Diskussion um Energy-Drinks an Schulen: Riskanter Koffein-Kick oder harmloser Wachmacher?

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GÖTTINGEN. Das Versprechen ist simpel und verpackt in stylishen Verpackungen: Energy-Drinks steigern die Leistungsfähigkeit, erhöhen die Konzentration und sind Wachmacher nach langen Nächten. Damit treffen sie den Nerv der Jugendlichen. Viele Schüler schütten literweise die süßen, koffeinhaltigen Trendgetränke in sich hinein – gerne vor dem Sport oder gemixt mit Alkohol auf Partys. In der Schweiz hat eine Privatschule Energy-Drinks nun vom Pausenhof verbannt.

Verbraucherschützer und Ärzte warnen schon länger vor den gesundheitlichen Folgen der flüssigen Wachmacher. Energy-Drinks stehen im Verdacht, Herzrhythmusstörungen, Krampfanfälle und Nierenversagen zu verursachen, warnt die Verbraucherorganisation Foodwatch. Unerwünschte Nebenwirkungen stellten auch die Lehrer an der Schweizer Privatschule „Lernstudio“ in Winterthur fest. „Wir sehen, wie zittrig, kribbelig und unkonzentriert der Konsum von Energydrinks die Schüler macht, und wollen etwas dagegen unternehmen“, sagt Schulleiterin Sofije gegenüber der Schweizer Zeitung „Der Landbote“. Seit Anfang des Schuljahres sind Energy Drinks an ihrer Schule verboten. Um den Schülern Alternativen zu zeigen, findet stattdessen nun regelmäßig ein Smoothie-Workshop statt.

Diskussion um Energy-Drinks: Stellen die flüssigen Wachmacher eine Gefahr für Schüler dar? Foto: Simon Desmarais / flickr (CC BY-SA 2.0).
Diskussion um Energy-Drinks: Stellen die flüssigen Wachmacher eine Gefahr für Schüler dar? Foto: Simon Desmarais / flickr (CC BY-SA 2.0).

Nach einer Ende Mai veröffentlichten Studie der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit Efsa trinken bereits 68 Prozent der Teenager in der EU Energy-Drinks. Verbraucherschutzorganisationen in Deutschland fordern ein Verkaufsverbot der Getränke an Minderjährige. Die SPD-Fraktion im Bundestag setzt sich für ein Abgabeverbot an unter 16-Jährige ein. Die Wirtschaftsvereinigung Alkoholfreie Getränke hingegen hält die Forderungen für «absolut unverhältnismäßig». Eine 250-Milligramm-Getränkedose eines typischen Energydrinks enthalte in etwa die gleiche Menge Koffein wie eine Tasse Filterkaffee, argumentiert der Verband. Und auch Bundesernährungsminister Christian Schmidt sagt: «Verbote laufen hier ins Leere. Wir müssen stattdessen das Bewusstsein schärfen. Nachhaltige Erfolge erzielen wir durch Aufklärung und Bildung.» Er werde noch in diesem Jahr eine Aufklärungskampagne zu Energy-Drinks und anderen koffeinhaltigen Lebensmitteln starten, kündigt der CSU-Politiker auf dpa-Anfrage an.

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Der Göttinger Kinderkardiologe Martin Hulpke-Wette hält den Kurs der Bundesregierung für unverantwortlich. Ein Verbot sei schon deshalb notwendig, weil die Folgen des chronischen, hochdosierten Konsums von Energy-Drinks im Jugendalter noch gar nicht wissenschaftlich untersucht seien, sagt der Mediziner. Mindestens 700 000 Kinder in Deutschland leiden dem Arzt zufolge unter Bluthochdruck, die meisten wüssten davon gar nichts. Inzwischen gebe es sogar «Energy Sweets», koffeinhaltige Fruchtgummis in Form von Dosen. «Das ist für mich die Perversion schlechthin. Immer jüngere Kinder sollen damit angefüttert werden», kritisiert Hulpke-Wette. Die massiven wirtschaftlichen Interessen hätten offensichtlich ein höheres Gewicht als die Sicherheit von Kindern und Jugendlichen, sagt der Kinderkardiologe. Wie bei Zigaretten und Alkohol müsse auch bei diesem Thema der Jugendschutz greifen. Das Bundesjugendministerium sieht allerdings aufgrund des aktuellen Forschungsstandes keinen Anlass für ein Konsum- oder Abgabeverbot.

Die Vorgaben für Energydrinks seien erst kürzlich verschärft worden, betont das Ernährungsministerium. So sei der zulässige Koffeingehalt auf maximal 320 Milligramm pro Liter beschränkt worden. Bei Getränken mit mehr als 150 Milligramm Koffein pro Liter muss neben dem Hinweis «Erhöhter Koffeingehalt» seit vergangenem Dezember auch ein zweiter Warnhinweis stehen: «Für Kinder und schwangere oder stillende Frauen nicht empfohlen».

Für die Wirkung von Energie-Drinks ist neben dem Koffein als Aufputschmittel Zucker ein weiterer Energielieferant. Ob die weiteren Zutaten wie Taurin, das als Stoffwechsel anregend gilt, Inosit oder Glucuronolacton ebenfalls leistungssteigernd wirken, ist wissenschaftlich nicht belegt, erklärt die Stiftung Warentest auf ihrer Internetseite.

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Anonyme
10 Monate zuvor

Man kann nichts verboten, solange die Menschen das nicht wollen.