Referendare freuen sich: „Das Verheizen hat ein Ende“ – Bayern entlastet den Vorbereitungsdienst

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MÜNCHEN. Bayerische Referendare am Gymnasium müssen laut Philologenverband zukünftig keinen zusätzlichen Unterricht mehr während ihres Prüfungshalbjahres erteilen. Der sogenannte Eigenverantwortliche Unterricht (EVU) im letzten Ausbildungsabschnitt werde ab dem kommenden Schuljahr abgeschafft. Dies habe das Kultusministerium mitgeteilt. Der EVU war vor Jahren als Notmaßnahme eingeführt worden, um in Zeiten des Lehrermangels am Gymnasium die Unterrichtsversorgung zu sichern. Auch der bak Lehrerbildung – der bundesweite Berufsverband der Ausbilderinnen und Ausbilder im Vorbereitungsdienst – begrüßt den Schritt.

Eigenverantwortlicher Unterricht im Referendariat gilt für viele Nachwuchslehrer als extreme Belastung. Foto: Shutterstock

„Es ist ein positiver Paukenschlag“, sagt Angelika Wildgans-Lang, Vorsitzende der Referendar- und Jungphilologenvertretung (rjv) im Bayerischen Philologenverband. „Wir freuen uns sehr, dass mit dieser weitsichtigen, aber nach über einem Jahrzehnt nun auch überfälligen Entscheidung endlich eine erklärte und langjährige Forderung der rjv umgesetzt wird.“

„Viele Nachwuchslehrer am Rand ihrer physischen und psychischen Kräfte“

Gerade in einer entscheidenden Phase ihrer Ausbildung, in der die Prüfungsvorbereitungen zum Zweiten Staatsexamen gestemmt werden mussten, habe der Eigenverantwortliche Unterricht „nicht wenige Nachwuchslehrkräfte an den Rand ihrer physischen und psychischen Kräfte gebracht“. Viele hätten sich regelrecht „verheizt“ gefühlt. Durch den Wegfall dieser zusätzlichen Unterrichtsverpflichtung werde nun den Studienreferendaren eine bessere Vorbereitung auf die Prüfungen zum 2. Staatsexamen ermöglicht. Auch an den Seminarschulen wird die Entscheidung für Aufatmen sorgen, weil organisatorische Schwierigkeiten entfallen. Insgesamt, so Wildgans-Lang erleichtert, „wird zukünftig nun auch im letzten, entscheidenden Abschnitt des Referendariats dessen eigentlicher Ausbildungscharakter wieder stärker in den Vordergrund treten können.“

bak Lehrerbildung: Einsparmaßnahmen sind kontraproduktiv

Tatsächlich kommt auch vom Bundesarbeitskreis (bak) Lehrerbildung Beifall. „In angemessenem Umfang und zum richtigen Zeitpunkt ist Eigenverantwortlichkeit ein wichtiger Entwicklungsschritt in der Ausbildung“, meint dessen stellvertretender Bundesvorsitzender Mark Dengler. „Unangemessen hohe Anteile bedarfsdeckenden, eigenverantwortlichen Unterrichts ohne Begleitung durch Ausbilderinnen und Ausbilder stellen jedoch für die Referendarinnen und Referendare eine übermäßige Belastung dar und sind für den Erwerb der notwendigen Lehrerkompetenzen kontraproduktiv.“ Sie folgten vorrangig dem Motiv von Einsparmaßnahmen oder Deckung von Lücken in der Unterrichtsversorgung.

Dengler betont: „Die Bemessung von bedarfsdeckendem bzw. eigenverantwortlichem Unterricht hat aus Sicht des bak immer zuerst dem Ausbildungsinteresse zu folgen und muss hoher Qualität von Ausbildung verpflichtet sein. Ein hoher Anteil des bedarfsdeckenden eigenverantwortlichen Unterrichts vom ersten Tag des Referendariats an, wie in vielen Bundesländern üblich, wird diesem Anspruch nicht gerecht.“  Es sei daher zu hoffen, dass andere Bundesländer dem Vorbild Bayerns folgen, den Anteil an eigenverantwortlichem Unterricht reduzieren – und damit „eine langfristige, an der Ausbildungsqualität und der Gesundheit der Referendare orientierte Perspektive einnehmen“.

Angelika Wildgans-Lang sieht noch einen weiteren Effekt der Entscheidung: Der Wegfall des eigenverantwortlichen Unterrichts im Prüfungshalbjahr erhöhe den Lehrerbedarf – schaffe also zusätzliche Einstellungsperspektiven für junge Lehrkräfte. Agentur für Bildungsjournalismus

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xxx
4 Jahre zuvor

Wurde die Anzahl eigenverantwortlich zu unterrichtenden Stunden proportional reduziert? Das geht aus dem Artikel nicht hervor. Falls nein, ist es nach wie vor dieselbe Sparmaßnahme wie vorher.