„Keine Strukturdebatten“: Baden-Württemberg bleibt – trotz aller Widerstände – beim Turbo-Abitur

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STUTTGART. Zuletzt ist das Saarland umgekippt. Anders als in den meisten (westlichen) Bundesländern bleibt es aber in Baden-Württemberg dabei: Das Turbo-Abitur nach acht Jahren ist weiter die Regel – und das neunjährige Gymnasium die Ausnahme. Grüne und CDU im Südwesten wollen keine Strukturdebatten bei der Bildung und verlängern den G9-Modellversuch.

Es bleibt dabei: Gymnasiastinnen und Gymnasiasten in Baden-Württemberg sind in der Regel schneller unterwegs. Illustration: Shutterstock

Baden-Württemberg hält am Abitur nach acht Jahren grundsätzlich fest und verlängert den Modellversuch mit den 43 Gymnasien, die den Abschluss nach neun Jahren anbieten. Das bestätigte Kultusministerin Theresa Schopper in Stuttgart. «Wir haben im Koalitionsvertrag vereinbart, keine Strukturdebatten zu führen. G8 bleibt also die Regelform», erklärte die Grünen-Politikerin. «Aber um auch die bestehenden Optionen für die Schülerinnen und Schüler zum Erreichen der Allgemeinen Hochschulreife zu erhalten, wollen wir den Modellversuch G9 fortführen.» Dieser trage dazu bei, ein passendes Angebot für verschiedene Wege zum Abitur zu ermöglichen. Das Vorgehen ist mit den Fraktionsvorsitzenden von Grünen und CDU, Andreas Schwarz und Manuel Hagel, abgestimmt.

«Wir haben in Baden-Württemberg ein flächendeckendes Angebot, um in neun Jahren zum Abitur zu gelangen»

Der Modellversuch wurde im Schuljahr 2012/2013 unter Grün-Rot eingeführt und soll um fünf Jahre verlängert werden. Kultusministerin Schopper hielt den Kritikern des sogenannten Turbo-Abiturs nach acht Jahren entgegen, es gebe genügend Wahlmöglichkeiten: «Wir haben in Baden-Württemberg ein flächendeckendes Angebot, um in neun Jahren zum Abitur zu gelangen.» Allein an 223 beruflichen Gymnasien sei dies möglich, hinzu kommen noch neun Gemeinschaftsschulen mit gymnasialer Oberstufe. Auch an den mehr als 50 Waldorfschulen im Land machen die Schülerinnen und Schüler in der Regel ihr Abitur nach neun Jahren.

Die 43 allgemeinbildenden Modell-Gymnasien sind auf fast alle 44 Stadt- und Landkreise im Südwesten verteilt. Ursprünglich waren es 44, doch ein Gymnasium in Mannheim entschied schon 2018, wieder komplett auf G8 umzustellen.

Grüne und CDU hatten sich schon bei den Koalitionsverhandlungen darauf verständigt, an bestehenden Schulformen festhalten zu wollen. Es gibt aber immer wieder Kritik an G8 – etwa vom Landeselternbeirat, weil es vielen Schülerinnen und Schülern großen Stress bereite, schon nach acht Jahren das Abitur abzulegen. Vor allem in der Corona-Krise hieß es immer wieder, viele Jugendliche hätten Lernlücken und bräuchten mehr Zeit. Schopper verwies dagegen mehrfach darauf, dass die Rückmeldungen aus den Schulen und auch die Noten ein anderes Bild ergäben. Für Schülerinnen und Schüler mit Lücken habe man zudem Programme wie «Lernen mit Rückenwind» aufgelegt.

Eigentlich wäre der Modellversuch mit den 43 Gymnasien erst im Sommer 2023 ausgelaufen. Schopper will dem Vernehmen nach die Verlängerung aber schon am 13. September ins Kabinett bringen, damit sich die Schulen, Eltern und Schülerinnen und Schüler rechtzeitig darauf einstellen können. News4teachers / mit Material der dpa

Schnelleres Aus für G8: Schon die künftigen Sechstklässler bekommen längere Schulzeit

 

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58 Kommentare
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Schattenläufer
1 Jahr zuvor

Hat die Frau für so was wie G8 Zeit?

Ich dachte die hängt immer noch in verschiedensten Schultüren in ihrem Bundesland und erzwingt das Stoßlüften.

Sind schon Multitasking unsere glorreichen 16.

Hirschlgruber
1 Jahr zuvor
Antwortet  Schattenläufer

Hallo Schattenläufer,

aktuell sind in Baden-Württemberg noch Ferien, deshalb hatte sie noch etwas Zeit…

Ich wäre für meine eigenen Kinder froh, wenn es wieder das G9 gäbe. Aber Frau Schopper hat ja tolle „Rückenwind“-Programme aufgelegt. Leider hatte eines meiner Kinder nun erst am Ende des Schuljahres Bedarf an Förderung, doch da es nicht schon zuvor der Fall war, bekommen wir keine Bildungsgutscheine. Sind leider nicht allzu viele noch vorhanden und die Lehrer bekamen die Anweisung keine weiteren Schüler damit einzudecken.

Das Stoßlüften muss Frau Schopper nicht kontrollieren, da die Fenster an allen Schulen, an denen ich bisher unterrichtete, so alt waren, dass außer Luft auch Wasser durch die geschlossenen Fenster kam.

Carsten
1 Jahr zuvor
Antwortet  Hirschlgruber

Dass G9 nicht flächendeckend zurückkommt, ist unsere (Eltern) eigene Schuld. Wir hatten jahrelang Zeit, auf die Straße zu gehen, Briefe zu schreiben usw. Wenn Eltern nicht gemeinsam Druck ausüben, ob zum Thema Corona, neue Klos, G9 – passiert nichts. Wenn Schulen etwas einfordern, verläuft es im Sande…

Thorsten
1 Jahr zuvor
Antwortet  Carsten

In Mannheim werden die Eltern, Schülerinnen und Schüler und hoffentlich auch viele Lehrer:innen am 8. Oktober auf die Straße gehen. Jeder ist herzlich eingeladen. https://www.geb-mannheim.de

Carsten
1 Jahr zuvor
Antwortet  Thorsten

Stark, ich werde das publik machen in meinen Verteilern! Danke!

