Die Brexit-Abwanderer können kommen – viele internationale Schulen warten schon

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FRANKFURT/MAIN/WIESBADEN. Wenn von dem Weggang internationaler Unternehmen nach dem Brexit die Rede ist, fällt auch häufig der Name Frankfurt als möglicher Standort. Die Bankenmetropole sieht sich gut aufgestellt und will mit ihrem internationalen Schulwesen punkten.

Welche Auswirkungen wird der Brexit haben?                                                 Foto: Vaughan Leiberum / flickr / CC BY 2.0

Gitta Lotz, Co-Direktorin der Europäischen Schule Rhein-Main, ist britisch-unaufgeregt, wenn von möglichen Brexit-Folgen für die internationale Schule die Rede ist. «Wir sehen das sehr entspannt», sagt sie. Ängste, dass künftig Kapazitäten gesprengt und Schüler in überfüllten Klassenzimmern sitzen müssen, gebe es jedenfalls nicht. Noch hielten sich die Anfragen in Grenzen. Auch Amanda Ife von der International School Frankfurt-Rhein-Main konnte noch keine Angaben machen, wie viele zusätzliche Schüler aufgenommen werden können. «Wir haben natürlich Anfragen erhalten, aber wir müssen wissen, um welche Klassen oder Jahrgänge es geht.»

Der Frankfurter Wirtschaftsdezernent Markus Frank (CDU) sieht Frankfurt und die Rhein-Main-Region zumindest mit der vorhandenen schulischen Infrastruktur bestens gerüstet für Brexit-Abwanderer mit schulpflichtigen Kindern. Aktuell böten insgesamt 53 private und staatliche Schulen das Internationale Abitur oder andere international anerkannte Schulabschlüsse an, sagte Frank. «Damit fahren wir in Sachen Wettbewerbsfähigkeit ein schwere Geschütz auf.» Ähnlich wie der Frankfurter Flughafen oder die digitale Infrastruktur sei auch das so stark vertretene internationale Schulwesen ein Standortfaktor, mit dem Frankfurt punkten kann.

Gerade ist eine weitere internationale Schule im Entstehen: Das King’s College Frankfurt will mit zunächst 30 Schülern im Grundschulbereich starten, ein Ausbau auf bis zu 600 Schüler auch im Sekundärbereich ist geplant. Der Lehrplan entspreche dem an britischen Schulen, sagte Schulleiterin Kirsty Sharp.

Exodus aus London?

Ife rechnete allerdings nicht damit, dass sofort ein Exodus aus London einsetzt, wenn der Brexit vollzogen wird. Viele Familien wollten meist nicht gleich umziehen, sagte sie. Angesichts des kurzen Flugs von London nach Frankfurt pendelten wohl eher erst einmal diejenigen, für die mit dem Brexit ein Verlagerung des Arbeitsplatzes verbunden sei – die Familie bleibe im gewohnten sozialen Umfeld zurück. Denn: «Frankfurt wird sehr unterschätzt. Viele glauben, es ist grau, hat schlechtes Wetter und die Leute sprechen nicht Englisch», sagte die gebürtige Britin, die selbst «sehr gerne» in Frankfurt lebt.

Das Angebot internationaler Schulen, die für die Kinder auch eine Möglichkeit für später nützliche Kontakte bieten, mache andererseits für manche Eltern auch den Reiz aus, einen Auslandsjob anzunehmen, meinte Sharp. «Die Beteiligung an den Schulkosten ist oft Teil des Pakets, das die entsandten Mitarbeiter erhalten. Zu Hause könnten sie sich häufig keine Privatschule leisten. Die sehen das dann als eine Gelegenheit für ihre Kinder.»

Allerdings würden internationale Schulabschlüsse und Unterrichtsformen nicht ausschließlich an Privatschulen angeboten, betonte Frank. «Wir weisen in Gesprächen mit Unternehmen immer wieder auf die Qualität der öffentlichen Schulen hin.» An fehlenden Sprachkenntnissen vor allem englischsprachiger Schüler müsse der Besuch einer öffentlichen Schule jedenfalls nicht scheitern. So gebe es Schulen mit bilingualem Unterricht und Schulen, die außer dem deutschen Schulabschluss auch international anerkannte Schulabschlüsse anbieten, sagte er.

Je nach dem Einkommen der Eltern dürfte das auch nötig sein. Denn während an manchen Privatschulen ein Besuch bereits für 300 Euro monatlich möglich ist, kostet ein Schuljahr im weiterführenden Bereich der International School 19.000 Euro.

Zuwachs bei privaten Schulen

Doch auch unabhängig vom Brexit verzeichnen Schulen in privater Trägerschaft – ob nun deutsch oder international – einen Zuwachs. Über 46.900 Schüler besuchten nach Angaben des Statistischen Landesamtes in Wiesbaden eine allgemeinbildende Schule in privater Trägerschaft. Im Vergleich zum Schuljahr 2016/17 entspricht das einem Zuwachs um 830 Kinder und Jugendliche oder 1,8 Prozent.

Insgesamt besuchten im Herbst vergangenen Jahres Statistiker 7,5 Prozent aller hessischen Schüler allgemeinbildender Schulen eine Einrichtung in privater Trägerschaft. Vergleichsweise hoch seien dabei ihre Anteile in den Förderschulen und Gymnasien gewesen.

Kritik wegen dieser Entwicklung kommt von der Lehrergewerkschaft GEW. Sie fordert für Hessens Privatschulen eine gesetzliche Regelung zur Deckelung ihrer Gebühren. Gleichzeitig sollte auf diesem Weg die Befreiung dieser Kosten für Kinder aus bedürftigen Familien festgelegt werden. In Hessen gebe es im Vergleich zu anderen Bundesländern keine verbindlichen Regelungen, wie Privatschulen betrieben werden. Gerade in Frankfurt und im Regierungsbezirk Darmstadt sei eine Zunahme an Privatschulen zu beobachten.

Die hessische Landesregierung gibt in diesem Jahr 344 Millionen Euro zur Finanzierung für diese sogenannten Ersatzschulen aus. 2016 waren im Etat der schwarz-grünen Koalition noch 322 Millionen Euro verankert. dpa

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