Hamburgs Schulsenator gibt (schon wieder) der AfD recht – die triumphiert

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HAMBURG. Weil sie die AfD für fremdenfeindlich hält, will eine Personalservice-Agentur keine Parteimitglieder an Hamburger Schulen vermitteln. Die AfD sieht mal wieder ihre Grundrechte verletzt und wendet sich an die Schulbehörde – mit Erfolg. Schon zum wiederholten Mal.

Ties Rabe legt sich mit der AfD nicht an. Foto: SPD Hamburg / flickr (CC BY-NC-SA 2.0)

Nach Aufforderung der Schulbehörde hat eine für Hamburger Schulen und Kitas tätige Personalservice-Agentur eine Anti-AfD-Klausel aus ihren Honorarverträgen gestrichen. Er sei der Aufforderung nachgekommen, obwohl er dies für rechtlich fragwürdig halte, sagte der Geschäftsführer der Lernzeit Schulpersonal-Service GmbH, Wolfhard Westphal, am Donnerstag der Deutschen Presse-Agentur. Zugleich äußerte er Unverständnis über die Haltung der Schulbehörde. Die AfD-Bürgerschaftsfraktion, die der Behörde zuvor mit rechtlichen Schritten gedroht hatte, zollte Schulsenator Ties Rabe hingegen «Respekt für sein konsequentes und rechtssicheres Vorgehen».

Klausel in Verträgen mit Kursleitern im Ganztag

Streitpunkt war eine Klausel in den Verträgen der Agentur mit den Honorarkräften, in der es unter dem Punkt «Krankheiten, Vorstrafen, Mitgliedschaften» hieß: «Der KL (Kursleiter, Anmerkung der Redaktion) erklärt, dass er keiner anti-demokratischen Organisation (NPD, AfD, AKP u.ä.) oder einer Sekte (Scientology u.ä.) angehört.» Die von der Agentur vermittelten Fachkräfte werden vor allem in der Ganztagsbetreuung eingesetzt.

Die AfD sah darin einen Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz. Fraktionschef Alexander Wolf lobte jetzt das Einschreiten des Senators, «um eine weitere Diskriminierung von AfD-Mitgliedern an Hamburger Schulen zu stoppen». Einmal mehr zeige sich, «dass unser Info-Portal „Neutrale Schulen Hamburg“ dazu beiträgt, grobe Missstände aufzudecken und diese – ganz ohne ein Anprangern von Lehrern oder anderen Personen – zu beseitigen.» Den Hinweis auf die Klausel hatte die Fraktion über ihr umstrittenes Meldeportal erhalten.

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Westphal hält den Ausschluss von Mitgliedern der nach seiner Ansicht «fremdenfeindlichen Partei» für rechtens. Bei der Auswahl der Honorarkräfte sei für ihn wesentlich, «dass der Kursleiter empathisch und vorurteilsfrei allen Schülern – gleich welcher Nationalität, Hautfarbe oder kulturellem Hintergrund – zugewandt auftritt». Fast die Hälfte der Hamburger Schüler habe einen Migrationshintergrund. Ausländerfeindlichkeit sei aber «der Kitt, der diese Partei zusammenhält», sagte Westphal. Ein Ausschluss von AfD-Mitgliedern sei daher durch den in Paragraf 8 des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes formulierten Ausnahmetatbestand gedeckt.

„Man kann ja auch mal Haltung zeigen“

Die Schulbehörde hätte nach seinem Dafürhalten auch gar nicht einschreiten müssen, sondern eine gegebenenfalls von der AfD angestrengte gerichtliche Klärung abwarten können. «Man kann ja auch mal Haltung zeigen», sagte er. Schon in einer Stellungnahme an die Behörde hatte er deutlich gemacht, dass es für es politisch keinen Sinn mache, «nach dem Ärger mit der Ida-Ehre-Schule wiederum ohne Not über das AfD-Stöckchen zu springen.»

Im März war die Schulbehörde nach Hinweisen der AfD auf angeblich linksextremistische Umtriebe an der Ida-Ehre-Schule eingeschritten, ohne sich zuvor mit der Schulleitung beraten zu haben. Rabe war deshalb heftig kritisiert worden. dpa

Der Beitrag wird auch auf der Facebook-Seite von News4teachers diskutiert.