Dil Uhlenspiegel
1 Jahr zuvor

Die Reduzierung der Geschwindigkeit – so oder so – scheint vieler Deutschen schlimmster Vorstellung Inhalt … und der Genitiv natürlich auch.

Maja
1 Jahr zuvor

Mein Sohn besucht G8. Er kommt dort prima klar, bringt sehr gute Note mit nach Hause. Warum sollten er u.a. auf G9 wechseln?

Mona
1 Jahr zuvor
Antwortet  Maja

Wenn Sie mit Ihrer Wahrnehmung gegen G9 als Modell insgesamt argumentieren wollen: Bitte mal „anekdotische Evidenz“ googeln.

Wenn Sie mit Ihrer Wahrnehmung nur die Partikularinteressen Ihres Sohnemanns stützen wollen: Wo steht das Moped mit den Leuten, die sich für die guten Noten Ihres Sohnemanns interessieren?

Maja
1 Jahr zuvor
Antwortet  Mona

Für G9 gibt es die beruflichen Gymnasien, die Gesamtschulen mit gymnasialen Oberstufen und die Waldorfschulen! Das ist im Artikel so benannt.
Warum nun (einige, aber nicht alle) Eltern auf die Rückkehr von G8 auf G9 für für ihre Zoeglinge drängen, erschließt sich mir nicht. Waren es doch gerade diese Eltern gewesen, die zuvor ihre Kinder auf die G8-Gymnasien geschickt hatten.
@Mona, sind Sie von aus der Traumreise zurückgekehrt?

Carsten60
1 Jahr zuvor
Antwortet  Maja

Aber welche Argumente sprechen eigentlich FÜR G8 ? Warum hat man das eingeführt? Seit bald 200 Jahren hatte das Gymnasium 9 Schuljahre: Sexta, Quinta, Quarta, Untertertia, …, und die waren gut gefüllt. Da langweilten sich früher allenfalls Genies. Heute kann man offenbar einfach ein Jahr weglassen.
Heute wird G8 gern damit begründet, dass es doch die wunderbaren Gesamtschulen gibt, die durch G8 geradezu aufgewertet werden. Aber das ist doch kein inhaltliches, sondern ein formales Argument.Ich argwöhne: Man wollte die Gymnasien den Gesamtschulen anpassen, damit sie inhaltlich nicht weiter kommen als eben die Gesamtschulen.

Warum hat man nie daran gedacht, die Realschule zu verlängern? Man könnte ein 3-gliedriges Schulsystem haben, auch wenn alle Schulformen gleich lang sind, aber eben mit unterschiedlichen Ansprüchen an die Schüler.

Maja
1 Jahr zuvor
Antwortet  Carsten60

Was spricht gegen G8?
Nach meiner Kenntnis gab es in den neuen Bundesländern nie ein G9. Die fortlaufenden Ergebnisse von dort konnten und können sich im Bundesvergleich durchaus sehen lassen. Ein G9 ist einfach nicht erforderlich. G8 sollte aus meiner Sicht als Ansporn für wirklich gute Schüler gesehen werden, ihre Schulzeit faktisch zu verkürzen.

Dil Uhlenspiegel
1 Jahr zuvor
Antwortet  Maja

G7 wäre dann die logische Fortsetzung dazu, noch früher völlig fertig.

Maja
1 Jahr zuvor
Antwortet  Dil Uhlenspiegel

Wenn G9 dann auch nicht reichen sollte… vielleicht wäre dann G10 die optimale Lösung

Carsten60
1 Jahr zuvor
Antwortet  Maja

Sie ignorieren beharrlich, dass in der DDR nur 10 % eines Jahrgangs Abitur machen durften. Für die besten 10 % ist auch heute G8 sicher nicht schlecht, aber in Hamburg waren schon um 2010 herum 52 % eines Jahrgangs an den Gymnasien. Und das sind nicht alle nur „wirklich gute Schüler“, so wie Sie das locker schreiben. Konsequenterweise ist das Anspruchsniveau immer in Gefahr, abgesenkt werden zu müssen, damit nicht zu viele durchfallen oder abgeschult werden. Eines Tages geht jeder, der Lesen und Schreiben kann, aufs G8-Gymnasium. Das ruiniert die anderen Schulformen erst recht.
Also bitte: für 10 % ist das G8-Gymnasium gut. Die machen dann ein Jahr eher Abitur und kommen dennoch nicht in Stress. Aber es geht auch um den notwendigen Nachmittagsunterricht bei G8 und den vermeidbaren Nachmittagsunterricht bei G9. Auch daran scheiden sich die Geister: wie viele Wochenstunden sollen es sein?

Maja
1 Jahr zuvor
Antwortet  Carsten60

Wenn Ihnen Hamburg nicht gefällt, dann lassen Sie doch mal Ihren Blick nach Sachsen oder Thüringen schweifen. Das G9 steht dort nicht auf der Agenda, gab es dort noch nie.

Gelbe Tulpe
1 Jahr zuvor
Antwortet  Maja

Die DDR ist halt untergegangen.

Maja
1 Jahr zuvor
Antwortet  Gelbe Tulpe

Aber im Osten von Deutschland gibt’s das G8.

Ragnar Danneskjoeld
1 Jahr zuvor
Antwortet  Maja

Maja, Sie vergessen eines: die meisten Eltern verbringen mehr Zeit mit dem Entscheidungsprozess beim Kauf von Weißgeräten als bei der Schulwahl ihrer Sprösslinge. Ich weiß nicht, wie oft ich versucht habe, Eltern diesen Weg zu erklären. Konnte man knicken. Die meisten hatten noch nie von beruflichen Gymnasien gehört und die wenigsten wollten davon hören. Es muss Gymnasium sein, auch wenn man zweimal wiederholt und dann doch irgendwann abgehen muss. Oder, wie es ein Vater mit Migrationsgeschichte mir mal so schön sagte: „Gymnasium gut Schule“. Realschule mit anschließender beruflicher Oberstufe = totale Niederlage für akademisierte Haushalte.

