Die AfD empört sich über ein Aufklärungsbuch von Janosch – „offensive Frühsexualisierung“

18

ERFURT. Die Thüringer AfD um ihren Fraktionsvorsitzenden Björn Höcke zieht gegen den Kinderbuchautoren Janosch zu Felde. Genauer: gegen sein Aufklärungsbuch: „Mutter sag, wer macht die Kinder“. Das werde von Grundschulen eingesetzt, behauptet die AfD-Landtagsfraktion in einem bildungspolitischen Papier (das sie trotz des bestehenden Verbots von Parteienwerbung an Schulen an sämtliche Schulen im Freistaat verschickt hat).

Was sie an Janosch empört, dokumentiert die AfD auch – mittels zwei Zeichnungen in der typischen Art des Illustratoren, auf dem ein nacktes Paar beim Sex zu sehen ist, und mit Zitaten aus dem Werk („Manchmal legt sich der Vater oben auf die Mutter und manchmal die Mutter oben auf den Vater. Und manche machen es wie wir. Wie die Mäuse. Vorn ist die Mutter und hinten der Vater“).

"'Steckt ihn in Mutters Puschel ...' 'Das heißt Vagina.'" - Die AfD (hier ein Ausriss aus ihrem Positionspapier mit den Zeichnungen von Janosch) empört sich über eine "offensive Frühsexualisierung" von Kindern. Screenshot
„‚Mutters Puschel …‘ ‚Das heißt Vagina.'“ – Die AfD (hier ein Ausriss aus ihrem Positionspapier mit den Zeichnungen von Janosch) empört sich über eine „offensive Frühsexualisierung“ von Kindern. Screenshot

Schon im Mai hatte die AfD in einer Kleinen Anfrage behauptet, das Buch komme im „Heimat- und Sachkundeunterricht“ von Thüringer Grundschulen zum Einsatz und bezog sich dabei auf eine angebliche Erklärung des Bildungsministeriums in Erfurt. Das allerdings hatte lediglich auf die Verantwortung der Schulen beim Gebrauch von Unterrichtsmaterialien verwiesen – und tat es dann noch einmal: „Generell gilt, wie bereits (…) mitgeteilt, dass Materialien zu dieser Thematik von den Lehrerinnen und Lehrern vor dem Einsatz im Unterricht auf ihre fachwissenschaftliche Eignung, auf Grundaussagen zur Sexualität, auf ihre Angemessenheit im Hinblick auf das Alter der Schülerinnen und Schüler sowie auf Lehrplankonformität hin zu prüfen sind“, heißt es.

„Keine Schulbücher“

„Im Übrigen ist anzumerken, dass die von der Fragestellerin erwähnten Bücher nicht im Thüringer Schulbuchkatalog gelistet sind. Es handelt sich um Lernmittel, die keine Schulbücher sind. Für diese Lernmittel ist kein förmliches Zulassungs- und Genehmigungsverfahren, wie es bei Schulbüchern durchgeführt wird, erforderlich“, so führt das Ministerium weiter aus. Richtig allerdings sei, dass der Thüringer Lehrplan Heimat- und Sachkunde für die Grundschule im Abschnitt „Mensch“ des Kapitels „Lebewesen und Lebensräume“ Kompetenzen ausweise, die die Schülerinnen und Schüler bereits ab der Schuleingangsphase hinsichtlich der Sexualerziehung erwerben sollen. Die AfD lehnt den Lehrplan als „offensive Frühsexualisierung“ von Kindern strikt ab. Im aktuellen Positionspapier ist gar von einer „Pornografisierung des Unterrichts“ die Rede. News4teachers

„Nicht nur aus Sicht der Sieger“: Was Schüler über Hitler und Nazi-Deutschland lernen sollen – wenn’s nach der AfD geht

 

Anzeige


Info bei neuen Kommentaren
Benachrichtige mich bei

18 Kommentare
Älteste
Neuste Oft bewertet
Inline Feedbacks
View all comments
Pälzer
6 Jahre zuvor

Nu, nach dem N4T-Artikel zu schließen stiehlt sich das Bildungsministerium ja aus der Verantwortung und umgeht die Frage, ob ein solches, offensichtlich ungeeignetes Buch in Grundschulen verwendet werden darf oder nicht. Fakt ist, meine 5.-Klässler wollen alle mit zu expliziten Belehrungen in Ruhe gelassen werden. Pädophile haben da natürlich andere Interessen. Der eigentliche Skandal ist: sollte man eine AfD brauchen, um dieses heiße Eisen allzufrüher Bedrängung von Kindern mit sexuellen Inhalten mal anzufassen !?

