Bundesjugendspiele: Merz will wieder Urkunden einführen, die nie abgeschafft wurden

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KÜNZELSAU. Friedrich Merz will wieder mehr auf Leistung setzen und nimmt dafür die Bundesjugendspiele in den Blick. Mit der eigenen Leistung nimmt er es dabei nicht ganz so genau: Er verbreitet schlicht Unwahrheiten – und ledert gegen einen Beschluss, den die Union selbst mitgetragen hat.

Will wieder Bundesjugendspiele veranstalten, die niemand abgeschafft hat: Unionskanzlerkandidat Friedrich Merz. Foto: Shutterstock / photocosmos 1

So kündigte Merz beim Neujahrsempfang der CDU Baden-Württemberg in Künzelsau bei Heilbronn an, als Bundeskanzler die Kultusministerinnen und -minister der Länder zu bitten, an allen Schulen wieder Bundesjugendspiele zu veranstalten. „Und zwar nicht nur mit Teilnehmerurkunden, sondern mit Siegerurkunden“, sagte er.

„Wenn die Bundesjugendspiele nur noch Teilnehmerurkunden ausstellen, dann kriegen wir demnächst auch auf Olympiaden nur noch Teilnehmerurkunden“, meinte Merz mit Blick auf das Abschneiden Deutschlands bei den Olympischen Spielen. „Ich möchte nicht, dass Deutschland nur noch Teilnehmerurkunden bekommt“, erklärte der Kanzlerkandidat der Union. Er wolle, dass Deutschland wieder an der Spitze stehe. Am Ende der Spiele in Paris 2024 stand Deutschland auf Rang zehn im Medaillenspiegel.

Fakten sind: Weder wurden die Bundesjugendspiele abgeschafft – noch gibt es dabei lediglich Teilnehmerurkunden. Es werden weiterhin Sieger- und Ehrenurkunden ausgegeben. Die Reform, die 2021 mit den Stimmen auch der unionsgeführten Kultusministerien in Deutschland beschlossen und zum Schuljahr 2023/2024 umgesetzt wurde (also mit den Olympischen Spielen vom Sommer nicht wirklich im Zusammenhang steht), sieht lediglich leichte Modifikationen vor.

So springen 1. bis 4. Klassen beim Weitsprung nun in markierte Zonen. Es wird dabei nicht mehr zentimetergenau gemessen, aber sehr wohl registriert, wie weit. Spätestens ab der 7. Klasse werden die Weiten wieder akribisch gemessen. Bei den ganz Kleinen heißen „Wettkämpfe“ jetzt Wettbewerbe, dabei wird mehr Sport getrieben als vorher. Durch den Wegfall der zentimentergenauen Messung zum Beispiel gewinnt man Zeit, damit die Kinder öfter springen können.

Der Deutsche Olympische Sportbund und auch der Leichtathletikverband begrüßen die Reform ausdrücklich. Beide Organisationen gelten nicht als leistungsfeindlich. Der CDU-Chef kündigte an, nach einem Wahlsieg wolle er im Kanzleramt einen Staatsminister für Sport und Ehrenamt berufen. Sport und Ehrenamt sollten wieder eine Stimme und ein Gesicht in Deutschland haben. News4teachers / mit Material der dpa

Kulturkampf: CDU-Kultusminister will Reform der Bundesjugendspiele zurückdrehen

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Rainer Zufall
19 Tage zuvor

“Wenn die Bundesjugendspiele nur noch Teilnehmerurkunden ausstellen, dann kriegen wir demnächst auch auf Olympiaden nur noch Teilnehmerurkunden.”

Glaubt Herr Merz, dass alle in Deutschland an der Olympiade teilnehmen müssen, weil sie sonst keinen Siegeswillen entwickeln? 😀

Unfassbar
19 Tage zuvor

Der gesamte Artikel wirkt auf mich wie ein einziges Strohmannargument. Die leichten Modifikationen sind halt die von Merz kritisierte und seinem Vernehmen nach wieder einzuführende zentimeter- und sekundengenaue Messung der erzielten Leistung. Kinder wollen sich mit anderen Kindern messen und ihre Leistungen miteinander vergleichen. Das durch die modifizierte Art der “Messung” erhoffte weniger Mobbing der schwachen Sportler entfällt nicht, weil auch die gröbere Einteilung eine gewisse Reihenfolge aufzeigt. Außerdem sind die Kinder nicht blind und sehen die Reihenfolge bei den einzelnen Durchgängen.