G8 begann übrigens als Hochbegabtenzug parallel zu G9, und wurde dann, als es Regelschule für das Gymnasium wurde, inhaltlich eingedampft. Das heutige G8 ist für weite Teile der aktuellen Schülerschaft reinster, purer Stress. Natürlich kommen viele damit zurecht, aber G9 würde so viel Druck rausnehmen. Dann würden aber die von den Grünen favorisierten Gemeinschaftsschulen spürbar einbrechen…

Maja
1 Jahr zuvor

Das Modell Gemeinschaftsschule mit gymnasialer Oberstufe hat seine Berechtigung. Warum? Ein sehr guter Gesamtschüler hat faktisch gar nicht die Möglichkeit, so ab Klasse 6ff. auf ein herkömmliches Gymnasium zu wechseln. Die Umschulungen erfolgen immer nur in eine Richtung. Also bekommt er auf der Gesamtschule die Möglichkeit, sein Abitur zu erwerben. Im Osten des Landes (z.B. Thüringen, Sachsen) gab es nie ein G9 und auch dort kommt man klar. Druck schadet nicht. Wer etwas werden will bzw. Nach Elternwille etwas werden soll/ muss, der darf auch gern mal die Ärmel hochkrempeln.

Carsten60
1 Jahr zuvor
Antwortet  Maja

„Die Umschulungen erfolgen immer nur in eine Richtung“.
Bitte belegen Sie das. Man muss auch die evtl. Gründe sehen: Realschulen möchten nicht gerne ihre besten Schüler ans Gymnasium verlieren (bei Gesamtschulen wird das ähnlich sein) weil sie Eigeninteressen haben. Dann wird möglicherweise doch moralischer Druck ausgeübt, nicht „fahnenflüchtig“ zu werden.

Maja
1 Jahr zuvor
Antwortet  Carsten60

Umschulungen für leistungstarke Schüler von Gesamtschulen auf Gymnasien sind m.M.n. schlichtweg unmöglich. Hierfür gern ein Beispiel aus HH: In Gymnasien wird auf Gym. die zweite Fremdsprache ab Klasse 6 unterrichtet, auf STS ab Klasse 7. Hier passt dann natürlich der Lernstand nicht zusammen. Und wie gesagt, ich spreche von bzw. gern auch für die leistungsstarken Schülern der STS. Die Fahnenflucht lasse ich nicht gelten. Es wechseln auch Schüler aus den STS für die Sek2 in berufl. Gym. Das ist dann auch nicht der eigene Laden. Fairerweise muss man zu HH sagen, dass es dort das G8 gibt- und das wird sich in absehbar Zeit auch nicht ändern.
Gibt es denn an Ihrem Gymnasium tatsächlich Fälle, in denen regelmäßig Zugänge von Gemeinschaftsschulen aus erfolgen???

Carsten60
1 Jahr zuvor
Antwortet  Maja

Das mit der Fremdsprache ab Kl. 6 oder 7 ist doch nicht systembedingt, sondern das hängt mit dem ganzen Murks zusammen, den man gemacht hat. Aber klar: bei einem Übergang von einer STS aufs Gymnasium wird wohl in der Regel ein Jahr verloren, d.h. das Abitur wird dann erst nach 13 Jahren erworben, aber doch innerhalb der regulären Zeit. Früher gab’s nur G9. Andererseits: besonders gute Schüler können ein Jahr überspringen. Falls sich also ein Genie an eine Stadtteilschule verirrt, kann dort eine Klasse übersprungen werden, womit das Abitur nach 12 Schuljahren möglich ist.

Maja
1 Jahr zuvor
Antwortet  Carsten60

Meine Frage haben Sie natürlich übersehen.
Und „Genie an eine Stadtteilschule verirrt“ gibt -deutlich erkennbar- Ihre geringschätzende Position gegenüber anderen Schulformen als Gymnasien wieder…
Setzen wir das mal fort, jetzt braucht das wirkliche „Genie“, klar-nur zu finden auf den Gymnasien, das G9, weil es von G8 überfordert wird..
Mir persönlich ist es egal, wo jemand sein Abitur erwirbt. Wenn ich im Spital behandelt werde, lasse ich mir vom Arzt das Abiturzeugnis nicht vorlegen, um dann vielleicht die Schulform zu erkennen. Sie etwa? Ich gehe bei ihm allein von seiner Qualifikation als Arzt aus.
Und wie ich bereits erwähnt habe, mein Schwiegervater (Arzt) hat sein Abitur in der ehemaligen DDR erworben. Die gibt es nicht mehr (@Gelbe Tulpe=richtig), aber seine Patienten sind ihm nicht weggerannt.

Carsten60
1 Jahr zuvor
Antwortet  Maja

Ich habe einfach keine Übersicht über die tatsächlichen Schulwechsel. Das ist sehr individuell und wird nicht an die große Glocke gehängt. Aber wenn jemand an einer Stadtteilschule nach 12 Schuljahren Abitur machen will (auch ohne ein Genie zu sein), dann kann er doch an dieser ein Jahr überspringen, warum denn nicht? Bei einem Wechsel wird es schwierig wegen der nicht passgenauen Lehrpläne gerade in den Klassen 7-9 bzw. 7-10. Aber ich denke, in den Klassen 5-6 sollte auch ein Übergang von einer Stadtteilschule auf ein Gymnasium ohne Zeitverlust möglich sein. Die haben ja (auch untereinander) nicht alle dasselbe Niveau. Aber gute Kenntnisse und ein gewisses Selbstbewusstsein gehören dann dazu. Offiziell jedenfalls sind in HH Stadtteilschulen und Gymnasien ebenbürtig. Schreiben Sie dem Schulsenator, wenn Sie das Gegenteil meinen.

Maja
1 Jahr zuvor
Antwortet  Carsten60

Sie umschiffen meine Frage. Aus eigenem Erleben werden Sie doch bestimmt Erfahrungswerte besitzen… Ich bin sehr weit von Hamburg entfernt. Gerade der Osten von Deutschland zeigt, dass G9 gar nicht erforderlich ist.

