WIESBADEN. Wirbel um das hessische Kultusministerium: Steht Ministerin Dorothea Henzler (FDP) auf der Kippe? Oder muss ihr Staatssekretär Heinz-Wilhelm Brockmann (CDU) seinen Posten räumen?
Ein Bericht der „Frankfurter Rundschau“, in dem der Verbleib von Henzler und Brockmann infrage gestellt worden war, sorgte in Wiesbaden für hektische Betriebsamkeit. Am Abend fühlte sich Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) genötigt, seiner Ministerin Rückendeckung zu geben. „Ich habe keinen Anlass daran zu zweifeln, dass sie im Amt bleibt”, sagte Bouffier der Nachrichtenagentur dapd. Die schwarz-gelbe Koalition habe in der Schulpolitik schon einiges geleistet. „Wir haben aber auch noch viel zu tun – mit Frau Henzler”, betonte der Ministerpräsident.
Henzler gilt als politisch angeschlagen, weil es ihr angeblich nicht gelingt, die Schulpolitik der Landesregierung als Erfolg zu verkaufen. „Wer bei der schwarz-gelben Koalition auch nur etwas bohrt, stößt auf eine massive Unzufriedenheit mit der Schulpolitik der liberalen Ministerin. Ihre verunglückte Reform der staatlichen Schulämter mit einer Zentralisierung der Aufgaben – von derzeit 15 sollten nur noch sechs Ämter bestehen bleiben – ist nur ein Punkt von mehreren, die auf Kritik stoßen“, kommentiert das Nachrichtenportal „morgenweb.de“. Auch bei der Einführung eines islamischen Religionsunterrichts, den die FDP der Union abgetrotzt habe, trete sie auf der Stelle. Auch das von den Vereinten Nationen geforderte inklusive Schulsystem, den gemeinsamen Unterricht von behinderten und nichtbehinderten Kindern also, schiebe sie vor sich her. Darüber hinaus sorge die vorgesehene Streichung von 1.000 Referendarsstellen für Ärger.
Staatssekretär Brockmann wiederum ist laut „Frankfurter Rundschau“ gesundheitlich angeschlagen. Und: „Er war nach Angaben aus informierten Kreisen mehrfach mit wichtigen Konzepten vorgeprescht, die nicht mit Ministerin Henzler abgestimmt waren“, heißt es in dem Bericht. Nach Informationen der „Hessischen/Niedersächsischen Allgemeinen Zeitung“ steht Brockmann tatsächlich jetzt vor der Ablösung.
“Die Atmosphäre innerhalb der Koalition ist zerrüttet”
Die Opposition im Wiesbadener Landtag nahm die Diskussion gerne auf. Der heutige Zeitungsbericht sei der Höhepunkt von zahlreichen Bloßstellungen und Indiskretionen von CDU und FDP gegenüber ihrer eigenen Ministerin, kommentierte der bildungspolitische Sprecher der Grünen im Landtag, Mathias Wagner, das Geschehen. Henzler sei – selbst wenn sie im Amt bleibe – politisch entmachtet. „Erst stoppte die CDU-Fraktion öffentlich die Pläne zur Reform der staatlichen Schulämter. Dann erklärte ebenfalls die CDU, dass die von Henzler geplanten Kürzungen bei der Lehrerausbildung so mit ihr nicht zu machen seien. Und kurz vor den Herbstferien entmachtet die FDP selbst ihre Ministerin, in dem der stellvertretende Fraktionsvorsitzende ohne Rücksprache mit der Ministerin im Plenum die Pläne zur Schulverwaltungsreform erläutert. Mit bürgerlichen Umgangsformen hat ein solcher Umgang miteinander sicher nichts zu tun. Diese Vorgänge zeigen, wie zerrüttet die Atmosphäre innerhalb der schwarz-gelb Koalition ist und wie panisch der Überlebenskampf der FDP mittlerweile ist.“
Das Austauschen von Köpfen allein mache aber noch keine andere Bildungspolitik. Wagner: „Es wäre sogar billig und schäbig, jetzt allein Frau Henzler die Schuld für das Scheitern schwarz-gelber Bildungspolitik zu geben. Wenn Schwarz-Gelb weiter glaubt, im Bildungsbereich kürzen zu können, wird auch ein Ministerwechsel keine Verbesserung bringen. Und wenn Schwarz-Gelb weiter in den ideologischen Schützengräben des Schulkampfs bleibt, während mittlerweile bundesweit weitreichende Reformen wie beispielsweise das Zwei-Säulen-Schulmodell auf den Weg gebracht werden, würde auch mit einem Nachfolger von Frau Henzler nichts besser.“ Henzler hatte – wie auch Ministerpräsident Bouffier – Bundesbildungsministerin Annette Schavan (CDU) dafür kritisiert, die Hauptschule abschaffen zu wollen.
Für den parlamentarischen Geschäftsführer der SPD-Landtagsfraktion Günter Rudolph ist die Personaldebatte eine „weitere Eskalationsstufe des Tohuwabohus in der Landesregierung“. Rudolph: „In dieser Landesregierung geht es drunter und drüber. Schwarz-Gelb ist nur noch mit sich selbst beschäftigt.“ (red)