisch es bei allen Familien war. 😉
Danke!
Es gab sehr wohl Methodik und Didaktik. Zumindest ab den Achtzigern (meine Ausbildung)
Na dann wähle doch Merz und Söder und schau was du davon hast. Früher war alles besser und man muss nur wieder so sein wie damals… Gääähn
Der eine kommt dann ins Kanzleramt, der andere in die Charts:)
Thermometer zur berührungslosen Temperaturmessung: Kontakt mit dem Erkrankten wird sicher vermieden.
Ehrlichgesagt spricht sich Hattie oft und ausgiebig für Entlastungen der Lehrkräfte ab.
Allerdings spricht er von seinem Feld und seinen Ergebnissen ausgehend, daher dürften nicht alle darüber begeistert sein
“Was also für Lehrer:innen ausgeschlossen ist, ist die alte grammar of schooling, nämlich den Unterricht einfach „abzuliefern“ und das Ankommen der Inhalte und deren Verarbeitung komplett in der Verantwortung der Schüler:innen zu sehen.”
“Ausgeschlossen” ist es nun leider nicht sondern die tägliche Erscheinung.
Gleichwohl gehört diese Friss-oder-stirb-Mentalität auf den Müllhaufen.
Da, wo ich unterrichte, ist es nicht so, dass wir Lehrkräfte uns keine Mühe dabei geben, den Kids dabei zu helfen, Inhalte zu verstehen und zu ihrem Nutzen zu verwenden.
Ihre Kenntnisse deutsche Schulen betreffend stammen wohl genauso wie die Hatties aus irgendeinem Paralleluniversum.
Es mag Lehrpersonen geben, die das so sehen, aber ich selbst kennen nicht eine einzige. Und ich kenne sehr viele.
“…aber ich selbst kennen nicht eine einzige.”
Sie kennen vielleicht keine, die das so sagt.
Ich jedenfalls hatte einige davon in meiner eigenen Schullaufbahn.
Wenn man die Kommentare hier so verfolgt und unterstellt, dass sie der Wahrheit entsprechen, dann laufen auch hier genug davon herum.
In wie vielen Unterrichtseinheiten hospitieren Sie denn so, um überprüfen zu können, ob das, was Lehrpersonen so sagen tatsächlich in Einklang mit dem steht, was sie tatsächlich machen?
Selbstwahrnehmung vs. Fremdwahrnehmung. Das ist bei Lehrpersonen sowieso eine neverending story.
Ich habe jobbedingt in sehr vielen Unterrichtseinheiten gesessen und was ich da gesehen und erlebt habe war, vorsichtig ausgedrückt, vielfach nicht überwältigend.
Ich hatte auch jobbedingt sehr viele “Schulversager” vor mir, bei denen sich herausstellte, dass sie absolut keine “Versager” waren und sind.
Das ist natürlich alles nur anekdotisch. Aber der Metastudienauswerter kommt da wohl zu ähnlichen Erkenntnissen, wenn ich es richtig verstehe.
Ich hatte einige Schüler, die absolut nicht in die Schule passten.
(Wir erwarten ja von ESAlern, dass sie sich freudig auf die theoretischen Aufgaben von MSAlern stürzen und wissen sehr wohl, dass die Interessen oftmals eher in der Praxis denn in der Theorie zu finden sind….. etwas Ironie ist drin).
Die kamen einfach nicht klar (lag natürlich nur an uns, nicht am System).
Kaum durften sie (wer das wohl mit biel Absprache und Anträgen angeregt hat?!) einen Tag in der Woche handwerklich arbeiten, hatten wir deutlich zufriedenere Schüler.
Diese wechselten dann an eine andere Schule, die deutlich weniger Papier-sprich-reine-Kopfarbeit verlangte.
Diese bauen und schrauben uns mit links alles zusammen, was wir brauchen und haben sich im Praktischen als sehr kompetent erwiesen.
Parallel dazu haben sie ein “Kopfwissen”, dass die sich durch ihre tägliche Arbeit angeeignet haben.
Das konnten wir ihnen nicht bieten.
Hätten wir aber können sollen.
Und hier geht es doch schon los – wir sehen, wissen und können nicht.
“wissen sehr wohl, dass die Interessen oftmals eher in der Praxis denn in der Theorie zu finden sind”
Wer ist wir? Die Mehrheit hier weiß das nicht.
Und um Gottes Willen…versteigern Sie sich bloß nicht zu Aussagen, dass Kinder und Jugendliche durchaus intrinsische motiviert sind und dass deren Talente in der Schule nicht ausreichend kultiviert werden oder es auch nur irgendwie $aum für deren Talente gibt und dass das am System liegen könnte, das hier sehr gerne mit masochistischem Eifer verteidigt wird.
“Diese bauen und schrauben uns mit links alles zusammen, was wir brauchen und haben sich im Praktischen als sehr kompetent erwiesen.
Parallel dazu haben sie ein “Kopfwissen”, dass die sich durch ihre tägliche Arbeit angeeignet haben.
Das konnten wir ihnen nicht bieten.”
Oha, ganz dünnes Eis. Sie wollen doch nicht etwa behaupten, dass Schule nicht auf die Bedürfnisse von Schülern ausgerichtet ist und noch schlimmer, dass sich vermeintlich nicht curriculare Inhalte und Tätigkeiten positiv auf Entwicklung und Leistungsfähigkeit auswirken.
Sie scheinen hier neu zu sein. Seien Sie vorsichtig mit derart häretischen Aussagen.
Wir haben Klimawandel. Nichts mit Eis
Danke für die Warnung
Meinen Sie, die Glorreichen lesen mit? Oder lassen lesen?
Ich glaube, wir verstehen uns!
Ist nicht das Konzept des selbstbestimmten Lernens nicht grundsätzlich mit der Eigenverantwortung der Schüler verbunden oder können die Schüler selbst bestimmen, aber der Lehrer, Verzeihung: Lernbegleiter, hat die Verantwortung?
Verantwortung bedingt Entscheidung und noch weitergehend Wahlfreiheit.
Wer entscheidet oder bestimmt denn was? Wer hat die freie Wahl wofür?
(Jetzt wird’s aber philosophisch…)
Hat jemand die freie Wahl, zur Schule zu gehen?
Nun, die erste Zeit nicht Wir haben die Schulpflicht. Will jemand ernsthaft daran etwas ändern? Und würde man dann nicht eher den freien Willen des Betroffenen mit dem Willen der Erziehungsberechtigten verwechseln?