Carsten60
1 Jahr zuvor
Antwortet  Maja

In Berlin ist es so, dass die Sekundarschulen nicht wünschen, dass schwache Gymnasiasten nach dem obligatorischen MSA zu ihnen kommen. Umgekehrt gibt es nicht viele Wechsler von den Sekundarschulen an die Gymnasien, allein schon weil G8 und G9 nicht gut zusammenpassen. Aber wer hat denn dieses Chaos angerichtet? International gibt es da keine Vorbilder, soweit ich weiß. Das ganze System ist vermurkst: Die Hauptschule soll abgeschafft werden, aber der Hauptschulabschluss soll bleiben. Dann gibt’s den MSA, die Fachhochschulreife und das Abitur und dann noch Zwischenstufen. In welchen Ländern gibt’s bitte so viele Abschlüsse in einem so komplizierten System?
Das Beispiel mit der DDR besagt nichts, weil es in der DDR gar keine Gymnasien im eigentlichen Sinne gab, sondern nur eine separate Oberstufe. Das Gymnasium war mal als was ganzheitliches gedacht und dauerte immer 9 Schuljahre. Erst die Nazis haben das 1937/38 geändert, aber nicht aus ehrenwerten Motiven. Man machte ökonomische Gründe geltend.
Eine einheitliche Schule von 9 oder 10 Jahren plus einem „Stummelgymnasium“ obendrauf kann man machen, aber es wird nie äquivalent zu dem vorherigen G9-Gymnasium sein. Nicht vergessen: Schon beim Übergang von G9 zu G8 hat man inhaltlich allerhand verwässert und entrümpelt.

Carsten60
1 Jahr zuvor
Antwortet  Maja

„Mein Sohn besucht G8. Er kommt dort prima klar“
Gewiss doch: viele SuS kommen mit dem Übergang nach Klasse 4 aufs Gymnasium prima klar. Fragen Sie Herrn Möller, warum er diesen Übergang abschaffen will.

Georg
1 Jahr zuvor
Antwortet  Carsten60

Die Hälfte der Gymnasiasten kommt mit G8 klar. Aber für die wurde die Schullaufzeit auch nicht wieder auf 9 Jahre verlängert.

Maja
1 Jahr zuvor
Antwortet  Carsten60

Mein Sohn besucht mittlerweile die 9. Klasse. Das ist schon ein paar Jahre her mit dem Übertritt von der GS. Und er hat trotz Lernen noch Zeit für Freunde und Hobbys. Warum sollten er und auch andere zu G9 wechseln? In anderen Bundesländern klappt es auch mit G8! Und mir ist nicht bekannt geworden, dass die Schüler mit G8 in Massen chronisch an Rückenschmerzen oder Kurzsichtigkeit leiden. Ja, ich teile viele Ansichten des Herrn Möller- auch wenn es mein familiäres Umfeld nicht unmittelbar betrifft. So ein vorurteilsfreier Blick über den Gartenzaun bewirkt doch manchmal Wunder.

Gerd Möller
1 Jahr zuvor
Antwortet  Carsten60

@ Carsten60:
Kurz gesagt: weil er überflüssig, mit Fehlern behaftet ist und unnötigen Stress bei den Kindern auslöst.
Hier ausführlicher in meinem Artikel:
https://www.researchgate.net/publication/296839760_Sortieren_nach_dem_Aschenputtelprinzip_und_die_Folgen_Alarmierende_Stressbelastung_beim_Ubergang_aus_der_Grundschule

Carsten60
1 Jahr zuvor
Antwortet  Gerd Möller

… aber um welchen Preis? Was sind die Nachteile der einheitlichen Schule? Davon wird einfach nicht geredet, so als würde es sie nicht geben. Den Leuten soll Sand in die Augen gestreut werden. Sogar in Schweden und Finnland ist laut PISA die Leistungsspitze in Mathematik schmaler als in Deutschland. Woran mag es liegen?
Außerdem: Sie wissen doch genau, dass bei innerdeutschen Vergleichstests gerade die besonders gesamtschulfreudigen Länder ohne verbindliche Übergangsempfehlung weit hinter Bayern liegen, der Stress scheint also auch positive Seiten zu haben. Der Sohn von Maja (s. oben) scheint nicht unter Stress zu leiden, darauf bezog sich mein Kommentar. Im Sport gibt’s ja auch Stress beim Training, ist der auch überflüssig?
Nebenbei: Sind Sie sicher, dass Sie an einer solchen stressfreien Schule mit viel laissez-faire (und möglicherweise vielen Klassenkameraden mit Vermeidungsstrategien gegen schulische Bildung) das geworden wären, was Sie jetzt sind? Ich hoffe, Sie gehen nicht davon aus, dass alle Schulkinder intrinsisch motiviert sind und freudig mehr machen als unbedingt nötig.

Gerd Möller
1 Jahr zuvor
Antwortet  Carsten60

@ Carsten60.
Bei den von Ihnen befürchteten Nachteilen führen Sie als Beleg die PISA-Ergebnisse der Leistungsspitze in Finnland und Schweden an, die in Mathematik geringer sei als in Deutschland.
Sie beziehen sich hier nur selektiv auf Mathematik und nur auf die Leistungsspitze- ohne die Unterschiede konkret zu benennen. Daher hier zur Beurteilung Ihrer Argumentation für die Mitlesenden meine Ergänzungen zu den PISA-Befunden in PISA 2018 (letzte PISA-Daten):
Mathematik:
Deutschland: Leistungsspitze (Kompenzstufe V und VI) 13,32%; Risikoschüler (<= Kompetenzstufe I) 21,1%
Finnland: Leistungsspitze 11,13%, Risikoschüler 14,98
Schweden: Leistungsspitze 12,6%, Risikoschüler 18,81.

Naturwissenschaften:
Deutschland: Leistungsspitze 10%, Risikoschüler 19,6%
Finnland: Leistungsspitze 12,3%, Risikoschüler 12,9%
Schweden: Leistungsspitze 8,3%, Risikoschüler 19%.

Lesen:
Deutschland: Leistungsspitze 11,3%, Risikoschüler 20,7%
Finnland: Leistungsspitze 14,2%, Risikoschüler 13,5%
Schweden: Leistungsspitze13,3%, Risikoschüler 18,4.

Ihre Argumentation trägt nach den Befunden, die Sie nur selektiv heranziehen, offensichtlich nicht. Davon kann sich jeder ja selber ein Bild machen.

