Ranzenparty und Einschulungsbuffet – Einschulung wird immer größer gefeiert

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MAINZ. Für die Erstklässler beginnt nächste Woche ein neuer Lebensabschnitt. Die Kinder sind gespannt, die Eltern stolz – und die Feiern zur Einschulung werden immer aufwendiger. Beispiele aus Rheinland-Pfalz.

Viele kleine Rheinland-Pfälzer sind aufgeregt: Nächste Woche startet die Schule. Wo früher Schultüte und ein Kuss ausgereicht haben, feiern Familien heute die Einschulung immer ausgiebiger. Der Eintritt in den neuen Lebensabschnitt wächst sich zum Familienfest aus – mit teils kommerziellen Zügen.

Der Zeitpunkt der Einschulung kann den Bildungsweg prägen (Foto: Dirk Ziegener/Flickr CC BY-NC 2.0)
Für Einschulungen kommt häufig die ganze Familie zusammen. (Foto: Dirk Ziegener/Flickr CC BY-NC 2.0)

Während die meisten Schüler am Montag anfangen, beginnt der Schulstart für die ABC-Schützen in der Regel erst am Dienstag. Überraschend klettert ihre landesweite Zahl trotz des demografischen Wandels um fast 900 auf etwa 33 600. Die Gesamtzahl aller Schüler sinkt dagegen laut Bildungsministerium um fast 9500 auf rund 548 000.

Der Trend zur aufwendigeren Einschulung zeigt sich im ganzen Land. Bildungsministerin Doris Ahnen (SPD) sieht darin einen schönen Ausdruck der Fürsorge. «Erstens gibt es weniger Kinder und mehr Verwandte, die sich um ein Kind kümmern. Zweitens ist Bildung im Bewusstsein der Leute sehr wichtig. Beides führt dazu, dass die Einschulung wohl noch mehr gefeiert wird.»

Der Sprecher des Landeselternbeirates, Rudolf Merod, erklärt: «In Ostdeutschland sind große Einschulungsfeiern schon lange Brauch. Jetzt kommt das auch bei uns an.» Die Schulen machten mit – weil sie wüssten, wie wichtig die Familie für den Bildungserfolg sei. Auch Merod sieht in den vielen Kleinfamilien einen Grund für den Trend. Dadurch legten manche Eltern besonders viel Wert auf ihre Zöglinge. «Die Schulen müssen den Kindern aber auch beibringen, dass sie nicht allein im Universum agieren», betont Merod.

Meist gibt es neben einem Schulgottesdienst auch ein Programm, bei dem Lehrer und größere Schüler die Kleinen begrüßen. Die Sprecherin der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD) in Trier, Eveline Dziendziol, sagt: «Das ist gedacht, um den Kindern die Ängste zu nehmen und sie herzlich willkommen zu heißen.» Auch die Schultüte gehöre natürlich dazu. «Der Anfang ist immer schon versüßt worden.» Der ADD sind landesweit fast 1700 Schulen unterstellt.

Laut der Rektorin der Martinus-Grundschule in Mainz-Gonsenheim, Elisabeth Schmidt, gibt es neben der Schultüte heute häufig noch weitere Geschenke – und vor allem mehr Aufmerksamkeit, etwa mit Anzeigen in der Zeitung.

Die Einschulungsfeier sei meist eine Veranstaltung für die ganze Familie. «Da reisen schon mal Opa und Oma aus Ulm an.» Oft würden sich beide Eltern freinehmen und sogar Geschwister früher aus der Schule holen. Dabei sei ihre Aula immer voll, sagt die Rektorin. «Die platzt aus allen Nähten.» Eltern sollten den Schülern mit einem anstrengenden Tag aber nicht zu viel zumuten, warnt Schmidt. «Die Familien mögen die Kinder nicht überfordern.»

Der Landesgeschäftsführer des Verbands Bildung und Erziehung Rheinland-Pfalz, Hjalmar Brandt, weist zudem auf eine zunehmende Kommerzialisierung hin: «Es gibt weniger Kinder, die Erwartungen an sie werden größer. Deswegen sind Eltern bereit, mehr Geld für die Einschulung auszugeben.» Daran hänge ein ganzer Wirtschaftszweig mit «technischem Tinnef» in Schultüten und teuren Schulranzen etwa mit eingebauter Federwaage. «Man macht ein Event daraus», sagt Brandt.

Das tut ein Fachgeschäft in Stadecken-Elsheim bei Mainz wortwörtlich. Einmal im Jahr buche es die Coface-Arena der Landeshauptstadt für eine Ranzenparty, zu der bis zu 1500 Familien kämen, sagt Mitarbeiterin Birgit Johannides. Dort könnten die Kinder mehr als 400 Schulranzen testen, auch wenn die Ergonomie für sie meist nebensächlich sei. Die Kleinen interessiert vor allem eines: Die Optik. «Über das Modell entscheiden die Eltern, über das Motiv die Kinder.» Ranzenpartys gibt es inzwischen überall im Land.

Die schicken Taschen gehen ins Geld: «Ein guter Ranzen mit Mäppchen und Sporttasche kostet zwischen 180 und 200 Euro», sagt Johannides. Wer sich mit einem Modell aus der Vorsaison begnüge, komme günstiger weg: «Die gibt es ab etwa 69 Euro.»

Aber auch andere Branchen haben die Erstklässler und ihre Familien als Kundengruppe für sich entdeckt – etwa die Gastronomie. Zahlreiche Restaurants bieten Einschulungsbuffets an und servieren für die Schulneulinge Suppe mit Buchstabennudeln, Spaghetti, Pommes oder Fischstäbchen.

«Der neue Lebensabschnitt wird größer gefeiert als früher», bestätigt Thomas Meinlschmidt, Küchendirektor in einem Mainzer Restaurant. Seit sechs Jahren gibt es dort ein Einschulungsbuffet. In diesem Jahr rechnet er mit Anmeldungen von bis zu 40 Familien. «Es wird jedes Jahr mehr», sagt Meinlschmidt. Auch in einem Restaurant in Trier sind an den ersten Tagen nach den Schulferien reichlich Tische am Mittag gebucht. «Es ist schon so, dass viele Familien den Start mit ihren Kindern feiern», sagt eine Sprecherin.

Das kann sich allerdings nicht jeder leisten. Der Sprecher des Bildungsministeriums, Wolf-Jürgen Karle, glaubt, dass manche Alleinerziehende aus finanziellen Gründen diese Feiern etwas bescheidener gestalten dürften. Der Referent für weltkirchliche Aufgaben im Bistum Speyer, Christoph Fuhrbach, sagt, man könne auch ohne viel Geld Feste feiern, die fröhlich seien und richtig Spaß machten – etwa in der freien Natur. Kim Alexander Zickenheimer/dpa

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