Hat jemand die freie Wahl, etwas zu lernen (oder eben nicht)? Tatsächlich ja.
Hat er trotzdem die freie Wahl, eine Schule seiner Wahl zu besuchen (und dort ggfs Sand im Getriebe zu spielen)? Warum sollte er?
Und warum wird das von manchen als “Gerechtigkeit” bezeichnet?
Auch das fussballbegeisterte Kind darf nicht automatisch beim FC Bayern trainieren. Und die Hochschule für Kunst, Sport,Tanz, Musik (beliebig fortführbar) nimmt selbstverständlich nicht jeden Bewerber. Alles so ungerecht!?
Zudem unterliegt z.B. die Schulwahl auch noch ganz banalen Kriterien, wie Verfügbarkeit, Erreichbarkeit, Schulweg, öffentlicher Nahverkehr….
Frei nach einem Lehrer von mir: “Das Leben ist eines der ungerechtesten.”
“Will jemand ernsthaft daran etwas ändern?”
Ich ging nicht darauf ein, wer etwas an der Schulpflicht ändern will oder wieso sondern wer wofür Verantwortung trägt, weil der Begriff Verantwortung, völlig sorglos, hier eingebracht wurde.
“(Jetzt wird’s aber philosophisch…)”
Ja, das ist philosophisch, um genau zu sein moralphilosophisch und die Quintessenz der Moralphilosophie ist: Verantwortung bedingt Entscheidung.
“Und würde man dann nicht eher den freien Willen des Betroffenen mit dem Willen der Erziehungsberechtigten verwechseln?”
Würde man nicht. Man tut aber immer so.
Um Ihren Beitrag zu kondensieren und den Fehler aufzuzeigen:
Sie unterstellen eine Wahlfreiheit, wo keine ist und Sie verwechseln eine vorsortierte Entscheidungsmöglichkeit mit Wahlfreiheit.
Nein.
Wo unterstelle ich eine Wahlfreiheit, die keine ist? Und wo verwechsele ich eine vorsortierte Entscheidungsmöglichkeit mit Wahlfreiheit?
Um es klar auszudrücken: Ich bin nicht für absolute (!) Wahlfreiheit. Warum auch? Der Mensch ist ein soziales Wesen und interagiert in einer Gesellschaft. Die persönliche “Wahl” ist nicht das Maß aller Dinge, weil sie notwendigerweise immer kollidiert mit der “Wahl” anderer, die ja genauso berechtigt ist.
Und wir reden hier zudem über Kinder und Heranwachsende! Denen die volle Verantwortung für ihr Handeln aufzubürden, halte ich für grob fahrlässig. Und so super bequem außerdem, besonders, wenn man sich auch noch generös dabei vorkommen kann.
Ich gehe mit meinem Kind zu Vorsorgeuntersuchung, auch wenn es sich dagegen sträubt. Genauso schicke ich mein Kind in die Schule, auch wenn es sagt, dass alles da sch*e ist.
Ich habe nirgendwo dafür plädiert, dass Kinder eine absolute Wahlfreiheit haben sollten.
Ich verwahren mich dagegen, dass man Kindern die Verantwortung für Entscheidungen, die andere getroffen haben, zuschiebt.
Das würden Sie sich selbst auch verbitten.
Und noch einmal: Verantwortung bedingt Entscheidung.
Ich habe etwas vorschnell geantwortet und möchte noch ergänzen:
“Hat jemand die freie Wahl, etwas zu lernen (oder eben nicht)? Tatsächlich ja.”
Wir reden hier über den Kontext Schule, nicht wahr?
Lehrplan? Stundenplan? Lehrer, der das Thema vorgibt und auch sonst alles?
“Hat er trotzdem die freie Wahl, eine Schule seiner Wahl zu besuchen (und dort ggfs Sand im Getriebe zu spielen)? ”
Sonderbare Haltung für jemanden, dem Menschen und Kinderseelen am Herzen liegen sollten.
Beamtenpensionen sind für mich und gesamthaushalterisch eine ganze Wüste im Getriebe, just saying.
Schulpflicht:
“Nun, die erste Zeit nicht”
Sind je nach Landesgesetz, Berufsschulpflicht eingeschlossen irgendwie zwölf Jahre. Nicht gerade eine kurze Zeit der Unfreiheit.
“Zudem unterliegt z.B. die Schulwahl(…)”
Wer trifft die Wahl und wer trägt dafür die Verantwortung?
Mit geht es nicht so sehr um Haarspalterei. Aber bevor man den Begriff Verantwortung in Bezug auf Kinder und Schüler bemüht, sollte man schon einmal mindestens drei Hirnzellen zusammenschalten und unter Strom setzen.
Verantwortung tragen regelmäßig alle Anderen, aber nicht Kinder und noch nicht einmal Jugendliche.
“Lehrplan? Stundenplan? Lehrer, der das Thema vorgibt und auch sonst alles?”
Und es kam die Zeit, da wurde man nicht gewahr des Unterschiedes zwischen bloßer verpflichtender Präsenz und der Wahrnehmung eines Lehrangebots!
“Sonderbare Haltung für jemanden, dem Menschen und Kinderseelen am Herzen liegen sollten”
Ecce! So regnete es ob dieser Feststellung dann Haltung statt Argumenten und im Schauer vernahm man die Worte der Prophetin Maude Flanders erschallen…
“Beamtenpensionen sind für mich und gesamthaushalterisch eine ganze Wüste im Getriebe, just saying.”
Und es folgten Äpfel und Birnen!
Du, der du siehst, begreife: Dies war die Plage des Whataboutism, die das Land befiel!
🙂 Ich dachte, Sie sind nicht religiös, aber Sie können auch “Prediger” und nicht nur Harald Lesch. Ich muss schon sagen, Sie sind immer für eine Überraschung gut. Danke für die Abwechslung !
Amen! 😉
Was wird er wohl erhalten – für seinen zeitlichen Aufwand.
“Gottes Segen”?
“Verantwortung tragen regelmäßig alle Anderen, aber nicht Kinder und noch nicht einmal Jugendliche.”
Ähm – doch!
Und Kinder wie Jugendliche müssen tatsächlich lernen, Verantwortung zu übernehmen. Oder sollen alle in die Politik? (Das konnte ich mir nicht verkneifen.)