Carsten60
1 Jahr zuvor
Antwortet  Gerd Möller

Jaja, beim Lesen sind die Skandinavier gut, weil Spielfilme immer im Original mit Untertiteln gezeigt werden, bei uns dagegen in Synchronisation. Und bei Mathe und NaWi ist die Performance der Skandinavier nicht gerade berauschend im Vergleich zu Deutschland. Genau das wird uns aber von interessierter Seite aus immer suggeriert (Beispiel: GEW). Ein paar Prozentpunkte rechtfertigen noch keine große Schulreform, die PISA-Zahlen schwanken ja auch. Warten wir mal PISA 2022 ab.
Zu einem anderen Thema (Titel: „Statistikamt …“) habe ich gleich 8 Gründe genannt, warum ich eine Änderung des Schulsystems für riskant halte und daher ablehne. Die Mathematik kommt da nicht mal vor.
Ich schlage ein „Brainstorming“ vor über Nachteile des einheitlichen Schulsystems, einfach als Kontrapunkt zu der ewigen Leier über die Nachteile des jetzigen Schulsystems.

Gerd Möller
1 Jahr zuvor
Antwortet  Carsten60

@Carsten60:
„Und bei Mathe und NaWi ist die Performance der Skandinavier nicht gerade berauschend im Vergleich zu Deutschland.“
Vergleichen Sie mal die Quoten in Nawi in Deutschland mit Finnland, dann kommen Sie selber darauf, dass Ihre Aussage falsch ist.
Jaja, die Skandinavier lesen die Untertitel bei ausländischen Spielfilmen. Dies ist eine zwar häufig zu hörende Erklärung, sie ist aber keineswegs belegt. Um die Kompetenzstufe V oder VI in Lesen zu erreichen, genügt es nicht flüssig lesen zu können.
Unabhängig davon sind die Leseleistungen in Deutschland im Vergleich zu Skandinavien sicherlich „nicht gerade berauschend“.
Die im Vergleich zu Skandinavien hohen Quoten von Risikoschülern in allen 3 Domänen scheinen Sie überhaupt nicht zu interessieren. Ach ja, für Sie ist ja nur das Gymnasium von Interesse.

Carsten60
1 Jahr zuvor
Antwortet  Gerd Möller

Sie haben doch selbst die erstaunlich hohen Quoten von Risikoschülern in Schweden genannt, nur ein bisschen kleiner als die in Deutschland. Wenn die paar Prozentpunkte (!) nach Jahrzehnten (!) der Haupterfolg (!) eines einheitlichen Schulsystems sein sollen, dann können wir wohl gern darauf verzichten.
Zur Kompetenzstufe VI verweise ich auf die zitierten Grafiken bei PISA 2015. Da gibt es keine strahlenden skandinavischen Erfolge.

Gerd Möller
1 Jahr zuvor
Antwortet  Carsten60

@carsten60
Möchte Sie nur kurz an den Auslöser unseres Disputs erinnern. Sie hatten als Nachteil einer einheitlichen Schule behauptet: „Sogar in Schweden und Finnland ist laut PISA die Leistungsspitze in Mathematik schmaler als in Deutschland.“
Diese leichtfertige Behauptung ist doch nun durch Fakten widerlegt.

Carsten60
1 Jahr zuvor
Antwortet  Gerd Möller

„Diese leichtfertige Behauptung ist doch nun durch Fakten widerlegt.“
Nein, ich bezog mich auf PISA 2015, und da stimmt es:
Für Kompetenzstufe V und VI in Mathematik wird angegeben (Seite 233):
12,9 % in D,
11,7 % in Finnland und Dänemark,
10,6 % in Norwegen,
10,4 % in Schweden.
Auch Ihre Zahlen aus PISA 2018 sagen für die Mathematik nichts anderes. Schauen Sie nochmal genauer hin. Meine Behauptung stimmt. Ob die Abweichungen nun weltbewegend sind, ist eine andere Frage. Ich bekomme allmählich den Eindruck, dass Ihre Behauptungen leichtfertiger sind als meine, weil von Wunschdenken in einer vorher festgelegten Richtung geprägt. Ich würde es ja akzeptieren, wenn nachgewiesen würde, dass ein Gesamtschulsystem in Deutschland zu besseren Leistungen führen würde. Allein, der Nachweis fehlt.

Stellen Sie sich nur mal vor, beim PISA-Ranking würden für Deutschland nur die Zahlen aus Bayern zugrundegelegt. Da würde Deutschland einen Sprung nach oben machen. Wieso also soll das gegliederte Schulsystem durch PISA widerlegt sein? Das ist Wunschdenken.

Carsten60
1 Jahr zuvor
Antwortet  Gerd Möller

PS. Herr Möller: Ich bezog mich auf PISA 2015, und da sieht es in den Grafiken (Abb. 6.3 und 7.5) so aus, als ob sämtliche skandinavischen Länder bei der höchsten Kompetenzstufe VI nicht nur in Mathematik, sondern sogar im Lesen weniger aufzuweisen haben. Die genauen Zahlen stehen dort allerdings nicht, es sind Säulendiagramme. Da möge sich nun auch jeder selber ein Bild machen.
Typisch für PISA ist: Das Ranking in den genannten Grafiken wird nach dem unteren, nicht dem oberen Ende vorgenommen. Daher rangiert Deutschland dann optisch weiter unten, ganz im Sinne von Herrn Schleicher (und auch von Ihnen?). Zum unteren Ende hatte ich nichts behauptet, darin sind egalitäre Systeme logischerweise immer besser. Aber wie zahlt sich das ökonomisch in Skandinavien aus? Die Jugendarbeitslosigkeit dort (besonders in Finnland) ist höher als in Deutschland. Und die Risikoschüler werden doch gern in Verbindung mit der Ökonomie gebracht, oder? So gesehen müssten die Skandinavier eigentlich ökonomisch besser sein, sind es aber nicht.

Gerd Möller
1 Jahr zuvor
Antwortet  Carsten60

@ Carsten60:
Es macht keinen Sinn, die Kompetenzstufen VI zu vergleichen, da in den verglichenen Länder die Anteile zwischen 2% und 3% liegen. Wahrscheinlich unterscheiden sich die Quoten daher nicht signifikant.

