Israelreise: Ministerpräsident Albig warnt vor Antisemitismus – mehr Unterstützung für Lehrer in Aussicht

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JERUSALEM. Mahnende Worte in der Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem: Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Albig sieht den Antisemitismus in Europa wieder wuchern. Eine neue Kooperation mit Yad Vashem soll Lehrern helfen, den Holocaust und dessen Lehren zu vermitteln.

In der israelischen Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem hat Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Torsten Albig (SPD) vor wachsendem Antisemitismus und religiösem Hass in Europa gewarnt. Die Erinnerung an Deutschlands dunkle Vergangenheit sei gerade in unserer heutigen Welt unerlässlich, sagte Albig am Donnerstag vor der Kindergedenkstätte in Yad Vashem. Danach unterzeichnete er eine gemeinsame Vereinbarung des Landes Schleswig-Holstein mit Yad Vashem zur Lehrerfortbildung über den Holocaust.

Zuvor hatte Albig in der Halle der Erinnerung einen Kranz niedergelegt und das Mahnfeuer entfacht. In einer Schweigeminute gedachten der Ministerpräsident und seine Delegation der sechs Millionen europäischen Juden, die von den Nazis im Zweiten Weltkrieg ermordet worden waren. Zu dem Besuch gehörte auch eine sehr bewegende Führung durch das Holocaust-Museum.

Künftig sollen Lehrer aus Schleswig-Holstein in der International School for Holocaust Studies in Yad Vashem Fortbildungsseminare machen können. Ein Ziel ist es, den Holocaust in den Schulen zu vermitteln und hierfür Unterrichtsmaterialien zu erarbeiten. Bereits mehrere Bundesländer haben mit der Holocaust-Gedenkstätte ein solches Kooperationsabkommen geschlossen. «Es war höchste Zeit, dass mein Land Schleswig-Holstein diesem Beispiel folgt», sagte Albig.

Es gelte in den Schulen und Hochschulen die Bedeutung von Wachsamkeit und Mut klar zu machen, um die Werte Toleranz, Dialogbereitschaft und gegenseitiges Verständnis zu verteidigen. Die Lehrer aus dem Norden, die künftig in Yad Vashem Fortbildungen absolvieren, stünden vor vielen Herausforderungen, ihr erworbenes Wissen in Kiel, Flensburg oder Lübeck zu vermitteln – nicht zuletzt, wie die Lehren der Vergangenheit einer zunehmend heterogenen, multi-ethnischen Schülerschaft nahegebracht werden können.

Sich als praktizierenden Juden zu outen, ist in Deutschland offenbar mittlerweile - wieder - gefährlich. Foto: James MacDonald / flickr (CC BY 2.0)
Unterrichtsmaterialien über den Holocaust sind nach wie vor gefragt – hier Kippa eines praktizierenden Juden. Foto: James MacDonald / flickr (CC BY 2.0)

«Was hat uns Yad Vashem heute zu sagen? Die Bedeutung des Nichtvergessens der Vergangenheit, auch wenn es schmerzvoll sein dürfte», sagte Albig. «Die Bedeutung, jüngeren Generationen die Konsequenzen zu lehren von hasserfüllten, rassischen und religiösen Vorurteilen.» Als dritte Lehre nannte Albig die «absolute Notwendigkeit eines friedfertigen und respektvollen Miteinanders in schwierigen Zeiten». Der Ministerpräsident schloss seine kurze Rede mit dem israelischen Gruß «Shalom».

Am Nachmittag lud Israels Staatspräsident Reuven Rivlin den deutschen Gast in seine Residenz in Jerusalem ein. Es sei eine große Ehre, vom israelischen Staatspräsidenten empfangen zu werden, sagte Albig vor dem Treffen. Die sei ein Ausdruck von Wertschätzung, aber auch der Besuch Rivlins im vergangenen Jahr in Kiel dürfte wohl in guter Erinnerung geblieben sein. Im Mai 2015 hatte Rivlin auch die Werft ThyssenKrupp Marine Systems besucht, die für Israel U-Boote und Korvetten baut.

Nicht nur als Ministerpräsident, sondern auch als stellvertretender Vorsitzender der Jerusalem Foundation Deutschland macht Albig seinen Antrittsbesuch in Jerusalem. Die 1966 gegründete Jerusalem Foundation mit Schwesterorganisationen in vielen Ländern hat nach eigenen Angaben bereits 2000 Projekte in der Stadt und setzt sich für eine pluralistische Gesellschaft ein.

Zum dichtgedrängten Tagesprogramm gehörten denn auch Besuche in der Max Rayne Hand in Hand Schule für bilinguale Erziehung von Juden und Arabern sowie der Schmidt Schule, einer im 19. Jahrhundert gegründeten katholischen Mädchenschule, die den Status einer deutschen Auslandsschule hat. Rund 85 Prozent der Schülerinnen sind Muslime, nur etwa 15 Prozent Christen. Nach Einschätzung Albigs lässt sich von diesen Projekten auch etwas darüber lernen, wie die Integrationsprobleme in Deutschland besser gelöst werden können.

Nach einem Rundgang durch die Jerusalemer Altstadt hatte am Abend der deutsche Botschafter Clemens von Goetze zu einem Essen eingeladen. Am Freitag will Albig zum Abschluss seiner dreitägigen Reise den Friedenskindergarten des YMCA und das Israel-Museum mit den legendären Qumran-Rollen, den ältesten erhaltenen biblischen Schriften, besuchen. dpa

Pädagogische Materialien und mehr Informationen von und über Yad Vashem

 

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