Verantwortungsvoller Umgang mit Geld, Drogen, Mitmenschen, sich selber, dem Hund, dem eigenen Handeln,…, einen Mietvertrag unterschreiben, pünktlich zur Arbeit zu erscheinen, nüchtern zur Arbeit zu erscheinen, überhaupt zur Arbeit zu erscheinen, nicht alkoholisiert/zugedröhnt Auto zu fahren, dem eigenen Lernen….
Hans schlägt Peter.
Oder ist Peter dafür verantwortlich, dass er in die Faust von Hans läuft?
Verantwortung zu übernehmen ist ein Prozess, der Jahre braucht, in der Pubertät gewaltige Rückschritte macht und dann erneut startet.
Oder bin ich einfach zu blöde, das (s.o.) zu verstehen? Ist das Ironie?
Und was hat das jetzt genau mit dem “Unterritsstil” zu tun, den der Lehrmensch pflegt?
Denn darum ging es.
“Verantwortungsvoller Umgang mit Geld, Drogen, Mitmenschen, sich selber, dem Hund, dem eigenen Handeln,…, einen Mietvertrag unterschreiben, pünktlich zur Arbeit zu erscheinen, nüchtern zur Arbeit zu erscheinen, überhaupt zur Arbeit zu erscheinen, nicht alkoholisiert/zugedröhnt Auto zu fahren, dem eigenen Lernen….”
Und wieder ganz furchtbar wichtige Dinge, die nicht in der Schule gelernt werden…obwohl: Man könnte Kindern auch im Kontext Schule Verantwortung übertragen. Passiert aber selten.
“Ist nicht das Konzept des selbstbestimmten Lernens nicht grundsätzlich mit der Eigenverantwortung der Schüler verbunden oder können die Schüler selbst bestimmen, aber der Lehrer, Verzeihung: Lernbegleiter, hat die Verantwortung?” von Canishine
Es ging um dieses Konzept, das eine bedingte (da mag man nunzu stehen, wie man will) Wahlfreiheit zulässt, gleichzeitig die Verantwortung für Lernen und Lernfortschritt beim Lernenden liegt.
Wenn die Diskussion noch weiter oben ansetzt, bin ich raus.
Stehe jedoch inhaltlich zu all meinen Texten, da, wie geschrieben – Klimawandel
Ich weiß nicht, was für Schulen Ihnen bekannt sind – wir haben diese Inhalte im Unterricht.
Oder (z.Bsp. beim Umgang mit Mitmenschen – es knallt ja durchaus mal) sind wir zwischendurch mit den Kindern und Jugendlichen im Gespräch.
“Man könnte Kindern auch im Kontext Schule Verantwortung übertragen. Passiert aber selten.”
Machen wir. Nennt sich u.a. Lernen (mit Erfolg oder ohne).
Hunde – NaWi-Unterricht
Mietvertrag – WiPo, VB, Deutsch
Arbeit – VB, WiPo, Deutsch
Geld – VB, WiPo
eigenes Lernen – alle Fächer
Übrigens – Hunde sind privat angeschafft.
Wie Smartphones.
Komisch tatsächlich, dass es d a z u kein U-fach gibt……
Wir verstehen uns wohl doch nicht….
Und eben auch anders herum: Freiheit ist verbunden mit Verantwortung.
“Freiheit bedeutet Verantwortung; das ist der Grund, warum die meisten Menschen sich vor ihr fürchten.”
(George Bernard Shaw, Freud hat das noch etwas humorloser formuliert.)
Der Lehrplan (das zu Fressende) ist halt (noch) vorgegeben und Sie werfen den Lehrern vor, dass diese es (mal besser, mal schlechter) in Häppchen servieren?
Ja, Wahlfreiheit. Die Frage war ja, welche Freiheit Sie Kindern unterstellen.
Ich? Meine Frage war, ob nicht gerade das „zeitgemäße“ Konzept des selbstbestimmten Lernens besonders mit der Eigenverantwortung der Kinder verbunden ist, da Sie beklagten, dass man den Kindern die Verantwortung beim „Friss-oder-stirb“ zuschiebe.
Es waren nach wie vor Sie, die das Konzept der Verantwortung einbrachten und nach wie vor bleibe ich dabei, dass Kindern/Jugendlichen im Kontext von Unterricht keine Verantwortung zuzumessen ist. Ob nun dieser oder jener Unterricht.
Vielleicht verwechseln Sie auch Verantwortung mit (einem Minimum von) Autonomie.
Das heißt für mich ganz deutlich, dass Sie die Kinder und Jugendlichen entmündigen und demokratische Entscheidungen – auch da sollte Verantwortung eine Rolle spielen – nicht gutheißen.
Ich entmündigr niemanden. Schule entmündigt, Lehrer entmündigen.
Wir geben den uns Anvertrauten in mehreren Projekten sehr viel Verantwortung für die Schulgemeinschaft. Das findet aber, wie Sie sich denken können, meist außerhalb des Unterrichts statt.
“Schule entmündigt, Lehrer entmündigen.”
Vier Worte, warum man Sie (u.a.) hier nicht ernst nehmen kann.
Wer ist man? In Ihrem Alter sollte man sich nicht mehr hinter Indefinitpronomen verstecken müssen.
Ansonsten ist der Strang hier inzwischen lang genug, dass Sie ein Argument hätten beitragen können, anstatt nur ein Werturteil abzusondern.
Schmeckt die eigene Medizin nicht?
Und wieso sollte ich einem nicht argumentativen, ideologischen Ressentiment mit elaborierter Argumentation begegnen?
Aber OK, ich will nicht so (wie Sie) sein:
Schule entmündigt nicht, Schule befähigt zur Mündigkeit.
Rechtliche Mündigkeit wird Ihnen hierzulande bei erreichen eines jeweils bestimmten Alters sukzessive gewährt.
Aber Mündigkeit als Emanzipations- und sozio-kulturelle, -politische und -ökonomische Partzipationsfähigkeit in einer extrem komplexen, oftmals ephemeren, freiheitlich-demokratischen, pluralistischen Gesellschaft, die erhält man nicht automatisch infolge des Älterwerdens, sondern sie ist das Ergebnis eines (andauernden) Sozialisations-/Enkulturationsprozesses durch (anfänglich erziehende) Bildung (und Erfahrung). Unsere Schüler sind i.d.S. nicht automatisch mündig, sie werden es (hoffentlich) erst.
Und Schule ist hier eine diesbzgl. zentrale Instanz.
Irgendwelche Anekdoten über irgendwelche vermeintl. ‘Ungerechtigkeiten’ Ihnen oder Ihren Kindern ggü. u.ä. stellen keine Gegenargumente dar (aussgehend von ihrem Verhalten hier im Forum würde ich gar meinen, Sie sind Ihnen anzulasten).