So oder so lenkte damals die Reform der Bundesjugendspiele und heute die Ankündigung von Friedrich Merz von den tatsächlichen Missständen an den Schulen ab.

Hysterican
19 Tage zuvor
Antwortet  Unfassbar

Àla Oscar Wild… es ist egal, wie über einen gesprochen wird … Hauptsache, es wird über ihn gesprochen …

seine Tusse Charlotte hat den Umgang mit ihrem Göttergatten ja klar definiert:
Jeder, der kritisch nachfragt, hat quasi seine reale oder berufliche Existenz in die Waagschale geworfen (und nach Vorstellung der Hydra aus dem Sauerland verwirkt)

wer den als Kanzler will….der würde auch Nero zum Oberbrandmeister der Freiwilligen Feuerwehr befördern.

Lisa
19 Tage zuvor
Antwortet  Hysterican

Da mit Nero ist aber vermutlich böswillige Propaganda….das mit Herr Merz nicht.

A.J. Wiedenhammer
18 Tage zuvor
Antwortet  Hysterican

“seine Tusse Charlotte …”
Aber hallo, geht’s noch despektierlicher?

(Nun, bei der Auswahl des Fotos wurde ja schon gut vorgelegt, in welche Richtung es laufen soll.)

Hysterican
18 Tage zuvor

Ja, es ginge … aber so weit wollte ich nicht gehen. 😉

Lera
18 Tage zuvor

Bei Fritze Merz muss man allerdings nicht lange suchen, um so ein Bild zu finden 😉

Lisa
18 Tage zuvor
Antwortet  Unfassbar

Bundesjugendspiele waren der einzige Ort, an dem schlechte Sportler so wie ich beispielsweise nicht gemobbte wurden. Die verlangten Leistungen kann man zwar schlecht abliefern, doch jeder kann ja im Prinzip laufen und springen ( beim Werfen wird es evtl. für die Mitschüler gefährlich) Außerdem war das draußen, außer für ” Jugend trainiert für Olympia” eh eher wie eine große Party und der Aufsicht könnte man sich auch entziehen, in dem man den passenden Moment einfach auf dem Klo war. Ich habe auch bei den Schülern nie erlebt, dass bei Bundesjugendspielen gemobbt wurde. Allerdings legten sie außer auch keinen Wert auf eine bloße Teilnehmerurkunde. Ist bei einer verpflichtenden Schulveranstaltung ja auch irgendwie unlogisch.
Die neue Messung, Zwitter aus Sportwettkampf und dann ” jetzt doch wieder nicht” versteht eh niemand wirklich.

omg
19 Tage zuvor

Als Kind und Hugendlicher gehörte ich zu denen, die keine oder nur zwei Mal eine Siegerurkunde erhalten haben. Als junger Erwachsener war ich Leistungssportler.
Ich sollte also die Reform gut finden.
Ist aber nicht so, weil Schamrn Schmarn bleibt. Es fehltan SPortstätten, es fehlt an sportlichen Ganztagsangeboten, es fehlt an Möglichkeiten auch für Kinder ärmerer Familien, in SPortvereinen mitmachen zu können.
Und es fehlt an der Erkennen, dass sehr wohl auch bei Kindern Ehrgeiz erlaubt sein darf.

Hysterican
19 Tage zuvor

„Fot…Fritz“(Titanic-Zitat) ist so lame, dass es den Lauf der Dinge gar nicht mitbekommt…

ich wundere mich über nichts mehr.

Realist
19 Tage zuvor

Die Wendehälse unter den Bildungswissenschaftler, Sportpädagogen und in den Schulbehörden werden es angesichts der “Zeitenwende” natürlich so hindrehen, dass die “Reform” der Bundesjugendspiele vor wenigen Jahren nur auf Wunsch und Druck der Lehrkräfte stattgefunden hat, denen das Fordern und Messen von Leistung viel zu anstrengend war. Zeit, den “Fröschen im Teich” wieder ordentlich Dampf im Kessel zu machen…

Kanzler27
17 Tage zuvor
Antwortet  Realist

Wobei die Datenerfassung beim Wettbewerb viel aufwändiger ist.

ed840
19 Tage zuvor

Zu meiner Schulzeit musste man für eine Urkunde noch eine bestimmte, vordefinierte Punktzahl erreichen, die auch von Flensburg bis Freilassing gleich hoch war. Mittlerweile reicht es scheinbar schon, wenn es genügend Klassenkamerad*innen gibt, die schlechter abschneiden.

