DGB: Wirtschaft muss «liefern» für attraktivere duale Ausbildung

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BERLIN. Der Berufsbildungsbericht 2016 legt einige Schwachstellen im dualen Ausbildungssystem offen. Für den DGB tut die Wirtschaft insgesamt zu wenig, zudem sei in manchen Branchen eine Lehre schlicht unattraktiv.

Der Deutsche Gewerkschaftsbund fordert die Wirtschaft angesichts der Trends im neuen Berufsbildungsbericht auf, größere Anstrengungen für die kriselnde duale Ausbildung zu unternehmen. Die Arbeitgeber hätten 20 000 zusätzliche Lehrstellen für 2015 versprochen. «Am Ende waren es nur 7300», sagte die stellvertretende DGB-Chefin Elke Hannack. Die Regierung habe «mit der assistierten Ausbildung und den ausbildungsbegleitenden Hilfen die Unterstützung für Betriebe und Jugendliche stark ausgebaut. Jetzt muss die Wirtschaft endlich liefern.»

Einen Trend zu immer weniger neuen Ausbildungsverträgen in Deutschland bestätigt der Berufsbildungsbericht 2016, der am Vormittag (09.30 Uhr) vom Bundeskabinett beraten wird. Demnach sank diese Zahl gegenüber 2014 erneut leicht auf gut 522.000. Bei der Bundesagentur für Arbeit waren rund 520.000 Ausbildungsplätze gemeldet, 1,6 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum. Es blieben aber viele Lehrstellen unbesetzt – mit rund 41.000 wurde der höchste Stand seit 1996 verzeichnet. Die Zahl unversorgter Bewerber ging leicht zurück auf rund 20.700. Nur jede fünfte Firma in Deutschland bildet noch aus, offenbart der 170-seitige Report des Bildungsministeriums.

Nach Hannacks Eindruck ist die Studierneigung der Schulabgänger «nicht das Hauptproblem der dualen Ausbildung. Wenn die Zahl der Ausbildungsverträge seit mehreren Jahren sinkt, liegt dies vielmehr an der mangelnden Integrationskraft des dualen Systems für junge Menschen mit schlechten Startchancen.» Die Betriebe müssten «sich wieder mehr für junge Menschen mit maximal einem Hauptschulabschluss öffnen». Derzeit blieben in Industrie und Handel zwei von drei Ausbildungsangeboten Hauptschülern von vornherein verschlossen. Hannack: «Das gilt selbst für Hotels und Gastronomie. Dabei klagt die Branche seit Jahren über unbesetzte Ausbildungsplätze.»

Nach einer DGB-Auswertung ist der Beruf der Restaurantfachkraft mit gut 35,2 Prozent nicht besetzten Lehrstellen besonders unbeliebt – noch vor Fleischer (35,1) und Lebensmittelfachverkäufer (33,0). «Leider ist in Restaurants und Hotels die Ausbildung oft miserabel. Ein rüder Umgangston und Verstöße gegen den Jugendarbeitsschutz sind nicht selten», so Hannack. Der Azubi-Mangel in einigen Branchen sei demnach «hausgemacht».

Der DGB verweist außerdem darauf, dass laut Berufsbildungsbericht die Quote der Lehrlinge mit Abitur/Studienberechtigung (26,2 Prozent) fast der Quote derjenigen mit Hauptschulabschluss (28,1) erreiche. Außerdem geht aus dem der Deutschen Presse-Agentur vorliegenden Report hervor, dass Frauen nicht nur in geringerem Maße in der dualen Berufsausbildung vertreten sind, sondern sich immer noch zu sehr auf wenige Lehrberufe konzentrieren, etwa Bürokauffrau oder medizinische Fachangestellte. Drei von vier Ausbildungsanfängerinnen (74,9 Prozent) fanden sich 2015 in nur 25 Berufen wieder. Von den jungen Männern entfielen auf die 25 meistgewählten Berufe gerade mal 61,7 Prozent – entsprechend größer waren die Optionen dieser Bewerber.

«Junge Frauen haben in aller Regel bessere Schulabschlüsse, aber ihr Bildungsvorsprung geht schnell verloren, wenn es um Beruf und Karriere geht», sagte Hannack der dpa. «In der Berufsorientierung müssen Rollenklischees aufgebrochen und die gesamten Talente der jungen Frauen gefördert werden.» dpa

Zum Bericht: Möglichst Gymnasium, möglichst Abitur, möglichst Studium – Wie Wanka den “Akademisierungswahn” stoppen will

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