Aber auf Seite 62 (PISA 2018) steht, dass die Anteile in Lesen mit Kompetenzstufe V und VI (Zusammen) u.a. in Finnland signifikant höher sind als in Deutschland:
„Auf den beiden obersten Kompetenzstufen befinden sich in Deutschland elf Prozent der Jugendlichen. Damit ist der Anteil der besonders lesestarken Fünfzehnjährigen in Deutschland signifikant größer als im OECD-Durchschnitt mit neun Prozent. Nur in sechs der OECD-Staaten sind die Anteile der besonders lesestarken Jugendlichen signifikant größer als in Deutschland, dazu gehören beispielsweise Kanada mit 15 Prozent sowie Estland und Finnland mit jeweils 14 Prozent.“
Entsprechend für NAWI findet man auf Seite 228:
„Signifikant höhere Anteile auf den Kompetenzstufen V und VI als in Deutschland finden sich lediglich in den drei Spitzenstaaten Japan (13.1%), Finnland (12.3%) und Estland (12.2%), in denen die höchsten Anteile innerhalb der OECD-Staaten zu beobachten sind.“
Für Mathematik gibt es im Berichtsband keine Aussagen darüber, ob sich Deutschland signifikant von den skandinavischen Ländern unterscheidet.
Bemerkenswert finde ich Ihre Aussage: „Zum unteren Ende hatte ich nichts behauptet, darin sind egalitäre Systeme logischerweise immer besser.“ D.h. doch wohl nach Ihren Worten, dass egalitäre Systeme sich aus strukturellen Gründen besser um die schwachen Lerner kümmern können.
Chapeau für dieses Eingeständnis! 
Einen Zusammenhang zwischen PISA-Ergebnissen und ökonomischen Erfolg gibt es nicht. Zumindest hat dies noch keiner nachweisen können

Carsten60
1 Jahr zuvor
Antwortet  Gerd Möller

„Zusammenhang zwischen PISA-Ergebnissen und ökonomischem Erfolg“
Dann kennen Sie nicht, was der oberschlaue Prof. Wößmann dazu geschrieben hat, immerhin geschätzter Bildungsökonom mit Lehrstuhl und einflussreiches Mitglied wichtiger Kommissionen in diesem Lande:
https://www.bertelsmann-stiftung.de/de/publikationen/publikation/did/was-unzureichende-bildung-kostet
Estland ist ein Zwergstaat und hat wohl kaum Flüchtlinge aus dem Mittelmeerraum. Kann also kein Vorbild für Deutschland sein. In Finnland waren gerade die Migranten bei PISA 2018 ganz schwach, also wurden sie wohl nicht gut gefördert. Man darf auf PISA 2022 gespannt sein.

Ich sage doch nur: Die Ergebnisse von Schulleistungstests zeigen NICHT, dass die Leistungen in Deutschland sooo schlecht sind, dass man jetzt große Änderungen einführen muss. Ansonsten verweise ich auf meine 8 Punkte zu dem Artikel „Statistikamt …“ hier. Dort kommt PISA gar nicht vor.

Zum unteren Ende: Ich hätte besser von einer „egalitären Gesellschaft“ sprechen sollen. Es ist klar und logisch, dass bei einer Nivellierung zur Mitte hin die unteren besser und die oberen schwächer sind, weil alles enger zusamenrückt. Wollen wir das? Auf Schwedisch heißt „lagom“ sowas wie „vom richtigen Mittelmaß“, das gilt dort als ein sehr positiv besetzter Begriff. Es gilt dann auch als ungehörig, zu schwach oder zu gut zu sein. Ob das was mit Fördern überhaupt zu tun hat? Es ist auch eine Einstellungssache. Und genau das wird am Ende dabei herauskommen. In der Propaganda wollen wir exzellent sein, in der Diskussion aber dreht sich alles meist nur um das untere Ende.

Grundsätzlich ist es ein Standard-Fehler (den hat auch Schleicher gemacht und viele andere), dass gute PISA-Werte einfach so und ohne nähere Begründung ursächlich auf das SchulSYSTEM zurückgeführt werden. Ca. 40-50 Länder der Welt haben schlechte PISA-Werte, aber ein einheitliches Schulsystem. Über den Zusammenhang ist nichts erwiesen. Baumert, Köller und andere Empiriker haben sich dazu sehr zurückhaltend geäußert. Das müssten Sie eigentlich kennen. Diese Leute sagen, es komme auf anderes an, etwa ob Leistung positiv gesehen wird oder eher nicht, ob der Unterricht störungsfrei ist, wie viel geschwänzt wird usw., kurz: welcher „Geist“ in den Schulen herrscht. Ich denke, daran hapert es in Deutschland, und zwar auch NACH einer evtl. großen Schulreform. Der neue Paukerfilm „Lehrer kann jeder“ ist auch so ein Beispiel für einen „Ungeist“, wurde aber ausdrücklich hier bei n4t gewürdigt. Lehrer werden darin gezielt verspottet. Ob es solche Filme auch in Finnland gibt?

Gerd Möller
1 Jahr zuvor
Antwortet  Carsten60

@Carsten60:
Bezüglich der Spitzenleistungen haben wir uns ja nun genügend ausgetauscht, überlassen wir es nun den Mitlesern, die Argumente zu bewerten.
Will aber noch kurz zu der von Ihnen angeführten Expertise von Wößmann u.a. Stellung nehmen:
Wößmann untersucht nicht den Zusammenhang von PISA-Werten und dem Erfolg von der entsprechenden Volkswirtschaft, sondern die Effekte, die sich ergeben, wenn man die Basisikompetenzen am unteren Ende der Leistungsskala in PISA (bis PISA 2006) verbessern würde.
Auf Seite 49 heißt es:
„Die vorliegende Studie nutzt diese Erkenntnisse, um die wirtschaftlichen Auswirkungen zu projizieren, die eine weitgehende Beseitigung der derzeit in Deutschland vorhandenen unzureichenden Bildung am unteren Ende der Bildungsverteilung hätte. Anhand der festgestellten Zusammenhänge zwischen Bildungskompetenzen und Wirtschaftswachstum lassen sich sowohl die zeitliche Entwicklung der Folgekosten als auch die letztendlichen Gesamtkosten der unzureichenden Bildung vorausschätzen. Die Befunde unseres Basisszenarios zeigen, dass sich die volkswirtschaftlichen Kosten unzureichender Bildung in Deutschland in einer Größenordnung von 2,8 Billionen Euro bewegen. Diese Kosten – die spiegelbildlich die volkswirtschaftlichen Erträge einer Bildungsreform darstellen, die die unzureichende Bildung im Bereich der Risikoschüler um 90 Prozent verringert – umfassen die im Zeithorizont des Lebens eines heute geborenen Kindes anfallenden Wachstumseffekte.“