Karl Heinz
19 Tage zuvor

Abgerechnet wird zum Schluss
Was hast du erreicht, was hast du bewegt
Kein Kind, kein Haus, kein Baum, kein Auto, keine Macht
Und trotzdem gut gelebt

Denn egal: Manche mögens halt leichter
Die liegen halt lieber rum
Den reicht ne Bundesjugendspieleteilnahmebescheinigung

[Kapelle Petra]

Lisa
19 Tage zuvor
Antwortet  Karl Heinz

Ich wollte gar keine Teilnehmerurkunde haben. Ist es nicht wert, dafür Bäume zu fällen.

A. M.
18 Tage zuvor
Antwortet  Lisa

Man sollte Kindern erklären, dass sie jederzeit das Recht haben, die Annahme einer Urkunde zu verweigern. Da es weit einigen Jahren zu Kindergeburtstagen und vor allem in den Kitas viele bunte Urkunden für die Jüngsten gibt, habe die Kinder am Ende der Grundschulzeit vermutlich mehr “Urkunden” als ein emeritierter Professor. Aber Masse ist nicht Klasse.

Ich wollte sie schon als Kind keine Urkunde haben. Das hatte damals zwar noch nichts mit dem Klimaschutz zu tun, aber ich sah einfach keinen Sinn darin. Für mein Alter war ich sehr klein und Mitschülerinnen wollten mir zu gern den fehlenden Punkt oder auch die fehlenden Pünktchen schenken. Mehr als zwei fehlten nie, aber die Sportlehrerin wollte das nicht. So etwas vergisst man nicht. Als ich später nicht mehr so auffallend klein war, bin ich langsam getrabt… Und auch ein bisschen später gestartet…

A.J. Wiedenhammer
18 Tage zuvor

Mal einen ganz anderen Blick darauf, aus der anderen Richtung:
Ich war eine sehr, sehr ruhige Schülern, eine, die eben “weniger gesehen” wurde.
Damit hatte ich anfangs bei neuen Lehrern gerne eine Drei in Sport.
Ich habe die BJS nicht geliebt, fand es aber klasse, dass es hier um messbare Ergebnisse und daran gekoppelte Punktzahlen gab. Regelmäßig ging meine Sportnote nach den BJS um mindestens eine Note hoch, und ich hatte das Gefühl, dass anschließend die Sportlehrer mir viel mehr zutrauten.
Man muss die BJS nicht als generell niederdrückend oder nur positiv für die Supersportler sehen.

Fräulein Rottenmeier
18 Tage zuvor

Ich sag mal ganz provokativ, dass ich stolz bin auf meine zig Ehrenurkunden, die ich bei den Winter BJS erschwommen habe. Volle Punktzahl…..im Sommer immer nur die Teilnehmerurkunde (Laufen, Springen, Werfen war nicht meins)….
Vielen unserer Kinder geht es übrigens so, dass sie lediglich in Sport glänzen können, daher fahren wir auch auf alle Veranstaltungen, die es in unserer Stadt gibt…..ich führe immer wieder interessante Gespräche mit den Talentscouts der weiterführenden Schulen…. „Ja, das Kind bringt geile Leistungen…..aber leider, leider nicht für das Sportgymnasium geeignet….“

Mutti
17 Tage zuvor

Schlimm an Bundesjugendspielen ist nur, was man draus macht. Ich kann Schülern für gute oder auch schlechte Leistungen auf die Schulter klopfen oder sie fertig machen bzw. teilnahmslos zusehen, wie das Klassenkameraden machen.

Mein Sohn hatte nun ne dicke 4 in Sport. Die Lehrerin hat ihm jedoch einen bemerkenswerten Einsatz und Anstrengungsbereitschaft attestiert. Das fand ich aufbauend.

Darauf kommt es an und nicht, ob es eine Urkunde gibt.

Mathe macht glücklich.
17 Tage zuvor

Vielleicht mal so nebenbei:
Olympiade nennt man den Zeitraum zwischen 2 Olympischen Spielen.

Lisa
15 Tage zuvor

Yes