Anna
6 Jahre zuvor
Antwortet  Pälzer

Legen Sie als Lehrer alle freien Materialien, die Sie im Unterricht nutzen, dem Ministerium zur Genehmigung vor? Und wie kommen Sie darauf, dass es sich bei Janosch um ein „offensichtlich ungeeignetes Buch in Grundschulen“ handelt?

Schauen Sie mal in die KIM-Studie: Danach verfügten 2016 bereits 18 Prozent der Acht- und Neunjährigen über ein Mobiltelefon mit Internetzugang – Tendenz: stark steigend. Heißt: Auch Grundschüler müssen nur zwei Mal klicken, um auf Pornoseiten zu gelangen. Und dieser Kindergeneration möchten Sie liebevolle und kindgerechte Erklärungen mit Strichmännchen vorenthalten? Wenn Sie die Zahl der Schwangerschaften von Minderjährigen, die in Deutschland noch nie so niedrig war wie heute, wieder hochtreiben wollen – nur zu.

xxx
6 Jahre zuvor
Antwortet  Anna

Pälzer schloss aus die Ablehnung seiner Fünftklässler, dass sie ähnliche Darstellungen in der Grundschule auch schon abgelehnt hätten. Auf Basis dieser Erfahrung findet Pälzer, dass das Buch zu weit geht.

Mit Strichmännchen haben die Zeichnungen aus dem Buch für mich nichts zu tun, das sind schon ausgewachsene Zeichnungen, wie man sie in Comics finden könnte.

Ich gebe Ihnen aber Recht, dass Pälzers Außerung „offensichtlich ungeeignetes Buch in Grundschulen“ rein subjektiv ist, die mit einer möglichen Zulassung oder Nichtzulassung als Schulbuch nichts zu tun hat. Vielmehr obliegt es der pädagogischen Freiheit eines jeden Lehrers, dieses Buch im Unterricht zu verwenden oder auch nicht. Pälzer hätte offensichtlich Probleme damit, Sie weniger.

Ich hoffe, Ihr Kommentar war nicht in erster Linie (wieder) ein Beitrag in Richtung linksgrüner Gutmensch-Ideologie und / oder ein Schuss gegen die AfD.

Anna
6 Jahre zuvor
Antwortet  xxx

Ist jetzt Kritik an der AfD „ein Beitrag in Richtung linksgrüner Gutmensch-Ideologie“? Ist das Ihr Diskussionsniveau?

Doch, ich erlaube mir, auch die AfD zu kritisieren – selbst wenn es Ihnen und der übrigen „rechts-versiffften Mischpoke“ (um hier auch mal im AfD-Sprech zu kontern) nicht passt.

xxx
6 Jahre zuvor
Antwortet  Anna

sie haben die worte „in erster Linie“ überlesen. ich bitte sie aber, in zukunft bei politischen ansichten die zweiwertige logik beiseite zu legen.

nicht jeder, der ihre meinung nicht teilt, ist zwangsläufig ein rechtsversiffter afd-Sympathisant. so lange die cdu noch ein eigenes profil hatte, war ich spd-wähler. seit merkel habe ich mit beiden parteien meine probleme. die grünen ruinieren gerade baden Württemberg und das gesamte bildungssystem. da bleibt nicht mehr viel übrig.

Anna
6 Jahre zuvor
Antwortet  Anna

Wenn man eine Partei sucht, die einfache Lösungen für Probleme verspricht, für die es keine einfachen Lösungen gibt – tja, dann bleiben wohl wirklich nur die AfD und die Satirepartei „Die Partei“ übrig. Vielleicht noch die MLPD und, in Teilen, die Linke.

Sie wiissen aber schon, dass Sie Frau Merkel mit zur Kanzlerin machen und die SPD wieder in die große Koalition treiben, wenn Sie die AfD wählen? Aber immerhin wählen Sie damit ja den Klimawandel ab; den schafft die AfD ja mit Leugnen aus der Welt.

