Wanka hält den Bildungföderalismus für „leistungsfähig“ – und betont: Schulpolitik bleibt Kernaufgabe der Länder

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BERLIN. Hat die Föderalismusreform der deutschen Bildungspolitik gut getan? Bundesbildungsministerin Johanna Wanka (CDU) meint: Ja. Zehn Jahre danach bleiben die Zuständigkeiten von Bund und Ländern für Kindergärten, Schulen und Hochschulen allerdings ein Streitthema.

Will von Wandel in Sachen Bildungsföderalismus nichts wissen: Bundesbildungsministerin Johanna Wanka (CDU). Foto: Wissenschaftsjahr / flickr  (CC BY 2.0)
Will von Wandel in Sachen Bildungsföderalismus nichts wissen: Bundesbildungsministerin Johanna Wanka (CDU). Foto: Wissenschaftsjahr / flickr (CC BY 2.0)

Die vor zehn Jahren gestartete Föderalismusreform für bessere Bund-Länder-Beziehungen hat die Schulpolitik nach Ansicht von Bildungsministerin Johanna Wanka (CDU) keineswegs geschwächt. «Unser Bildungsföderalismus ist sehr leistungsfähig. Wer Schülern die bestmögliche Bildung mit auf den Weg geben will, muss differenzieren», sagte sie auf Anfrage in Berlin. Daher stehe «überhaupt nicht zur Debatte, dass die Länder im Bereich Schule Kompetenzen an den Bund abgeben könnten». Wankas Auffassung stieß am Mittwoch auf Widerstand bei SPD, Grünen und FDP.

Mit der Föderalismusreform, die am 1. September 2006 in Kraft trat, sind für den Bereich Schule allein die 16 Bundesländer zuständig. Bundesstaatliche Maßnahmen wie das frühere Ganztagsschulprogramm sind gemäß dem sogenannten Kooperationsverbot nicht mehr möglich. Wie kürzlich eine Forsa-Umfrage für den Beamtenbund (dbb) ergab, sollte nach Ansicht von 54 Prozent der Bürger für Schulen und Hochschulen allein der Bund zuständig sein. Nur 26 sehen diesen Bereich als reine Ländersache und 20 Prozent als Aufgabe beider Ebenen.

Die Anforderungen an Schulen in großen Städten oder Stadtstaaten seien andere als in dünn besiedelten Regionen, sagte Wanka. «Nicht Vereinheitlichung, sondern bedarfsorientierte Differenzierung und Wettbewerb sind die richtige Antwort auf große Herausforderungen.» Kein Bundesland – egal welch politischer Couleur – wolle «diese Kernaufgabe abgeben. Ein entsprechendes Angebot, das nicht nur auf Geldtransfer zielte, habe ich noch nie gehört.» Allerdings blieben die Vergleichbarkeit der Leistungen und der Abbau unnötiger Hürden zwischen den Ländern sowie im Zusammenspiel mit dem Bund wichtig.

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Die Bundes-SPD will das «Kooperationsverbot» nach dem Hochschulsektor auch im Schulbereich abschaffen, weil es Finanzhilfen abwürge. «Wieso der Bund in der Kita Sprachförderung bezahlen darf, an der Grundschule dann aber nicht mehr, kann man keinem Menschen erklären. Gerade angesichts der Probleme im Schulbereich wie der sozial ungerechten Bildungschancen oder weit über 300 000 zu uns geflüchteten Schulkindern muss die Union endlich ihre ideologischen Scheuklappen ablegen», sagte SPD-Fraktionsvize Hubertus Heil.

Der Grünen-Bildungsexperte Kai Gehring sagte: «Das Kooperationsverbot war und ist eine eklatante Fehlentscheidung angesichts der riesigen Herausforderung, unser unterfinanziertes Schul- und Hochschulsystem gerechter und zukunftsfähig zu machen.» Es fehle an systematischer Zusammenarbeit von Bund und Ländern für bessere Schulen.

Der FDP-Vorsitzende Christian Lindner widersprach ebenfalls. Wanka berücksichtige nicht, «dass die deutschen Länder nicht untereinander im Wettbewerb stehen, sondern mit Nordamerika und China. Der Bildungsföderalismus passt nicht mehr ins Jahr 2016. Wir brauchen mehr Vergleichbarkeit, Mobilität und Finanzierung durch den Bund.» Daher müsse das «Kooperationsverbot» gekippt werden. «Statt die Kompetenzen der Länder zu verteidigen, sollte sich Frau Wanka dafür stark machen, dass die einzelne Schule von Bürokratie befreit wird.»

In der Hochschulpolitik war das «Kooperationsverbot» zwischen der Bundes- und der Länderebene 2014 durch eine Grundgesetzänderung erheblich gelockert worden. Wanka sieht auch hier eine positive Situation: «Noch nie haben Bund und Länder so intensiv gemeinsam Hochschul- und Wissenschaftspolitik betrieben wie heute.» Die Spielräume seien sogar größer als vor der Föderalismusreform. dpa

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