“Erfüllungsgehilfe für AfD”: Linke fordert Rabes Rücktritt

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6 Kommentare
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xxx
4 Jahre zuvor

Hoffentlich lernen die AfD-Kritiker bald, dass man diese Partei besser mit Argumenten als mit Polemik „bekämpfen“ kann.

Wolfgang Bergmann
4 Jahre zuvor

Die AFD bekämpft man am besten, wenn man sich rechtsstaatlich verhält und dazu gehört, dass staatliche Behörden Mitglieder einer nicht verbotenen Partei nicht diskriminieren dürfen. Deshalb darf halt auch eine staatliche Behörde AKP, NPD und AFD nicht gleichsetzen. Das zu beachten, ist eine Stärke der Demokratie und keine Schwäche.
Wenn die Linke die Absetzung des Schulsenators fordert, sollte sie daran denken, dass sie sich bis vor kurzem noch selbst im Hinblick auf Beobachtungen durch den Verfassungsschutz usw. heftig dagegen gewehrt hat, als in den Parlamenten vertretene Partei diskriminiert zu werden. Meiner Meinung nach zu Recht. Wollen wir tatsächlich die fragwürdige Praxis von Berufsverboten wieder zurück haben in Deutschland?

Wolfgang Bergmann
4 Jahre zuvor

Die für diesen Artikel gewählte Überschrift ist übrigens wieder mal manipulativ,- sie unterstellt dem Schulsenator eine Nähe zur AFD bzw. auf dem rechten Auge blind zu sein. Ich würde mir mal eine schöne Debatte hier wünschen über die Funktion, aber auch das Spannungsverhältnis des Neutralitätsgebots. Es ist falsch, dieses Diskussion der AFD mit ihren denunziatorischen Meldeportals zu überlassen.

Küstenfuchs
4 Jahre zuvor

Aus rechtlicher Sicht dürfte die Sache ganz einfach sein: Da es sich hier um Honorarkräfte handelt, an deren Eignung und Verfassungstreue wesentlich geringere Anforderungen gestellt werden als an verbeamtete Lehrkräfte, musste der Senator genau so handeln.

Liebe Redaktion: Wenn man ein (hier ziemlich eindeutiges) rechtlich falsches Vorgehen erkennt, dann sollte man als Behörde nicht eine gerichtliche Klärung abwarten. Es ist eine Verschwendung von Steuermitteln (Prozesskosten), eine unnötige Belastung der Gerichte und ein schlechtes Vorbild. Den braunen Haufen muss man anders bekämpfen.

Ignaz Wrobel
4 Jahre zuvor

Es wird langsam immer deutlicher, dass aus einer Richtung deutliche Signale gegen Herrn Rabe gesetzt werden, um diesen zu diskreditieren. Anscheinend passt diesen Leuten nicht die Schulpolitik, weil er als Familienvater eben auch selbst betroffen ist.
Aus juristischen Gründen war er gezwungen, die Zusammenarbeit mit dieser Vermittlungsagentur einzustellen, da eine Klage der AfD dieser noch Recht gegeben hätte, ein politischer und juristischer Erfolg ihr Gewiss gewesen wäre.

Carsten60
2 Jahre zuvor

Vor lauter AfD-Diskussion wird das eigentliche Problem der Sache wieder mal ignoriert: Diese oben genannte Klausel der Agentur spricht von „anti-demokratischen Organisationen“ und von „Sekten“, ohne dass klar ist, was alles dazugehört und was nicht. An meiner Wohnungstür klingelten mal die Zeugen Jehovas und wollten mich belehren. Da habe ich gesagt, wir brauchen keine Sekten. Die Reaktion: „Wir sind keine Sekte, wir sind die Zeugen Jehovas.“ Also können Mitglieder das unterschreiben und dann behaupten „aber das ist doch gar keine Sekte“.
Bei „anti-demokratischen Organisationen“ werden die Meinungen erst recht auseinandergehen. Ist beispielsweise Ditib eine solche? Wie wäre das mit Organisationen Putin-treuer russischer Nationalisten?