Das nächste Bundesland blamiert sich mit Schulverwaltungs-Software! VBE fordert Ausstieg

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Nach Kritik an einem neu eingeführten Programm zur Schulverwaltung hat das rheinland-pfälzische Bildungsministerium die Frist für die Abgabe der Daten verlängert. «Weit über die Hälfte der Schulen hat ihre Daten schon hochgeladen oder so vorbereitet, dass sie hochgeladen werden können», sagte Bildungsministerin Stefanie Hubig (SPD) am Dienstag in Mainz. Der VBE hält das Projekt hingegen für gescheitert – es wäre nicht das erste geplatzte seiner Art in Deutschland.

Gleich reihenweise sind die Lernplattformen der Bundesländer in der Corona-Krise zusammengebrochen. Illustration: Shutterstock

Die Testläufe mit dem Schulverwaltungsprogramm hätten gut funktioniert, sagte die Ministerin. Es habe aber technische Schwierigkeiten beim Hochladen der statistischen Daten, etwa zur Zahl der Schülerinnen und Schüler, gegeben. Daher wurde der Abgabetermin auf den 6. Dezember verschoben. Dieses Vorgehen sei mit allen Beteiligten abgestimmt, darunter auch Hauptpersonalräte, Schulaufsicht und das Statistische Landesamt. Das Programm ist ein zentraler Teil der Schulverwaltungssoftware edoo.sys, die in Rheinland-Pfalz seit 2017 schrittweise eingeführt wird.

Der Verband Bildung und Erziehung (VBE) kritisierte, das Programm habe zu «einem deutlichen Anstieg der Mehrbelastung von Schulleitungen» geführt. Der zum Deutschen Beamtenbund gehörende Verband forderte die Abschaffung von edoo.sys.

„Vielfache Plausibilisierungsfehler, die sich täglich erweitern oder verändern; individuelle Schuldaten, die sich nicht in dem landesweiten Programm abbilden lassen; Übertragungsfehler oder -abbrüche beim Versand der Datenscheibe und als wäre das alles noch nicht genug, kommen technische Ausfälle bei der Hotline, dem letzten Rettungsanker für viele Schulen, hinzu“, so hieß es bereits in der vergangenen Woche in einer Pressemitteilung des Verbands.

„Bis heute kann das Programm bestimmte schulspezifische Angaben nicht verarbeiten“

Was ist geschehen? Oliver Pick, stellvertretender Landesvorsitzender und gewerkschaftspolitischer Sprecher des VBE Rheinland-Pfalz, erklärt: „Das Land hat für viel Geld eine Software eingekauft, die anschließend auf die landes- und vor allem schulspezifischen Anforderungen angepasst werden sollte. Es sollten Schnittstellen zu bereits laufenden Stundenplanprogrammen eingepflegt und unter anderem auch spezielle Anpassungen für den Grundschulbereich mit all seinen Besonderheiten vorgenommen werden.“

Hierbei haben die verschiedenen Projektschulen, an denen edoo.sys erprobt wurde, schon früh auf die verschiedenen Knackpunkte des Programms und die dort nicht abzubildenden Unterschiede vor allem bei Ganztags- und Schwerpunktschulen hingewiesen. Auch funktionieren die Schnittstellen zu den verschiedenen Stundenplanprogrammen nicht fehlerfrei.

„In gleicher Weise haben die Personalvertretungen aufgrund von Rückmeldungen aus den Schulen vor Ort immer wieder mit Nachdruck darauf aufmerksam gemacht, dass das Unvermögen der Software edoo.sys dazu führen wird, dass keine verlässlichen und korrekten Schuldaten erhoben werden können“, führt Pick aus. „Bis heute kann das Programm bestimmte schulspezifische Angaben nicht verarbeiten, wodurch die Schulleitung gezwungen ist, die Dateneingabe so zu verändern, dass das Erstellen der Statistik überhaupt möglich wird.“

Dieser Umstand führt zu einem deutlichen Anstieg der Mehrbelastung von Schulleitungen, auf den die Personalvertretungen das Bildungsministerium immer wieder hingewiesen und eine entsprechende Anpassung der Entlastungen gefordert haben.

„Wann wacht man auf der Kommandobrücke endlich auf und steuert entschieden gegen?“

Pick zeigt sich enttäuscht: „Unzählige Hinweise und Warnungen von allen Ebenen, auch von den Personalvertretungen, wurden in den letzten Jahren, Monaten und Wochen in den Wind geschlagen. Die Überlastungsmeldungen aus den Schulen fanden ihren Höhepunkt in einer Welle von 200 EPoS-Mails, denen man Herr zu werden glaubte, indem man eine unangemessene Drohkulisse seitens des Dienstherrn mithilfe der Nutzungsbedingungen aufgebaut hat. Vergessen sind die Danksagungen für die unglaublichen Leistungen der Schulleitungen, die in den zurückliegenden Schulleiterdienstbesprechungen und verschiedenen Schreiben des Ministeriums zu lesen waren.“

Bezeichnend sei auch, dass die gesetzlich vorgeschriebene Beteiligung der Örtlichen Personalräte vor der Weitergabe der Daten – trotz zahlreicher Hinweise der Personalvertretungen – zunächst überhaupt nicht bedacht worden sei. Pick fragt: „Wann wacht man auf der Kommandobrücke endlich auf und steuert entschieden gegen?“

Die Software edoo.sys wäre nicht das erste gescheiterte staatliche IT-Projekt für Schulen: Baden-Württemberg musste 2019 seine Plattform „ella“ einstampfen. Auch in anderen Bundesländern hakt es, wie News4teachers berichtet. News4teachers / mit Material der dpa

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