Change my mind.
Ich habe einmal mehr festgestellt, dass Sie den Argumenten und der Diskussion nicht folgen wollen oder können.
Um es für Sie noch einmal ganz einfach zu machen: Wer ist für die Gestaltung von Unterricht und Schule verantwortlich? Sie haben, wie üblich nichtsvKonstruktives oder inhaltlich Passendes zum Thema beigetragen.
Schenken Sie es sich doch in Zukunft einfach.
Sie projizieren.
Der Soziologe muss es wissen
Richttig. Er weiß es auch.
Was wissen Sie eigtl.?
Sie wurden jetzt etliche Male gebeten zu erläutern, was Ihrer Meinung nach Aufgabe, Sinn und Zweck von Schule ist.
Wird seinen Grund haben, warum Sie partout nicht darauf (inhaltlich) antworten, gell?
Kinder zu mündigen Bürger*innen erziehen und auf das Berufsleben vorbereiten, schätze ich
“Richttig. Er weiß es auch.
Was wissen Sie eigtl.?”
(2024, angeblicher Soziologe)
Ganz ehrlich – das kann ich mir nicht denken, da wir es an unserer Schule anders halten.
Mündigkeit ist ein Ziel, das wir nicht bei allen, aber bei vielen erreichen.
“Wir geben den uns Anvertrauten in mehreren Projekten sehr viel Verantwortung für die Schulgemeinschaft. Das findet aber, wie Sie sich denken können, meist außerhalb des Unterrichts statt.”
Natürlich findet das – Beispiele bitte! – außerhalb des Unterrichts statt.
Niemand hat gesagt, außerhalb der Schule dürfe nicht gelernt werden.
Und ehrlich – Schulpflicht! Wir können nicht immer befreien.
Und ehrlich – bringt nur Unruhe in den Unterricht.
Projektwochen finde ich sinnvoll. Während der Schulzeit für alle Klassen – über sinnvolle Gestaltung lässt sich sachlich diskutieren.
Und bei se weei… Ich finde Ihre Unterstellung, Schule entmündige und Lehrmenschen entmündigen – schlicht unverschämt.
Das ist meine Meinung, von der ich mich ausdrücklich nicht distanziere.
Richtig, wobei Sie den Begriff zunächst verwendet haben und ich habe dazu eine Frage gestellt und nun auch eine Antwort bekommen. Allerdings bin ich nicht Ihrer Meinung, da auch Kinder mit zunehmendem Alter Verantwortung haben. Oder beginnt das erst mit 18 mit einem Schlag? Man kann sie nicht damit alleine lassen (ich glaube, da sind wir uns einig) und auch Lehrer haben eine (umfassende) Verantwortung.
Daher bin ich auch skeptisch, wenn nach mehr Freiheit für Schüler im Sinne des selbstbestimmten Lernens gerufen wird, ohne den Verantwortungsaspekt zu beachten. Allerdings befürworte ich auch eine zunehmende Autonomie, um in die Verantwortung hineinzuwachsen. Allerdings bedeutet Autonomie auch, dass es mal schiefgehen kann.
Es dreht sich im Kreis. Wir befinden uns im Unterrichtskontext.
Wer entscheidet da über das Format und auch sonst alles?
Es macht die Sache diesbezüglich auch nicht besser, wenn der Lehrmensch seinen Antvertrauten “selbstbestimmtes” Arbeiten aufdrückt.
Was für ein Konzept hätten Sie denn gerne?
Autonomie gibt es aus meiner Sicht auch nur, wenn man die Verantwortung über sein Handeln hat. Das ist es auch, was Kinder gerne wollen („Ich kann das schon alleine!“).
Sie haben – meine ich gelesen zu haben – ein Schulkind.
Wie viel und welche Wahlfreiheit gestehen Sie Ihrem Kind zu?
In’s Bett, wann es wählt?
Essen, was es wählt?
Wegbleiben, wie lange es wählt?
Verhalten – ok, weil frei gewählt?
Feiern, wann es wählt?
Drogen, auch gewählt?
Hund, wenn es wäht?
Netzzeit ohne Ende, wenn es das wählt?
Schlagen, wenn es das wählt?
Diebstahl, weil es das doch gewählt hat?
Kein Curriculum, an das Sie sich halten müssen.
Bei Ihnen muss es keinen Schulabschluss machen – machen oder nicht machen ist letztlich wählbar. Man braucht ja nur gewähkt durchzufallen, nicht anzutreten oder etwas Ausreichendes zu leisten, besser kann auch gewählt werden.
Sie vergeben keinen Abschluss – das Kind wird von alleine 18.
Wahlfreiheit hat Konsequenzen. In der Schule leider immer weniger.
Und hier geht es nicht um harte Strafen, Prügel oder was immer Sie denken, was ich damit meine.
Das wäre ein Leben ohne Feedback. Im übrigen sehr orientierungslos für die “Betroffenen”, die “richtig” und “falsch” nicht zu unterscheiden lernen.
(Bitte jetzt nicht auf die Goldwaage legen – sonst weichen wir besser auf Sprachnachrichten aus – nein, tun wir nicht ).
Ohne Konsequenzen (und entsprechende Einsicht) ist es egal, wie viele freie Lehrstellen oder Studiengänge ohne NC da sind – diese Menschen scheitern, weil sie nie die Konsequenzen ihres eigenen Handelns (auch nicht Handeln – also nichtstun (wird gerne gewählt) – ist Handeln).
Gute Frage 🙂 .
“selbstbestimmt lernen” – hmmm … , da kann man auch schön drüber philosophieren:
Meine Meinung: von wirklich” selbstbestimmt” bleibt eigentlich nicht viel übrig, wenn man genau hinschaut. Nur der Rahmen der Möglichkeiten ist mal kleiner, mal größer! Ansonsten hätten wir Chaos und Anarchie.
Wenn Herr Hattie sich schon auf Paolo Freire bezieht: Ich selbst habe Erwachsene nach Freire unterrichtet. Dabei ging es um die hochmotivierte Aneignung und kollektive Umgestaltung der Lebenswelt, im Klartext um Revolutionäres. Ich vermute, dass das jedoch im deutschen und auch im neuseeländischen Bildungssystem eher nicht gewollt ist.