Und auf Seite 51:
„Eine zweite Reformmaßnahme, die die Chancengleichheit für Kinder aus bildungsfernen Schichten erhöhen und damit das Ausmaß unzureichender Bildung verringern könnte, ist der Unterricht in heterogenen Lerngruppen, der sich durch ein längeres gemeinsames Lernen unter einem Schuldach ergeben würde. Die empirische Bildungsforschung belegt, dass davon gerade Kinder aus bildungsfernen Schichten profitieren würden, ohne dass die besseren Schüler darunter leiden würden. In einem solchen System muss gleichwohl jeder Schüler individuell optimal gefördert werden.“

Genau um diese „Risikoschüler“ geht es mir bei meinen Forderungen um längeres gemeinsames Lernen, das in der Tat wie Sie u.a. in Ihren „8 Punkten“ aufführen nicht einfach in unserer Gesellschaft zu verwirklichen ist.

Carsten60
1 Jahr zuvor
Antwortet  Gerd Möller

Herr Möller: Das Zitat auf Seite 51 wiederholt nur Postulate und Behauptungen, die eben nicht wirklich erwiesen sind. Das schreibt immer einer vom anderen ab, es soll uns offenbar so lange eingehämmert werden, bis die Leute es glauben.
Das Zitat auf Seite 49 halte ich für ein Sandkastenspiel: PISA-Punkte werden direkt in Euro umgerechnet. Auf Seite 73 steht übrigens neckischerweise:
„Selbst wenn man unterstellt, dass alle Bundesländer „nur“ die PISA-Durchschnittskompetenz von Bayern erreichen, ergäben sich für viele Bundesländer riesige Effekte.“
Grins grins: Das erreicht man natürlich am besten durch Abschaffung des bayerischen Schulsystems! Wie heißt es doch so schön: „never change a winning team“. Das gilt sinngemäß auch für ein erfolgreiches Schulsystem.

Meinen 8 Punkten wollen Sie offenbar nicht einmal widersprechen. Ich schlage vor: Raus aus den Illusionen und dem Wunschdenken, hin zu einer realistischen Betrachtungsweise, das passt auch gut zum Rentenalter (in dem ich mittlerweile auch bin).

Und vielleicht könnten Sie dem staunenden Volke erklären, warum im einwanderungsfreudigen Schweden mit dem längeren gemeinsamen Lernen (!), dem hochgelobten Sozialsystem und dem allgemein besseren „sozialen Zusammenhalt“ es sein kann, dass manche Schulen ca. 70 % Risikoschüler haben. Das steht hier unter der Zwischenüberschrift „Bildungsniveau“:
https://de.wikipedia.org/wiki/Gefährdetes_Gebiet_(Schweden)

Gerd Möller
1 Jahr zuvor
Antwortet  Carsten60

@ Carsten60:
Nur eine kurze Ergänzung. Auf Seite 73 steht auch:
„Verbessern sich die einzelnen Bundesländer auf finnisches Niveau, würde selbst das beste deutsche Bundesland, Bayern, einen hohen Reformeffekt in Höhe von 171 Prozent des heutigen BIP realisieren. Nordrhein-Westfalen würde aufgrund des niedrigsten PISA-Durchschnittswertes von einer solchen Reform am meisten profitieren: Das bis 2090 zusätzlich erzeugte BIP beliefe sich allein in Nordrhein-Westfalen auf 2,8 Billionen Euro oder mehr als das Fünffache des derzeitigen BIP.“

Carsten60
1 Jahr zuvor
Antwortet  Gerd Möller

Alles Sandkastenspiele: Was Wößmann da schreibt, bezieht sich auf PISA 2000, 2003 und 2006, neuere werden nicht erwähnt. Der Absturz von Schweden war wohl noch gar nicht bekannt, auch bei Finnland gilt ja: wie gewonnen, so zerronnen. Also schrumpft jetzt das BIP von Schweden? Das von Finnland ist nicht signifikant höher als das von Deutschland (pro Kopf).
Keine Illusionen: Der Lack ist ab, die Scandinavier stehen nicht mehr so strahlend da wie vor 20 Jahren. Auch bei der Integration von Zuwanderern reden seit der gestrigen Wahl in Schweden alle nur noch von Fehlern, nicht von Erfolgen. Das lässt auch die Schulen nicht unberührt. Schon PISA 2018 hat das gezeigt: Beim Lesen lagen die Nicht-Migranten in D, S und Finnland ziemlich gleichauf (524-529 Punkte lt.Tabelle 6.6), DK und N waren deutlich schwächer! Was also ist das Problem? Bestimmt nicht das SchulSYSTEM.
Es genügt eben nicht, sich höhere PISA-Werte zu wünschen, sondern man müsste klar nachweisen, WIE man sie erreichen könnte. Genau daran fehlt es. Die „individuelle Förderung“ könnte man z.B. auch im jetzigen System durchführen, warum eigentlich versucht man das nicht? Individuelle Förderung in (relativ) homogenen Schulklassen ist unmöglich, aber in besonders heterogenen gelingt sie gut? Kann ich mir nicht vorstellen.

Carsten60
1 Jahr zuvor
Antwortet  Carsten60

Herr Möller: kennen Sie denn die genannte Tabelle 6.6 bei PISA 2018? Die spricht nicht für Erfolge der skandinavischen Schulsysteme.

