In Hagen werden Flüchtlingskinder jetzt in einem eigenen Schulgebäude unterrichtet – Lehrerverbände laufen Sturm

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HAGEN. In der Stadt Hagen werden Flüchtlingskinder vergangener Woche in einem eigenen Schulgebäude unterrichtet – und Lehrerverbände laufen Sturm gegen die Einrichtung. „Es ist in keiner Weise vertretbar, 100 neuzugewanderte Schülerinnen und Schüler in einem separaten Gebäude zu unterrichten“, erklärt VBE-Vorsitzender Udo Beckmann. Zuvor hatten auch schon „lehrer nrw“ und die GEW gegen die „Ghettoisierung“ Stellung bezogen. Beckmann forderte NRW-Schulministerin Yvonne Gebauer (FDP) auf, einzuschreiten  – ihre Ablehnung des Projekts hat sie zumindest schon mal kundgetan.  

Lehrerverbände laufen Sturm. Foto: UK Department for International Development / flickr (CC BY 2.0)
Lehrerverbände laufen Sturm (Symbolfoto). Foto: UK Department for International Development / flickr (CC BY 2.0)

Unter der Betreuung einer benachbarten Realschule werden Flüchtlingskinder ab zehn Jahren, vor allem Sinti und Roma, getrennt von der übrigen Schülerschaft unterrichtet. In Mühlheim an der Ruhr gibt es eine ähnliche Lösung. Die Situation sei nicht akzeptabel, sagt Beckmann. „Daran ändert auch nichts, dass das Schulministerium und die Bezirksregierung mantrahaft wiederholen, dass dies eine Ausnahmesituation sei.“ Der VBE erwarte, dass Gebauer die schnellstmögliche Auflösung dieser Schule „zur Chefin-Sache“ erkläre und in Abstimmung mit der Kommune ein entsprechendes Konzept vorlege.“

Warum die Ablehnung? „Das Kernproblem der bestehenden Lösung ist, dass die Flüchtlingskinder unter sich bleiben, was den Erwerb der deutschen Sprache massiv erschwert und eine frühzeitige schulische Integration verhindert“, so erklärt Beckmann. Zudem könne dies angesichts der aktuellen politischen Lage nach der Landtags- und der Bundestagswahl ein falsches Signal senden. Der Verbandchef fordert deshalb: „Sofort zu prüfen ist, inwieweit einzelne Schülerinnen und Schüler zum jetzigen Zeitpunkt schon in Regelklassen an anderen Schulen integriert werden könnten.“

Mehrheit der Deutschen meint: Flüchtlingskinder sollten (erst mal) billig beschult und versorgt werden

Tatsächlich hält auch die neue Schulministerin die Zuwandererschule in Hagen nicht für eine gute Idee. „Da muss ich ganz klar sagen: Das ist nicht mein Ansatz von Integration“, sagte sie der Neuen Ruhr Zeitung (NRZ). „Ich heiße das auch nicht für gut.“ Sie habe diese Situation bei ihrem Amtsantritt im Juni so vorgefunden. Die neue schwarz-gelbe Landesregierung bestehe darauf, dass diese Übergangslösung so schnell wie möglich beendet werde. Allerdings sagte Gebauer auch: „Die Alternative zu dieser Ausnahmeregelung ist aufgrund des mangelnden Schulraums derzeit leider nur die Nicht-Beschulung der Kinder.“ Kinder mit Flucht- und Migrationshintergrund müssten so schnell wie möglich an den Schulalltag gewöhnt, ihnen die deutsche Sprache vermittelt werden: „Ich werde diese Behelfslösung in Hagen und Mülheim kritisch begleiten und habe eine regelmäßige Berichterstattung dazu eingefordert.“

„Diese Art der Kasernierung von Flüchtlingskindern spricht jedem Integrationsgedanken Hohn. Wie soll Integration funktionieren, wenn Zuwandererkinder per Ratsbeschluss nur unter sich bleiben dürfen?“, so hatte Brigitte Balbach, Vorsitzende des Verbands „lehrer nrw“ zuvor gefragt und bitter ergänzt: „Offenbar entdecken die Schulträger gerade eine pädagogische Minimallösung zur zentralen und kostengünstigen Beschulung von Flüchtlingskindern .“ Auch die GEW zeigte sich empört:  „Die Kinder werden ghettoisiert, nicht mal in den Pausen gibt es Kontakt zu anderen“, so zitierte die „Westdeutsche Allgemeine Zeitung“ die Vize-Vorsitzende Maike Finnern. bibo / Agentur für Bildungsjournalismus

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