Sie haben dankenswerterweise eine weitere Bildungslücke bei mir aufgedeckt. Der Name Paulo Freire sagte mir bis jetzt nichts und ich musste googeln. Dabei stieß ich auf folgendes:
“Es ist aber wichtig zu verstehen, dass Fragen stellen nicht nur eine Form des Lernens ist, sondern auch ein Weg, kritisches Denken zu fördern und Reflexion anzuregen.” (https://www.pfz.at/themen/paulo-freire/paulo-freire-kritische-und-befreiende-erziehung-zur-verteidigung-der-menschenrechte/)
Das machte mir (als “potschemutschka”) diesen Mann auf Anhieb sympathisch 🙂 – Also werde ich mich demnächst wohl etwas mit den Ideen von Freire beschäftigen, um meine Bildungslücken zu schließen. Danke dafür!
🙂
Lass SchülerInnen selbstbestimmt das eigene Essen auswählen. Dann sind alle Probleme mit der Fettleibigkeit gelöst. Das Problem mit dem Bewegungsmangel kann auf dieselbe Weise gelöst werden.
Ironie bitte immer! kennzeichnen.
Bei der Beurteilung der Gerechtigkeit eines Systems fehlt mir ein Faktor: Wie viele Eltern schicken ihre Kinder auf eine private Schule und zahlen dafür Schulgeld.
Die Zahlen in Deutschland sind etwas älter, aber es werden wohl so gut 5% sein.
In Großbritannien sind es 7%, in den USA gut 10%, in Frankreich ist die Datenlage diffus (17-20%, aber oft sehr geringes Schulgeld, z.B. 200-500€ im Jahr).
In Deutschland ist es Tradition, dass Eltern aus dem bürgerlichen Umfeld am Anfang nicht in Geld, sondern in Zeit zahlen, und später in Nachhilfe und nicht in direktem Schulgeld.
Dies führt doch offenbar dazu, dass Eltern die vermeintlichen Ungerechtigkeiten, die Hattie in Deutschland so anprangert, befeuern.
Im Kindergartenalter lesen bürgerliche/gut betuchte Eltern ihren Kindern öfter vor, üben schon mal Rechnen und Schreiben.
Im Grundschulalter werden Hausaufgaben kontrolliert und es wird geholfen.
In der Orientierungsstufe erklären Eltern oft Dinge, die ihr Kind nicht verstanden hat, und sorgen dafür, dass die HA gemacht werden.
In höheren Klassen organisieren und finanzieren sie Nachhilfe.
Dies ist eine erhebliche Investition besonders in Zeit, aber auch in Geld in die Kinder. Und wer will einem Elternteil vorwerfen, dies zu tun?
Die Ungerechtigkeit ist in meinen Augen keine Frage eines gegliederten Schulsystems, gerne noch mit dem Hinweis auf andere Länder. Dort werden die behüteten und geförderten Kinder einfach mehr aus der Statistik entfernt, weil sie auf eine Privatschule gehen.
Der Faktor “Privatschulen” sagt wenig aus – in den Niederlanden sind das rund 70 Prozent aller Schulen. Trotzdem sind die sozialen Disparitäten in der Bildung geringer als in Deutschland. Auch in Großbritannien, wo vermeintlich alle Kinder, deren Familien es sich leisten können, Privatschulen besuchen, ist der Zusammenhang – deutlich – geringer. Gerne hier nachschauen: https://www.bpb.de/themen/bildung/dossier-bildung/543509/pisa-2022-wie-leistungsniveau-und-chancengleichheit-in-schulsystemen-zusammenhaengen/
Herzliche Grüße
Die Redaktion
Es stimmt, dass bei PISA 2022 der Abstand zwischen den sozialen Schichten in den Niederlanden in Mathematik nur 106 Punkte betrug, statt 110 Punkte wie in DE. Man müsste aber m.M. bei der Vergleichbarkeit auch berücksichtigen, dass in NL ein ca. 3,5 mal so hoher Anteil an “low performer” vorab aus der Stichprobe aussortiert wurde, was die Punkteschnitte in NL statistisch positiv verzerrt.
Quelle? Herzliche Grüße Die Redaktion
Die Zahlen stammen aus der OECD PISA 2022 Database. In DE wurden z.B. 2,5% “low performer” vorab aussortiert, zulässiger Höchstwert laut OECD wären 5%, in NL waren es 8,6%. Gibt so einige Länder, wo die Höchstwerte überschritten wurden, Spitzenreiter in Europa wäre Dänemark mit 11,6%.
Wo genau steht das? Die data files zu PISA sind gigantisch. Herzliche Grüße Die Redaktion
Table I.A2.1. Bei den Niederlanden waren es übrigens tatsächlich “nur” 8,43%, nicht wie ich irrtümlich geschrieben habe 8,6%. Neuseeland mit 5,77% auch noch mehr als doppelt so hoch wie in DE mit 2,49%.
Wir haben die Daten nachvollzogen. Und? Es handelt sich um Schülerinnen und Schüler, die – aus unterschiedlichen Gründen – nicht an PISA teilgenommen haben. Daraus etwas abzuleiten, ist reine Spekulation.
“In Deutschland wird die Stichprobenziehung traditionell sehr gewissenhaft gemacht. Das heißt, in anderen Ländern kann es vorkommen, dass am Tag der PISA-Erhebungen den schlechteren Schülern vielleicht nahegelegt wird, sich krank zu melden.” Quelle: https://www.tagesschau.de/inland/pisa-studie-2019-interview-101.html
Vielleicht – vielleicht aber auch nicht. Das betrifft letztlich auch nur die (ohnehin nebensächliche) Platzierung der Nationen im Ranking. Der Befund, dass in Deutschland der Bildungserfolg besonders stark von der sozialen Herkunft abhängt, ist davon nicht berührt.
Herzliche Grüße
Die Redaktion
Dann wären diese Schüler*innen allerdings gar nicht in der Stichprobe enthalten. Es handelt sich bei den Prozentwerten um Probanden, die gezogen wurden, dann aber nicht teilnahmen, weil z.B. die Lesefähigkeit als zu gering eingestuft wurde, um im Test angemessene Leistungen zu erzielen. . Dadurch wird natürlich die durchschnittliche Punktzahl Ihrer Gruppe positiv beeinflusst und die Repräsentativität der Stichprobe nimmt ab. Deshalb auch die Grenzwerte der OECD. Es ist Fakt, dass die Abstände zwischen den sozialen Schichten in DE ziemlich hoch sind. Dass eine Reihe von Ländern mit eingliedrigen Schulsystemen bis 9. Klasse ähnlich hohe oder höhere Punktabstände zwischen den Schichten aufweist, ist aber ebenso Fakt. Siehe z.B. Frankreich, CZE etc. , Dass bei Ländern wie Norwegen, Schweden, NZL etc. die geringeren Abstände dadurch bedingt sind, dass die sozial-privilegierte Schicht dort deutlich schlechter abschneidet als in DE, lässt sich auch leicht ausrechnen.