Carsten60
1 Jahr zuvor
Antwortet  Carsten60

Ebenso Abbildung 10.1 bei TIMSS 2019. Die finnischen Schulen mögen ihre guten Seiten haben, aber jedenfalls schneiden in Finnland die Migranten mit beiden Elternteilen aus dem Ausland deutlich schlechter als die in Deutschland ab. Der Finnland-Mythos ist zerplatzt wie eine Seifenblase. In Schweden und Dänemark sieht’s auch nicht besser aus, in Frankreich mit seinem vorbildlichen Schulsystem auch nicht. In Frankreich kommt hinzu, dass viele Zuwanderer aus den ehem. Kolonien kamen und mit der franz. Sprache und Kultur bereits vertraut waren, bevor sie nach Frankreich einwanderten. Also müssten die Ergebnisse eigentlich besser sein. Warum sind sie es denn nicht? All das wird bei uns verschwiegen bzw. es verschwindet in langen Berichten, die keiner liest.

Georg
1 Jahr zuvor
Antwortet  Gerd Möller

Ihr Artikel handelt von der Verbindlichkeit oder Unverbindlichkeit der weiterführenden Schulform, nicht von der Einheitsschule.

Gerd Möller
1 Jahr zuvor
Antwortet  Georg

Sie haben meinen letzten Satz im Artikel unterschlagen:
„Schließlich sei angemerkt, dass all die dargestellten Probleme in einem eingliedrigen Schulsystem nicht existieren würden.“

Georg
1 Jahr zuvor
Antwortet  Gerd Möller

Das ist eine Selbstverständlichkeit, aber kein Argument für das eingliedrige Schulsystem.

Carsten60
1 Jahr zuvor
Antwortet  Gerd Möller

„… nicht existieren würden.“
Dafür gibt es dann andere Probleme, über die vorher aber nicht geredet werden darf. Es ist kein Zufall, dass nur kleine europäische Länder (nach Bevölkerungszahl) mit eingliedrigen Schulsystemen bei PISA besser sind als Deutschland, die „großen“ GB, F, I, E aber nicht. Die USA und Russland auch nicht.

Carsten60
1 Jahr zuvor
Antwortet  Gerd Möller

Wenn man das wörtlich nimmt („nicht existieren würden“), dann frage ich mich, wieso es in Schweden mit seinem integrativen Schulsystem dieselben Probleme mit Unterschichten und mit Migranten gibt. Diese waren angeblich sogar wahlentscheidend bei der gestrigen Wahl in Schweden. Es gibt auch eine gewisse Segregation, einfach durch die Wohngebiete, und die können Sie auch in Deutschland nicht abschaffen:
https://de.wikipedia.org/wiki/Gefährdetes_Gebiet_(Schweden)
Wie viele solcher „gefährdeten Gebiete“ mag es in Deutschland geben? Wenn Sie die 60 schwedischen auf die deutsche Bevölkerungszahl hochrechnen, dann kommen jedenfalls Hunderte heraus. Und wegen unseres bösen Schulsystems müssten es eigentlich noch viel mehr sein.

Gelbe Tulpe
1 Jahr zuvor

Die durch G8 längeren Schultage führen vermehrt zu Rückenschmerzen und Kurzsichtigkeit bei Schülern. Das G9 mit weniger Stunden pro Tag und Woche ist daher aus gesundheitlichen und volkswirtschaftlichen Gründen vorzuziehen.

Maja
1 Jahr zuvor
Antwortet  Gelbe Tulpe

Und wie anstrengend erst die sich anschließenden langen Uni-Tage im Hörsaal werden dürften… Dann hilft eigentlich nur- na klar, die Regelstudienzeit verlängern…

Gelbe Tulpe
1 Jahr zuvor
Antwortet  Maja

Ich hatte nie mehr als 26 Stunden und meist eher 20. So lange waren die Uni-Tage nicht.

Maja
1 Jahr zuvor
Antwortet  Gelbe Tulpe

Sie unterschlagen vermutlich die Zeiten des Selbststudiums.

Georg
1 Jahr zuvor
Antwortet  Gelbe Tulpe

In NRW sind die Ganztagsschulen für die Rückkehr nach G9 nicht wieder abgeschafft worden. Auch sind alle Schulformen abseits vom Gymnasien meist ganztägig.

Carsten60
1 Jahr zuvor
Antwortet  Georg

Nach meiner Kenntnis war ein G8-Gymnasium in NRW keine Ganztagsschule, sondern eine Halbtagsschule mit teilweisem Nachmittagsunterricht. In den Freistunden dazwischen war keine Betreuung vorgesehen, die älteren Schüler durften in die Stadt gehen und machen, was sie wollten.
Der Begriff „Ganztagsschule“ basiert ja nun mal auf der „verlässlichen Betreuung“ am Nachmittag. Das ist aber normalerweise kein Unterricht, schon gar nicht an Grundschulen. Und freitags enden auch Ganztagsschulen ziemlich früh. Demnächst übernimmt ja vermutlich der Donnerstag die Rolle des Freitags, wenn freitags schulfrei sein wird (nomen est omen).

Peter
1 Jahr zuvor

Wäre man bei G8 geblieben, hätte man sehr viel Geld gespart, ca. 1,2 Mrd Euro. Der Stress entsteht wegen der Eltern und später wegen des NC. Und natürlich, weil in jedem Gymnasium etliche Schüler sind, die gar nicht geeignet sind und sich deswegen überfordert fühlen. Der Grund ist nicht das System, der Grund sind Eltern. G9 soll dafür sorgen, viel mehr Schüler mit dem Abitur auszustatten. Klar, dass es sich aufs Niveau auswirkt.
Eltern wollen, dass ihre Zöglinge ohne Stress Supernoten mitbringen und Lehrer gefälligst alles dafür tun, damit dieser Traum Wirklichkeit wird.

Natürlich steigen jetzt die Durchfallzahlen an der Uni. Also gibt’s jetzt Geld, damit die Unis diesen tollen Abiturienten zum Examen verhelfen. Auf dass wir später Arbeitnehmer haben, die Supernoten und Superabschlüsse haben, aber leider alleine nix gebacken kriegen, unselbständig sind und null Frustrationstoleranz haben. Das wird wunderbar.

Dafür sollte man auf jeden Fall auf die Straße gehen und lauthals das Abitur für alle (Mittel-und Oberschichtskinder) fordern.

Und gleichzeitig darüber jammern, dass zu wenig Schüler eine Ausbildung machen. Das passt auch hervorragend.