Hessischer Philologenverband vom Bildungsgipfel enttäuscht: Gymnasium muss nicht überwunden werden

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WIESBADEN. Mit Erstaunen registriert der Hessische Philologenverband, dass in der AG 1 des Bildungsgipfels nunmehr eine Schulstrukturdebatte geführt werden soll, so der Verband in einer Pressemitteilung. Dabei müsse, so sei bereits von interessierter Seite zu hören gewesen, „das Gymnasium in Frage gestellt werden“, ja es gelte sogar „das Gymnasium zu überwinden“.

Eingang eines Gymnasiums (Ausschnitt)
Das Gymnasium ist laut Hessischem Philologenverband die beliebteste weiterführende Schulform. Foto: bbroianigo / pixelio.de

Angesichts dieser Gespensterdebatte sei es nach Ansicht des Verbands offenbar erforderlich, an die Realität zu erinnern: Das Gymnasium sei in der Elternschaft die beliebteste und am meisten angewählte Schulform unter den weiterführenden Bildungsgängen. „Über 50 Prozent der Eltern wollen für ihr Kind das Gymnasium; in den Großstädten sind es teilweise noch deutlich mehr“, so der Verband.  In Frankfurt sei vor wenigen Wochen die Errichtung eines neuen Gymnasiums beschlossen worden. Derzeit werde noch diskutiert, ob es statt der geplanten Sechszügigkeit nicht eher achtzügig ausgelegt werden solle und ob nicht noch ein zweites Gymnasium errichtet werden müsse.

Die „kontinuierliche Erfolgsgeschichte“ des Gymnasiums, so zitiert der Verband das Max-Planck-Institut für Bildungsforschung in Berlin, werde also auch in Hessen fortgeschrieben. Bundesweit hätten sich zudem im Frühjahr 2013 in einer Allensbach-Umfrage im Auftrag der Vodafone-Stiftung 53 Prozent der Befragten für ein gegliedertes Schulwesen mit einem Gymnasium, hingegen nur 37 Prozent für eine Gemeinschaftsschule ausgesprochen. Nicht das Gymnasium sei also in der Defensive, sondern die integrierte Gesamtschule, die in der Elternschaft nur mäßige Akzeptanz finde und die Angst haben müsse, keine gymnasial geeigneten Schülerinnen und Schüler zu bekommen.

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Der Hessische Philologenverband fordert die Landesregierung und die sie tragenden Koalitionsparteien auf, sich in der Sache zu äußern. Er will wissen, ob der Koalitionsvertrag noch gilt. Dort heiße es: „Die Koalition trägt dem Elternwillen nach einem vielfältigen Schulsystem Rechnung. Wir werden keine Schulform abschaffen, die von den Eltern vor Ort akzeptiert wird. Daher werden wir sowohl Schulen des gegliederten Schulsystems als auch Schulen, in denen länger gemeinsam gelernt wird, verlässlich ausstatten und ihnen pädagogische Weiterentwicklungen ermöglichen.“ Darüber hinaus wendet sich der Verband direkt an die CDU und fragt, ob ihr Bekenntnis zu einem differenzierten und leistungsorientierten Schulsystem und zum Gymnasium noch gilt, womit sie bei den letzten Landtagswahlen etwa 38 Prozent der Wählerstimmen erhalten habe.

Der bisherige Verlauf des Bildungsgipfels habe deutlich gemacht, dass die Vorstellungen der Beteiligten über die Weiterentwicklung von Schule und Bildung in Hessen sehr unterschiedlich seien. Diese Unterschiede werde man nicht wegmoderieren können. Einem Schein-Schulfrieden werde der Hessische Philologenverband jedenfalls nicht zustimmen; er behalte sich deshalb vor, zu gegebener Zeit den Bildungsgipfel zu verlassen.

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