Lehrermangel: Bundesland stellt nur zwei Drittel der notwendigen Referendare ein

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ERFURT. Der Lehrermangel setzt sich fest. Beispiel Thüringen: Nach Berechnungen der Kultusministerkonferenz müsste der Freistaat jedes Jahr 900 Lehrer einstellen, um den Bedarf zu decken. Nur mit frischen Uni-Absolventen gelingt das aber nicht – dafür werden zu wenige Lehramtsanwärter eingestellt.

Unterrichtsausfall ist in Niedersachsen programmiert. Foto: Shutterstock

In Thüringen werden weiterhin weniger Lehramtsanwärter eingestellt, als das für den eigenen Bedarf nötig wäre. Das geht aus Zahlen des Thüringer Bildungsministeriums hervor, die der Deutschen Presse-Agentur vorliegen. Demnach wurden im Jahr 2021 insgesamt 602 Lehramtsanwärter zugelassen. Dabei besteht in Thüringen nach Berechnungen der Kultusministerkonferenz (KMK) in den Jahren 2020 bis 2030 im Schnitt ein Bedarf von rund 900 Lehrern, die jedes Jahr eingestellt werden müssten. Im Haushalt sind nach Angaben des Bildungsministeriums sogar 1500 Stellen für Lehramtsanwärter vorgesehen, die jedoch nicht ausgeschöpft werden.

Lehramtsanwärter sind angehende Lehrer, die nach dem Studium noch eine in der Regel zweijährige Ausbildung absolvieren und diese dann mit dem zweiten Staatsexamen abschließen. In den meisten anderen Bundesländern wird dieser Vorbereitungsdienst Referendariat genannt. Anschließend werden die voll ausgebildeten Lehrer in Thüringen meist verbeamtet.

Die Daten des Bildungsministeriums zeigen, dass im vergangenen Jahr 218 Lehramtsanwärter für Gymnasien eingestellt wurden, 214 für Grundschulen und nur 83 für Regelschulen. Dabei gilt der Lehrermangel vor allem an Regelschulen auf dem Land als besonders groß.

Die meisten angehenden Lehrer haben sich im vergangenen Jahr für das Schulamt Mittelthüringen entschieden – zu diesem gehört die Landeshauptstadt Erfurt sowie die Kultur- und Universitätsstadt Weimar und die Landkreise Sömmerda und Weimarer Land. Von den 83 angehenden Regelschullehrern wurden 33 in diesem Schulamt eingestellt, 16 gingen ins Schulamt Nordthüringen, 14 nach Ostthüringen, 17 nach Westthüringen und nur drei ins Schulamt Südthüringen.

In Thüringen werden jedes Jahr im Februar, im Mai, im August und im November angehende Lehrer in den Vorbereitungsdienst eingestellt. Zum 1. Februar des laufenden Jahres wurden nach Angaben des Bildungsministeriums 162 Lehramtsanwärter eingestellt – davon neun an Regelschulen. News4teachers / mit Material der dpa

VBE-Studie zum Lehrkräftemangel: „Viel dramatischer als von der KMK kommuniziert“

 

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8 Kommentare
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dickebank
2 Jahre zuvor

Lehrer absolvieren die Anwärterzeit, angehende Studienräte absolvieren ein Referendariat.
Der Vorbereitungsdienst für den gehobenen Dienst wird als Anwärterzeit bezeichnet. Nur der Vorbereitungsdienst für den höheren Dienst heißt Referendariat.

Marc
2 Jahre zuvor
Antwortet  dickebank

Oh. Stimmt. Hier muss natürlich klar sauber getrennt werden. Damit der Pöbel nicht mit dem Adel verwechselt wird. Die Zwei-Klassen Gesellschaft unter den Lehrern muss unbedingt nicht nur in Berichten ihre Beachtung finden. Denn selbstverständlich ist das Referendariat in allen Punkten schöner, besser, toller und ehrenvoller als eine Anwärterzeit für die Grundschule….

dickebank
2 Jahre zuvor
Antwortet  Marc

Nur zu blöd, dass die gleichen Bedingungen bei allen Behörden gelten. Auch die Polizei, die Bauverwaltung, die allgemeine Verwaltung kennt die Trennung zwischen den beiden Laufbahngruppen.
Die Besonderheit der Lehrerausbildung liegt ja darin, dass trotz gleicher Voraussetzung bezüglich der Regelstudienzeit Masterabsolventen mit erfolgreich bestandenem zweiten Staatsexamen aufgrund der gewählten Schulform in den Anwärterdienst einberufen werden können. Weitere Besonderheit ist, dass es so gut wie keine Aufstiegsmöglichkeiten bzw. Möglichkeiten für einen Laufbahnwechsel gibt. Während es in anderen Bereichen des ÖD noch den Oberamtsrat oder den Ersten PHK gibt, ist die Bezeichnung Oberlehrer schon lange in der Versenkung verschwunden.

@Marc – Lehramtsanwärter (m/w/d) gibt es nicht nur an den Grunzschulen, es gibt sie ebenfalls an allen Schulformen der Sekundarstufe I.

Carsten60
2 Jahre zuvor

Der Bericht sagt leider nichts darüber, WARUM nicht mehr Leute eingestellt wurden. Gab es nicht genügend viele Bewerber? Oder hielt man einige Bewerber für unqualifiziert? Am Geld schien es ja nicht zu liegen.
Jedenfalls scheint das Interesse am Lehrerberuf generell abzunehmen. Und warum mag das so sein? Die Kultusministerien sollten mal erforschen, ob sie nicht selber dazu beigetragen haben und weiter dazu beitragen. Besonders gering scheint das Interesse bei den nicht-gymnasialen Schulformen der Sek I zu sein. Warum wohl? Ob hier die wachsende Kluft zwischen Anspruch und Wirklichkeit eine Rolle spielen könnte?

Marc
2 Jahre zuvor
Antwortet  Carsten60

So lange gibt es A13 noch nicht in Thüringen. Die Leute, die sich jetzt wegen A13 auch für die GS entscheiden, sind erst in 5 Jahren mit der Uni durch

Pelz
2 Jahre zuvor
Antwortet  Carsten60

Ist es ein Wunder, wenn sich immer weniger junge Menschen für den Lehrerberuf entscheiden? Die Qualität und der Respekt der Schülerinnen nimmt rapide ab. An Gymnasien steigt dagegen die Zahl der Eltern die wegen Kleinigkeiten gleich mit einem Anwalt drohen.
Ausserdem nimmt der Neid gegenüber Lehrern ständig zu.

heitergehtsweiter!?
2 Jahre zuvor
Antwortet  Carsten60

https://www1.wdr.de/nachrichten/landespolitik/grundschulen-am-limit-100.html
Vielleicht weil einige Politikerinnen und Politiker in der Vergangenheit die Brisanz fehlender Studierender und Anreize nicht erkannt haben und sie die massiven Unterrichrsausfälle wg. erkrankter LuL, die seit Jahren schon den Mangel verwalten und am Limit arbeiten, noch als Kuriosum sehen?

Realist
2 Jahre zuvor

Mangelhafter Gesundheitsschutz.

Reallohnverlust von 4% alleine in 2022.

Fußabtreter und Sündenböcke der Nation.

Wer bitte schön, will heutzutage noch Lehrer werden?