Kinderporno-Verdacht gegen Lehrer: Behörden setzen Odenwaldschule ein Ultimatum

1

HEPPENHEIM. Die Odenwaldschule meint, nach Hinweisen auf einen als «merkwürdig» beschriebenen Lehrer alles richtig gemacht zu haben. Die Behörden sehen das anders: Von Offenheit und Transparenz könne keine Rede sein.

Wegen des Kinderporno-Verdachts gegen einen Lehrer gerät die südhessische Odenwaldschule immer stärker in die Kritik der Aufsichtsbehörden. Inzwischen gibt es für diesen Freitag (25.) ein Ultimatum mit der Androhung von Konsequenzen wie etwa strengeren Auflagen. Die Darstellung von Schulleiter Siegfried Däschler-Seiler sei zudem «hart an der Grenze der Unverschämtheit», sagte Matthias Schimpf (Grüne) als stellvertretender Landrat des Kreises Bergstraße am Donnerstag. Däschler-Seiler hatte sich im Hessischen Rundfunk gegen den Vorwurf gewehrt, den Verdacht verschleiert zu haben.

An dem Reform-Internat waren vor Jahrzehnten mindestens 132 Schüler von Lehrern sexuell missbraucht worden. Der Skandal kam erst viele Jahre später an die Öffentlichkeit.

Im neuen Fall habe neben dem Landkreis Bergstraße auch das staatliche Schulamt in Heppenheim nach Hinweisen von Schülern vergangenes Jahr keine Informationen auf die Beobachtung des Pädagogen erhalten. «Der Schulleiter ist aber berichtspflichtig», sagte Schulamts-Leiterin Frida Bordon.

Anzeige
Das Idyll trügt: Um die Odenwaldschule wird wieder heftig gestritten. Foto: Jakob Montrasio / flickr (CC BY 2.0)
Das Idyll trügt: Um die Odenwaldschule wird wieder heftig gestritten. Foto: Jakob Montrasio / flickr (CC BY 2.0)

Laut Schule geriet der Pädagoge im vergangenen Sommer ins Visier, weil Schüler ihn als «manchmal merkwürdig und komisch» beschrieben. Die Wohnung des inzwischen entlassenen 32-Jährigen war am 9. April 2014 wegen des möglichen Besitzes von Kinderpornos von der Polizei durchsucht worden. Die Auswertung des sichergestellten Materials könnte nach Angaben der Staatsanwaltschaft Darmstadt etwa sechs Monate dauern. Der Verdächtigte schweige weiterhin.

Das Ultimatum des Landkreises Bergstraße läuft am (morgigen) Freitag um 12.00 Uhr ab. Die Odenwaldschule teilte mit, sie arbeite an den Antworten auf die gestellten Fragen. Sollte es zu keinem zufriedenstellenden Ergebnis kommen, plant der Landkreis dann für kommenden Montag (28.4.) Gespräche mit den übergeordneten Behörden.

Zuständig als Aufsicht für das Internat ist das Kreisjugendamt in Verbindung mit dem Landesjugendamt beim Sozialministerium. Das Ministerium erteilt die Betriebserlaubnis des Internats. Die Schule wird überwacht und genehmigt durch das staatliche Schulamt in Heppenheim als Mittelbehörde des Kultusministeriums. dpa

Zum Bericht: Chef der Aufsichtsbehörde „geschockt über Untiefe der Pädophilie“ an der Odenwaldschule

Anzeige


Info bei neuen Kommentaren
Benachrichtige mich bei

1 Kommentar
Älteste
Neuste Oft bewertet
Inline Feedbacks
View all comments
mehrnachdenken
9 Jahre zuvor

Keine Frage, der vielfache sexuelle Missbrauch von Schutzbefohlenen an dieser Schule ist ein großer Skandal, und die schlimme Vergangenheit scheint diese Einrichtung offenbar immer wieder einzuholen.
Sollten sich die Verdachtsmomente im aktuellen Fall gegen den Lehrer bestätigen, ist das natürlich ebenfalls in scharfer Form zu verurteilen.

Aber: Schüler haben die betreffende Lehrkraft als „komisch“ und „merkwürdig“ beschrieben und ihre Beobachtung – so verstehe ich das – den Behörden mitgeteilt.
Mit Verlaub, ich möchte jetzt keinesfalls den Kollegen in Schutz nehmen, aber jetzt reichen offensichtlich schon so vage Verdächtigungen aus, und der Behördenapparat setzt sich in Bewegung.
Wie viele Lehrkräfte lernte ich in meiner Schulzeit und später als Lehrkraft kennen, die auf mich einen „komischen“ und „merkwürdigen“ Eindruck machten! Vorsicht! Vielleicht sollten sich die Lehrkräfte zu ihrem eigenen Schutz vorbeugend „scannen“ lassen, ob sie evtl. auch zu dieser Kategorie gehören.

Liebe Redaktion, ich kann und möchte mir einfach nicht vorstellen, dass Behörden aufgrund dieser mehr als unpräzisen Vermutungen tätig werden. Möglicherweise gab es konkretere Hinweise, die ich aber im Bericht nicht entdecken kann.