Marode Schulen in Berlin: Abgeordnete streiten über Sanierungskurs

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BERLIN. Im Berliner Abgeordnetenhaus haben SPD und Grüne Versäumnisse bei Unterhalt, Sanierung und Neubau von Schulen eingeräumt. Darüber, wie das angelaufene Schulbauprogramm umgesetzt werden soll, herrscht derweil Dissens. Bildungssenatorin Scheeres wehrte sich gegen Vorwürfe, sie habe Schulleitern einen Maulkorb verpasst.

Berlins Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD) hat einen Vorschlag der FDP abgeschmettert, die Sanierung von Schulen an ein landeseigenes Unternehmen auszulagern, um die Bezirke zu entlasten. «Das ist der Rückwärtsgang und kein Turbo», sagte sie im Abgeordnetenhaus unter Applaus aus den eigenen Reihen. «Es ist so, dass jahrelang zu wenig investiert wurde, aber wir haben Fahrt aufgenommen. Unsere Schulbauoffensive ist gestartet.»

Über fünf Milliarden Euro sollen in den nächsten 10 Jahren in Sanierung und Neubau von Schulen in Berlin fließen. Foto: Uwe Kaufmann / Flickr (CC BY 2.0)
Über fünf Milliarden Euro sollen in den nächsten 10 Jahren in Sanierung und Neubau von Schulen in Berlin fließen. Foto: Uwe Kaufmann / Flickr (CC BY 2.0)

Scheeres wehrte sich auch gegen den Eindruck, sie habe Schulleitern im Streit um marode Schulen einen Maulkorb verpasst. Das sei «völliger Quatsch». In einem Schreiben habe sie betonen wollen, dass alle Beteiligten eine Führungsverantwortung hätten. «Ich akzeptiere es nicht, wenn Lehrkräfte sagen, sie fahren nicht auf Klassenfahrt oder führen keine Elternabende mehr durch, weil ihnen etwas quer sitzt», sagte Scheeres. In einem Newsletter hatte sie Schulleitern davon abgeraten, als „Kronzeugen gegenüber den Medien ihre eigene Schule zur Schrottimmobilie erklären“.

Der rot-rot-grüne Senat will bis 2026 etwa 5,5 Milliarden Euro ausgeben, um Schulen zu sanieren und 52 Neubauten für mehr als 80 000 neue Schulplätze zu realisieren. In diesem Jahr stünden 830 Millionen Euro zur Verfügung. Die Verwaltung habe die Erhebung des Sanierungsbedarfs für jede einzelne Schule in Auftrag gegeben, woraus Land und Bezirke gemeinsam einen Sanierungsfahrplan erarbeiten, berichtete Scheeres.

Große Projekte im Umfang von mehr als 10 Millionen Euro soll das Land über die landeseigene Wohnungsbaugesellschaft Howoge umsetzen, kleinere Vorhaben die Bezirke – notfalls auch da mit Hilfe vom Land. Die FDP argumentierte, eine landeseigene GmbH solle den Bau und die Sanierung für zehn Jahre komplett übernehmen und damit die Bezirke entlasten. Ein ähnliches System besteht etwa in Hamburg.

Grünen-Fraktionschefin Silke Gebel räumte Versäumnisse der Politik am Zustand der Schulen ein: «Wir sind allen schuldig, dass wir jetzt die Ärmel hochkrempeln und loslegen.» Das Milliardenprogramm sei das größte Investitionsprojekt in Berlin seit Jahrzehnten. Planung und Bau einer Schule sollen künftig drei bis vier Jahre dauern, statt wie derzeit acht. Der Vorschlag der FDP zentralisiere jedoch genau dort, wo die Bezirke sich beteiligen wollten.

Der CDU-Abgeordnete Mario Czaja warf der Regierung vor, Zuständigkeiten wegzuschieben. Allein Pankow brauche 20 neue Schulen. Er kritisierte, die Wohnungsbaugesellschaft Howoge habe mit dem Wohnungsbau schon viel zu tun. Czaja forderte mehr Personal für die Ämter. Scheeres hielt ihm entgegen, ausgerechnet aus dem CDU-geführten Bezirk Steglitz-Zehlendorf fehlten teils die für die Erhebung des Sanierungsbedarfs nötigen Daten.

Auch die AfD übte Kritik an dem Vorstoß der Oppositionskollegen. Statt einer neuen Struktur müsse die personelle und materielle Ausstattung der bezirklichen Bauämter gestärkt werden, sagte der Abgeordnete Carsten Ubbelohde. (dpa)

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