Küstenfuchs
6 Jahre zuvor
Antwortet  Anna

@xxx: Mit anderen Worten: Sie trinken in der Kneipe aus dem Klo, weil ihnen das Bier nicht schmeckt, oder was?

xxx
6 Jahre zuvor
Antwortet  Anna

ich meine ausdrücklich die linkspartei, weil nur mit ihr merkel verhindert werden kann. koalitionsverhandlungen haben wir am sonntag leider schon sehen dürfen.

Küstenfuchs
6 Jahre zuvor
Antwortet  Anna

Ok, aber die Linkspartei wird (stand heute) realistisch gesehen Merkel nicht verhindern. Weite Teile der Linkspartei und insbesondere ihre Spitzenkandidatin sind zu dogmatisch und nicht mit der SPD koalitionsfähig.

xxx
6 Jahre zuvor
Antwortet  Anna

die spd ist diesbezüglich auf bundesebene nicht weniger dogmatisch…

Axel von Lintig
6 Jahre zuvor
Antwortet  Anna

Anna
Ihre Unterstellungen sind einfach ungeheuerlich.Nicht jeder , der Ihre Meinung nicht teilt ist ein Anhänger der AfD oder deren Sympathisant.
Dafür kann man Sie aber auch relativ einfach in Ihren Reaktionen ausrechnen.

Mutter
6 Jahre zuvor
Antwortet  Anna

Mich interessiert, was kommt, wenn Meinungsgegner auf Annas oder Bernds beliebte AfD-Unterstellungen nicht die erwünschte Abwehr-Reaktion zeigen und damit automatisch Schützenhilfe gegen die AfD leisten.
Also, Anna, ich sympathisiere mit vielen Ansichten der AfD und werde diese Partei wahrscheinlich wählen. Was nun?

Alice
6 Jahre zuvor
Antwortet  Anna

@Mutter: Ich bin zwar nicht Anna, aber mich würde trotzdem interessieren, wieso Sie mit der AfD sympathisieren.

Mutter
6 Jahre zuvor
Antwortet  Anna

@Alice
Habe ich das nicht gesagt? “ Ich sympathisiere mit vielen Ansichten der AfD“ (Siehe Parteiprogramm!) und informiere mich lieber an der Quelle als an der Brühe, die erst durch fremdes Dazutun entsteht.

Vor 2 Stunden habe ich mir z.B. ein ca. 20 minütiges Interview mit Prof. Jörg Meuthen (AfD) auf youtube angesehen, in dem er zu wesentlichen Punkten Stellung nimmt.
Ich konnte durchweg zustimmen.

https://www.youtube.com/watch?v=HUxxipnXISI

Anna
6 Jahre zuvor
Antwortet  Anna

Sie könnten mich genauso gut fragen: Ich bin ein misanthropischer Spießer, der Freude daran hat, auf Schwächeren herumzutrampeln – und nun? Nun, dann würde ich sagen: Tut mir leid für Sie.

mississippi
6 Jahre zuvor
Antwortet  Anna

Das Aufklärungsmaterial, das wir in der Grundschule verwenden muss zugelassen sein, bzw. wir müssen es den Eltern auf dem Elternabend vorher zeigen.

Küstenfuchs
6 Jahre zuvor

Was mich an dieser Meldung stört ist die AfD, die mal wieder bewußt Dinge als Tatsachen in die Welt setzt, ohne dafür eine Beleg zu haben. Wenn jede Schule und jede Lehrkraft selbst für die Auswahl der Materialien verantwortlich ist (wogegen ja auch nichts spricht), wieso behauptet die AfD dann, das Buch käme zum Einsatz?

Das kann ja in ein oder zwei Fällen geschehen sein, das ist dann aber immer noch kein Thema für die AfD, den Landtag oder das Ministerium, sondern ein Thema für die entsprechende Lehrkraft, die Schulleitung und die Eltern(vertreter).

Die AfD macht aber lieber Wahlklampf mit Lügen und Halbwahrheiten.

xxx
6 Jahre zuvor
Antwortet  Küstenfuchs

die wollen einfach nur im gespräch bleiben. womit ist denen reichlich egal. die taktik geht leider auf.