Sie behaupten, dass systematisch bei PISA gemogelt würde (mal wieder ohne Quellenangabe). Dafür gibt es unseres Wissens keinen Anhaltspunkt. Es kann sich auch schlicht um Krankenstände, eine generell höhere Abwesenheitsquote, Unzulänglichkeiten im Meldewesen oder organisatorische Probleme bei der Erhebung handeln.
In der Konklusion sind wir uns aber einig: In Deutschland sind die sozialen Disparitäten im Bildungssystem groß (so oder so). Das betrifft auch andere Länder mit Gesamtschulsystemen. Daraus lässt sich durchaus schließen, dass ein integratives Schulsystem keine hinreichende Bedingung für ein sozial ausgewogenes Bildungssystem ist. Ob es allerdings eine notwendige Bedingung ist – darüber lässt sich streiten. Tut Hattie ja auch.
Herzliche Grüße
Die Redaktion
Nicht bewusst gemogelt, aber eben unterschiedlich praktiziert. Allein schon, dass es in manchen Ländern erheblich mehr Ferien als in anderen gibt bzw. weniger unterrichtet wird, wurde beim Ranking nicht berücksichtigt. Das verzerrt einiges.
Wie wird eigentlich die “soziale Herkunft” so gemessen, dass es in der ganzen Welt stimmig ist? Geht das überhaupt?
“Allein schon, dass es in manchen Ländern erheblich mehr Ferien als in anderen gibt bzw. weniger unterrichtet wird, wurde beim Ranking nicht berücksichtigt. Das verzerrt einiges.”
Das verzerrt gar nichts, weil es auf die Ergebnisse ankommt – die sind, wie sie sind. Herzliche Grüße Die Redaktion
Es ist Ihrer Ansicht nach also bzgl. einer Kompetenzstudie unerheblich, wie viele Unterrichtsstunden im jeweiligen Fach bis dahin unterrichtet wurden? Aus meiner Erfahrung heraus gibt es am Ende eines Schuljahres erhebliche Unterschiede in der mathematischen Kompetenz von SuS, welche drei oder eben fünf Wochenstunden Mathematikunterricht hatten.
Die Erklärung der Leistungssunterschiede sollte dann insbesondere die unterschiedliche Stundenzahl einbeziehen und nicht vorrangig auf gegliedertes oder nicht gegliedertes Schulsystem abzielen.
Wenn Schülerinnen und Schüler eines Landes und Jahrgangs unterschiedliche Stundenzahlen absolvieren – dann stellt sich schon die Frage, wieso.
Herzliche Grüße
Die Redaktion
Weil Bildung Ländersache ist, Schulen unterschiedliche Schwerpunkte setzen dürfen, und, ganz profan, aufgrund des Lehrermangels manchmal garnichts anderes übrig bleibt.
Dessen ungeachtet: Bleiben Sie dabei, dass es bzgl. der Kompetenzentwicklung von SuS egal ist, wie viel Unterricht die SuS bis zur Studienerhebung hatten?
Hä? Herzliche Grüße Die Redaktion
Einfach mal z. B. die Stundentafeln verschiedener Bundesländer vergleichen und die Stundenausfälle, sowie fachfremde Vertetung, Beaufsichtigung (statt Unterricht) usw. hinzurechnen!
Was hat das mit dem Thema soziale Bildungsungerechtigkeit zu tun? Herzliche Grüße Die Redaktion
Naja, wenn an Brennpunktschulen der Personal-Krankenstand z. B. meist wesentlich höher ist als an Szene-Kiez-Schulen oder Privatschulen (mit verschiedensten Zusatzangeboten) schon. Interessant wäre auch noch der prozentuale Anteil von “echten” Lehrkräften zu Seiten- und Quereinsteigern an Brennpunktschulen und Schulen in sozial-priveligierten Kiezen. Und Unterschiede in den Schülerleistungen der verschiedenen Fächer könnte doch evtl. auch mit der Anzahl der erteilten Stunden durch entsprechende Fachlehrer in Zusammenhang stehen, oder?
Lehrkräftemangel hat seine Auswirkungen, aber das stellte ja auch niemand infrage und sollte durch PISA ja eben nicht verschwiegen werden
P.S.: Vielleicht sollte Prof. Hattie auch mal diese Seite der Bildung untersuchen. Also, wieviele Unterrichtsstunden erhalten Schüler in den jeweiligen Fächern in den verschiedenen Klassenstufen in verschiedenen Ländern und wie wirkt sich das auf die Ergebnisse aus? Und interessant wäre auch noch, welchen Stellenwert Bildung in den jeweiligen Gesellschaften hat. Gerade in den asiatischen Ländern (Japan, Südkorea, Singapore, Taiwan,…) spielt der (schulische) Leistungsgedanke/Wettbewerb eine sehr große Rolle (allerdings z. T. mit negativen Folgen auf die Psyche = Überforderung).
Hattie untersuchte die Wirksamkeit von Methoden und Strategien. Wie meinen Sie, wird die Wirksamkeit von Unterrichtsausfällen wahrscheinlich bewertet?
“Vielleicht sollte Prof. Hattie auch mal diese Seite
der Bildung untersuchen,” schreiben Sie.
Hattie hat vorhandene Studienergebnisse anderer
Wissenschaftler in Metaanalysen zusammengeführt
und die Einflussstärke verschiedener Einflussfaktoren
auf das nachhaltige Lernverhalten in deren
Wirkstärken resp. Effektivität berechnet.
… aber nicht, die Anzahl der erteilten Unterrichtsstunden in den jeweiligen (Kern)Fächern, oder ist mir da etwas entgangen? Ich lasse mich gern (wissenschaftlich fundiert) davon überzeugen, dass das keinen Einfluss auf die Schülerleistungen hat.
Sie schrieben, dass die Tatsache, dass es in den Ländern unterschiedlich viele Unterrichtsstunden gäbe, die Studienergebnisse nicht verzerren würde.
