Streikwelle rollt an: Lehrer legen Arbeit nieder

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BERLIN. Nach dem vorläufigen Scheitern der Tarifverhandlungen im öffentlichen Dienst der Länder rollt eine Streikwelle an. In den kommenden Tagen dürften vor allem viele Eltern schulpflichtiger Kinder eine alternative Betreuung organisieren müssen. Am Montag kam es zu ersten Warnstreiks im öffentlichen Dienst. Den Anfang machten rund 300 Beschäftigte an der Uniklinik Essen. Dort war nach Angaben einer Verdi-Sprecherin etwa ein Drittel der Operationssäle nicht in Betrieb, der Krankentransport lief mit Minimalbesetzung.

Gibt es bald wieder Streiks - wie im vergangenen Jahr? Foto: GEW BERLIN
Schon 2013 streikten angestellte Lehrer in Berlin für eine bessere Bezahlung. Foto: GEW BERLIN

Von Dienstag an, dem 3. März 2015, wollen in mehreren Bundesländern angestellte Lehrer in den Ausstand treten. Davon gibt es in Deutschland insgesamt gut 200.000. Die knapp 650.000 verbeamteten Lehrer streiken nicht. In Berlin sind am Dienstag die Lehrer an Grundschulen zu einem ganztägigen Warnstreik aufgerufen, weitere Schwerpunkte gibt es laut Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) dann unter anderem in Nordrhein-Westfalen, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen. „Ein vernünftiger, normaler Unterricht wird in den nächsten Tagen an vielen Schulen nicht möglich sein“, sagte die Sprecherin der GEW in NRW.

Die Kernforderungen der Gewerkschaften lauten 5,5 Prozent mehr Geld, mindestens aber 175 Euro mehr, ein Ende von Befristungen ohne Sachgrund sowie Einstellungszusagen für Azubis. Als Hauptgründe für das vorläufige Scheitern der Tarifverhandlungen erwiesen sich aber starke Differenzen über die betriebliche Altersvorsorge und über die tarifliche Eingruppierung der Lehrer. Beim Verdienst sind die Unterschiede zwischen angestellten und beamteten Lehrern groß, außerdem werden sie in den Bundesländern unterschiedlich bezahlt. Die Gehälter klaffen laut Gewerkschaft unter anderem deshalb auseinander, weil die Länder uneinheitlich entscheiden, unter welchen Voraussetzungen Lehrer den Beamtenstatus erhalten – mit Privilegien und insgesamt besserer Bezahlung.

Beispiel: Ein Techniklehrer am Berufskolleg würde in NRW nur als Angestellter eingestellt, geht er nach Rheinland-Pfalz, wird er Beamter. Bei angestellten Lehrern gibt es der GEW zufolge deutschlandweit über 1000 verschiedene Kriterien, nach denen in Gehaltsgruppen oder -stufen eingeteilt wird.

Weiterer Grund für die Schere bei der Bezahlung: Angestellte Lehrer zahlen Beiträge in Renten-, Arbeitslosen- und Krankenversicherung, und diese sind in den vergangenen Jahrzehnten stetig und deutlich gestiegen. Das wurde aber beim Bruttogehalt laut Gewerkschaft nicht ausreichend kompensiert. Die Pädagogen mit Beamtenstatus zahlen nur in eine private Krankenversicherung. Von Gehaltserhöhungen für die Angestellten im öffentlichen Dienst hätten die Beamten zugleich aber immer mitprofitiert, in der Regel mit einer 1:1-Übertragung. Bei der Altersvorsorge sehe es ebenfalls ungleich aus: Ein angestellter Pädagoge erhalte im Durchschnitt 42 Prozent seines Gehalts als Rente, der Beamte bekomme als Pension rund 70 Prozent seiner vorherigen Bezüge.

„Die Streiks werden nächste Woche eskalieren“, sagte der Vizechef des Beamtenbundes (dbb), Willi Russ, der Deutschen Presse-Agentur. Ausstände soll es zunächst bis zur nächsten Verhandlungsrunde am 16. und 17. März in Potsdam geben. Warnstreiks gibt es laut Dienstleistungsgewerkschaft Verdi auch beim Küstenschutz, in Straßenmeistereien und Landesverwaltungen insgesamt. Der Verdi-Vorsitzende Frank Bsirske verteidigte die Arbeitsniederlegungen. Es könne nicht angehen, dass sich die Länder mit der Schuldenbremse selbst Fesseln anlegten und die Beschäftigten das dann ausbaden sollten, „zumal die Steuereinnahmen sprudeln“, sagte er der „Nordwest-Zeitung“. dpa

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2 Kommentare
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Küstenfuchs
9 Jahre zuvor

Der Vergleich zwischen den Ruhestandsgehältern hinkt aber! Ein Angestellter hat schon alle Abgaben bezahlt, der Pensionär muss noch seine (im Alter recht hohe) private Krankversicherung bezahlen.

Er hat (ungerechterweise) immer noch mehr, aber der Unterschied ist bei Weitem nicht so groß wie dargestellt.

dickebank
9 Jahre zuvor

Na, wenn Du Dich da nicht einmal täuchst.

Allein die Aussage, es gäbe eine zweiklassengesellschaft, ist der nackte Hohn.

Es gibt zum einen die Beamten (A12), dann die grundständigen Lehrer in E12 TV-L, dann die Seiteneinsteiger mit abgeschlossenem Vorbereitungsdienst, Zweitem Staatsexamen und unbefristeter Stelle zu E11 TV-L sowie die „Arbeitsmarktreserve“ Kollegen und Kolleginnen mit befristeten Stellen, die von Beginn des Schuljahres bis zu dessen Ende (11 Monate) gehen.

Allein der Unterschied zwischen E11 und E12 macht bei gleicher Tätigkeit 170 bis 430 Euro je nach Altersstufe in der Grundvergütung aus. Die Unterschiede zwischen diesen beiden Gruppen ind auch schon bei der Rentenhöhe deutlich spürbar. Der Unterschied zwischen den Pensionen und den renten der GRV für Beamte (A12) und Angestellte (E12) ist ebenfalls nicht unerheblich.

BTW der rentner zahlt auch Beiträge zur Kranken- und OPflegeversicherung der Rentner auf seine Rentenbezüge, von privaten Krankenzusatzversicherungen einmal ganz zu schweigen. Wenn der Tariflichbeschäftigte wegen Erreichens der Obergrenze aus der GKV ausgeschieden ist und sich zu aktiven zeiten privat krankenversichert hat, dann trifft es ihn noch härter, denn anders als bei den Pensionären fallen ja die Zahlungen der beihilfe für ruhestandbeamte weg.

Also liebe Beamte, hört auf dauernd eure Kosten für die private Krankenzusatzversicherung ins Spiel zu bringen, die anderen Gruppen haben ebenfalls ihre Kosten für Versicherungsleistungen, die über Zusatzversicherungen abgedeckt werden.