Gern hier nachlesen:
https://www.news4teachers.de/2024/12/es-gibt-lehrpersonen-und-schulstrukturen-denen-es-nicht-schaden-wuerde-sich-von-hattie-aufruetteln-zu-lassen/#comment-655658
Es “verzerrt” ja auch keine Ergebnisse. Wenn eine Fußballmannschaft 2:0 gewinnt, “verzerren” die geschossenen Tore ja auch nicht das Ergebnis. Sie sind das Ergebnis.
Dass mehr (guter) Unterricht zu besseren Schülerleistungen führt, ist eine Binse, hat aber mit dem Thema – soziale Bildungsungerechtigkeit im gegliederten Schulsystem – erst einmal nichts zu tun. Es sei denn, Sie wollen damit ausdrücken, dass an Gymnasien grundsätzlich mehr (guter) Unterricht stattfindet als an anderen Schulformen. Ist uns nicht bekannt, aber offenbar auch nicht Ihre Intention.
Herzliche Grüße
Die Redaktion
Wenn aber ein zahlungskräftiger Fußball-Verein den anderen “ärmeren” Vereinen die besten Spieler “abwirbt”?
Darum geht es ja in der Studie, um das Niveau aller “Vereine” zu stärken.
Wie würden Vereine Ihrer Meinung nach auf wissenschaftliche Erkenntnisse reagieren um die Performance deren Mannschaft verbessern zu können?
Aber der Vergleich ist gut, da einige im Forum meinen, Ihre Mannschaft würde “anders” funktionieren…
Die schmeißen den Trainer raus, äh wechseln ihn und stelken ihn frei. So ist er auf dem Arbeitsmarkt wieder verfügbar….
Also “schlechte” Lehrkräfte rausschmeißen?
Kann mir allerdings nicht vorstellen, was der Arbeitsmarkt mit Lehrkräf… Masters of Education anstellen will
… dann sind mmer noch die Tore das Ergebnis…. Seufz.
Es gibt auch Vereine, die sich hochgespielt haben und die keine Berufsspieler waren, sondern dann erst werden konnten.
Die Leistung dieser Spieler ist enorm, da sie vermutlich weniger trainieren konnten und vermutlich keinen Vollprofi als Trainer hatten.
Auch hier sind immer noch die Tore das Ergebnis….
Deswegen hinkt der Vergleich m.E. ja auch …
…also zählen für das Ergebnis:
Finanzen, Anzahl/Effizienz der Trainingsstunden, Motivation und Leistungsbereitschaft der Spieler, körperliche Fitness, ausreichend gutes Personal (Trainer, Ärzte, Physiotherapeuten, Platzwarte, …), guter Trainingsplatz
Ach nee, das kann man nicht auf Schule übertrsagen 🙂
Jaein.
Das eine – Fußball – ist ja eine Einzelleistung, die die Gruppe in der Liga hält, auf- oder absteigen lässt (ich meine nur die Tore! Und vergrsse dabei nicht, dass die Chancen dafür herausgespielt werden müssen und die Hintermannschaft samt Torhüter das Treffen verhindern soll.
ALLE haben ein Ziel (eigentlich). Das ist in einer Klasse/Kurs/Club anders.
Außerdem ist Fußball freiwillig. Schule hingegen nicht.
Die Beine können durchaus besser funktionieren als das Gehirn – das braucht man für den Abschluss schon.
Gruppenleistung versus Einzelleistung.
In der Kabine gibt es durchaus Krach…. weil eben keine Tore fielen oder die andere Mannschaft mehr davon geschafft hat.
Es gibt einen monetären Anreiz, tw. pro Spiel. Also für eine leicht überschaubare Zeit von 90 Minuten.
Ist in der Schule einfach anders.
Dass a l l e Unterstützung brauchen – ja.
Dass Gelder für alle zur Verfügung steht, hust, röche – nein!
Auch sind die Einnahmequellen anders.
M.E. gibt es Ähnlichkeiten, die dennoch hinken.
Wenn Sie dann allerdings die Ursachen der Tordifferenz auf Verliererseite in der Unfähigkeit der Trainer verorten und die geringere Anzahl der Trainingsstunden der Verliererseite überhaupt nicht in Betracht ziehen, wäre Ihre Schlussfolgerung, dass die Trainer sich mehr anstrengen müssen, nicht hilfreich in Bezug auf die Verbesserung der Ergebnisse. Also ja, natürlich werden Ergebnisse verzerrt, wenn nicht alle wesentlichen Ausgangsbedingungen erfasst und in die Auswertung einbezogen werden.
“Schlussfolgerung, dass die Trainer sich mehr anstrengen müssen…”
Die wird hier nirgends gezogen. Es geht bei der Debatte um die Frage, ob das gegliederte Schulsystem Bildungsungerechtigkeit hervorbringt.
Herzliche Grüße
Die Redaktion
Warum werden dann die Trainer von Fussballvereinen so oft ausgewechselt, wenns nicht gut läuft? Wen müsste man dann im Schulsystem auswechseln? Da läufts doch auch nicht?
Warum gibt es eigentlich im Fußball verschiedene Ligen – 1., 2. und 3. Liga, Bezirksliga, Kreisliga …? Ist das gerecht?
Gibt es – analog zur Schulpflicht – eine Fußballpflicht in Deutschland? Wir wüssten nicht, dass Kinder in Sportvereinsligen hineingezwungen werden. Wir wüssten – andersherum – auch nicht, dass Bildung ein Wettbewerb ist, bei dem es Gewinner und Verlierer geben muss.
Herzliche Grüße
Die Redaktion
Gibt es eine Abitur-Pflicht, oder die Pflicht einen bestimmten Schulabschluss zu erreichen? Da immer mehr Eltern das Abitur für ihre Kinder wollen, scheint es ja doch einen gewissen Wettbewerb zu geben.
Davon ist in dem Beitrag aber nicht die Rede. Es geht um Chancengerechtigkeit – darum, dass allen Kindern und Jugendlichen ein Mindestmaß an Bildung vermittelt wird, sodass ein späteres Leben in Selbstständigkeit und Würde möglich ist.
Das ist kein Wettbewerb.
Herzliche Grüße
Die Redaktion
🙂
Ziemlich heftiger Vorwurf. Ich habe lediglich auf die unterschiedlich hohen Ausschlussquoten in den Ländern hingewiesen. Dass diese Quoten die Repräsentativität der Stichprobe beeinflussen, lässt sich übrigens ebenfalls im von mir als genannten genannten OECD-Bericht nachlesen. Deshalb sind Länder, welche die OECD-Standards nicht einhalten, dort auch mit * gekennzeichnet. So wie z.B. Kanada, NZL, NL, SWE, NOR usw,
Dass bei PISA 2022 die sozialen Disparitäten in DE über dem OECD-Schnitt lagen, ist Fakt. Dass geringere Punktabstände zwischen den sozialen Schichten z.B. in Ländern wie SWE, NOR, NZL etc. hauptsächlich an den niedrigen Punktzahlen der sozial-privilegierten Probanden liegen, könnte man aus den PISA-Statistiken ebenfalls herauslesen. Zum Beispiel DE Schnitt in Mathe = 475 Pkt. / NOR = 468 Pkt , privilegierte Gruppe in DE 534 Pkt / NOR 492 Pkt. , Abstand zwischen den Gruppen in DE 111 Pkt / NOR 81 Pkt. Damit gilt NOR trotz schlechterer Punktwerte als “gerechter”, weil die privilegierten Schüler*innen dort 42 Pkt schlechter abgeschnitten haben als die in DE.
Ähm, doch?!
Je mehr Leute nicht teilnehmen, desto weniger aussagekräftig sind die Ergebnisse. Ganz allgemein. Immer.
Sorry für Ihr Weltbild.
Was hat das mit “Weltbild” zu tun? Es geht um Fakten. “Je mehr Leute teilnehmen…” ist in diesem Zusammenhang schon mal Quark, es geht um Teilnahmequoten (also ums Verhältnis von zufällig Ausgewählten zu tatsächlich Teilnehmenden).
In Deutschland ist die Teilnahmequote relativ hoch – also sind die Ergebnisse für Deutschland mit hoher Wahrscheinlichkeit repräsentativ. In anderen Ländern sind die Teilnahmequoten mitunter niedriger – deren Ergebnisse sind deshalb mit etwas geringerer Wahrscheinlichkeit repräsentativ (aber nach wie vor statistisch reliabel). Das ist nichts Ungewöhnliches, sondern Statistik. Gerne hier nachlesen: https://de.statista.com/statistik/lexikon/definition/116/repraesentativitaet/
An dem Befund, dass in Deutschland der Bildungserfolg sehr stark von der sozialen Herkunft abhängt, ändert dieser Sachverhalt nichts.
Herzliche Grüße
Die Redaktion
„In anderen Ländern sind die Teilnahmequoten mitunter niedriger – deren Ergebnisse sind deshalb mit etwas geringerer Wahrscheinlichkeit repräsentativ“
unterscheidet sich im Ergebnis natürlich sehr krass von
„Je mehr Leute nicht teilnehmen, desto weniger aussagekräftig sind die Ergebnisse.“
So krass, dass man das gerne als „Quark“ abqualifizieren muss. Nebst Belehrung. Sympathisch.
Natürlich habe ich mich nicht ganz sauber ausgedrückt.
Sie haben vollkommen Recht, es geht um den Anteil der zufällig Gezogenen.
Ich hätte also sagen müssen:
Je weniger zufällig die Stichprobe, desto weniger repräsentativ.
Ich kann nicht ganz nachvollziehen, auf was Sie hinauswollen…
Empfinden Sie die Leistungen der Schülerinnen und Schüler derzeit als “so gut wie früher” und meinen, lediglich die Testung bei PISA wäre zu fehlerhaft?
„Ich kann nicht ganz nachvollziehen, auf was Sie hinauswollen…“
DAS überrascht hier wohl niemanden.
Ist das eigentlich der Versuch, durch gespielte Naivität zu provozieren oder können Sie dem Verlauf einer Diskussion tatsächlich nicht folgen?
—> Lesen Sie die Posts, auf die sich meiner bezieht. Erspart Ihnen solche Nachfragen.
Ich versuchte durch Nachfrage eine Antwort zu erhalten, aber da war ich bei Ihnen wohl an der falschen Adresse
Hausaufgabe:
Finde die Antwort im Text, unterstreiche sie grün und schreibe sie dreimal in dein Heft.
“An dem Befund, dass in Deutschland der Bildungserfolg sehr stark von der sozialen Herkunft abhängt, ändert dieser Sachverhalt nichts.”
Da Sie sich nur Deutschland anschauen wollen:
Ist es nicht “logisch”, dass Bildungserfolg von der sozialen Herkunft abhängt?
Zunächst können Sie im Durchschnitt (!) davon ausgehen, dass die Eltern “höherer” sozialer Herkunft auch eine bessere Ausbildung haben. Insofern sind diese Familien “bildungsnäher”.
Sie haben auch bessere Möglichkeiten, ihre Kinder zu fördern. Seien es mehr Bücher, mehr/bessere Urlaube, Nachhilfe etc.
Vielleicht haben sie auch mehr Zeit, sich um die Kinder zu kümmern, mit ihnen zu lesen usw.
Wenn ich mit meinem Kind jeden Tag nur abends eine Stunde lese, wird es besser lesen können und einen größeren Wortschatz haben als ein Kind, dessen Eltern das nicht tun. Diesen Vorsprung kann das andere Kind auch nie aufholen.
Vielleicht gehe ich auch mit meinem Kind regelmäßig in den Zoo, in Museen usw., fahre im Urlaub mit ihm z.B. nach Rom, sehe und erlebe Dinge, die andere Kinder nur im Buch lesen. Wie soll das ein anderes Kind nur durch den Unterricht das aufholen?
“Ist es nicht ‘logisch’, dass Bildungserfolg von der sozialen Herkunft abhängt?”
Nein, ist es nicht. “Der PISA-Vergleich zwischen OECD-Ländern zeigt: Ein hohes Maß an Chancengleichheit muss nicht zu Lasten des Leistungsniveaus gehen. Gerade bei den Top-Performern sind die Ungleichheiten eher gering.” Quelle: https://www.bpb.de/themen/bildung/dossier-bildung/543509/pisa-2022-wie-leistungsniveau-und-chancengleichheit-in-schulsystemen-zusammenhaengen/
Herzliche Grüße
Die Redaktion
Woher stammen wohl die Abweichungen zu den Tabellen der OECD bei den mittleren Kompetenzwerte im Link? Laut OECD hätte Kanada z.B. 497 Plt in Mathematik, im verlinkten Artikel sollen es nur 484 Pkt sein, Griechenland laut OECD 430 Pkt wird mit 436 Pkt angegeben, DE wäre bei OECD 475 Pkt. liegt im Koordinatensystem aber über Kanada usw. usw. usw. Das erhöht m.M. nicht unbedingt die Glaubwürdigkeit in die Genauigkeit der Angaben.